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In Österreich ist ab Jahrgang 2025 die gesetzliche Klassifizierung von Weinbergen möglich. Warum sich dagegen massiver Widerstand formiert, erklärt Alois Höllerer von der Initiative „Glückliche Lage“ im exklusiven Interview.

In Österreich wurde im Vorjahr mit einer Sammelverordnung die rechtliche Grundlage zur Klassifizierung von Weinbergen in „Erste“ und „Große“ Lagen ab Jahrgang 2025 geschaffen. Auf diesen Schritt haben vor allem private Verbände wie die Österreichischen Traditionsweingüter (ÖTW) und die Steirischen Terroir- und Klassikweingüter (STK) hingearbeitet. Doch Ende 2023 formierte sich Widerstand gegen die Klassifizierung: Über die Website gluecklichelage.at vernetzten sich Gegner des Vorhabens. Sie wollen die rechtlichen Grundlagen für das neue Bewertungssystem gerichtlich prüfen lassen. Als Sprecher der Initiative fungiert – seit kurzem offiziell – der Winzer Alois Höllerer aus dem Kamptal. Worum es ihm und seinen Mitstreitern geht, erklärte er Alexander Lupersböck im Interview.

Alois Höllerer

Facebook/Weinguthoellerer

Warum haben Sie sich als Sprecher der Initiative zur Verfügung gestellt?

Alois Höllerer: Ich habe als einer der Initiatoren der „Glücklichen Lage“ die ProWein in Düsseldorf genutzt, das persönliche Gespräch mit Kollegen und anderen involvierten Personen zu führen. Damit war die Anonymität nicht mehr gegeben. Es war daher naheliegend, die Funktion als Sprecher zu übernehmen.

 

Wer außer Ihnen steht noch dahinter?

Alois Höllerer: Wir waren zu Beginn unserer Initiative eine Gruppe von etwa zehn Personen. Mittlerweile haben wir aber Rückmeldungen und Unterstützung im dreistelligen Bereich.

 

Wie viele Winzer haben sich Ihnen derzeit angeschlossen?

Alois Höllerer: Es kommen derzeit immer noch Kontakte dazu und deswegen können wir darüber noch keine Auskunft geben, aber die Absichtserklärungen liegen deutlich über unseren Erwartungen. Es war ab den ersten E-Mail-Eingängen überwältigend zu sehen, wie unsere Meinung unter den Winzern geteilt wird. Vielen haben wir aus der Seele geschrieben und mit jeder E-Mail, die wir empfangen, fühlen wir uns bestärkt, das Richtige zu tun.

 

Weshalb war gluecklichelage.at so lange anonym?

Alois Höllerer: Uns wurde von unserer Rechtsanwaltskanzlei geraten, nicht von Beginn an mit Namen aufzutreten und erst die Stimmung auszuloten. Die rechtliche Ausarbeitung des Individualantrags ist dann auch etwas umfangreicher geworden als zu Anfang gedacht und hat etwas mehr Zeit in Anspruch genommen. Dass ein Individualantrag aber nicht anonym eingebracht werden kann, war ja von Anfang an klar und jeder Einzelne der einen solchen einreicht, steht auch dazu. Und weil der Vorwurf kam, dass kein Impressum auf gluecklichelage.at zu finden war, darf ich die Stellungnahme unserer Rechtsanwälte zitieren: „Eine Impressumspflicht besteht schon deshalb nicht, weil diese Homepage lediglich der privaten Eruierung einer Interessenlage zu dem betreffenden Thema dient und damit keine kommerzielle Kommunikation darstellt.“

 

Sind Sie gegen eine Lagenklassifizierung an sich oder gegen den in Österreich vorgesehenen Weg dorthin?

Alois Höllerer: Wir sehen eine Lagenklassifizierung kritisch, aber vor allem, weil sie sich laut unseren Rechtsexperten mit den in Österreich bestehenden Gesetzen und Grundrechten nicht vereinbaren lässt. Die einzelnen Punkte, die wir kritisch sehen, sind gut auf der Homepage gluecklichelage.at erklärt. Zu Klassifizierungsregelungen unter anderen rechtlichen Rahmenbedingungen wie zum Beispiel in Frankreich möchten wir keine Stellung beziehen.

 

Sie befürchten, dass eine Klassifikation großen Einfluss auf die Grundstückspreise der Weinberge hat. Was ist der Grund? Interessiert die Einstufung nicht eine viel zu kleine Zahl von Weinfreunden, um darauf große Auswirkungen zu haben?

Alois Höllerer: Jeder Eingriff in den freien Wettbewerb muss ja im Verhältnis zur möglichen Zielerreichung betrachtet werden. Wenn die Klassifikation wirklich kaum Auswirkungen hätte, dann wäre der Eingriff in den freien Wettbewerb und das Grundeigentum wohl erst recht unverhältnismäßig – und alleine schon aus diesem Grund abzulehnen.

 

Die ÖTW argumentieren damit, dass sie ihre Lagen deshalb mit den Zusätzen „Erste“ und „Große“ bezeichnen, um Steillagen und Handarbeit zu betonen sowie sie von maschinell bewirtschafteten, flachen Lagen zu unterscheiden. Können Sie dem etwas abgewinnen?

Alois Höllerer: Es gibt in Österreich Weinbaugebiete, die sich sehr stark durch Steillagen und Handarbeit auszeichnen. Wir haben festgestellt, dass gerade dort auch der Widerstand gegen eine Lagenklassifizierung sehr stark ausgeprägt ist. Vor diesem Hintergrund ist die Argumentation daher für uns nicht nachvollziehbar. Wir und unsere Unterstützer sind uns einig: Weinbau ist ein individuelles Handwerk. Das gute Endprodukt entsteht nicht nur durch die Lage, es geht um viel mehr, wie auch auf der Homepage nachzulesen ist.

 

Um was geht es Ihnen noch?

Alois Höllerer: Eine weitere Problematik, die durch die ständigen Änderungen entsteht, ist, dass wir alle paar Jahre die Etiketten ändern müssen. Zuerst wurden Rieden zusammengelegt, angeblich um sie besser vermarkten zu können. Jetzt sind diese Rieden für die Klassifizierung zu groß und sollen wieder getrennt werden. Es gibt auch gerade Bestrebungen, dass alle Rebsorten, die nicht für DAC zugelassen sind, künftig auch keine Riedenbezeichnung mehr am Etikett führen dürfen. Unsere Kunden – und auch unsere Importeure – schütteln ungläubig den Kopf, wenn wir wieder mit einer Änderung am Etikett kommen. Wir finden, dass wir Winzer gerade in unsicheren Zeiten Rechtssicherheit brauchen. Dafür wollen wir einen Beitrag leisten.

 

Sie stammen aus einer Familie, in der politisches Engagement Tradition hat. Ist das ein Grund dafür, dass Sie sich selbst hier einbringen?

Alois Höllerer: Nein. Unser Ansatz ist kein politischer, sondern ein juristischer. Ich betone ausdrücklich, dass unsere Initiative keiner wie immer gearteten politischen Bewegung oder Partei nahesteht, sondern völlig unabhängig davon agiert.

 

Es steht jedem Weinbaugebiet frei, über die regionalen Komitees eine Klassifikation im Gebiet zu beantragen. Das wird ja vorher in den Gremien besprochen. Akzeptieren Sie, wenn zum Beispiel in Ihrem Gebiet, dem Kamptal, sich die Mehrheit der Winzer für einen Klassifikationsprozess ausspricht?

Alois Höllerer: Sollte sich herausstellen, dass eine Klassifikation mit der bestehenden Rechtsordnung in Einklang zu bringen ist und eine demokratisch-transparente, objektive und wertfreie Umsetzung garantiert wird, stehen wir dem als überzeugte Demokraten natürlich offen gegenüber. Wir würden uns sehr freuen, über die Möglichkeit endlich auch abstimmen zu dürfen, denn eine Mehrheit kann ja nur über eine Urabstimmung festgestellt werden. Eines ist mir wichtig: Wir alle sind weiterhin Nachbarn und Kollegen. Deshalb wollen wir das rechtlich klären lassen und hoffen, dass danach alle Beteiligten weiterhin vernünftig und respektvoll miteinander umgehen.

 

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