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Der Weinverkauf in Schweden wird durch das staatliche Monopolunternehmen Systembolaget reguliert. Einkäuferin Matilda Dannetun erzählt, warum die ins Sortiment aufgenommenen Weingüter die strengsten Nachhaltigkeitsstandards der Welt erfüllen müssen.

Matilda Dannetun

Mit 23,1 Litern pro Kopf und Jahr (Quelle: Statista 2022) liegt Schweden weltweit auf dem 13. Platz beim Weinkonsum. Alkohol war dort lange Zeit streng reglementiert und wird seit 1955 von dem staatlichen Unternehmen Systembolaget vertrieben, das ein Monopol für den Verkauf von alkoholischen Getränken mit mehr als 3,5 Prozent Volumenanteil hat. Der Vertrieb erfolgt über 450 firmeneigene Filialen und unterliegt strengen Vorschriften und hoher Besteuerung. Hintergrund des staatlichen Monopols war es, den einst im Land weit verbreiteten Alkoholismus einzudämmen. Im Jahr 2022 überwies Systembolaget etwa 32 Millionen Euro an die Staatskasse.

Laut Matilda Dannetun werden etwa 70 Prozent des in Schweden insgesamt konsumierten Alkohols bei Systembolaget gekauft und zu Hause getrunken. Elf Prozent wurden in Restaurants verkauft und acht Prozent wurden offiziell durch Reisen importiert, zwei Prozent wurden online aus dem Ausland bestellt. Die Gastronomie darf direkt von Importeuren kaufen und ist zur Zahlung hoher Abgaben verpflichtet. Ich möchte wissen, ob die privaten Importe auch einer obligatorischen Meldung unterliegen. „Sie sollten gemeldet werden. Ob das immer geschieht, wissen wir nicht. In Monopolländern darf die staatliche Post keinen Alkohol transportieren, nur private Paketdienste dürfen das. Und verständlicherweise melden sie nicht, was sie liefern, da geht es um Datenschutz. Und wenn Händler aus einem Lager im Ausland versenden, besteht eine gewisse Chance, dass das am Staat vorbeigeht."

Welche Weine Systembolaget kauft

Matilda Dannetuns Aufgabe ist es, die Weine in ihren Herstellerländern (Afrika, Asien, Österreich, Luxemburg und der Schweiz) zu kaufen, die in den jeweiligen Kategorien gebraucht werden. Es gibt ein Standardsortiment als Basis, die in vielen der 450 Geschäfte in Schweden verfügbar ist. Zusätzlich gibt es verschiedene Kategorien, für die individuelle Manager verantwortlich sind. „Es geht darum: Wie viele unserer Läden wollen wir damit beliefern? Wie viel Regalplatz haben wir? Wie viele Flaschen eines Weins kann ich bekommen? Das wird auf der Grundlage von Daten analysiert und festgelegt. Wenn sich zum Beispiel ein bestimmter Riesling aus Österreich sehr gut verkauft, müssen wir sehen, ob wir ein ähnliches Produkt bekommen können, um die Nachfrage zu decken. Wenn ein Wein nicht mehr so gut läuft, werden wir ihn neu bewerten und nach einem anderen Stil suchen. Im Moment arbeite ich bereits am Sortiment für den Herbst 2024. Zum Beispiel lautet meine Vorgabe: 'Suchen Sie nach einem österreichischen Riesling in einem definierten Stil, er darf nicht mehr als diese Summe kosten', erklärt Dannetun.

 

Schweden liebt Naturwein

Die Sortimente werden genau analysiert

Systembolaget

Derzeit wird in Mitteleuropa viel über alkoholfreie Weine und Piwi-Sorten gesprochen. Alternative Weinstile wie Orange Wines erhalten ebenfalls viel Aufmerksamkeit. In Schweden werden Orange Wines definitiv beliebter, aber nicht flächendeckend: „Manchmal handelt es sich nur um lokale Phänomene, weil sich in bestimmten Geschäften einige Mitarbeiter dafür interessieren und mit Kunden darüber sprechen. Auch in größeren Städten haben Kunden Orange Wines möglicherweise in Restaurants kennengelernt, und daher gibt es eine höhere Nachfrage danach, insbesondere aus Georgien und Frankreich." Piwi-Weine hingegen sind kein großes Thema: "Piwis sind exotisch, wenige Schweden kennen sie, obwohl wir im Allgemeinen für Neues offen sind. Aber das Interesse ist derzeit gering." Dagegen sind Naturweine, vor allem Pet Nats, sehr gefragt: „Sie verkaufen sich immer noch sehr gut."

Wie werden die andernorts intensiven Diskussionen über die oft sehr kleinteilige Herkunft von Weinen und ihren Schutz in Schweden wahrgenommen? „Die echten Wein-Nerds interessiert das schon - aber sie sind eine Minderheit unserer Kunden. Es ist eher so, dass sie wissen: Ich mag Grünen Veltliner. Aber nicht, was DAC ist und wo die Regionen sind. Eher: Ich mag Sauvignon Blanc aus Neuseeland oder Syrah aus Südafrika. Man verbindet Rebsorten oder Stile mit Ländern. Sie kennen höchstwahrscheinlich Bordeaux und Burgund in Frankreich, Riesling in Deutschland, die Regionen Wachau und Kamptal in Österreich und Rotweine aus dem Burgenland. Wie steil die Weinberge sind, welche Spezifikationen sie haben: Das ist nur etwas für sehr wenige Fans."

 

Weltweit einzigartige Nachhaltigkeitskriterien

Viel wichtiger als neue Sorten und Einzellagen seien in Schweden Aspekte der Nachhaltigkeit - vor allem Verpackungen wie Dosen, Bag-in-Box und Leichtflaschen. „Die machen den größten Teil unserer CO2-Emissionen aus, deshalb setzen wir da an." Die nordischen Alkoholmonopole haben 2022 ein ambitioniertes gemeinsames Programm zur Bekämpfung des Klimawandels vorgestellt. Ihr Ziel: Die CO2-Emissionen bis 2030 auf die Hälfte des Niveaus von 2019 zu reduzieren. Dafür werden alle Phasen der Produktion, Verpackung und Distribution analysiert. Immer wieder beklagen sich Weingüter, dass die Monopole viel von ihnen verlangten, aber keine Kaufzusagen machten und die finanzielle Belastung den Abfüllern überließen. Als Folge könnten die Kriterien vieler Ausschreibungen („Tender“) nur von wenigen großen Abfüllern erfüllt werden.

Matilda Dannetun bestätigt, dass sie diesen Vorwurf öfter zu hören bekommt. „Es heißt, dass wir es einigen Produzenten schwierig machen, in unser Sortiment aufgenommen zu werden. Heute gibt es viel mehr Produzenten als vor 20 Jahren, die uns Muster zu Ausschreibungen schicken. Aber: Nachhaltigkeit ist den schwedischen Weinkäufern wichtig. Deshalb stellen wir diese Aspekte immer stärker in den Vordergrund. Die Geschäftschancen für Weingüter, die sich für schwerere Glasflaschen entscheiden, werden in Zukunft geringer sein."

 

Niemand sollte unterschätzen, wie wichtig Umweltschutz für Schweden ist!

 

Für Nachhaltigkeitsstandards und -Zertifikate hat Systembolaget eine Kombination verschiedener Kriterien eingeführt. „Es gibt so viele Siegel und das Thema ist so umfangreich", sagt Dannetun und erklärt ihren Zugang: „Es reicht nicht aus, nur nach einer Plakette zu fragen. Eine leichtere Flasche allein bedeutet nicht automatisch weniger Umweltbelastung – wenn sie zum Beispiel aus China stammt und wir nicht wissen, unter welchen Bedingungen sie dort produziert wurde. Wir müssten intensive Gespräche mit unseren Lieferanten führen, um diese Details auszuloten, was natürlich viel Zeit in Anspruch nehmen würde." Dafür hat Systembolaget eine eigene Abteilung, die solche Zertifizierungen untersucht. Die Mitarbeiter kennen die länderspezifischen Unterschiede genau. Welches Zertifikat ein Produzent bevorzugt, spielt dabei keine Rolle: „Wir betrachten immer die Fakten."

Zusätzlich gibt es Weingüter, die nachhaltig arbeiten, aber keine Priorität auf den Erhalt eines Zertifikats legen. „Wir motivieren unsere Lieferanten, diesen Teil sehr ernst zu nehmen und eine genaue Rückverfolgbarkeit zu dokumentieren, weil ein Zertifikat für unsere Kunden wichtig ist. Viele unserer leitenden Manager nehmen dieses Thema nicht nur ernst, sondern persönlich. Sie bemühen sich, bei Treffen mit Produzenten selbst dabei zu sein. Niemand sollte unterschätzen, wie wichtig der Umweltschutz für die Schweden ist."

 

Schwedischer Wein - Gefahr für das Monopol?

Ab-Hof-Verkäufe der immer zahlreicheren Weingüter werden wahrscheinlicher

sbov.se

Das wirft die Frage auf, wie sich der noch kleine, aber schnell wachsende Weinbau in Schweden entwickelt. Matilda erzählt uns, dass der Verkauf des heimischen Weinsortiments in den letzten fünf Jahren gewachsen ist. Die lokalen Weine müssen auch nicht den gleichen Genehmigungsprozess wie die Produkte für das normale Sortiment durchlaufen. Doch werden auch neue schwedische Weine durch Ausschreibungen eingereicht und dann überprüft und verkostet, bevor sie in den Verkauf gelangen. Sie sind Teil einer Palette von lokalen Produkten, die für Konsumenten leicht verfügbar sein sollten, jedoch oft nur in den Geschäften in der Nähe des Weinguts, damit die Produzenten direkt liefern können. Der Weg über das zentrale Lager könnte für die Lieferanten zu teuer sein. Derzeit dürfen schwedische Winzer noch nicht direkt „ab Hof" verkaufen, aber das könnte sich bald ändern. Inzwischen gibt es Hunderte von kleinen Produzenten von Wein, Fruchtweinen, Bier und Spirituosen. Bisher mussten ihre Produkte über Systembolaget bestellt werden. Aber da Schweden seine kleinen Erzeuger ermutigt, direkt zu verkaufen, und da die Herkunft für Schweden sehr wichtig ist, wird derzeit diskutiert, ob man bald direkt von den Winzern kaufen können sollte. Das sei eine politische Entscheidung.

 

Trends aus der Sicht des hohen Nordens

Es überrascht kaum, dass Umweltbelange der größte Trend für schwedische Verbraucher sind. Alternative Verpackungen sowie lokale und umweltverträgliche Produktion gewinnen immer mehr an Bedeutung. Die Schweden wären auch bereit, dafür mehr zu zahlen. Zudem sieht Systembolaget die Suche nach Rebsorten, die trockenresistenter sind oder weniger Pestizide benötigen, als ein großes Zukunftsthema. Matilda Dannetun erklärt den schwedischen Zugang dazu: „Der Klimawandel ist im Alltag angekommen. Wir machen uns viel mehr Gedanken über die Zukunft und was wir dazu beitragen können. Auch und vor allem beim Wein. Schließlich ist Wein ein Produkt, an das wir hohe Erwartungen haben."

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