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Zu Moët Hennessy gehören einige der besten Weingüter und Champagnerhäuser der Welt. Verantwortlich für ihre nachhaltige Entwicklung ist seit 2020 die frühere Parfum-Managerin Sandrine Sommer. Sind die teuren Projekte mehr als nur Marketing? Kristine Bäder hat nachgefragt.

Sie gilt als „die größte Veranstaltung für Lösungen für unseren Planeten“. Im Pariser Grand Palais Éphémère fand im vergangenen Mai zum dritten Mal die Messe „Change now“ statt. Im Schatten des Eiffelturms trafen Experten für Nachhaltigkeit, Klima- und Umweltschutz, Start-ups und große Unternehmen mit Ideen für nachhaltiges Leben zusammen. Foren, Diskussionsrunden und eine große Präsentationsfläche für große und kleine Lösungen lockten während des dreitägigen Events laut Veranstalter rund 35.000 Teilnehmer aus 120 Ländern in die temporäre Veranstaltungshalle auf dem Champ de Mars in Paris. Mit einem ungewöhnlich schlichten und zurückhaltenden Messestand zählte auch Moët Hennessy zu den Ausstellern. Die Wein- und Spirituosen-Sparte des Luxus-Konzerns LVMH stellte dabei dem Publikum seine Projekte zu Nachhaltigkeit und Klimaschutz vor. Zu ihr gehören die Champagnerhäuser Krug, Dom Pérignon, Ruinart, Veuve Cliquot, Moët & Chandon und Armand de Brignac sowie neun Weingüter - darunter Château d’Yquem, Cheval Blanc und Cloudy Bay.

Sandrine Sommer verantwortet seit 2020 alle Strategien zur Nachhaltigkeit bei Moët Hennessy.

Moët Hennessy

Schon zur Vinexpo Paris 2020 verkündete das Unternehmen drei grundlegende Entscheidungen für die Weingüter und Champagnerhäuser: Verzicht auf Herbizide in den Weinbergen, die Gründung der „Living Soils University” sowie Programme für mehr Biodiversität. Im Jahr darauf folgte das Nachhaltigkeitsprogramm des Hauses, in dem es vor allem um die Regeneration und den Schutz der Böden, Klimaschutz sowie Projekt zur sozialen Verantwortung geht. 2022 schließlich initiierte Moët Hennessy im französischen Arles das erste World Living Soils Forum, zu dem viele Spezialisten zu Themen wie regenerative Landwirtschaft, Biodiversität oder Agro-Forstwirtschaft eingeladen waren. Im zweijährigen Rhythmus soll das Forum künftig stattfinden – die diesjährige Pause nutzten die Verantwortlichen, um die Arbeit in Paris bei Change Now vorzustellen.

Verantwortlich für die Entwicklung des Unternehmens in Richtung Nachhaltigkeit und Naturschutz ist Sandrine Sommer. Sie wechselte 2020 innerhalb der LVMH-Gruppe vom Parfum- und Make Up-Produzenten Guerlain zu Moët Hennessy. Schon für Guerlain hatte sie eine Nachhaltigkeitsstrategie entwickelt. „Bei Guerlain haben wir damals damit begonnen, das Thema aufzubauen und dann ein konkretes Programm eingeführt. Bei Moët Hennessy ging es zunächst darum, die verschiedenen Initiativen und Engagements der einzelnen Weingüter und Häuser zu sammeln und zu strukturieren“, erzählt die „Chief Sustainability Officer”, die laut ihres Titels die Verantwortung einer Vorständin trägt. Die Living Soils-Initiative bündelt nun für alle Häuser der Wein- und Spirituosen-Sparte die Projekte des Nachhaltigkeitsprogramms. Im Rahmen der Change Now 2023 nahm sie an einer Podiumsdiskussion zu Regenerativer Landwirtschaft teil und stand wein.plus für ein Gespräch zur Verfügung.

 

Arbeit im Biodiversitätsprojekt “Vitiforestry” des Champagnerhauses Ruinart.

Ruinart

Lösungen mit Leichtglas gesucht

Aus der Kosmetik-Branche kommend, musste sich Sandrine Sommer zunächst mit den für sie neuen Anforderungen in Weingütern zur Nachhaltigkeit auseinandersetzen. „Bei Guerlain ging es um die Inhaltsstoffe und Bestandteile, die wir eingekauft haben und auch um die Verpackungen. Also beispielsweise darum, von Plastik auf Glas umzusteigen“, erläutert sie die Unterschiede. Das Thema Glas begegnete ihr auch im Weinbereich wieder: „Hier geht es für uns um Wege, wie wir unsere CO2-Emission verringern können.“ Man suche aktuell nach Lösungen mit Leichtglasflaschen und einem höheren Anteil an Recyclingglas.

Vor allem die Reduktion der CO2-Emission gehört für Sandrine Sommer zu den großen Herausforderungen der kommenden Jahre. „Und zwar entlang der kompletten Wertschöpfungskette“, betont sie. Auch deshalb müsse man alle Partner einbeziehen, egal ob Glashersteller oder die Mitarbeiter der einzelnen Weingüter. „Wir unterstützen sie in der praktischen Umsetzung regenerativer Arbeitsweisen. Damit unterstützen wir auch unser Terroir.“ Aufgrund der unterschiedlichen Bedingungen in den über den ganzen Globus verstreuten Weingütern der Gruppe werden bei Moët Hennessy die Anforderungen jeweils auf die Häuser angepasst. „In der Champagne haben wir mit Wasser kein Problem, dort fokussieren wir auf regenerative Landwirtschaft. Im Süden Frankreichs ist das Wetter heiß und trocken, dort pushen wir die Bio-Zertifizierung.”

 

„Wir müssen uns Terroir, Wissen und Kultur anpassen“

Organisch, regenerativ und zugleich besonders nachhaltig – ist das nicht ein Widerspruch, auf den viele Experten hinweisen? „Ich glaube nicht, dass organisches Arbeiten dem nachhaltigen Arbeiten widerspricht. Wir müssen uns jeweils dem Klima, dem Terroir, dem Wissen und der Kultur anpassen“, sieht Sandrine Sommer da keine Unvereinbarkeit. Biologischer Anbau sei ein Zwischenschritt, der letztlich nicht genüge. Château Galoupet in Südfrankreich beispielsweise sei organisch zertifiziert, setze inzwischen mehr regenerative Techniken als früher ein und arbeite für mehr Biodiversität. In Argentinien bei Terrazas de los Andes hingegen habe man sich für die ROC-Certification (Regenerative Organic Certified) entschieden. Ende Juni erhielt das Weingut als zehntes Weingut weltweit die regenerative Bio-Zertifizierung, die neben biologischer Bewirtschaftung vor allem auf regenerative Landwirtschaft, Tierwohl und soziale Gerechtigkeit achtet. „Soziale Verantwortung hat nicht nur den Aspekt, dass die Mitarbeiter gute Arbeitsbedingungen haben. Wir müssen uns auch für moderaten Weinkonsum einsetzen“, erklärt Sandrine Sommer. Auf der Homepage von LVMH findet man einen 32 Seiten umfassenden Verhaltenskodex, dem sich jeder Mitarbeiter verpflichten muss und in dem es unter anderem um Umweltschutz und verantwortungsvolles Handeln geht.

Um die nachhaltige Entwicklung im Unternehmen zu messen, werden während des ganzen Jahres Daten gesammelt und ausgewertet. „Wir wollen die CO2-Emission wirklich drastisch senken. Dank leichterer Flaschen, erneuerbarer Energien und neuer Transportwege haben wir im vergangenen Jahr den CO2-Ausstoß um sieben Prozent reduzieren können.“ Mehr Transport mit Sailing Cargo statt mit Flugzeugen sei eine dieser Stellschrauben: „Wir können nur weiterkommen, wenn wir Daten sammeln und auswerten.“

Dass Moët Hennessy und LVMH in erster Linie Luxusprodukte verkaufe, sieht die Französin als Teil ihrer Verantwortung. „Wir sind davon überzeugt, dass wir Pioniere sein sollten. Wir haben eine klare Verantwortung in der Industrie – aber auch gegenüber den Kunden“, betont sie. „Die Leute kaufen ein teures Produkt einer angesehenen Marke. Natürlich erwarten sie das von uns.“

Also alles nur Marketing? „Es ist eine wirkliche Überzeugung. Als Leader und großes Unternehmen haben wir eine enorme Verantwortung und vor allem in unserem Bereich ist es besonders wichtig, nachhaltig zu sein.“ Gesunde Böden und Biodiversität seien die Voraussetzung für gute Weine. Und natürlich seien die Erwartungen in Sachen Nachhaltigkeit im Luxussegment bei den Kunden größer. Also doch Marketing? „Für mich ist Nachhaltigkeit nicht die Kirsche auf dem Kuchen, sondern eine Schlüsselstrategie für die Zukunft unseres Unternehmens.“ Gerade für junge Menschen seien Werte und Sinnhaftigkeit wichtige Kriterien für ihre Arbeit. „Wenn man auch in Zukunft die besten Talente für sein Unternehmen gewinnen will, muss man diesen Fokus auf Nachhaltigkeit haben.“

 

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