wein.plus
ACHTUNG
Sie nutzen einen veralteten Browser und einige Bereiche arbeiten nicht wie erwartet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser.

Anmelden Mitglied werden

Ruinart gilt als einer der Vorreiter beim Umwelt- und Klimaschutz in der Champagne. Mit dem Projekt “Vitiforestry“ lässt das Champagnerhaus Bäume und Hecken zwischen die Weinberge pflanzen, um mit Methoden der Forstwirtschaft die Biodiversität zu verbessern. Kristine Bäder hat sich die Arbeit in den Premier Cru-Lagen in Taissy angesehen.

Lange Zeit galt der 50. Breitengrad als nördliche Grenze für Qualitätsweinbau, die Champagne als nördlichste Weinregion Europas. Diese Zeiten sind vorbei, in Schleswig-Holstein und auf Sylt, in England und Dänemark, selbst in Schweden wird inzwischen Wein produziert. In der Champagne konnte man länger als anderswo von den Auswirkungen des Klimawandels profitieren. Die richtige Reife erreichen die Trauben inzwischen nahezu jährlich mühelos. Allein zwischen 2003 und 2019 gab es in der Champagne fünf Lesen, die schon im August begannen, statt wie sonst üblich Ende September. „Früher konnten wir vielleicht fünf mal in zehn Jahren einen Dom Ruinart machen, heute funktioniert es etwa achtmal“, berichtet Louise Bryden, Weinmacherin und Projektleiterin bei Ruinart.

RUINART

In der Region gilt Ruinart als einer der Vorreiter in Sachen Umwelt- und Klimaschutz. Schon seit 2014 sind die Weinberge im Besitz des Hauses mit dem Nachhaltigkeitssiegel „Viticulture durable en Champagne“ zertifiziert. Langfristig wollen die Verantwortlichen möglichst alle Trauben-Lieferanten durch finanzielle Anreize motivieren, sich dem Siegel anzuschließen. Auch sonst hat das Unternehmen schon einige kleinere und größere Schritte unternommen, um CO2 zu sparen und Ressourcen zu schonen. Eine der innovativsten Entwicklungen ist die neue Umverpackung „Second Skin“. Zu 99 Prozent aus Papier hergestellt, spart sie rund 60 Prozent der Treibhausgas-Emissionen üblicher Verpackungen ein.

Langfristiges Pilotprojekt auf 40 Hektar

In den kommenden Jahren liegt der Fokus bei Ruinart auf einem Pilotprojekt zur Biodiversität in den historischen Weinbergen in Taissy. Auf rund 40 Hektar – je 20 Hektar Chardonnay und Pinot Meunier – soll die Vielfalt der lokalen Fauna und Flora gefördert werden. “Vitiforestry” nennt sich der Ansatz, der mit Methoden der Forstwirtschaft auf natürliche Weise mehr Leben in die Weinberge und ihre Böden bringen will.

„Wir haben in einem ersten Schritt viele Heckenstreifen und Bäume um und zwischen die Weinberge gepflanzt“, erläutert die Projektleiterin. Die junge Weinmacherin brennt für dieses „grüne Herz“ des Vitiforestry-Projekts. Seit 2021 wurden rund 14.000 heimische Bäume und Sträucher wie Hainbuche und Linde, Hartriegel und Weißdorn gepflanzt, bis 2023 sollen es 20.000 werden.

„Auf diese Weise wollen wir die riesigen Monokultur-Flächen der Weinberge in der Champagne aufbrechen und ein Ökosystem schaffen, in dem heimische Pflanzen und Tiere einen Lebensraum finden“, erklärt Louise Bryden.

Louise Bryden leitet das Projekt Vitiforestry
©lvmh
 

Veränderungen im Weinberg - und im Wald

©Mathieu-Bonnevie

Die Weinberge der Premier-Cru Lage in Taissy bieten sich aus verschiedenen Gründen für das Projekt an: Der Wald von Fort de Montbré grenzt direkt an die zusammenhängende, riesige Weinbergsfläche. „Die Bäume hier stehen viel zu dicht, und es sind fast ausschließlich Kiefern“, erklärt die Winzerin. Im Wald ist also ebenfalls Veränderung nötig. Daher werden dort parallel Schritte zur Regeneration eingeleitet, um die Wuchskraft der Bäume zu fördern und die Vielfalt im Forst zu fördern. Unterstützt wird Ruinart dabei vom als nachhaltig arbeitenden “B Corp” zertifizierten Forstspezialisten Reforest'Action, der sich um Erhalt, Regeneration und Neuanlage der Waldflächen kümmert. Am Fuß der Weinberge findet sich zudem eine Wildwiese, die in der Champagne als Seltenheit gilt - und daher auf Empfehlung der Berater unbedingt erhalten bleiben soll. „Mir war nicht bewusst, wie viele verschiedene Insekten, Tiere und Pflanzen auf so einer Wiese leben“, sagt Louise Bryden. Die Hecken und Bäume zwischen Wiese und Weinbergen bilden nun zusätzliche Korridore für Vögel, Fledermäuse und andere Tiere. „Wir versprechen uns davon eine natürliche Fragmentierung der Weinberge, so wie es vielleicht früher einmal war“, beschreibt sie die Perspektive. Für die Weinberge erwartet sie langfristig einen positiven Effekt: „Wenn die gepflanzten Bäume groß gewachsen sind, schaffen sie auch ein besonderes Mikroklima. Wir erhoffen uns beispielsweise, dass sie den Wind und die Kälte brechen und so die Folgen der Spätfröste abmildern.”

Parallel zu den Pflanzungen von Gehölzen experimentiert die Projektleiterin auch mit verschiedenen Begrünungsformen, um Bodenleben und Fruchtbarkeit zu verbessern. Wetterstationen sollen detaillierte Daten liefern, um langfristig mehr Pflanzenschutzmittel einsparen zu können. „Wir haben seit 2008 den Einsatz von Pestiziden um 50 Prozent gesenkt. Die Wetterstationen helfen uns, so wenig und so präzise wie möglich Pflanzenschutz zu betreiben.“ All diese Aspekte haben zum Ziel, den Folgen des Klimawandels entgegenzuwirken. Dazu sollen sie helfen, widerstandsfähige Weinberge, gesunde und fruchtbare Böden sowie ein vielgestaltiges Ökosystem zu etablieren.

RUINART

“Wir wollen zum Mitmachen auffordern”

©Mathieu-Bonnevie

Die Arbeit in den Weinbergen von Taissy weckt die Aufmerksamkeit der umliegenden Winzer – und genau das sollen sie auch. „Wir wollen möglichst viele Nachbarn zum Mitmachen auffordern“, sagt Louise Bryden. Winzer der umliegenden Weinberge haben sich schon angeschlossen und ebenfalls Bäume gepflanzt. „Ein Projekt wie dieses - und mit einer Größe von 40 Hektar - hat es in der Champagne noch nicht gegeben. Wir haben erkannt, dass wir etwas tun müssen, dazu gibt es keine Alternative. Aber in der Champagne ist es schwierig, etwas zu verändern. Ich hoffe, es ist noch nicht zu spät”, betont die Weinmacherin. Eine der größten Herausforderungen sei es, die Auswirkungen des Projekts wissenschaftlich zu messen und zu dokumentieren. Dazu wurde etwa zu Beginn beispielsweise die Zahl der vorhandenen Insekten und Tiere erhoben. Die installierten Wetterstationen sollen zudem Veränderungen des Mikroklimas erfassen. Viele zusätzliche Ergebnisse und Daten werden präzise dokumentiert, um sie interessierten Produzenten aus der Champagne zur Verfügung stellen zu können.

Weitere Aufmerksamkeit erfährt das Projekt durch den deutschen Künstler Nils-Udo. In Vorbereitung des Jubiläums zum 300-jährigen Bestehen des Champagnerhauses im Jahr 2029 beauftragte Ruinart den „Land-Art“-Pionier damit, ein Kunstwerk inmitten der Weinberge zu installieren. Unter dem Titel „Habitat“ schuf der Künstler aus Baumstämmen und den im Rahmen des Vitiforestry-Projektes gerodeten Rebstöcken drei weithin sichtbare Skulpturen. „Wir haben ihn gebeten, in die Baumstämme kleine Löcher für die Insekten zu bohren“, freut sich Louise Bryden über die Integration des Kunstwerkes in das Projekt. Neben den Vogel- und Insektenhäusern finden die Insekten nun auch hier ein Zuhause. Doch erbringt das Vitiforestry-Projekt auch mehr Qualität für die Weine von Ruinart? Louise Bryden zieht die Schultern hoch: „Das weiß ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Ich hoffe, schon.“

Mehr zum Thema:

Mehr verwandte Stories

Alle anzeigen
Mehr
Mehr
Mehr
Mehr
Mehr
Mehr
Mehr
Mehr
Mehr
Mehr

Veranstaltungen in Ihrer Nähe

PREMIUM PARTNER