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Aus Riesling bestehen einige der größten Weißweine der Welt. Ihn mit Speisen zu kombinieren, ist aber eine Herausforderung. Spitzensommelière Elena Rameder erzählt von ihren Erfahrungen - und gibt Tipps, die wirklich passen.

Die gebürtige Deutsche Elena Rameder kam zum Studium der Theater-, Film- und Medienwissenschaften nach Wien. Durch einen Nebenjob bei einem Catering-Unternehmen kam sie mit Gastronomie und Wein in Berührung – und blieb der Branche erhalten. Rameder absolvierte eine Ausbildung zur Sommelière, arbeitete in Spitzenrestaurants und gehört zum Gründungsteam des Top-Restaurants Aelium in St. Pölten. Derzeit studiert sie für die Prüfung zum Master of Wine. Im kommenden Jahr könnte sie als erste Frau in Österreich diesen renommierten Titel erreichen. Sie sagt über sich selbst: „Ich liebe es, zu lernen“, und weiter: „Ich umgebe mich gerne mit schönen Dingen“. Beste Voraussetzungen für die Beschäftigung mit Wein, speziell dem König der Rebsorten: dem Riesling.

Dieser ist wegen seiner ausgeprägten Aromatik als Speisenbegleiter nicht universell einsetzbar. Anders ausgedrückt: Es ist kompliziert. Elena Rameder verrät ihre Zugangsweise: „Durch meine Ausbildung denke ich oft in Strukturen, nicht in Aromen. Für mich ist Riesling absolut linear, er zieht pfeilgerade durch.“

 
 

Ananas-Tomaten mit Sesamöl, Ingwer und Koriander. Eine leichte Vorspeise, zu der junger Riesling perfekt passt

Restaurant Aelium

Schwerthiebe vom Säure-Junkie

Sie bezeichnet sich selbst als „Säure-Junkie“. Daher liebe sie Riesling. Und verrät: „Ich hatte das Glück, immer mit Köchen zusammenzuarbeiten, die verstanden haben, dass sich das Essen an den Wein anpassen muss – nicht umgekehrt. Denn den Wein kann ich nicht mehr verändern. Dem kann ich höchstens ein anderes Glas oder mehr Flaschenreife geben.“ Umgekehrt könne die Küche das Gericht an den Wein heranführen. „Der Weggang von der opulenten, französisch inspirierten Küchentradition führte nach meinem Gefühl dazu, dass man bewusst mehr mit Säure abschmeckt. Und das hilft dem Riesling.“ Am besten sei es jedenfalls, die Frucht des Rieslings mit der Würze des Essens zu kombinieren.

Zu jungen, ein- bis dreijährigen Riesling-Weinen empfiehlt Rameder, „alle Speisen, in denen sich das süß-saure Geschmacksprofil des Weines wiederfindet“. Im Sommer sind das beispielsweise alle Vorspeisen mit reifen Tomaten, eventuell auch in Kombination mit Nektarine oder Ananas. Oder Ceviche, also mit Säure fermentierter roher Fisch. Wer es rassiger mag, könne auch hauchdünn geschnittene Habanero-Chilis oder Korianderblätter dazugeben, denn vor allem Koriander passe gut zu einem jungen Riesling mit satter, klarer Frucht. Der dürfe dann auch nicht zu dezent sein.Zu Riesling mit drei bis fünf Jahren Reife serviert sie im Aelium gerne Calamari fritti mit Limette und Aioli. Dies sei ein Gericht, bei dem speziell Riesling mit seiner linearen Säure das Fett der gebackenen Calamari aufbrechen und aufschließen könne. „Man kann die Säure wie Nadelstiche oder wie Schwerthiebe einsetzen. Dadurch wirken Gerichte mit mehr Fett leichter und lebendiger.“
 

Ein Aelium-Klassiker sind Calamari fritti mit Limette und Aioli. Riesling gibt dem Gericht Leichtigkeit

Restaurant Aelium

Reife allein ist nicht alles

Da bei reifem Riesling die Sorte in den Hintergrund tritt, lasse er sich leichter kombinieren. Gereifte Rieslinge haben eine weiche Säure und die Tertiäraromen geben eine zusätzliche Dimension. Mit einem Hauch von Botrytis bekomme der Wein zusätzlich Noten von Safran.

Im Aelium kombiniert Elena Rameder solche Weine zu Zander mit Curry, Safran und Koriander. Oder zu Zander-Bosna, einem regional in Süddeutschland und Österreich bekannten Gericht, das traditionell aus einer gewürzten Bratwurst besteht. Es wird in einem aufgeschnittenen Weißbrot mit Senf oder Ketchup, Currypulver und Zwiebeln zubereitet. Im Aelium besteht der Bosna aus selbstgemachten Zanderwürstchen, Tramezzinibrot, eingelegten Ananas, Koriander, Curry und Dill. „Dazu ein 2012er Riesling vom Weingut Malat, durchaus petrolig und kräftig, das hat perfekt gepasst. Das mag ich überhaupt zu Riesling: Ingwer, Curry, Safran. Das alles sind Aromen, die Riesling mit Reife ohnehin bietet. Riesling-Weine, die zehn Jahre oder älter sind, vertragen so intensive Geschmacksnoten wunderbar.“

Doch Elena Rameder verneint, dass Riesling einfacher zu kombinieren ist, je reifer er wird: „Das kann man nicht pauschal sagen. Vor allem wenn ein Wein sehr reduktiv und karg ist, kann er auch wirklich fordernd werden. Das ist spannend, vor allem, wenn ich mit einem intellektuellen Ansatz herangehe. Wenn ich mich auf den Wein einlasse wie auf ein Gedicht oder ein Bild, mit dem ich mich lange beschäftige und es zu ergründen versuche, es Schicht für Schicht auseinander nehme. Im Restaurant wird das aber schwierig. Das benötigt vom Gast so viel Aufmerksamkeit, dass der Wein ihn vom Essen ablenkt und es nicht begleitet.“

Zum Prä-Dessert mit Eis aus Ziegenfrischkäse mit Pfirsich und Lavendel reicht die Sommelière gerne zart restsüße Varianten. „Ein Kabinett hat so eine glatte Oberfläche, und der Pfirsich gibt die Richtung zum Riesling vor. Das funktioniert hervorragend.“

 

Die Gelbschwanzmakrele mit Soffrito und Chili profitiert von den Tertiäraromen eines gereiften Rieslings

Restaurant Aelium

“Da pfeift der Riesling dazu”

Kombiniert sie Riesling auch mit Fleisch? „Ja, aber dabei ist die Beilage bestimmend. Ich persönlich mag Passionsfrucht und Ananas zum Fleisch, und damit funktioniert Riesling. Oder zu Thai-artigen Salaten mit gegrilltem Fleisch, Früchten und Sesam. Säure und Schärfe müssen bei mir überall dabei sein. Lieber als ein Wiener Schnitzel habe ich Alt-Wiener Backfleisch, bei dem Senf in der Panade enthalten ist. Da pfeift der Riesling dazu. Ich persönlich würde mich da einiges trauen, zum Beispiel Vitello Tonnato. Oder Fleisch mit einem Balsamico-Lack. Im Restaurant würde ich das aber nicht wagen.“ Genial funktioniert Riesling für sie jedenfalls mit Innereien, beispielsweise zu “Kalbsrahmbeuschel”. Das ist ein österreichisches Traditionsgericht mit Senf und Kapern, das aus Herz, Leber und Lunge besteht. Oder zu Leber auf venezianische Art.

Alternative Weinstile können laut Elena Rameder gut funktionieren, aber Riesling brauche nicht unbedingt Maischekontakt, da er genügend Säure und Struktur biete. Hat sie persönliche Riesling-Lieblingsweine? „Durch mein Master of Wine-Studium bin ich großer Fan von australischem Riesling geworden. Die sind karg, metallisch, mit hochgetunter Frucht. Und ich mag die Rieslinge vom Weingut Breuer im Rheingau. Die haben dieses Rheingau-Maskuline und sind etwas kantig.“ Jedenfalls bevorzugt sie Riesling-Weine, die nicht zu opulent und blumig, sondern eher steinig und rassig schmecken. „Die würde ich aber in einer weinaffinen Runde oder mit perfekt ausgewählten Speisen servieren. Im Restaurant traue ich mich nicht, das in eine Weinbegleitung einzubauen. Wir Sommeliers können uns oft stundenlang mit gewissen Kombinationen beschäftigen – aber die Gäste haben meist gar nicht die Zeit, sich darauf so intensiv einzulassen, wie es notwendig wäre, um das wirklich genießen zu können.“ Der Gast steht für Elena Rameder im Vordergrund, nicht die persönliche Vorliebe. Aber: „Riesling geht viel öfter, als man vermutet.“

 

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