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Mit Pinot Noir (in Deutschland: Spätburgunder) geht mehr als nur Wild. Die erfahrene Pfälzer Restaurantleiterin und Sommelière Sybille Bultmann serviert dazu auch Fisch, Käse und Wurstplatte - wenn man die richtigen Weine öffnet. Sie hat Kristine Bäder erklärt, was zu Pinot am besten passt.

Die aktuelle Statistik des Deutschen Weininstituts spricht eine deutliche Sprache: Spätburgunder (Pinot Noir) ist die wichtigste Rotweinsorte in Deutschland. Mehr als 11.000 Hektar der deutschen Rebfläche sind damit bestockt, das sind etwas mehr als elf Prozent der Gesamtfläche. Im Weißwein-Land Deutschland, wo knapp 70 Prozent der Weinberge mit weißen Sorten bepflanzt sind, ist das keine ganz schlechte Quote.

Die Geschichte des Spätburgunders in Deutschland reicht über hundert Jahre zurück. Doch mit der Rationalisierung im Weinbau zwischen den 1960er-Jahren und 1990 mutierte die rote Sorte aber zum Stiefkind der deutschen Winzer. Ertragreiche Klone, Maische-Erhitzung und Ausbau im Edelstahl oder GFK erzeugten dünne, hellfarbene und ausdruckslose Tropfen, die schnell das Ansehen des deutschen Pinots verspielten. Erst die Initiative ehrgeiziger Winzer, die sich von den Methoden im Burgund inspirieren ließen, brachte den deutschen Pinot Noir wieder zurück an die Spitze. Heute genießt er vor allem im anglo-amerikanischen Raum ein hohes Ansehen. Und weil deutsche Spitzen-Pinots der Konkurrenz aus dem Burgund oft in nichts nachstehen, aber deutlich bezahlbarer sind, war ihre Popularität auf der internationalen Wein-Bühne selten größer.

Pinot Noir kann viel mehr als nur Wild zu begleiten. Es kommt dabei aber auf die Herkunft, den Ausbau und das Alter an.
© Wikipedia - Prayitno

Eleganz mit zurückhaltenden Tanninen

Sybille Bultmann gehört zu den besten Sommelièren in Deutschland. Der “Schlemmer-Atlas” zählte sie 2022 zu den Top 50 der deutschen Sommeliers. Als Restaurantleiterin und Sommelière prägte sie lange Jahre das Restaurant im Ketschauer Hof in Deidesheim (Pfalz). Mit ihrem Ehemann, dem Koch Swen Bultmann, eröffnete sie 2013 in Ludwigshafen das Restaurant “Atable“. Seit 2021 hat es im pfälzischen Freinsheim ein neues Zuhause gefunden.

Schon in Ludwigshafen verfolgte das Atable ein Konzept der klassischen französischen Küche. „Wir haben dort auch zu Weinabenden mit reinen Pinot noir-Menüs eingeladen,“ berichtet Sybille Bultmann von ihren Erfahrungen mit der roten Sorte. „Spätburgunder hat viele Facetten, die herausragende Eigenschaft ist aber seine elegante Art in Verbindung mit den zurückhaltenden Tanninen. Er ist ein Wein, der Speisen wirklich begleitet, statt sie zu übertönen.“ Vor allem die leichte und elegante Küche profitiert für sie von Pinot Noir.

 
Gebratener Steinbutt passt hervorragend zu kühlem Pinot Noir ohne Barrique-Ausbau.
© Wikipedia - MOs810

Zu viel Frucht macht die Kombination schwierig

Welcher Pinot dabei ins Glas kommt, ist für die Sommelière auch – und vor allem – eine Frage des Alters. „Jung kann Spätburgunder sehr fruchtbetont schmecken. Wenn das Aroma aber zu intensiv ist, kann das zu manchem Gericht schwierig werden.“ Eine gute Kombination hingegen entsteht für sie, wenn das Essen nach Würze verlangt. Oder zu Speisen, die Frucht als Kontrast vertragen. „Rote Bete zum Beispiel“, empfiehlt sie, „oder auch Fisch. Der darf gerne gebraten sein und etwas Power mitbringen.“ Im Herbst greift Sybille Bultmann gerne zu gereiftem Spätburgunder. Mit seiner eher zarten Frucht und den Noten von Unterholz und vegetabilen Noten passen diese Weine bestens zu Geflügel wie Perlhuhn und auch zu Pilzen. Oder im Winter zu Wildgeflügel und Wurzelgemüse.

Aber auch die Säure ist bei Spätburgundern ein wichtiger Faktor. „Die besten deutschen Produzenten sind meist auf der frischen und leichten Seite des Pinots, der damit aber auch immer eine deutliche Säure mitbringt. Das muss man bei der Weinauswahl berücksichtigen“, erklärt Sybille Bultmann. Im Gegenzug seien die Tannine nicht so dominant, was Spätburgunder etwa zu Schmorgerichten eher weniger eignet. „Es sei denn, man bewegt sich bei der Wein-Auswahl eher in Richtung Burgund. Dort findet man immer noch Weine, die mit Ganztrauben und Rappen vergoren wurden. Die verfügen über ein ganz anderes Tannin-Gerüst“, erklärt die Gastgeberin. Wärmere Herkünfte wie Südtirol und Kalifornien bieten ebenfalls kraftvollere Spätburgunder, die man als Essensbegleiter ganz anders einsetzen kann. „Grundsätzlich ist Pinot noir aber eine Sorte, die in der Stilistik recht einheitlich ist, weil auch international immer mehr Eleganz angestrebt wird.“

 

Pinot Noir und der Preiselbeer-Effekt

Wild und Spätburgunder sind für sie perfekte Partner. „Lièvre royal, ein klassisches Gericht in Frankreich mit einer Füllung aus Stopfleber ist ein perfektes Gericht für einen Pommard mit seiner festen Struktur und Würze. „Die Säure bricht das Fett der Leber und passt zur kräftigen Sauce, das Fett des Gerichts macht im Gegenzug die Tannine des Weins weicher“, schwärmt die Sommelière von der Kombination. Zu Reh oder Hirsch übernimmt für sie der Pinot noir auch öfter den „Preiselbeer-Effekt“, wenn er mit seiner Frucht den Gegenpart zur Würze des Fleisches spielt.

Die klassischen, hellen Spätburgunder hingegen passen ihrer Erfahrung nach weniger zu diesen Gerichten. „So ein Wein aus dem großen Holzfass, also ohne Barrique-Ausbau, ist mit seiner saftigen und animierenden Frische zur Pfälzer Brotzeit (traditionelle Wurstplatte) ein toller Begleiter.“ Auch zu Fischgerichten eignet sich dieser Pinot hervorragend. Sybille Bultmann empfiehlt Wolfsbarsch auf der Haut gebraten, serviert mit Roter Bete, oder Steinbutt mit Rotweinbutter. „Dazu einen feinen, frischen Pinot, bei 14 bis 16 Grad serviert – das ist perfekt.“

 

Vorsicht bei Ziegen- oder Blauschimmelkäse

Beim Käse stolpert man im Internet noch immer sehr schnell über die Empfehlung Rotwein. Tatsächlich lässt sich Spätburgunder für Sybille Bultmann mit ein paar Käsesorten recht gut kombinieren. “Speisen und Weine, die aus den gleichen Regionen kommen, passen oft zusammen“, lautet die Empfehlung der Restaurantleiterin. Einen jüngeren Pinot aus dem Burgund zum Rotschmierkäse l’Ami du Chambertin von dort passen gut, ebenso ein Chaource. „Ziegenkäse oder Blauschimmel geht zu Pinot Noir aber gar nicht. Der passt eher zu Käsen mit viel Fett und wenig Säure.“ Wenn es unbedingt diese Rebsorte sein müsse, könne man aber gut zu einem Blanc de noirs greifen: „Der ist so primär-fruchtig, das funktioniert mit Käse meist ziemlich gut.“

Nur zum Dessert ist Bultmann skeptisch geworden. “Das würde ich nicht mehr machen”, betont sie. Ihre Erfahrung: Rote Pinots sind immer komplett durchgegoren, dazu kommen Säure und Tannin – das funktioniert zu Süßspeisen nicht. Findet man aber den seltenen Fall eines Süßweins aus Pinot noir, werde die Kombination hingegen interessant: „Die rote Aromatik zu Desserts mit roten Früchten wie Kirsche und mit Schokolade, das passt super.“ Und wie schlägt sich der Pinot noir als Sekt zum Essen? „Das kann man auf jeden Fall machen. Pinot noir-Sekt ist meist ein wenig üppiger, er ist dann guter Essensbegleiter. Als Blanc de noirs gerne zu kräftigen Vorspeisen, als Rosé auch einfach nur zum Aperitif.“

 

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