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Louisa Maria Schmidt alias Lou ist mit  über 50.000 Followern Deutschlands erfolgreichste Wein-Influencerin. Die Geisenheim-Absolventin und gelernte Restaurantfachfrau zeigt mit Witz und Charme, dass man vor Wein keine Angst haben muss. Im Gespräch mit Raffaella Usai erzählt Lou, wie sie junge Menschen für Wein begeistert.

Du bist Deutschlands bekannteste Wein-Influencerin. Wie wurdest Du das?

Louisa Schmidt: Ich bezeichne mich selbst eher als Content-Creatorin und Weinexpertin. In den USA zum Beispiel ist das viel verbreitet, in Deutschland sind wir, was die Digitalisierung betrifft, Lichtjahre hinterher. Und die Weinbranche ist generell nochmal konservativer. Also definiert man mich gerne als Influencerin.

Woher kommt deine eigene Weinbegeisterung?

Louisa Schmidt: Ich bin in der Old-School-Gastronomie aufgewachsen und habe auch ganz klassisch mein Handwerk dort gelernt. Mein Traum war es, in der gehobenen Gastronomie als Sommelière zu arbeiten, habe das aber aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben. Nach einem Jahr im Rheingau und in der Pfalz, wo ich bei Weingütern gearbeitet habe, bin ich an die Hochschule Geisenheim gegangen. Dort habe ich Internationale Weinwirtschaft studiert.

Und dann wolltest du dein Wissen weitergeben?

Louisa Schmidt: Nein, eigentlich wollte ich im Export arbeiten. Die Kombination aus Wein, Kulinarik und Reisen hat mich schon immer fasziniert. Als ich mit 19 Jahren zusammen mit Ernie Loosen wochenlang auf Sales-Tour in den USA war, dachte ich: Das ist genau mein Ding! Ich wollte immer direkt am Kunden oder am Gast arbeiten, das hat mir extrem viel Spaß gemacht.

Am Ende ist es doch anders gekommen. Du hast angefangen, Geschichten über Wein zu erzählen.

Louisa Schmidt: Das Tolle daran ist, dass es Wein fast auf der ganzen Welt gibt und jeder Winzer, jede Winzerin eine eigene Geschichte hat. Wein bringt Menschen an einen Tisch und erzählt so viel drum herum. Es ist unglaublich spannend und umfasst so viele Themen.

Junge Menschen für Wein begeistern - ist das deine Mission?

Louisa Schmidt: Da ich selbst jung bin, spreche ich natürlich vor allem dieses Klientel an. Als ich anfing, hatte ich auch viele ältere Follower, sagen wir mal „alte weiße Männer“. Die haben mich ständig kritisiert und mir meine Kompetenz abgesprochen. Sie waren aber nie meine Zielgruppe – ich möchte junge Menschen an das Thema Wein heranführen.

Louisa Schmidt

Mit deinem Blog „bringflavorhome”, deinem Instagram-Kanal und auch mit deinen Podcasts möchtest du Weinwissen zeitgemäß vermitteln. Was heißt das für dich konkret?

Louisa Schmidt: Ich möchte zeigen, dass man Wein auch barrierefrei kommunizieren kann. Für viele ist Wein immer noch elitäres Gelaber. Es gibt durchaus junge Leute, die in der Ausbildung sind, ob in der Gastronomie oder im Handel, die sich dafür interessieren, aber bisher noch keinen Zugang dazu gefunden haben. Für meine Community darf es nicht so hochgestochen sein. Ich will generisches Fachwissen vermitteln, nicht fancy Etiketten in die Kamera halten und mich selbst inszenieren. Das machen eher die Männer in unserer Branche. Schubladen-Denken gibt es in der Weinwelt genug, ich will open-minded bleiben.

Was wollen junge Menschen heute über Wein wissen?

Louisa Schmidt: Aus meiner Community kommen sehr viele Fragen direkt aus dem „Weinleben“. Also zum Beispiel, ob sich die Investition in einen Weinklimaschrank lohnt oder was man beim Weinkauf beachten sollte, welche Rebsorten man als Riesling-Fan sonst noch probieren muss. Oft werde ich auch nach Reise- und Restaurant-Tipps gefragt. Aber auch Dinge zur Herstellung von Wein, etwa ob biodynamisch wirklich besser ist, und vieles mehr.

 

Schubladen-Denken gibt es in der Weinwelt genug!

 

Kannst du alle Fragen beantworten?

Louisa Schmidt: Ich mache jeden Tag eine Stunde Community-Management und versuche, alle Fragen und Kommentare der Follower und Followerinnen zu beantworten. Klar, manchmal sage ich auch, dass ich leider nicht weiterhelfen kann, weil ich mich da nicht auskenne.

Wie reagieren deine Follower und Followerinnen? Gibt es Diskussion, Widerspruch?

Louisa Schmidt: Ich lasse auf meinem Kanal keinerlei Hate-Speech zu. Da wird einem schon manchmal anders. Einige Leute, vor allem Männer, habe ich deswegen auch blockiert. Wer meint, mir übelste und respektlose Sprüche unter der Gürtellinie schreiben zu müssen, hat bei mir nichts zu suchen.

Hast du denn eine weibliche Community?

Louisa Schmidt: Es sind fast 75 Prozent Frauen, die mir folgen.

Louisa Schmidt

Wie wichtig ist deiner Community die Herkunft der Weine?

Louisa Schmidt: Also diejenigen, die tief im Thema drin stecken, interessiert das schon. Aber das sind rund 20 Prozent, würde ich sagen. Die philosophieren auch gerne über Wein. Der Rest ist noch mit den Basics beschäftigt, die meisten sind nicht so nerdy unterwegs wie wir. Herkunft spielt eine Rolle, ist aber nicht der wichtigste Aspekt.

Welche Zertifizierungen werden für deine Community wichtiger? Oder sind es sogar schon zu viele?

Louisa Schmidt: Wenn das Produkt und das Storytelling stimmen, ist die Zertifizierung meiner Community nicht so wichtig. Viele kennen die Unterschiede gar nicht, sie kaufen bei Familien-Weingütern ein und vertrauen denen. Auch die Biodynamie, die mir persönlich am Herzen liegt und worüber ich immer wieder etwas bringe, ist ein absolutes Nischenthema innerhalb der Nische.

Wie sollten Weingüter und Regionen kommunizieren, um die junge Generation zu begeistern?

Louisa Schmidt: Ich arbeite hauptsächlich für Regionen und entwickle Content für sie. Was ich immer wieder beobachte: Die Leute, die im Social-Media-Marketing arbeiten, haben leider überhaupt keine Ahnung von dem, was sie tun. Wenn jemand erfolgreichen Content produzieren will, muss er auch Content konsumieren. Die posten ein Bild und wundern sich, warum das nicht funktioniert. Social Media ist nach wie vor eines der mächtigsten Tools in der Kommunikation, die wir haben, um junge Leute zu erreichen. Da müssten einige Regionen echt mal Gas geben und off topic denken.

Ist Social Media der einzige Weg, um mit der jungen Generation zu kommunizieren?

Louisa Schmidt: Nein, auch Blogs funktionieren sehr gut. Und YouTube ist nach wie vor sehr wichtig. Darüber holen sich die Leute ihre Infos. Vor allem sollte man aber den Markt genau analysieren und schauen, was die Needs der Zielgruppe sind und wie junge Menschen ticken. Der Großteil der Weinwerbung kommuniziert leider am Markt vorbei.

Was sind die Millennials bereit, für eine Flasche Wein auszugeben?

Louisa Schmidt: Der Großteil meiner Community gibt zwischen 10 und 15 Euro für eine Flasche aus, aber 25 bis 30 Prozent zahlen auch gerne mehr. Die Kaufbereitschaft ist generell schon sehr hoch.

Immer mehr junge Frauen verzichten ganz auf Alkohol, der Trend geht hin zum Sober-Lifestyle. Wie stehst du dazu?

Louisa Schmidt: Die kritische Auseinandersetzung mit dem Thema „Sucht“ ist sehr wichtig. Vor allem, wenn man damit beruflich jeden Tag zu tun hat. Es gibt keinen wissenschaftlichen Beleg darüber, dass Wein gesund ist. Im Gegenteil, Wein ist ein Nervengift. Es ist ein Rauschmittel, das beim missbräuchlichen Konsum Risiken für die Gesundheit birgt. Die Entscheidung, ob man sich diesen Risiken aussetzen möchte, muss jeder für sich alleine treffen. Für mich ist ein gesundes Mittelmaß entscheidend, wie mit allen Dingen im Leben. In diesem Fall ist es ein bewusster Konsum. Was mich an der Diskussion nervt? Dass es nur noch darum geht, entweder Wein oder keinen Wein zu konsumieren. Dazwischen gibt es nichts. Ich bin kein Fan von Extremen, das war ich noch nie.

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