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Was muss man bei der Kombination von Wein und Speisen beachten?
“Ein guter Wein, eingeschenkt zu mehreren Gerichten, ist wie ein guter Schauspieler, der unter wechselnder Regie jeweils neue Facetten von sich preisgibt." Dieses Zitat von Sommelier und Weinautor Sebastian Bordthäuser beschreibt anschaulich die Möglichkeiten und den Effekt einer gelungenen Weinbegleitung zum Essen. Speise und Wein leisten beide ihren Beitrag zur kulinarischen Verbindung und gewinnen beide, indem sie im Zusammenspiel miteinander jeweils neue, bereichernde Geschmacksnuancen offenbaren können.
Bei der Kombination von Speisen und dazu passenden (korrespondierenden) Weinen geht es darum, ein stimmiges und nachhaltiges Genusserlebnis zu schaffen. Dabei kann man entweder auf Harmonie (Übereinstimmung oder Ergänzung) oder auf Spannung setzen. So geht man übrigens auch beim Kochen vor, wenn man in einzelnen Gerichten mit Aromen, Texturen und Temperaturen spielt.
Grundlagen
Für die Weinauswahl sind drei Faktoren wichtig:
- die Zubereitungsart der Speise,
- die Fülle und der Gehalt der Speise und
- die Aromenausprägung und -intensität der Speise.
Zwei Beispiele mögen insbesondere den ersten Punkt (von dem speziell auch der letzte Punkt abhängt) verdeutlichen: Eine Tomate schmeckt roh eher säuerlich, gegart dagegen süßlich, und Kalbfleisch schmeckt gegrillt (Steak) anders als gebraten (Schnitzel) und als gekocht (Tafelspitz).
Wein und Speise sollten gleichberechtigte Partner sein: Der Wein muss geschmacklich mit dem Gericht harmonieren und soll die Aromen der Speise unterstreichen, darf sie aber nicht überdecken.
Die Farbe des Weins ist bei der Auswahl nicht primär ausschlaggebend: Auch die Kombination von Weißwein mit dunklem Fleisch und Rotwein mit Fisch ist möglich. Die traditionelle Regel “heller Wein zu hellem Fleisch (und Fisch), dunkler Wein zu dunklem Fleisch (und Fisch)” gilt zwar weiterhin, denn von ihrem Sinn hat sie nichts verloren; Rotweine sind nun einmal – allein durch ihren höheren Tanningehalt – grundsätzlich kräftiger und herber als Weißweine. Doch so mancher im Holzfass ausgebaute Weißwein (Grauburgunder, Chardonnay) kann mehr Substanz und Gehalt haben als ein fruchtbetonter, im Edelstahltank ausgebauter Rotwein (Trollinger, Portugieser, Spätburgunder).
Im Verlauf eines Menüs soll sowohl die Wein- als auch die Speisenfolge in der Aromen- und Geschmacksintensität sowie im Gehalt und in der Fülle eine Steigerung erfahren. Da es sehr schwer ist, nach geschmacksintensiven Gerichten und/oder Weinen wieder zu leichteren zurückzukehren, steigert man die Aromenstärke sukzessiv – denn die starken Aromen beanspruchen die Zunge und bleiben oft mindestens rudimentär erhalten (blockieren also gewissermaßen die Geschmacksrezeptoren), so dass sie die schwächeren (und auch feineren) überlagern oder verfälschen können. Nachdem Weißweine im Regelfall zumindest gefühlt leichter oder weniger kräftig sind als Rotweine (was, wie gesagt, auch mit dem Tanningehalt der Letzteren zusammenhängt), geht man üblicherweise von weiß zu rot. Jedoch bringen sowohl Bukettrebsorten (Muskateller, Traminer etc.) als auch bestimmte Herstellungs- und Ausbaumethoden (Holzfass, Maischegärung) Weißweine mit ausgeprägter Aromatik hervor, die insbesondere leichte Rotweine (etwa aus Rebsorten wie Trollinger und im Stahltank ausgebaut) geschmacklich dominieren können.
Sensorische Wechselwirkungen
Beim Geschmack ist das Ziel die Harmonie zwischen Speise und Wein; Gegensätze müssen sich auflösen oder in einem als angenehm empfundenen Spannungsverhältnis stehen. Das bedeutet, dass die sensorischen Eigenschaften von Speise und Wein so aufeinander abgestimmt werden müssen, dass sie einander sinnvoll ergänzen. Dabei sind positive Verstärkungen erstrebenswert, negative Verstärkungen indessen zu vermeiden. Die Aromen von Speise und Wein sollten einander ähnlich sein (z.B. ein Rotwein mit Dörrobst- und Kakaonoten zu einem Wildgericht mit einer Sauce, die mit Backpflaumen und Bitterschokolade zubereitet ist, oder ein Weißwein mit vegetabilen Noten zu einem Gemüsegericht) oder sich gegenseitig bereichern (wie etwa bei der kulinarischen Kreation Salzkaramell).
Der größte Teil der Aromen wird über die Nase wahrgenommen. Die detaillierten Aromenausprägungen werden retronasal registriert, d.h. wenn die Luft aus der Mundhöhle über den Rachen in die Nase steigt – gewissermaßen Riechen beim Ausatmen. Die Zunge registriert lediglich die Geschmacksrichtungen süß, sauer, salzig und bitter sowie umami (herzhaft, positiv geschmacksverstärkend) und fett (wissenschaftlich: Oleogustus).
Folgende Wechselwirkungen zwischen Wein und Speisen gilt es zu berücksichtigen:
- Süße im Wein verstärkt die Aromen der Speise und schwächt Säure, Schärfe und Bitterstoffe im Gericht ab.
- Säure im Wein betont die Schärfe und die Würze des Gerichts, verstärkt die Säure und kann die Süße der Speise abschwächen. Zudem macht sie Fett besser verdaulich.
- Ein hoher Alkoholgehalt des Weins verstärkt sowohl die Süße als auch die Würze des Gerichts. Er kann Schärfe abmildern und macht Fett besser verdaulich. Ein niedriger Alkoholgehalt lässt die Säure im Gericht stärker hervortreten.
- Salz verstärkt die Aroma- und Bitterstoffe und auch die Süße – sowohl in der Speise als auch im Wein.
- Bitterstoffe im Wein (in Form von Tanninen) verringern die Süße im Gericht und helfen bei der Fettverdauung.
- Röststoffe (ob in der Speise durch scharfes Anbraten oder im Wein durch Holzfassausbau) harmonisieren die Süße und mäßigen die Säure.
- Kohlensäure (im Perl- oder Schaumwein) dämpft die Süße der Speise, gleichzeitig wirken Schaumweine in Verbindung mit Essen oft süßer, als sie tatsächlich sind.
Zusammengefasst bestehen folgende Beziehungen zwischen einzelnen Geschmacksrichtungen (wobei umami und fett hier bewusst vernachlässigt werden, da sie im Wein so gut wie nicht vorkommen):
|
süß |
sauer |
salzig |
bitter |
---|---|---|---|---|
süß |
neutralisierend |
ergänzend |
verstärkend |
ergänzend |
sauer |
ergänzend |
verstärkend |
neutralisierend |
ergänzend |
salzig |
verstärkend |
neutralisierend |
verstärkend |
verstärkend |
bitter |
ergänzend |
ergänzend |
verstärkend |
verstärkend |
Für die Kombination von Speisen und Wein lassen sich somit folgende Empfehlungen geben:
Speise |
Wein |
---|---|
salzig |
säurebetont, eher trocken |
würzig |
bukettbetont, säurearm, leicht |
scharf |
bukettbetont, säurearm, leicht, auch restsüß |
säurebetont |
mineralisch, dezent restsüß, eher gehaltvoll |
herb |
fruchtbetont, durchaus restsüß, eher säurearm |
fetthaltig |
gehaltvoll, körperreich, säure- und/oder tanninbetont, auch dezent restsüß |
süß |
fruchtbetont, rest-/edelsüß |
Einige Lebensmittel erweisen sich generell als schwierige Partner zu Wein:
- Die intensive Säure von Vinaigrette (Essig-Öl-Marinade), Zitronen und rohen Tomaten überdeckt die feinere Säure in den meisten Weinen.
- Bei Eiern können bestimmte Inhaltsstoffe des Dotters die Geschmacksknospen der Zunge versiegeln und Weine unter Umständen unangenehm metallisch schmecken lassen.
- Artischocken enthalten Cynarin, das Wein einen deutlich süßeren oder metallischen Geschmack verleiht.
Tipps für bestimmte Anlässe
Gesellige Runde:
Steht in dieser Runde der Wein im Mittelpunkt, sollte man bei der Auswahl die gängigen Regeln (Weinabfolge etc., s.o.) beachten. Wenn von den Teilnehmern dann noch Informationen oder Geschichten zu den einzelnen Weinen beigesteuert werden können, ist das Gelingen gesichert.
Party:
Hier kommen eher einfachere Weine zum Einsatz, allerdings von guter Qualität. Um den Geschmack möglichst vieler Gäste zu treffen, empfiehlt sich ein ”Mainstream”-Wein: harmonisch und unkompliziert, ohne Ecken und Kanten, ausgewogen mit genug Saft und Schmelz, eher leicht. Auf einer Party will man nicht andächtig genießen, sondern braucht einen Wein, der Gespräche und Essen vielseitig, unaufdringlich und stimmig begleitet.
Picknick:
Zu einem Picknick passt meist am besten ein süffiger, gut gekühlter Roséwein. Die verschiedenen, eher leichten Sommergerichte vertragen sich sehr gut mit der Frische, der feinen Frucht und der zarten Würze des Rosés.
Candlelight-Dinner:
Wenn man den Geschmack seines Partners kennt, ist die Weinauswahl recht einfach. Wird der Wein ohne Speisen dazu genossen, sollte er aromatisch intensiv und vielschichtig sein, damit nicht schon das zweite Glas langweilig wird; die richtige Mischung von Fülle und Finesse macht den Reiz aus. Wird der Wein zum Essen gereicht, gelten die oben beschriebenen Regeln.
Festmenü:
Die Weinauswahl zu einem Festmenü ist eine echte Herausforderung. Es müssen sowohl die Speisenfolge als auch die verschiedenen Vorlieben (oder Abneigungen) der Gäste berücksichtigt werden. Die logische “Geschmacksfolge” von Wein und Speisen muss so geplant werden, dass die Komponenten sich in der Intensität und im Gehalt steigern.