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Weinhändler Luca Lobenberg gehört zu den Top-Playern der deutschen Weinbranche. Er hat Raffaella Usai erzählt, warum er „Gute Weine“ neu aufgestellt hat, wie er mit der Krise umgeht und wo er neue Chancen sieht.

Luca Lobenberg sieht den Premium-Weinhandel nicht in Gefahr.

Gute Weine Lobenberg

Die Weinbranche befindet sich im Umbruch. Wie geht es eurem Unternehmen in dieser schwierigen Situation?

Luca Lobenberg: Es ist immer schöner, mit Rückenwind anstatt mit Gegenwind zu segeln. Positiv ist, dass wir nicht schrumpfen – und da sind wir vielleicht derzeit einer der glücklicheren Händler. Aber dennoch merken auch wir die Spannung am Markt. Schon 2023 war nicht besonders rosig, aber dieses Jahr ist definitiv die Luft raus beim Wachstum.

Welche Auswirkungen hat das für euch?

Luca Lobenberg: Wir sehen relativ gut, wo wir an unsere Grenzen stoßen. Wir gewinnen zwar noch Neukunden, aber die Bestellfrequenz von Bestandskunden nimmt ab. Aber wir brauchen Neukunden, um den rückläufigen Umsatz der Bestandskunden auszugleichen. Diesen Trend hatten wir im vergangenen Jahr schon. Und wir hatten uns für 2024 das Ziel gesetzt, dass der Umsatz der Bestandskunden auf dem Niveau des Vorjahres bleiben sollte. Leider hat sich das nicht bewahrheitet.

Musstet ihr bereits Mitarbeiter entlassen?

Luca Lobenberg: Nein, da sind wir ziemlich solide aufgestellt. Aber wir haben ein Team, das auf Wachstum fokussiert ist. Wir haben viele junge Leute, die sich weiterentwickeln wollen. Daran haben wir in der Corona-Zeit hart gearbeitet. Daher ist es frustrierend, wenn trotz vieler guter Ideen und steigenden Neukundenzahlen der Gesamtumsatz stagniert, obwohl man Top-Spezialisten im Unternehmen hat.

 

Ihr habt während der Corona-Krise den Betrieb umgestellt?

Luca Lobenberg: Vor und während. Ich bin Ende 2018 zurück nach Bremen gekommen. Damals waren wir ein solider Mittelständler und haben rund 15 Millionen Euro Umsatz gemacht – mit guter Entwicklung, aber ohne großes Wachstum. Mein Vater und ich haben uns Gedanken über die Zukunft gemacht, er war damals 60 und wollte von mir wissen, ob ich ins Unternehmen einsteigen will. Ich hatte Bock, wollte aber mit einem tollen jungen Team einiges umkrempeln. In meinem früheren Job bei McKinsey hatte ich viel mit E-Commerce und Digitalisierung zu tun gehabt. Diese Erfahrungen wollte ich einbringen.

Daher habt ihr mehr auf Online-Handel gesetzt?

Luca Lobenberg: Ja, denn vorher waren wir ein Weinhändler, der auch eine Website hatte. Wir waren definitiv kein E-Commerce-Unternehmen. Also haben wir Vollgas gegeben und das Ganze umgedreht. Am Ende waren wir ein etablierter Betrieb, der sich in ein Start-Up verwandelt hat. Im Jahr vor der Corona-Krise ist unser Umsatz bereits um 50 Prozent gewachsen.

Und während der Corona-Zeit?

Luca Lobenberg: Im Lockdown konnten wir gar nicht mehr alle Bestellungen bedienen. Die Bestandskunden hatten bei uns Vorrang, daher haben wir die Neukunden-Gewinnung in dieser Zeit komplett eingestellt. Unser Lager war einfach nicht groß genug. Wir hatten ein Dreischicht-Prinzip, haben also auch nachts gearbeitet. Alles wurde plötzlich zu klein für unsere Dimension. Wir hatten nicht genügend Personal, zu wenig Platz und auch die Website war für diesen Traffic gar nicht ausgelegt. Also haben wir investiert und das Unternehmen ausgebaut.

Ihr habt von der Corona-Krise enorm profitiert.

Luca Lobenberg: Jein. Sicher konnten wir durch das starke Bestandskundenwachstum gute Umsätze zeigen und sind so schon im Jahr 2023 auf 50 Millionen Euro Umsatz gewachsen, aber nachhaltiger wäre es gewesen, mehr Neukunden zu gewinnen, um langfristigeres Wachstum zu erzielen. Durch die Normalisierung nach Corona sinken die Bestandskundenumsätze nun wieder und die Neukundenumsätze gleichen dies nur aus. Hätten wir statt der Bestandskundenumsätze in der Corona-Krise mehr Neukunden bedienen können, wären wir heute größer.

 

Luca und Heiner Lobenberg teilen sich die Geschäftsführung.

Gute Weine Lobenberg

Haben klassische Weinhandlungen überhaupt noch eine Überlebenschance?

Luca Lobenberg: Unser Franchise-Nehmer könnte nicht überleben, wenn er nicht ein paar private High-End-Stammkunden und die Gastronomie hätte, die er beliefert. Zudem ist die Miete niedrig, die Einrichtung längst abgeschrieben. Nur mit Laufkundschaft kommt heute im eher margenschwachen Premium-Weingeschäft keiner mehr über die Runden.

Habt ihr euer Marketing-Budget in den vergangenen Jahren erhöht?

Luca Lobenberg: Proportional zum Umsatz nein, aber absolut gesehen ja.

Das heißt, ihr setzt jetzt auf andere Strategien. Eine davon ist der Weinclub. Wie funktioniert er?

Luca Lobenberg: Der Weinclub ist neben dem umfassenden Content im Shop, der gesamten Customer-Experience und den regelmäßigen Mailings ein wichtiges Kundenbindungs-Instrument. Denn wir haben viele Weine im Sortiment, die nur in begrenzter Auflage erhältlich sind. Da arbeiten wir mit einem automatischen Limitierungssystem. Stammkunden haben Vorrang. Wenn jemand Mitglied im Weinclub ist, hat er eine größere Chance, seltene Große Gewächse, wie etwa Morstein von Wittmann oder Hermannshöhle von Dönnhoff, zu bekommen. Zum anderen gibt es als Mitglied einen Preisnachlass, außer bei deutschen Weinen und denjenigen, die in Subskription erhältlich sind.

 

Warum nicht auf deutsche Weine?

Luca Lobenberg: Weil die Preise der deutschen Weine so knapp kalkuliert sind. Ehrlicherweise muss man sagen, dass viele deutsche Winzer das Prinzip der Distribution über den Handel noch nicht ganz verstanden haben. Sie geben dem Händler in der Regel keine großen Preisnachlässe und die Marge ist dann eben sehr klein. Unsere Preise sind bei deutschen Weinen mit den Ab-Hof-Preisen vergleichbar.

Also ist die Marge bei ausländischen Weinen größer?

Luca Lobenberg: Im Premium-Weinsegment ist die Marge generell kleiner als bei Massenware. Bei einem Endverbraucherpreis von acht Euro netto kann man davon ausgehen, dass der Einkaufspreis bei maximal drei Euro liegt. Da sind die meisten deutschen Winzer raus, die handwerklich arbeiten. Und dieses Segment bedienen wir nicht. Deswegen arbeiten wir mit geringeren Margen und höherpreisigen Produkten.

Wo liegt bei euch der Einstiegspreis?

Luca Lobenberg: In der Masse geht es so bei zwölf Euro los. Und deutsche Weine für diesen Preis sind bei uns eher selten.

 

Weine von der Mosel werden derzeit weniger nachgefragt.

123rf.com

Welche Preissegmente laufen besser: Premium-Weine oder eher die Einstiegskategorie?

Luca Lobenberg: Alles läuft proportional etwas weniger. Es ist nicht so, dass eine Preiskategorie wegfällt. In Krisenzeiten schauen die Leute mehr aufs Geld, auch die, die es sich leisten könnten. Keiner ist derzeit in Feierlaune. Wir leben am Ende von Menschen, die einen Impulskauf tätigen. Viele Kunden haben den Keller voller Wein und die Lust ist gerade nicht so groß, sich noch mehr anzuschaffen.

Vor allem Rotweine sind derzeit im Handel die Verlierer. Kannst du das bestätigen?

Luca Lobenberg: Nein, kann ich bei uns nicht bestätigen. Die Marktanalysen und Statistiken betrachten ja in der Regel den Massenmarkt. Da muss man sich schon den Premium-Bereich separat anschauen.

Wie sieht es mit der Nachfrage nach Bordeaux-Weinen aus? Ist das ein Sorgenkind?

Luca Lobenberg: Überhaupt nicht. Wenn wir in diesem Jahr einen leichten Absatzrückgang verzeichnen, dann liegt das vor allem daran, dass 2022 in Bordeaux ein Überflieger-Jahr war. Der 2023er, der zwar meiner Meinung nach ein Riesenschnäppchen ist und Top-Qualität bietet, wird weniger Umsatz generieren als im Vorjahr. Weil die Preise gefallen sind. In diesem Jahr kann ich beispielsweise einen Pontet Canet für 91,60 Euro kaufen. Der ist jetzt auf dem Preisniveau einiger deutscher Top-Spätburgunder. Auch der kommende Jahrgang wird es schwer haben, da die Châteaux in einem qualitativ hochwertigen Jahrgang mit den Preisen signifikant runtergegangen sind. Aber es gibt immer noch sehr viele und auch neue Kunden, die subskribieren.

 

Gibt es Herkünfte, die nicht mehr gut laufen?

Luca Lobenberg: Ja, wir sehen aktuell eine Schwäche an der Mosel. Wir versuchen gerade, das zu verstehen. Wir haben alle Top-Erzeuger im Programm, die tolle Weine machen. Aber die Großen Gewächse von der Mosel werden trotz ihrer vergleichsweise günstigen Preise am wenigsten nachgefragt.

Wie läuft das Geschäft mit den Privatflaschen? Wollen immer mehr Weinliebhaber ihre alten Schätze loswerden?

Luca Lobenberg: Bei den sehr teuren Burgundern merken wir eine Zurückhaltung, aber das spiegelt den generellen Burgund-Trend wider. Der Großteil, der über diese Plattform verkauft, will sich von Weinen trennen, weil sie entweder zu alt sind oder sie den Kellerbestand geerbt haben und selbst nicht trinken. Manche haben auch ihre Vorlieben geändert.

Vor allem junge Menschen reduzieren ihren Alkoholkonsum. Sterben euch die Kunden weg?

Luca Lobenberg: Wir sind seit langem nicht mehr von der Zielgruppe über 60 abhängig. Unsere größte Neukunden-Kohorte liegt zwischen 30 und 40 Jahren. Der umsatzstärkste Jahrgang ist 1980. Das ist ja nun für Premium-Wein nicht alt. Ich sehe den Nachwuchs absolut positiv.

Du blickst also optimistisch in die Zukunft?

Luca Lobenberg: Ja, auf jeden Fall. Mein Vater hilft mir sehr mit seiner Einstellung, denn er hat schon einige Krisen überstanden. Die Abgesänge auf die Weinbranche gab es schon öfter. Im Premium-Bereich hat es tatsächlich mehr mit Konjunktur, Inflation und Regression zu tun.

 

Über Gute Weine Lobenberg, Bremen

1992 machte Heiner Lobenberg seine Leidenschaft für Wein zum Beruf und gründete den Weinhandel „Gute Weine“ in Bremen. Heute gehört sein Unternehmen mit einem Sortiment von rund 900 Weingütern zu den wichtigsten Bezugsquellen für Spitzenwein in Deutschland. Seit 2019 teilt er sich mit Sohn Luca die Geschäftsführung.

 

© Raffaella Usai

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