Bald heißt’s in München wieder: „O'zapft is!” Während das Oktoberfest für viele die schönste Zeit des Jahres ist, sind es für Raffaella Usai die Wochen, in denen sie die Theresienwiese weiträumig umfährt. Sie verrät uns ihre Lieblings-Weinplätze in der Bierhauptstadt.
München steht für Hofbräuhaus, Oktoberfest, Riesenbrezel und Maßkrug. Touristen wie Einheimische zelebrieren die Bierkultur in Biergärten, Wirtshäusern und... natürlich auf der Wiesn. Dass man in München aber auch wunderbar Wein genießen kann, zeigt die große Zahl schicker und lässiger Weinbars sowie Restaurants, die mit ausgefallenen Weinkarten aufwarten. Dabei sollte man das Vorurteil, dass die Münchner Schickeria nur Aperol Spritz und Lugana trinkt, gleich wieder vergessen.
Wer wie ich stets einen großen Bogen um das größte Volksfest der Welt macht und auch dem Bier abgeneigt ist, wird in der bayerischen Landeshauptstadt trotzdem glücklich. Hier kommen meine persönlichen Empfehlungen, darunter klassische Weinbars, aber auch Restaurants, in denen Gastfreundschaft und die Liebe zum Wein im Fokus stehen.
Bräuhausstraße 8, 80331 München
Mo bis Fr von 17 – 23.30 Uhr, Sa 14 – 23.30 Uhr, So Ruhetag
Ins „Griabig” kann man eigentlich immer gehen. Am Samstagnachmittag auf eine Flasche Kabinett nach dem Bummel durch die Altstadt oder auf einen Absacker am späteren Abend. Die Stimmung ist mega. Griabig bedeutet nämlich behaglich, lauschig, urgemütlich: Einen besseren Namen hätte man dem Laden auch nicht geben können. Gastgeber Bernd Arold sagt über das „Griabig”: „Komm rein, bleib da, sei du. Keine überteuerten Preise, kein Knigge, kein Schnickschnack“. Deswegen gehört es zu meinen liebsten Lokalen Münchens. Mit über 15 Top-Weinen im Offenausschank hat man hier eine riesige Auswahl, auch die Flaschenweinkarte lässt sich sehen. Der Fokus liegt auf Deutschland und Österreich, aber auch wer Weine aus Italien, Frankreich und Spanien präferiert, wird fündig.
Ickstattstraße 13, 80469 München
Do bis Mo ab 18 Uhr
Im Gasthaus Waltz von Stefan Grabler und Markus Hirschler fühlt man sich pudelwohl. Denn die beiden Österreicher wissen, wie Gastfreundschaft geht. Sie bieten bodenständige, gute Küche und eine kuratierte Weinkarte, die viele Klassiker, aber auch einige Underdogs umfasst. Klingt erstmal nicht aufregend, aber im Waltz passt einfach alles zusammen. Der Laden ist meist bis auf den letzten Platz ausgebucht, ihr schnörkelloses Konzept geht also auf. Grabler und Hirschler haben ihr Handwerk gelernt, sie sind Profis durch und durch – charmant sind sie sowieso. Die Weine werden in Zalto-Gläsern serviert, auf der Offenausschank-Karte stehen Top-Weine von Clemens Busch, Bürklin-Wolf oder auch Peter Jakob Kühn. Für Weinfreunde, die sich in entspannter Atmosphäre verwöhnen lassen wollen.
Ledererstrasse 8, 80331 München
Mo bis Do: 18.30 – 24 Uhr und Fr & Sa: 18.30 – 1 Uhr
Das Grapes im Hotel Cortiina gehört zu den schickeren Weinbars in der Innenstadt, nur wenige Meter vom Hofbräuhaus entfernt. Hier wird nichts dem Zufall überlassen, wie übrigens in keinem Laden der Münchner Gastro-Größen Kull und Weinzierl. Die minimalistische Einrichtung strahlt Lässigkeit aus, im Sommer kann man bei schönem Wetter auch im Innenhof sitzen. Für Inhaber Rudi Kull soll das Grapes „ein Treffpunkt für Weinfreunde aus der ganzen Welt sein, ein Ort des Kennenlernen und des Austauschs“. So ist das Publikum auch gerne mal international. Das Essen spielt für mich im Grapes nicht die Hauptrolle, es begleitet eher auf unaufgeregte Art die erstklassigen Weine. Immer wieder eine gute Wahl, um einen schönen Abend zu verbringen!
Theresienstraße 1, 80333 München
Glou Glou Montag 18 – 1 Uhr; Di bis Do 18 – 1 Uhr; Fr & Sa 18 – 2 Uhr
Ausnahmetalent und Sommelier Wolfgang Hingerl ist aus Münchens Gastro-Szene nicht mehr wegzudenken. Neben seinem Sterne-Restaurant „Mural” und dem „Mural Farmhouse” betreibt er mit seinem Team seit einigen Jahren auch die lässige Bar Mural in der Maxvorstadt zwischen Odeonsplatz und Universität. Hingerls Konzepte sind mutig, nahbar, ehrlich und zeigen, dass München auch „out of the box“ sein kann. In der Bar Mural kommen regionale Zutaten in einfachen und gleichzeitig ungewöhnlichen Gerichten zur Geltung, auf Wunsch gibt es auch ein 5-Gänge-Menü. Dazu werden vor allem naturnahe Weine aus ganz Europa kombiniert. Und weil man grad montags oft vor verschlossenen Gastro-Türen steht, ist dieser Tag in der Bar Mural dem Motto „Glou Glou“ gewidmet. Das Team schenkt dann Spitzenweine aus einer Appellation oder Region glasweise aus, passend dazu gibt’s eine extra dafür konzipierte Speisekarte. Tolle Idee!
Schützenstraße 11, 80335 München
Mo bis Fr 12 – 24 Uhr, Sa 16 – 0 Uhr, So Ruhetag
Die zwischen Hauptbahnhof und Stachus gelegene „Vinothek by Geisel” ist für mich die Mutter aller Münchner Weinbars. Nachdem sich Sommelier Robert Zeller über 25 Jahre um die Weinauswahl gekümmert hat, kam mit Felix Jungwirth Ende 2023 neuer Schwung in die Vinothek. Die Weinkarte umfasst zahllose offene Weine und Flaschenweine aus aller Welt, da bleibt fast kein Wunsch unerfüllt. Im rustikal-gemütlichen Ambiente können die Gäste entweder ein komplettes Menü genießen oder sich zur großen Käseauswahl oder einem Teller frisch geschnittenen Prosciutto di San Daniele einfach ein gutes Glas Wein gönnen.
Alter Messeplatz 6, 80339 München
Di, Mi, Sa von 12 – 19 Uhr & Do, Fr von 12 – 20 Uhr
Zwar meide ich die Theresienwiese während des Oktoberfests, aber für einen Abstecher zu Nicola Neumann und ihrem wunderschön eingerichteten Geschäft mache ich gern eine Ausnahme. Ihr Laden „Champagne Characters” liegt nämlich im Westend, zur Wiesn ist es da nur ein Katzensprung. Ob für einen schnellen After-Work-Aperitif unter der Woche oder um den Samstag so richtig schön zu starten, bei Nicola sind Fans von charaktervollen Winzer-Champagnern immer gut aufgehoben. Sie serviert verschiedene Champagner glasweise ab neun Euro. Natürlich darf es auch die ganze Flasche sein, wenn man etwas länger verweilen möchte. Daneben liegt praktischerweise das L‘Oca Bianca, Münchens erste venezianische Cicchetteria. Dort kann man sich ein paar kleine italienische Leckereien zum Champagner holen. Die perfekte italo-französische Kombination!
Hans-Sachs-Straße 3, 80469 München
Di & Mi 18 – 24 Uhr, Do bis Sa 18 – 2 Uhr und So 18 – 24 Uhr, Mo Ruhetag
Die „Blaue Libelle” ist eine charmante Weinbar im angesagten Glockenbachviertel. Das junge, dynamische Team teilt die Leidenschaft für guten Wein und empfiehlt gerne auch mal wilde Entdeckungen, die außerhalb der ausgetretenen Pfade liegen. Bei entspannter Atmosphäre kann man hier diverse Kleinigkeiten bestellen, das Angebot reicht von Austern bis zu Oktopus, aber es stehen auch viele vegetarische Gerichte der mediterranen Küche auf der Karte. Alles ist empfehlenswert, daher bietet es sich an, mehrere Dinge zu bestellen und die Portionen zu teilen. Ideal für den kleinen Hunger und den großen Durst!
Clemensstraße 7, 80803 München
Di. bis Sa. 18 Uhr – 1 Uhr
Die im Sommer 2023 eröffnete kleine Weinbar des umtriebigen Rockstar-Sommeliers Justin Leone liegt in meiner Nachbarschaft, nur wenige Schritte von der Münchner Freiheit entfernt. Der ehemalige Sommelier des Münchner „Tantris” hat sich hier seinen Traum von einer „Terroir-Winebar“ erfüllt. Über 800 Weine umfasst seine Weinkarte, rund 700 davon kann man dank des Coravin-Systems glasweise im 0,1l-Format bekommen. Ein einmaliges Konzept in München. Bei meinem letzten Besuch verkostete ich mich sechs Stunden(!) lang durch die Weinkarte. Darunter waren Schätze wie ein Nervi Gattinara von 1967. Der Schwerpunkt liegt auf Weinen aus Übersee (der gesamte USA-Bestand des Tantris), aber auch Spitzenweine aus Deutschland, Frankreich und Italien kommen nicht zu kurz. Für alle, die Weine nicht nur trinken, sondern lieben!