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Der rheinhessische Winzer Dirk Würtz (St. Antony) kooperiert mit der Pop-Ikone Thomas Anders und vertreibt die Weine des weltbekannten Progressive Rock-Sängers Maynard James Keenan. Er erzählt über die Zusammenarbeit mit Stars, surreale Erlebnisse und die pure Emotion mit Wein.

Dirk Würtz

Guido Bittner

Du machst Wein mit dem Popstar Thomas Anders. Wie seid ihr zusammengekommen?

Dirk Würtz: Thomas Anders war zu Gast in unserem Podcast „Dieters Weinbar“, den ich mit dem RPR1-Moderator Andreas Kunze und Matthias Brückner mache. Der kommt aus dem Musikbusiness und brachte Thomas mit ins Studio. Das fand ich sehr aufregend. Schnell stellte sich heraus: Er hat eine große Affinität zu Wein. Thomas Anders hat eine Kochsendung im SWR und schrieb gerade an seinem zweiten Kochbuch. Er erzählte mir, er habe überlegt, ob er in ein Weingut investieren sollte. Ich habe geantwortet: Wie machst du aus einem großen Vermögen ein kleines? Kauf dir ein Weingut. Aber wenn du willst, mach’ ich dir einen Wein.

Was waren seine Erwartungen?

Dirk Würtz: Wir haben erstmal sehr lange überlegt. Also nicht: Komm, wir kleben auf irgendeinen Wein ein Etikett mit deinem Namen drauf. Thomas hat sehr klare Vorstellungen, was zu ihm passt und was nicht. Wir haben ein Jahr lang gearbeitet, bis wir den Grauburgunder vorgestellt haben. Später kam ein Rosé dazu. Und jetzt machen wir Sekt.

Euer Konzept ist also schlicht: Mainstream.

Dirk Würtz: Das passt zu seiner Musik und seinem Publikum. Es würde keinen Sinn machen, wenn Thomas Anders einen Wein vorstellt, der 390 Euro pro Flasche kostet und total verkopft ist. Den würde keiner seiner Fans kaufen. Übrigens sind die gar nicht die einzige Zielgruppe der Weine. Wir erreichen außer ihnen noch sehr viele andere Menschen.

 

Winzer erwarten, dass sie den Promi-Wein ankündigen und er in ein paar Stunden ausverkauft ist, weil sich alle Fans darauf stürzen. Du auch?

Dirk Würtz: Nee. Klar, viele setzen auf den Einmaleffekt. Aber das bringt einem Winzer doch nichts. Wein ist ein langsames Business. Und ja, du machst einen Wein mit einem Star, damit ihn die Fans kaufen. Aber im Jahr darauf ist das vorbei. Die Idee, die hinter der Arbeit mit Thomas steckt, ist, dass wir das 20 Jahre lang machen.

Ihr habt die Kooperation langfristig angelegt?

Dirk Würtz: Ja klar. Wir sind mittlerweile auch dicke Freunde geworden und haben viel Spaß miteinander. Das ist einfach ein gutes Feeling: Lass uns mal gucken, was wir als Nächstes tun. Vielleicht kommt auch mal ein Wein, der im Discounter steht. Denn ein Thomas-Anders-Wein hätte seine Berechtigung in der Fläche. Aber wir haben noch nichts entschieden.

Bei den meisten Weinen mit den Namen von Stars wie Kylie Minogue, Pink, AC/DC und anderen tauchen die produzierenden Winzer nicht auf. Eure Namen stehen dagegen gleichberechtigt auf dem Etikett. Warum?

Dirk Würtz: Das ist das erste Mal, dass ich diese Frage höre. Klar, Thomas Anders ist der prominente Namen vorne drauf. Aber auch für ihn war klar, dass wir das gemeinsam machen.

Würdest du für einen Künstler auch Wein produzieren, wenn er ihn als „seinen eigenen“ bezeichnen will?

Dirk Würtz: Ich habe da noch gar nicht darüber nachgedacht. Selbstverständlich ist es der Wein von Thomas Anders.

 

Dirk Würtz

Guido Bittner

Wieso ist das sein Wein? Du hast ihn produziert, auf dem Etikett steht „St. Antony“.

Dirk Würtz: Thomas läuft nicht durch den Weinberg und erntet Trauben. Aber er ist im gesamten Entstehungsprozess dabei. Er kommt alle fünf, sechs Wochen vorbei. Wir gehen in den Weinberg, ich erkläre ihm, was wir tun. Wir probieren viel. Und wenn es ans Cuvetieren geht, bestimmt er. Ich weiß mittlerweile genau, was ihm schmeckt und was nicht. Dann trifft er seine Entscheidungen. Also: Es ist sein Wein.

Du überlässt ihm die sensorischen Entscheidungen?

Dirk Würtz: Ja. Es hat keinen Sinn, ihm reinzureden. Thomas hat einen ausgeprägten Geschmack, er kann sehr gut Aromen erinnern. Kürzlich bekam er in einer TV-Unterhaltungssendung vier Rosés blind vor die Nase gestellt. Er sollte seinen erkennen. Was habe ich die Luft angehalten – aber Volltreffer! Sofort!

Du hast auch ein Projekt mit einem Musiker, der musikalisch das komplette Gegenteil von Pop ist: Du vertreibst exklusiv die Weine des Tool-Sängers Maynard James Keenan, dem drei Weingüter in Arizona gehören. Wie kam’s dazu?

Dirk Würtz: Unser Vertriebschef Kenny Barnes und ich sind schon lange Fans seiner Bands Tool, A Perfect Circle und Puscifer.

Wie entsteht eine Kooperation mit einem schweigsamen Progressive Rock-Star aus Arizona, den weltweit Millionen Fans hören?

Dirk Würtz: Tool waren im vergangenen Jahr in Deutschland auf Tour. Wir hatten Karten für jedes Konzert. Ich wusste, dass er selbst Weine macht und habe lange versucht, an sie zu ranzukommen. Hat aber nie funktioniert.

 

Weil du sie hier verkaufen wolltest?

Dirk Würtz: Nee. Ich wollte nur eine Flasche trinken. Zufällig ging ich zu einer Aufführung des Films „From Blood into Wine“, die ein Freund organisiert hatte. Und im Ausschank stand ein Wein von Maynard. Ich hab’ ihn probiert und wollte sofort alle Flaschen kaufen. Es gab aber nur ein paar. Später entdeckte ich auf Instagram ein Foto von Stuart Pigott, der im Tourbus neben ihm sitzt. Wow. Da habe ich Stuart gefragt:,Wo gibt’s seinen Wein?‘ Er antwortete: ‚Hier nirgends. Der versucht seit Jahren, einen Importeur zu finden.‘ Kenny hat dem Weingut sofort gemailt. Da kam die Frage zurück: „Seriously?“ Also sind wir nach Phoenix geflogen, mit einem Ford Mustang Cabrio durch die Wüste gefahren und haben „Don't Fear the Reaper“ von Blue Öyster Cult gehört. Draußen war es gefühlt 100 Grad heiß, bis plötzlich die Landschaft grün wurde. Es war surreal. Im Weingut haben wir drei Tage mit Maynard Keenan verbracht und am Schluss einen ganzen Container gekauft.

Wie habt ihr seine Fans und die Metal-Szene erreicht?

Dirk Würtz: Als die Weine hier waren, haben wir eine Pressekonferenz organisiert. Danach haben wir auf unserem und Maynard auf seinem Insta-Kanal gepostet: „The wine is available now in Europe.“ Danach waren alle Flaschen weg. Wir haben sie in die ganze Welt geschickt. Jetzt ist der zweite Container unterwegs.

 

St. Antony

Guido Bittner

Tool macht Songs, die ich nie mit Wein verbinden würde...

Dirk Würtz: Ich liebe Musik, die nach Wein schreit. Die Songs von Tool gehören dazu. Die machen eine unglaublich verkopfte, teilweise intellektuelle Musik.

Hörkino...

Dirk Würtz: Ich überlege mir nicht, welche Musik ich hören will, wenn ich Wein trinke. Ich höre lieber Musik und frage mich, welcher Wein dazu ins Glas muss. Musik ist Stimmung. Wein ist Stimmung. Es geht um pure Emotion. Und wenn ich Tool höre, habe ich meistens eine Flasche Bollinger auf dem Tisch stehen.

The wine is available now in Europe

War es für Maynard Keenan wichtig, dass du Winzer bist wie er?

Dirk Würtz: Es hat beim Kennenlernen zwischen uns sofort gematcht. Ich stand in der Produktionshalle und habe mir seine Kelter angeguckt. Die hatte ich nämlich auch mal. Also haben wir lange über die Kelter geredet, danach über Politik und das Leben. So kam eins zum anderen. Allerdings denkt Maynard in ganz anderen Dimensionen. Als er sich ein neues Weingut gebaut hat, ließ er sich dafür erst mal einen Berg zusammenschieben.

 

Wann funktioniert es für einen Winzer, einen Wein mit einem Rockstar zu machen?

Dirk Würtz: Wenn ich mir anschaue, was wirklich erfolgreich ist, lande ich schnell bei Kylie Minogue. Sie verkaufte in ein paar Monaten sieben Millionen Flaschen in 31 Staaten. Damit ist klar, was man braucht: Einen richtig guten Vertrieb.

Was ist für dich entscheidend?

Dirk Würtz: Zuerst muss mir der Star sympathisch sein. Der oder die muss Musik machen, bei der ich keine schlechte Laune kriege. Und ich brauche eine Form von Authentizität. Mittlerweile habe ich schon Angebote abgesagt, weil sie nicht gepasst haben.

Was würdest du Winzern raten, die mit Popstars arbeiten wollen?

Dirk Würtz: Wenn es sich ergibt und die Musik zu dir passt, mach’ es. Bei den Wein-Nerds machst du dich aber mit so einem Wein zum Idioten, das musst du aushalten können. Vom Management der Stars über den Tisch gezogen werden kannst du dabei aber nicht, weil du beim Wein einen Wissensvorsprung hast. In der Regel haben Musiker keine Ahnung vom Weingeschäft. Die wissen nur, was ihnen schmeckt. Aber du machst die Kalkulation. Wenn ein Star zu dir kommt und sagt: ‚Gib mir 150.000 Euro, und wir machen zusammen Wein‘, würde ich sagen: Stop! Das funktioniert nicht.

Verschwindet die eigene Arbeit zwangsläufig hinter der Bekanntheit der Stars?

Dirk Würtz: Du brauchst ein gesundes Selbstbewusstsein. Es ist wichtig, dass du mit beiden Füßen im Leben stehst. Du hast es mit Menschen zu tun, die aus einer surrealen Welt zwischen Studio, Tour, Fotos und Autogrammen kommen. Wein ist schon ein hoch emotionales Thema. Und plötzlich triffst du auf eine noch emotionalere Welt, du hast plötzlich mit Stars zu tun. Denen musst du auf Augenhöhe begegnen. Klappt nicht immer.

Wer wäre dein Lieblingsstar für eine Zusammenarbeit?

Dirk Würtz: Udo Jürgens wäre mein Wunschkandidat gewesen.

Warum?

Dirk Würtz: Er war der größte deutschsprachige Künstler aller Zeiten, ein wahnsinnig intelligenter Mensch mit grandioser Musik. Und so, wie er gelebt hat, hättest du ihm die Verbindung zum Wein sofort abgenommen.

Weißer Bademantel. Und ein Glas Wein in der Hand...

Dirk Würtz: Ganz großes Kino!

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