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Das zwischen Burgund und Schweiz liegende Anbaugebiet Jura mit seinen knapp 2.000 Hektar Weinbergen ist das Vorzeige-Gebiet für Bioweinbau und Naturwein in Frankreich. Bereits rund die Hälfte aller Winzer verzichtet auf den Einsatz von Chemie. Tendenz: steigend.

Autochthone Rebsorten, eigenwillige Weinstile und uralte Traditionen: Das Jura hat sich zu einer der aktuell spannendsten Weinregionen Frankreichs entwickelt. Mit seiner komplexen, teils archaischen Identität lässt es sich nicht in eine Schublade stecken. Von vielen Weinfans wird es gehypt, von vielen aber auch missverstanden. Sicher ist, dass man sich um Jura-Weine bemühen muss. Sie verweigern sich dem Diktat des Mainstream-Geschmacks und fordern anspruchsvolle Gaumen heraus.

Weinberge bei Château Chalon, der berühmtesten Appellation für Vin Jaune

Jérôme Genée

Bio-Pioniere prägen die Identität der Produzenten

Im Jura ticken die Uhren anders. Während andernorts immer mehr Winzer der modernen Önologie abschwören und Naturwein produzieren, haben viele im Jura das Kapitel mit der Moderne einfach ausgelassen. Olivier Badoureaux, Direktor des Verbands Comité Interprofessionnel des Vins du Jura, erklärt die Entwicklung so: „Der naturnahe Weinbau hat bei uns Tradition, einige Betriebe sind schon seit 1968 zertifiziert. Den Visionen von Pierre Overnoy, dem Altmeister des Naturweins, haben viele nachgeeifert. Rund die Hälfte aller Jura-Winzer arbeitet heute biologisch oder biodynamisch. Allerdings lässt sich der Wert nicht auf die bewirtschaftete Fläche übertragen, denn viele der 220 Weingüter im Jura sind sehr klein. Einige bearbeiten weniger als einen Hektar Weinberge.“

Tatsächlich gibt es nur wenige größere bio-zertifizierte Erzeuger wie beispielsweise Stéphane Tissot in Arbois und Jean-François Ganevat in Rotalier. Beide gehören zudem der Vin Naturel-Bewegung an und haben sich in der Naturwein-Szene auch international einen Namen gemacht. Ihr Engagement hat maßgeblich zum wachsenden Bio-Trend der vergangenen 20 Jahre in der Region beigetragen.

„Die Bio-Fläche wird weiter ansteigen, da Bio- und Naturweine ein wichtiger Teil unserer Identität sind,“ ist Olivier Badoureaux überzeugt. Laut dem Verein „Le nez dans le vert“, dem die meisten Bio-Betriebe des Jura angehören, stellen jährlich etwa vier bis fünf Weingüter auf Bio-Produktion um.

Blick von Château Chalon auf die Weinberge

Uwe Kauss

Vin Jaune: Ein schwieriges Kulturgut

Bis zur Reblauskatastrophe wurden im Jura um die 40 verschiedene Rebsorten angebaut. Heute beschränken sich die Winzer im Wesentlichen auf die autochthone Weißweinsorte Savagnin, die roten Poulsard (oder Ploussard) und Trousseau sowie auf Chardonnay und Pinot noir.

Die Weinberge erstrecken sich zwischen den Orten Salins-les-Bains im Norden und Saint-Amour im Süden auf über 80 Kilometern und umfassen sieben Appellationen. Es sind die vier geografisch definierten Anbauregionen AOC Arbois, AOC Château-Chalon, AOC L'Étoile und AOC Côtes du Jura sowie drei “Produkt”-Appellationen: AOC Macvin du Jura, AOC Crémant du Jura und AOC Marc du Jura.

Der Vin Jaune ist der berühmteste Wein des Jura. Er ist als Kulturgut Frankreichs im In- und Ausland bekannt und zählt bis heute zu den großen Weinen der Welt. Gleichzeitig hat er stark zum sperrigen Image des Jura beigetragen. Denn der über mehrere Jahre unter einer Florhefeschicht in nicht spundvollen Fässern gereifte, archaische Wein wirkt wie aus der Zeit gefallen. Wie andere Weine im oxidativen Stil teilt er das Schicksal, nicht für die Gegenwart zu taugen. Seine tiefgründigen, eigenwilligen Aromen werden von den meisten Weintrinkern nicht verstanden. Mehrheitsfähig geht anders.

Statt wie in der Vergangenheit auf oxidative Weine zu setzen, produzieren die Winzer heute vermehrt frische, rassige Weiße und vor allem Crémant du Jura. Sie versuchen damit eine Gratwanderung: sich vom einstigen Aushängeschild zu lösen, ohne die Tradition zu verleugnen. Aber obwohl der Vin Jaune nur noch fünf Prozent der gesamten Produktion ausmacht, wird die Region bis heute noch hauptsächlich mit ihm in Verbindung gebracht. Auch Verbandsdirektor Olivier Badoureaux ist sich dieses Problems bewusst: „Viele Leute vermuten, hier schmecken alle Weine wie Vin Jaune. Das schreckt sie ab. Wir müssen kommunizieren, dass es viele unterschiedliche Weine gibt, die längst nicht alle so schwer zugänglich sind. Der Anteil der reduktiv ausgebauten Weißweine aus Savagnin und Chardonnay, der sogenannten vins ouillé, steigt kontinuierlich an.“

Die Rebsorte Poulsard ergibt transparente Weine mit feiner Frucht

Jérôme Genée

Export zieht an, Zugpferd Crémant du Jura schwächelt

Aufgrund der überschaubaren Produktionsmengen werden die Jura-Weine vor allem in der Region getrunken. Die Exporte steigen allerdings. Derzeit liegt die Quote bei zwölf Prozent, vor 15 Jahren gingen lediglich zwei Prozent ins Ausland. Weine aus dem Jura findet man vor allem in Restaurants mit mutigen Sommeliers. So ist es nicht verwunderlich, dass Savagnin, Poulsard oder Trousseau in hippen Weinbars in Paris, Kopenhagen oder New York auf der Karte stehen.

Umsatzstärkstes Produkt der Region ist jedoch der Crémant du Jura – die Anbaufläche für den flaschenvergorenen Schaumwein wächst seit Jahren. Olivier Badoureaux: „Der Crémant du Jura macht 40 Prozent unserer Verkäufe aus, aber er leidet wie alle Schaumweine stark unter der Corona-Krise. Trotzdem bleibt er das Zugpferd und ich bin zuversichtlich, dass der Absatz nach der Pandemie wieder steigt.“

Die Winter im Jura sind streng und lang, Spätfröste keine Seltenheit

Jérôme Genée

Käse oder Wein?

Wie überall auf der Welt, zieht der Erfolg auch im Jura auswärtige Investoren an. Allen voran Winzer aus dem Burgund finden Gefallen an den ungewöhnlichen Weinen. Trotz der daher extrem gestiegenen Bodenpreise ist die Nachfrage nach Weinbergen ungebrochen. Viele junge Winzer aus dem Jura würden gerne Flächen zukaufen, verfügen aber nicht über das nötige Geld.

Und noch ein anderer Umstand macht die Sache schwierig: Nicht selten nämlich müssen sich Winzer mit Viehzüchtern und Milchbauern um Land streiten. Denn nicht nur der Wein ist im Jura beliebt, sondern ebenso der weltberühmte Comté-Käse, der hier erzeugt wird. Das erklärt auch, warum die Weinbaufläche in den vergangenen 20 Jahren gerade mal um 100 Hektar gestiegen ist.

Was aber bringt mehr ein: Käse oder Wein? Direktor Olivier Badoureaux differenziert: „Einige Winzer werden gehypt, andere haben Schwierigkeiten ihre Weine zu verkaufen. Wem es gelingt, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, der kann gut davon gut leben. Für viele, die es noch nicht zu Ruhm geschafft haben, ist es einträglicher, Milch für die Comté-Produktion zu produzieren.“

In diesen Fässern reift der international bekannte Vin Jaune

Jérôme Genée

Das Jura ist wie seine Weine ein facettenreiches Universum, fernab jeder kommerziellen Einheitlichkeit. Wer sich an die Weine herantasten will, sollte es am besten so handhaben wie die Winzer bei den Verkostungen vor Ort. Niemals mit Vin Jaune einsteigen, sondern zuerst mit einem leichten Wein, beispielsweise einem roten Poulsard – oder mit einem Crémant du Jura.

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