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Wie beurteilt man den Geschmack des Weins?
Wie beim Geruch werden auch beim Geschmack die Reintönigkeit, Intensität, Ausprägung und Komplexität des Weins beurteilt:
- Ist der Geschmack klar und frei von Fehltönen? (Reintönigkeit)
- Wie stark ist der Geschmack? (Intensität)
- Wie und wonach schmeckt der Wein? Wie fühlt sich der Wein im Mund an? (Ausprägung)
- Wie viele Aromakomponenten lassen sich feststellen und wie differenziert sind diese? (Komplexität)
Die Geschmacksausprägung eines Weins gliedert sich in verschiedene Dimensionen:
An der geschmacklichen Wahrnehmung sind somit mehrere Sinne beteiligt: der Geschmackssinn (Zunge), der Geruchssinn (Nase) und der Gefühlssinn (Mundschleimhaut).
Geschmacksrichtungen
Die Zunge registriert lediglich sechs Geschmacksrichtungen:
- süß
- sauer
- salzig
- bitter
- umami (herzhaft, positiv geschmacksverstärkend)
- fett (wissenschaftlich: Oleogustus)
Die beiden letzten Geschmacksrichtungen “umami” und “fett” kommen im Wein kaum vor. Daher sind die relevanten Fragen:
- Hat der Wein eine wahrnehmbare Süße? Wenn ja, ist sie eher fein und dezent oder dominiert sie alle anderen Empfindungen?
- Hat er Wein eine wahrnehmbare Säure? Wenn ja, ist sie harmonisch, erfrischend und anregend oder eher dominant, spitz und unangenehm?
- Hat der Wein wahrnehmbare Bitterstoffe? (Dies kann insbesondere bei Rotweinen der Fall sein, da die darin enthaltenen Tannine bitter schmecken.)
- Hat der Wein wahrnehmbare salzige Noten? (Dies kann bei besonders mineralischen Weinen der Fall sein, denn Mineralstoffe sind Salze.)
Aromen
Aromen werden über die Nase wahrgenommen, wenn die Luft aus der Mundhöhle über den Rachen in die Nase steigt – das bedeutet gewissermaßen Riechen beim Ausatmen. Der Fachbegriff dafür lautet retronasal.
Bei der systematischen Bestimmung der Aromen hilft das Aromarad. Dabei werden die Aromen zu Gruppen (z.B. fruchtig, blumig, pflanzlich, würzig, nussig, vegetabil, röstig, erdig, mikrobiologisch, chemisch) zusammengefasst und diese dann sukzessiv in einzelne Komponenten zerlegt (bei “nussig” z.B. Walnüsse, Haselnüsse, Mandeln). In der Darstellung des Rads werden die Aromen von innen nach außen immer feiner, und so geht man auch bei der Weinbeschreibung vor: Je nachdem, wie detailliert man einen Duft wahrnehmen kann, wird die Aromenbenennung immer differenzierter und konkreter.
Mundgefühl
Als Mundgefühl oder Textur werden die Eigenschaften eines Weins bezeichnet, die sich nicht schmecken oder riechen, sondern fühlen lassen. Begriffe, um die Textur eines Weins zu beschreiben, sind beispielsweise saftig, cremig, schmelzig, weich, fest, schärfend, kühl oder wärmend.
Auch der Körper sowie Kriterien wie Druck, Zug und Länge zählen zur Textur, und nicht zuletzt der Alkohol wird taktil wahrgenommen: Er schmeckt selbst nach nichts, wirkt aber scharf – und das ist eine Empfindung, kein Geschmack.
Beispielhafte Fragen zur Textur können sein:
- Regt der Wein den Speichelfluss an, wirkt er mundwässernd und animierend?
- Hat der Wein einen wahrnehmbaren Schmelz (wie Eis oder Pudding), wirkt er sanft und weich wie Samt oder Seide?
- Hat der Wein eine adstringierende Wirkung, so dass sich die Mundschleimhaut zusammenzieht?
- Ist der Körper des Weins eher schlank oder eher kräftig?
- Ist der Wein eher opulent und vollmundig oder eher straff, kühl und fest?
- Hat der Wein wahrnehmbare Gerbstoffe (Tannine)? Wenn ja, sind sie grob oder fein? Sind sie geschmeidig, harmonisch und weich oder eher pelzig, trocknend und rau?
- Wie stark ist der Alkohol wahrnehmbar? Ist er gut eingebunden und stützt den Wein oder macht er sich wärmend oder gar schärfend bemerkbar?
- Hat der Wein wahrnehmbare Kohlensäure (wie Mineralwasser)?
Abgang
Der Abgang – oder auch der Nachhall, die Nachhaltigkeit oder die Länge – eines Weins bezeichnet die Zeit, die der Wein im Mund nach dem Schlucken (oder Spucken) nachwirkt: wie lange die Aromen und Geschmacksdimensionen wahrnehmbar sind und wie lange das Mundgefühl anhält. Der Abgang lässt sich in Sekunden messen und kann weniger als fünf (kurz), fünf bis zehn (mittel) oder über zehn, mitunter sogar zwanzig Sekunden oder mehr (lang) anhalten. Dabei gilt: Je länger der Abgang und je nachhaltiger der Gaumeneindruck, desto hochwertiger der Wein.