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2021 machte es den Winzern wahrlich nicht leicht. Das kühle Frühjahr sorgte für einen bis zu vier Wochen späteren Austrieb im Vergleich zu den Vorjahren, was Schäden durch Spätfröste zwar nicht überall verhindern konnte, sich am Ende aber als großer Vorteil herausstellen sollte. Doch das wusste man zu dem Zeitpunkt nicht.

© Weingut Nik Weis - St. Urbans-Hof

Der warme Juni ließ die Reben einigen Rückstand aufholen, doch die Witterung blieb überwiegend feucht – und das bis tief in den Sommer hinein. Die Folge war vielerorts ein massiver Krankheitsdruck. Besonders der Falsche Mehltau setzte den Weinbergen zu. Doch die Probleme waren alles andere als gerecht verteilt. Während manche Weinberge zumindest bei bestimmten Sorten Totalausfälle erlitten, freuten sich anderswo die Winzer am Ende über Erträge, die weit über jenen der von erheblicher Trockenheit und teils auch verheerenden Frost- oder Hagelschäden betroffenen Vorjahren liegen.

Doch die Winzer mussten lange um ihren Erfolg fürchten. Erst im Spätsommer und Herbst stellte sich eine weitgehend stabile Schönwetterlage ein, die es erlaubte, die Trauben in gesunden Anlagen bis weit in den Herbst hängen zu lassen. Endlich erwies sich der späte Austrieb als Glücksfall: Lange schon konnten die Trauben nicht mehr so spät ausreifen wie 2021. Entspannt durften die Produzenten zusehen, wie sich die Aromen in den warmen, trockenen Tagen und kühlen Nächten entwickelten, ohne dass Säuren in den Keller und die Zuckergrade an die Decke gingen.

Also Ende gut, alles gut? Ganz so einfach ist es nicht. Zwar war schnell wieder vom großen und vor allem langlebigen Jahrgang die Rede, aber die Einschätzung trifft allenfalls auf einen Teil der Ernte zu. Ohne entsprechenden Aufwand in den Weinbergen, Glück mit dem Standort und das richtige Fingerspitzengefühl im Keller waren überzeugende Ergebnisse nicht zu erzielen.

Von den echten Ausfällen, die es 2021 auch gab, den matten, dünnen, stumpfen, manchmal bitteren, manchmal schneidend sauren, manchmal völlig leblosen Weinen wollen wir nicht lange reden. In der Mehrheit sind die Ergebnisse beim Riesling überaus erfreulich. Im Idealfall verbinden die Weine des Jahrgangs Brillanz und Saftigkeit mit festem Bau, knackiger Säure, Rückgrat, Dichte und Tiefe. Doch gerade Letztere fehlen manchmal. Viele 2021er Rieslinge machen schon heute viel Spaß dank ihrer Lebendigkeit, ihrem schlanken und doch saftigen Auftreten, aber echte Konzentration und Tiefe fehlen bei genauem Hinsehen doch. Das tut der Trinkfreude kaum Abbruch, aber ob sich diese überaus animierenden Weine lange positiv entwickeln können, muss zuḿindest vorsichtig bezweifelt werden. Denn dazu ist echte Substanz wesentlich wichtiger als viel Säure. Und das ganz unabhängig vom Alkoholgehalt: Ein Leichtwein, dem Substanz fehlt, mag schön zu trinken sein, aber er ist nicht nur leicht und animierend schlank, sondern auch eher schmal bis dünn. Das fällt auch bei den Kabinetten auf, die derzeit so sehr im Fokus stehen. Viele dieser Weine sind überaus animierend in ihrer Leichtfüßigkeit, dem frischen Saft und der lebhaften Säure, aber die Dichte, Komplexität, Spannung und Länge wahrhaft erstklassiger Jahrgänge fehlt ihnen bei genauerer Betrachtung häufig (nicht immer!) eben doch. Hier haben später gelesene, höhere Prädikate, die neben den gefeierten Kabinett-Weinen gerade relativ wenig Aufmerksamkeit erfahren, dieses Jahr oft Vorteile.

Dass letzte Tiefe manchmal fehlt, und die Weine nicht immer ganz die Konzentration und den Nachdruck großer Jahrgänge besitzen, fällt auch bei den trockenen Spitzenrieslingen auf. Der Jahrgang bietet eine Fülle wunderbarer, teils anspruchsvoller, teils einfach nur besonders trinkfreudiger Ortsweine oder auch Erster Lagen, und manchmal sind auch schon die Gutsweine sehr überzeugend. Die absolute Spitze aus den großen Lagen kann sich hier allerdings nicht überall qualitativ noch einmal so deutlich absetzen, wie das in anderen Jahrgängen der Fall ist. Dazu kommt, dass viele Produzenten offenbar der Ansicht waren, die hohe Säure des Jahrgangs wieder mit mehr Restzucker abpuffern zu müssen. Abgesehen davon, dass die Weine damit noch nie viel harmonischer wurden, weil die Weine dann eben süß-sauer schmecken, fällt der Zucker diesmal auch aus einem anderen Grund oft mehr auf als sonst: Wo viel Wasser ist, steigt auch der Mineralgehalt der Trauben. Die Mineralien wirken alkalisch. Damit wird nicht nur die Säure wesentlich effektiver gekontert als durch Süße, auch der pH-Wert im Wein steigt. Das wiederum kann dazu führen, dass Weine unbeabsichtigt in den Biologischen Säureabbau (BSA) rutschen. Anzeichen dafür finden sich in nicht wenigen trockenen 21er-Rieslingen. Grundsätzlich ist gegen den BSA auch beim trockenen Riesling wenig einzuwenden, nur ist Restzucker in diesem Zusammenhang selten eine gute Idee. Ob nun mit oder ohne BSA: Die Jahrgangsbedingungen sorgen dafür, dass auch relativ niedrige Restzuckermengen schon recht aufdringlich schmecken können und die Weine bis´źuweilen unnötigerweise etwas aus der Balance werfen. Das ist längst nicht immer der Fall, kommt aber gerade 2021 viel öfter vor als nötig.

Wer jedoch alles im Griff hatte und manchen Versuchungen im Keller widerstehen konnte, war in der Lage, überragende 2021e zu füllen. Konzentrierte, ungemein fest gewirkte, brillante Weine mit enormer Konzentration, Spannung, Tiefe und einem mineralischen Ausdruck, wie wir ihn in den von Trockenheit geplagten Jahrgängen der näheren Vergangenheit kaum erleben durften. Im Gegensatz zu den animierend fruchtigen, knackigen Spaßweinen, die die große Mehrheit der Rieslinge dieses Jahrgangs ausmachen, sind die meisten von ihnen heute jedoch vollkommen unnahbar und werden daher im Moment womöglich unterschätzt. Es ist auch dringend abzuraten, hier der Neugier zu früh nachzugeben. Sie werden die Geduld lohnen. Unter ihnen sind einige der größten trockenen Rieslinge, die in den letzten 50 Jahren - und damit wohl jemals - entstanden sind.

Mehr als 1.200 Rieslinge aus Deutschland haben wir in den vergangenen Monaten probiert. Nur die Allerbesten der jeweiligen Kategorien können wir hier vorstellen, weshalb wir dringend empfehlen, sich auch die vielen anderen Ergebnisse anzusehen. Links zu allen Bewertungen, den Weinbeschreibungen und den Produzenten finden Sie wie immer am Ende der Listen.

 

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