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Sauvignon Blanc ist der Liebling der Weinfans. Weltweit pflanzen Winzer Hektar um Hektar, um am Boom teilhaben zu können. Doch was nur dazu essen? Der Hamburger Spitzen-Sommelier Maximilian Wilm gibt Tipps, was zu den kargen bis opulenten Stilen passt.

Es war einmal eine Insel, weit ab vom Rest der Weinwelt. Dort standen ein paar Reben, meist Müller-Thurgau. Aber dann kam vor rund 40 Jahren ein Mensch namens David Hohnen auf dieser Insel in eine ganz bestimmte Bucht und begann, Wein zu machen. Die Bucht hieß Cloudy Bay, die Insel Neuseeland und die Rebsorte, die Hohnen sich aussuchte, war Sauvignon Blanc. Der Rest ist Geschichte.

1985 präsentierte Hohnen seinen Cloudy Bay Sauvignon Blanc erstmals auf Verkostungen in Europa und den USA. Die Kritiker waren begeistert. Denn der Wein schmeckte völlig anders als alles, was man aus dieser Rebsorte kannte. Das kam in der Regel von der Loire und war eher karg im Stil. Der Cloudy Bay hingegen war - und ist immer noch - ein leicht zu trinkendes Stück Hedonismus, das verschwenderisch nach Stachelbeere, Limette, Maracuja und Papaya schmeckt.

Spitzen-Sommelier Maximilian Wilm (©Per Kasch)
 

Cloudy Bay lässt Rebflächen explodieren

© OeWM Blickwerk

Es geschieht nicht oft in der Geschichte, dass ein einziger Wein beeinflusst, wie sich eine Rebsorte weltweit entwickelt. Damals schon. Immer mehr Winzer weltweit pflanzten Sauvignon Blanc und ahmten diesen fruchtigen Stil aus Neuseeland nach. Doch auch dort explodierten die Rebflächen geradezu. Anfang der 1980er Jahre gab es nicht einmal 50 Hektar, heute sind es mehr als 20.000. Und mehr als 80 Prozent des aus Neuseeland exportierten Weins ist Sauvignon Blanc.

Maximilian Wilm ist Sommelier und Betriebsleiter im „Kinfelts - Kitchen & Wine“ in Hamburg, und wenn man seine Branchen-Auszeichnungen betrachtet, einer der besten des Landes. Im kommenden Jahr wird er Deutschland bei der Sommelier-Weltmeisterschaft in Paris vertreten. Er bedauert etwas, wie sehr sich die Rebsorte vom feinen Speisenbegleiter hin zum Easy-Drinking-Terrassenwein verändert hat. Vielleicht hat das auch damit zu tun, dass Sauvignon Blanc in der Kombination mit Essen nicht einfach ist. Wilm jedenfalls kennt keinen Sommelier-Kollegen, der Sauvignon Blanc als seine Lieblingsrebsorte bezeichnet.

 

„Irgendwas mit Fisch“

© 123rf.com

Seine gängige Empfehlung zur Speisenbegleitung lautet schlicht: Irgendwas mit Fisch. Der Sommelier aus dem Kinfelts überlegt eine Weile nach Alternativen. „Beim Neuseeland-Stil wäre ich sofort bei der asiatischen Küche“, sagt er schließlich und empfiehlt beispielsweise einen Thai-Salat: „Darin sind Erdnüsse, Mango und Passionsfrucht: alles Aromen, die wunderbar zu den fruchtigen Sauvignon Blancs der Insel passen.“

Die Klassiker der Rebsorte kommen aus Frankreich und schmecken ganz anders, mehr nach Feuerstein und karger Würze. Das ist nicht „Easy-Drinking“. „Und das macht es schwer, die Weine zu verkaufen“, sagt Wilm. Zudem habe sich beim Sauvignon Blanc der Geschmack des Gastes von der Rebsorte entkoppelt. Er berichtet von Gästen, die auf keinen Fall Sauvignon Blanc trinken wollen, aber bei ihm eine Flasche Sancerre bestellen - die Urform dieser Sorte. Der Sommelier macht den Gästen dabei keinen Vorwurf, denn zu unterschiedlich sind die Stile.

 

Gebratener Ziegenkäse zum Sauvignon Blanc von der Loire

Schenkt er einen Sauvignon Blanc von der Loire aus, greift er zum wohl ältesten Trick der Wein-Speisen-Kombination: Man trinkt Wein aus einer Region zu Speisen aus der Region. „Ja, das geht immer“, sagt Wilm und lacht. „Also einen Ziegenkäse nehmen, anbraten und vielleicht mit etwas Birkenhonig bestreichen.“ Auch zur vegetarischen Küche empfiehlt er diese Weine, zurückhaltend hingegen ist er beim Fleisch. Höchstens ein Hühnerfrikassee würde er als Begleitung eines kargen Sancerre durchgehen lassen.

Zwischen diesen beiden Extremen hat sich in der jüngeren Vergangenheit die Steiermark etabliert. In der österreichischen Weinbauregion keltern die Winzer Sauvignon Blanc, der sich ebenfalls weltweit einen Namen gemacht hat. „Diese Weine zeichnen sich durch kräutrige Würze und Aromen von Brennnesseln aus. Sie haben selten eine so kitschige Frucht wie in Neuseeland“, erklärt Maximilan Wilm. Ihm gefällt, dass die Weine von dort eine Portion Kühle mit sich bringen durch die höheren Lagen, in denen die Winzer in der Steiermark die Sorte anpflanzen: „Die Winzer sind sich dort bewusst, dass man beide Stile vereinbaren und dadurch etwas Neues schaffen kann.“

„Die Weine aus dieser Region haben oft ein bisschen Schmelz, das passt gut zum Backhendl“, sagt er. Alternativ empfiehlt er einen Vogerlsalat (also einen Feldsalat), eventuell mit Kartoffeln, aber auf jeden Fall mit Kürbiskernöl zubereitet. „Sauvignon Blanc kann sehr vielseitig sein, auch in der Speisenbegleitung“, sagt Wilm. Es steht und fällt aber mit dem Stil. "Allerdings ist die Rebsorte insgesamt schon eher in der Fischecke angesiedelt.“

Auch in Deutschland wächst die Anbaufläche der Sorte enorm. Laut aktueller Zahlen von Destatis ist die Rebfläche für Sauvignon blanc im Zeitraum von 2011 bis 2021 um 177 Prozent auf 1.800 Hektar gewachsen. Aber selten entstehen Charakterweine mit Ecken und Kanten daraus. „Gefragt ist beim Kunden etwas anderes“, sagt Wilm. „Mit Reinzuchthefe kühl vergoren, frisch-fruchtig, und dann für 7,50 Euro die Flasche zu haben. Das verkauft sich“, sagt er und windet sich ein wenig, als nach seiner persönlichen Einschätzung gefragt wird: „Du musst als Sommelier ja eine Weinkarte schreiben, die dem Gast gefallen soll“, antwortet Wilm, „da kommst du an dieser Rebsorte nicht vorbei.“

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