Mit einem Programm fördert die EU moderaten Weingenuss in Kombination mit geschützten Herkunftsbezeichnungen. Im ersten Halbjahr 2023 versammelten sich Produzenten, Weinhändler, Journalisten und Gastronomen bei mehreren Events, um sich über diese Themen zu informieren.
„Responsible Wine Consumption“ steht auf der Titelseite der Broschüre, von der etliche Exemplare auf dem langen, eingedeckten Restaurant-Tisch liegen. Darauf abgebildet ist auch eine stilisierte Eule, deren Körper den Kelch eines Weinglases darstellt. Sie soll wohl über den verantwortungsvollen Weinkonsum wachen, der Thema des Abends ist.
Wir sind in Thessaloniki, und dieser Abend ist der letzte von dreien, an denen ein mehrgängiges Menü für deutsche und griechische Weinprofis serviert wird. Begleitet werden die Gerichte von griechischen Weinen. Über diese wissen die Gäste nur, dass sie aus Zentralmakedonien im Norden des Landes kommen, aus der Rebsorte Xinomavro gekeltert sind und eine geschützte Herkunftsbezeichnung tragen.
Die kulinarische Blindverkostung ist Teil des Konzepts. Denn die „Business-Dinners“, die in diesem Jahr in mehreren Städten in Deutschland und Griechenland organisiert worden sind, werden finanziell von der Europäischen Union (EU) gefördert. Hintergrund ist das sogenannte nationale Stützungsprogramm. Dafür erhalten die Mitgliedstaaten Beträge aus dem EU-Haushalt, um „verschiedene Maßnahmen zugunsten des Weinsektors“ zu unterstützen, wie es beim Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) heißt.
Förderfähig sind dabei unter anderem Veranstaltungen, die der „Information über verantwortungsvollen Weinkonsum und das Gemeinschaftssystem geografischer Angaben“ dienen, so das BMEL. Solche Informationskampagnen können entweder in einem EU-Mitgliedstaat, in mehreren Mitgliedsländern (innergemeinschaftlich) oder in Drittländern, die nicht zur EU gehören, (außergemeinschaftlich) stattfinden. Die Förderung beantragen können Weinproduzenten oder Erzeuger-Zusammenschlüsse wie etwa Verbände, die in einem EU-Land ansässig sind.
Nach Angaben der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) soll das Stützungsprogramm „dazu beitragen, die Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Weinbaus in den nächsten Jahren weiter zu verbessern. Ziel ist es, die Verbraucher über den verantwortungsvollen Weinkonsum sowie über Ursprungsbezeichnungen und geografische Angaben der EU zu informieren.“ Wie diese Themen zusammenhängen, erfahren die internationalen Gäste aus Weinhandel, Gastronomie und Medien bei den Dinners.
Gastgeber der Veranstaltungen ist die nordgriechische Kellerei Vaeni Naoussa. Sie hat eine innergemeinschaftliche Informationskampagne gemäß den EU-Vorgaben ins Leben gerufen, die über drei Jahre läuft und von Griechenland mitfinanziert wird. Organisiert wird sie durch das griechische Agrar-Beratungsunternehmen Novacert und die deutsche Weinmarketing- und Eventagentur Wein-Plus Solutions. Zusammen mit der dritten Laufzeit des Stützungsprogramms endet die Kampagne am 31. August 2023, und bis dahin werden allein in diesem Jahr elf Business-Dinners stattgefunden haben, acht davon im ersten Halbjahr.
Das Prinzip ist der Austausch unter Weinprofis in passender Atmosphäre, denn die EU empfiehlt, Wein zusammen mit einer Mahlzeit zu trinken. Daher erscheint es sinnvoll, die Richtlinien für verantwortungsvollen Weinkonsum und das System der geschützten Herkunftsbezeichnungen in der EU bei einem Abendessen vorzustellen. Geladen sind zu jedem Event zehn bis zwölf Gäste aus Deutschland und Griechenland, von denen einige auch das jeweils andere Land besuchen dürfen.
So gab es im Februar 2023 drei Business-Dinners in Thessaloniki und Athen sowie im März zwei Dinners in Düsseldorf, die während der internationalen Fachmesse ProWein stattfanden. Im Juni reisten deutsche Journalisten nach Thessaloniki, um an drei weiteren Dinners teilzunehmen. Der beabsichtigte Austausch unter den Gästen funktioniert bestens: Auf Englisch, Griechisch und Deutsch redet man über Weinqualität, Herkunftsgebiete, Food-Pairing und vieles mehr.
Ende August wird es noch drei Business-Dinners im Rhein-Main-Gebiet geben. Die Identität der ausgeschenkten Weine bleibt bei allen Veranstaltungen verborgen, denn das EU-Programm verbietet die Förderung einzelner Weine oder Erzeuger. Die Vorgabe dazu lautet: Die begleitenden Weine müssen aus einem EU-Mitgliedstaat kommen – in diesem Fall Griechenland – und eine geschützte Herkunftsbezeichnung tragen.
Das System der geschützten Herkunftsbezeichnungen in der EU folgt dem Grundsatz: Je enger die Herkunft, desto höher die Weinqualität. Das bedeutet: Ein Wein ist umso besser, je kleiner die geografische Einheit ist, aus der seine Trauben stammen. Dabei gilt das Herkunftsland als größte und ein Weinberg als kleinste geografische Einheit.
Gemäß diesem Herkunftsprinzip ergeben sich drei Qualitätsstufen für Wein aus den Mitgliedsstaaten der Union – in aufsteigender Reihenfolge:
Die g. U. ist dabei grundsätzlich die engste Herkunftsbezeichnung, die für höhere Weinqualität steht. Sie definiert die strengsten Vorgaben hinsichtlich der geografischen Einheit für die Kultivierung und Verarbeitung der Trauben, der Rebsorte(n), des Anbaus, der Ertragsmenge, der Lese, der Weinbereitung, des Ausbaus, der Reifezeit im Keller und/oder bestimmter Analysewerte.
Auf Griechisch heißen die geschützte geografische Angabe „Prostatevomenis Geografikis Endixis“ (abgekürzt PGE) und die geschützte Ursprungsbezeichnung „Prostatevomenis Onomasías Proelefsis“ (abgekürzt POP). Bei den Business-Dinners werden ausschließlich Weine ausgeschenkt, die die g. g. A. „Makedonien PGE“ oder die g. U. „Naoussa POP“ tragen. Naoussa POP gilt allein für Rotweine, die zu 100 Prozent aus der autochthonen Rebsorte Xinomavro hergestellt werden, Makedonien PGE auch für Xinomavro, der weiß (griechisch: lefkós ex erythrón) oder als Rosé gekeltert wird.
Da der Herkunftsschutz eindeutige Qualitätsvorgaben definiert, liegt hier die Verbindung zum verantwortungsvollen Weinkonsum. Den Zusammenhang erläutert die Broschüre mit der Eule, die die EU für Informationskampagne herausgegeben hat. Der verantwortungsvolle Konsum bezieht sich dabei nicht nur auf die Menge oder die Häufigkeit, sondern auch auf die Qualität der Weine.
In der Broschüre empfiehlt die EU, Wein „in Maßen“, „langsam“ und „zusammen mit Wasser“ zu trinken. Weine mit geschützter Herkunftsbezeichnung, die sie als „Markenweine“ bezeichnet, stellt sie „Fasswein unbekannter Herkunft“ gegenüber und argumentiert: „Im Gegensatz zu Markenweinen hat Fasswein kein Etikett, und daher kann der Verbraucher sehr wichtige Details nicht erfahren, wie den Produzenten, Herkunft der Rohstoffe, Sortenzusammensetzung des Weins, Erntejahr, Abfüllungsjahr und andere Daten, die zum verantwortungsbewussten Konsum beitragen.“
Einfacher gesagt: Verantwortungsvoller Weinkonsum bedeutet, langsamer, weniger und seltener, aber dafür besser zu trinken. Und die Weine mit geschützter Herkunftsbezeichnung aus der EU bieten einen Anhaltspunkt für eine höhere Qualität, denn sie stammen aus einem genau angegebenen geografischen Gebiet und werden nach strengen Vorschriften erzeugt. Herkunftsgeschützte Weine tragen also zum verantwortungsvollen Konsum bei, oder erleichtern ihn zumindest – meint die EU.