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Der Auktionator ruft Lot 1208 aus, das drittletzte in einer fünf Stunden dauernden Auktion im Hotel Inter-Kontinental in Zürich. Auf dem sonst so sachlich-strengen Gesicht des Ausrufers ein Lächeln: „Wie hoch soll ich beginnen?” Diese Frage taucht sonst in einer Auktion nie auf. Der Ausrufpreis ist im Katalog als Mindestpreis genau festgehalten. Lot 1208 ist ein Mixed-Lot. Mindestpreis 200 +.

Unter der Rubrik Mixed-Lot tauchen Weine auf, die Händler kaum interessieren und auch bei den Weinkennern meist nur ein müdes Lächeln auslösen. Schlechte Jahrgänge, niedriger Füllstand, wenig bekannte Weingüter, kurzum das, was bei einer Kellerleerung so anfällt und vom Auktionator an den Mann oder die Frau zu bringen ist. Meist ist in jedem dieser Mixed-Lots ein spezielles „Zugpferd”, das in der Regel den Mindest- oder eben Ausrufpreis rechtfertigt und sehr oft begehrt ist. Die restlichen Weine müssen dann dazu genommen werden. Oft ein Entsorgungsfall, nicht selten aber auch eine Überraschung.

 

Ausriss aus dem Auktionskatalog

Nicht „Blind- „ sondern „Blockbuchen” nennt man dies in der Geschäftswelt. Also: Lot 1208 ist ein solches Mixed-Lot und zwar für Franken 200 +. 11 Flaschen: 2 Chambolle-Musigny 1969 Grivelet, 1 Charmes-Chambertin 1969 Roger de Jouennes, 2 Mazy-Chambertin 1978 Joseph Roty 4-6 cm., 1 Charmes-Chamebertin 1978 Joseph Roty 4 cm., 1 Chambertin 19779 Camus 5 cm., 1 Beaune Cent Vignes 1990 CH, 3 Savigny-les-Beaune 1er 1992 Morin.

Der Auktionator beginnt bei 300 Franken. Kaum jemand schaut hin. Viele Bieter sind schon weggegangen, andere räumen ihre Taschen zusammen. Zwei im Saal halten mit: 300! Der Auktionator selber - Verwalter der schriftlich eingegangenen Gebote - bietet weiter 400 Franken. Im Saal 500!. Also bereits das Doppelte des Mindestpreises. Einige schauen kurz hin, stutzen, beschäftigen sich aber weiter mit ihrem Abgang. Doch es geht weiter: 600, 700, 800.... Jetzt wird es ruhig im Saal, man schaut konsterniert zum Auktionator, dann wieder in den Auktionskatalog. 900, 1000, 1100 Franken. Jetzt wird es ganz still. Wer noch hier ist, hält den Atem an. Man weiß zwar, dass alte Burgunderweine an Auktionen plötzlich unglaublich hohe Preise erzielen: An dieser Auktion zum Beispiel: 1 Flasche Romanée-Conti, 3.5 cm. Kapseldeckel oben abgeschnitten für 5900 Franken (3'740 €) oder 1 Richebourg, 1959, 5 cm. für 1400 Franken (890 €). Doch was ist mit diesem Lot 1209 los? Da wird weiter geboten 1200, 1300, 1420 Franken (900 €) bis endlich der Hammer fällt. Was ist wohl so kostbar an diesen 11 Flaschen aus dem Burgund? Ich habe es nicht herausgefunden. Kopfschüttelnd, konsterniert verlasse ich den Saal. Mein einziger Trost: Schließlich bin ich kein Burgunderkenner, sondern eher ein „Bordeauxspezialist”. In der Tiefgarage begegne ich zwei weiteren Teilnehmern, der Auktion, aufgeregt diskutierend: Was ist nur an diesem Lot? Sie wissen es auch nicht und sind ganz enttäuscht, weil sie das Gefühl haben, schlechte Weinkenner zu sein.

Ihre miese Laune verloren sie erst, als ich gestand, dass auch ich es nicht herausgefunden habe. Da war der Tag für sie gerettet. Doch mich lässt das Lot 1208 seither nicht mehr los. Wer kann mir helfen, meine Ruhe wieder zu finden?

Fragt herzlich Ihr/Euer
Peter (Züllig)

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