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Die Weingüter Rebholz, Christmann und Wittmann veranstalten alle fünf Jahre eine Zehn-Jahres-Werkschau der trockenen Großen Gewächse aus ihren jeweiligen Spitzenlagen Kastanienbusch, Idig und Morstein. wein.plus war bei der denkwürdigen Verkostung dabei.

In diesem Jahr fand die Verkostung bei idealem Spätsommerwetter im Kelterhaus von Wittmann in Westhofen statt, das trotz seiner stattlichen Größe gerade noch genug Platz hatte, um Händler, Journalisten und Weinkritiker aus aller Welt unterzubringen, die an dieser denkwürdigen Probe teilnehmen wollten.

Obwohl die Weingüter ihre Weine der Reihe nach präsentierten, die jeweiligen Jahrgänge also nicht nebeneinander probiert werden konnten, zeigten die meisten von ihnen doch auffällige Ähnlichkeiten, was ihren Entwicklungszustand, ihre aktuelle Trinkreife und bei allen stilistischen Unterschieden auch ihren Charakter angeht.

Derzeit in Bestform zeigen sich die Weine des Jahrgangs 2014. Sie sind zwar selten so tiefgründig und komplex wie es in wirklich großen Jahrgängen der Fall ist, aber mit ihrer Saftigkeit, ihrem Leben und animierendem Spiel sind sie jetzt herrlich zu trinken. Das gleiche gilt für die 2016er, die ebenfalls nur selten die Klasse der Spitzenjahre erreichen, aber dafür jetzt einfach schmecken - und das im Falle dieser drei Weine wirklich exzellent. Schon jetzt sehr animierend sind zudem die kühlen 2021er. Sie sind generell schlanker und leichter und dürften sich meistens auch schneller entwickeln als die besten Jahrgänge, aber man kann sie prächtig trinken, bis diese ausgereift sind. Und wer weiß, ob es nicht der letzte so kühle, schlanke Jahrgang war, denn die Liebhaber dieses Stils erleben dürfen.

Gewisse Verwandtschaft zeigen auch die warmen und eher trockenen Jahre 2015, 2018 und 2020. Besonders 2018 und noch deutlicher 2020 besitzen allerdings die auffällige Phenolik eines sehr trockenen Witterungsverlaufs. 2015 hingegen brachte Weine hervor, die mit ihrer Tiefe, Wärme, inneren Ruhe und ihrem bisweilen massiven mineralischen Fundament vielleicht nicht alle Herzen von auf Säure und Fruchtfrische fixierten Hardcore-Riesling-Freaks höher schlagen lassen.

 

 

Marcus Hofschuster

Dafür werden sie aber vermutlich auch dann noch zu den großen Weinen der Welt gehören, wenn jüngere Weine längst auf dem absteigenden Ast sind. Doch auch die 2018er, die mit ihrer Griffigkeit, festen Struktur und komplexen, eher dunklen Würze schon jetzt sehr gefallen, dürften so schnell nicht das Handtuch werfen. Die 2020er wiederum scheinen sich gerade zu verschließen; es bleibt abzuwarten, wann und wie sie sich entpuppen.

Ein bisschen zwischen den Stühlen steht 2017. Nicht nur zeigen sich in diesem Jahrgang die größten qualitativen Unterschiede zwischen den Weinen, sie changieren auch zwischen Wärme und Kühle, Spannung und Weichheit, Süße und herben Elementen. Alle zeigen erste, moderate Anzeichen von Reife.

Das Gegenteil ist bei den 2019ern der Fall, die allesamt ziemlich verschlossen sind. Manchmal sind sie so unnahbar, dass man nur schwer erkennen kann, was einmal aus ihnen wird, andere zeigen dennoch schon heute, mit welchen Monumenten man es zu tun hat. Anfassen sollte man gerade keinen von ihnen.

Monumente werden die 2022er fast nie. Der Jahrgang gehört zu den schwächsten der vergangenen 20 Jahre. Vielen Weinen fehlt es an Struktur und Spannung für echte Größe, die Frucht kommt oft weich und recht gelb daher, zumindest, wenn nicht bewusst besonders früh gelesen wurde. Im Allgemeinen dürften sie sich eher schnell entwickeln. Doch es gibt Ausnahmen, und die hier probierten 22er zählen sämtlich dazu. Vor allem der Morstein hat eine innere Kraft, Spannung und Energie, die man diesem Jahrgang überhaupt nicht zutraut. Bessere Weine sind 2022 nicht entstanden. Der 2023er hat ähnliche Eckdaten wie sein Vorgänger, was den Witterungsverlauf angeht, nur hat es hier im Sommer dann doch auch mal geregnet. Dieses Plus an Wasserversorgung merkt man den Weinen an, die meist deutlich spannungsreicher, komplexer, tiefer und zugleich feiner sind als ihre ein Jahr älteren Geschwister.

 

Die Weine in der Einzelkritik

Da bei solchen Veranstaltungen zwangsläufig nicht die Bedingungen für eine abschließende Wertung bestehen können, verzichte ich auf exakte Punktnoten und behelfe mich mit einer groben Einordnung nach Sternen wie folgt:

  • groß
  • hervorragend
  • sehr gut
  • gut
  • unbefriedigend
 

Weingut Rebholz

Birkweiler Kastanienbusch

2023

Überaus fest, dicht, tief und komplex, reif-saftig, griffig, rauchig, mit reichlich dunkler Mineralik, einer Konzentration, dass man fast glaubt, ihn kauen zu können, voller Energie, lang, großartig! Wird sehr lange reifen können.

2022

Auch noch leicht rauchig, dazu tabakig, gelber in Frucht und Würze als der 2023er, nicht ganz so konzentriert, aber herb, fest, mit Biss, wieder dunkler, steiniger Mineralik, phenolischem Griff und gewisser Kraft. Gerade im Jahrgangskontext wirklich sehr gut, aber vermutlich besser in diesem Jahrzehnt zu trinken als im folgenden.

2021

Fest, kühl und herb, eher schlank, neben heller Frucht auch mit grün-pflanzlichen Tönen, hat reichlich Säurezug und deutliche Phenolik, die sich mit Wärme und Luft gut einbindet, gewinnt an Saft und Tiefe, auch hier die typische, dunkle, steinige Mineralik, feines Pflanzenbitter, auch im Abgang kühl und fest. Dürfte ebenfalls in fünf Jahren besser schmecken als in zehn.

2020

Kräftig, griffig und mit viel getrocknet-pflanzlicher bis tabakiger Würze, Mineralik und deutlicher Phenolik, die sich mit Luft eher noch mehr gegen die an sich saftige Frucht durchsetzt; verschließt sich offenbar gerade. Nicht ganz sichere Prognose; erst in drei Jahren wieder anfassen.

2019 +?

Vollkommen verschlossen, dicht, herb, phenolisch, zeigt etwas Wärme, aber kaum Frucht, dunkler mineralischer Hintergrund, gewisse Säurespannung, angedeutete Tiefe, im Abgang herb, mineralisch und erneut phenolisch. Eine eventuelle Größe ist hier nur erahnbar; unbedingt abwarten.

2018 (Magnum)

Kräftig, dicht und herb-saftig, mit gewisser Wärme, viel phenolischem Griff und getrocknet-pflanzlicher bis tabakiger Würze, erdig-steinig am Gaumen, reichlich mineralische Energie, lang mit Druck. Prächtiger 2018er; fängt langsam an zu schmecken und könnte sich am Ende als groß herausstellen.

2017 (Magnum)

Zeigt erste Entwicklung, wirkt erst eher kühl, bekommt mit der Zeit aber auch warme Elemente, reif-saftig, ganz leicht süßlich, mit Kandisnoten, gelber und tabakiger Würze, Rauch, steinigen Tönen und mineralischer Energie. Legt mit Luft noch zu.

2016 (Magnum)

Leicht entwickelt, eher schlank, mit floralen und wachsigen Tönen, moderatem Schmelz, mürbem Gerbstoff und steinig-salziger Mineralik, im Hintergrund ein wenig Tabak und Erde, doch insgesamt heller als seine Vorgänger, gute Länge. Jetzt und die nächsten Jahre sehr schön zu trinken.

2015 (Magnum)

Dicht, herb und komplex, mit Rauch, Kräutern und Tabak und Nüssen, reifer, gleichwohl eher schlanker Frucht, feiner Säuremarmorierung, Tiefe und enormem mineralischem Fundament; endet lang, wenn auch mit leichtem Nussschalen-Bitter. Von mir in seiner Jugend offenbar ziemlich unterschätzt, was mir mit den 2015ern leider öfter passiert ist.

2014 (Magnum)

Saftig, aber kühl, mit kräuterig-ätherischer Würze, Biss, steiniger Mineralik, ganz leicht röstigen Nuancen, zart süßlichem Schmelz, Tiefe und innerer Kraft, hat im Hintergrund etwas gelbe Würze und vor allem intensive Mineralik, lang. In Idealverfassung, eher noch besser als jung.

 

Weingut Christmann

Königsbacher Idig

2023

Schlank und doch hochkonzentriert, mit überaus nobler Frucht, feiner komplexer Würze, enormer Tiefe und intensiver, heller Mineralik; umwerfend in seiner Präsenz und dieser seltenen Mischung aus innerer Kraft und Leichtfüßigkeit. Muss und wird großartig reifen.

2022

Ungewohnt kühl und hell für das Jahr, mit Eleganz, gewissem Schmelz, reifem Saft und moderater gelber Würze nach Sesam und Anis, dahinter die typische kreidige und etwas salzige Mineralik. Wie die meisten 2022er wohl eher früher als später trinkreif.

2021 +

Spricht derzeit nur ungern, und wenn, dann in einem noch rauchig-reduktiven Ton, dabei ist er straff, herb-saftig und voller Spannung. Man weiß, dass da noch einiges kommt, wenn man ihn ganz jung probiert hat, aber im Moment muss man danach suchen. Abwarten.

2020 +

2020 ist etwas kräftiger als 2021, dennoch schlank und ebenfalls noch ziemlich verschlossen. Rauchig, dicht, griffig und kühl, sehr fest gewirkt, mit Spannung und Tiefe, aber die Frucht zeigt sich im Moment kaum, sie lässt der merklichen 2020er Phenolik gerade den Vortritt. Muss weiter reifen.

2019

Ein Monument! Herb, extrem konzentriert, rauchig, etwas speckig, mit komplexer Würze, enormer Mineralik, Kraft und Spannung, hat erstmals jene an Popcorn erinnernden Töne, die uns hier noch öfter begegnen werden. Macht sprachlos, muss aber unbedingt noch ein wenig reifen und dürfte sich eine halbe Ewigkeit entwickeln können. Einer der überragenden Weine der Probe.

2018 (Magnum) +

Wieder sehr fest und konzentriert, dabei mit etwas mehr Wärme, Schmelz und phenolischem Griff, ein wenig gelbe Würze und Tabak am Gaumen, Popcorn, viel Mineralik, Länge. Wird mit Luft noch straffer und spannungsreicher. Antrinkbar, aber noch steigerungsfähig.

2017 (Magnum)

Einerseits fest und herb, aber auch mit leicht buttrigen und karamelligen Noten, dazu Rauch und Speck, Popcorn, Lakritz, herbe Würze und ätherische Noten, die typische, helle Mineralik und mehr Schmelz als von jüngeren Jahrgängen gewohnt. Hab ich schon stärker erlebt, vielleicht gerade in einer gewissen Zwischenphase. Noch ein oder zwei Jahre warten. 

2016 (Magnum)

Der Wein ist exzellent, aber lang nicht so groß, wie ich ihn jung erlebt habe. Hab ich mich getäuscht, oder ist er gerade nur unpässlich? Dabei hat der 2016er reichlich Saft, feine gelbe und kräuterige Würze, ein bisschen Kandis und Schmelz, dennoch straffen Bau, gesunde Säure und Länge. Nur scheint die Mineralik nicht so intensiv zu sein wie erwartet, auch zarte Lacktöne und eine angedeutete Bitterkeit irritieren. Ich werde wohl bald meinen Keller bemühen müssen, um das mit mehr Zeit zu klären.

2015 (Magnum)

Hier geht es mir genau andersrum: der Wein ist deutlich stärker als ich ihn in Erinnerung habe. Die Aromatik ist so, wie ich sie von damals kenne: rauchig, tabakig, leicht fasstönig, mit Hopfen und Suppenkräutern, Karamell, etwas gelber Würze, leichter Exotik und einem Hauch Butter. Aber der Wein ist so tiefergelegt-mineralisch, strahlt eine Autorität und innere Ruhe aus, eine Selbstverständlichkeit in seiner eher warmen Art, die jung noch nicht so beeindruckend war.

2014 (Magnum)

Kühl und erstaunlich frisch wirkend, dicht, saftig, kräuterig  und leicht floral, mit Leben und Tiefe, teils gelber Würze und deutlicher Mineralik, perfekt in der Balance und lang. Nicht der komplexeste Wein der Serie, aber jetzt schlicht herrlich.

 

Weingut Wittmann

Westhofener Morstein

2023

Kühl, sehr fest, tief und hell, brillant, reintönig, vielschichtig, vibrierend vor Spannung, enorm mineralisch – nur derzeit noch vollkommen verschlossen.

2022

Einer der wenigen großen 2022er: fest und fein zugleich, frisch, noch leicht reduktiv, mit reifem Saft, gelber, aber auch pfeffriger Würze, Kraft, Tiefe, reichlich mineralischer Energie  und Länge. Da muss man sich auch für die Zukunft keine Sorgen machen.

2021

Auch 2021 ist hier sehr stark ausgefallen: kühl, klar und hell, mit sehr feiner, nobler Frucht, frischen Kräutern, reichlich Spannung und mineralischer Energie. Der Wein ist nicht ganz so tief wie die Spitzenjahrgänge bei Wittmann, aber immer noch groß.

2020

Dicht, fest und griffig, mit enormer, betont kalkiger Mineralik, speckigen Noten, feinen vegetabilen und an sautierte Pilze erinnernden Aromen, noblem Saft, gewisser Ätherik, dem typischen, hier nur nicht trocknenden phenolischen Griff des Jahrgangs, innerer Kraft, enormer Tiefe und Länge. Noch eher verschlossen zwar und im Moment nicht ganz so stark wie in früher Jugend, aber seine Größe schon andeutend.

2019 -

Der 2019er war jung schon sehnig, herb und spannungsreich, wollte aber kaum mit einem reden, und so geht es einem heute immer noch. Allerdings geht er mit Luft wenigstens ein bisschen auf, wird saftiger, tiefer und komplexer, die Mineralik ist intensiv wie eh und je, ist vielleicht stärker als ursprünglich angenommen, aber beweisen will er es noch nicht um jeden Preis.

2018 (Magnum)

Trotz seiner Rauch- und Feuersteinnoten beinahe kühl wirkend mit pflanzlichen bis kräuterigen und nussigen Tönen, dichtem, reifem Saft und sehr viel reifer, griffiger Phenolik, vibriert vor mineralischer Energie am Gaumen, hat Tiefe und Länge. Umwerfend, noch stärker als jung.

2017 (Magnum)

Ganz eigene, aber sehr einnehmende Aromatik mit Noten von Flusskrebsen oder Hummer, Estragon und etwas Rauch neben Zitrusfilets und -Schalen und Aprikosentönen, wirkt straff und besitzt Frische, Biss, Salz und Kreide, Länge. War jung schon ein Grenzfall zwischen hervorragend und groß und ist es noch.

2016 (Magnum)

Auch der 2016er ist so ein Grenzfall. Er hat in der, kühlen, herben Nase wie schon in seiner Jugend mehr mineralische und fein-vegetabile Aromen als Frucht, am Gaumen dann aber sogar etwas an Mango erinnernde Exotik, viel Saft sowie gewisse Wärme und Cremigkeit, gute Tiefe, festen Bau, helle Mineralik und gute Länge, in der dann wie inzwischen bei so vielen 2016ern etwas Wachs aufkommt.

2015 (Magnum)

Wie alle anderen 2015er, habe ich wohl auch jenen von Wittmann damals unterschätzt. Auch er hat kaum Frucht in der Nase, wirkt, tief, fest, eher dunkel mit Rauch und kalkig-erdiger Mineralik, hat dann am Gaumen zwar etwas mehr Wärme als in seiner Jugend, Kraft und gewissen Schmelz, aber zugleich Leben und feinen Biss, dazu Tabak, etwas Karamell, an Frühlingszwiebeln erinnernde, feine, frische Pflanzenschärfe, Tiefe, reichlich Mineralik und Nachdruck.

2014 (Magnum)

Straff, kühl, schlank und herb, mit feinem Saft, Kräutern, erstaunlicher Frische, Spannung, viel Salz, Finessen und Länge. Extrem animierend und noch immer für Jahre der Reife gut, auch wenn er sie nicht mehr unbedingt braucht.

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