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Das Champagnerhaus Ruinart geht als einer der Pioniere für Nachhaltigkeit in großen Schritten bei An- und Ausbau voran. Zudem verwendet Chef de Cave Frédéric Panaïotis für Flaschengärung und Reife seiner Prestige-Cuvée Dom Ruinart künftig Natur- statt Kronkorken. Kristine Bäder hat von ihm erfahren, warum er sich davon mehr Struktur, Frische und größeres Potenzial der Weine verspricht.

Dass 2010 ein Jahr für einen Dom Ruinart sein würde, war aus dem Verlauf des Jahres und der Ernte nicht sofort ersichtlich. Ein vielversprechendes Frühjahr und ein durchschnittlicher Sommer nahmen eine wenig gute Wendung, als mit einsetzender Reife der Trauben im August sintflutartige Regengüsse begannen. In Verbindung mit hohen Temperaturen machte sich der Botrytis-Befall vor allem beim Pinot Noir und beim Pinot Meunier breit. Selbst einige Chardonnay-Weinberge wurden von dem Pilz nicht verschont. „Im Herbst nach der Ernte hätte ich nicht vorhergesagt, dass wir 2010 einen Dom Ruinart produzieren“, so Frédéric Panaïotis. „Doch die ersten Verkostungen der Stillweine zeigten vor allem beim Chardonnay große Fülle und Potenzial.“

Frédéric Panaïotis, Chef de Cave von Ruinart

Wetterkapriolen haben seit 2010 stark zugenommen, das merkt man inzwischen auch in der Champagne. Zwischen 2003 und 2019 gab es dort allein fünf Ernten, die schon im August begannen, statt wie sonst üblich Ende September. „Früher konnten wir vielleicht fünf Mal in zehn Jahren einen Dom Ruinart machen, heute schon etwa acht Mal“, sagt Louise Bryden, Weinmacherin und Projektleiterin bei Ruinart. Auch für 2022 erwartet sie eine frühe Ernte.

Während man anfangs – wie andernorts auch – von wärmeren Temperaturen und mehr Sonnenstunden profitierte, ist das Bewusstsein für die dramatischen Folgen von Hitze- und Trockenperioden für den Weinbau in der Champagne und für deren Einfluss auf die Stilistik der Weine heute geschärft. „Inzwischen haben wir reifere Trauben, aber am Ende geht es sehr schnell und darauf müssen wir eine Antwort finden“, so ihre Erfahrung. Doch in der Champagne tut man sich schwer mit Veränderungen, ein starres System an Vorschriften steht sogar Themen wie Nachhaltigkeit und Biodiversität im Weg. Dem Engagement von Ruinart für diese Bereiche kann man in der Region also durchaus eine gewisse Pionierarbeit bescheinigen.

 

Zukunft Begrünung

In den Weinbergen in Sillery, in denen ein Teil der Chardonnay-Trauben für den Dom Ruinart wächst, erläutert die engagierte Weinmacherin die Aktivitäten des Hauses. „Alle Weinberge, die Ruinart selbst gehören, sind seit 2014 nachhaltig zertifiziert“, erläutert sie. „Viticulture durable en Champagne“ nennt sich das Label und wurde vom Comité Champagne initiiert. Als Mitglied der ersten Stunde motiviert und unterstützt Ruinart auch seine Traubenlieferanten, ihre Weinberge nach den Prinzipien des Labels zu produzieren. „Wir zahlen mehr für die Trauben aus nachhaltig bewirtschafteten Weinbergen“, so Louise Bryden. In den eigenen Weinbergen verzichtet sie seit 2020 auf Herbizide und lässt den Boden manuell bearbeiten. Bei der Begrünung hingegen steht man noch am Anfang, zwischen den Reben wächst aktuell vor allem Gras. Biodiversität durch eine abwechslungsreiche Einsaat von Blüh- und Nutzpflanzen gehört zu den Themen, die Louise Bryden sehr wichtig sind. Im Versuchsweinberg in Taissy setzt sie das als Teil des Projektes “Vitiforestry” um und will es für Ruinart zum Standard machen. „Wir wollen dadurch auch einen natürlichen Düngeeffekt haben. Es ist noch ein Experiment, aber es ist sehr interessant und für mich die Zukunft“, so die junge Weinmacherin.

Ruinart

Zudem hat Ruinart weitere Innovationen eingeführt: Ein Dutzend Elektrotraktoren arbeiten im Weinberg. Die Kühlflüssigkeit, die zum Degorgieren verwendet wird, wurde durch eine Mischung mit Maiszucker ersetzt und spart so bis zu 20 Prozent Energie und bis zu 40 Prozent Material ein. Weiter hat das Haus eine Umverpackung aus 99 Prozent Papier entwickelt. Die Alternative zur bisher üblichen Geschenkverpackung spart in der Produktion jede Menge CO2 und wiegt nur noch 40 Gramm statt der bisherigen 355 Gramm.

 

Flaschengärung unter Kork

Als 2010 entschieden wurde, einen Dom Ruinart Blanc de Blancs zu erzeugen, war schnell klar, dass dies der erste Jahrgangschampagner des Hauses sein würde, der sowohl die zweite Gärung als auch die Flaschenreife unter einem Korkverschluss erleben sollte. Der Entscheidung waren jahrelange Versuche des früheren Kellermeisters Jean-François Barrot voraus gegangen. Die Ergebnisse widersprachen laut Frédéric Panaïotis allen Befürchtungen einer höheren Neigung zu Oxidation und fortgeschrittener Reife.

„Die Champagner zeigten mehr Intensität, mehr Komplexität und ein größeres Potenzial“. Die Sensorik allein war den Verantwortlichen als Beweis allerdings zu wenig. In analytischen Untersuchungen ließ sich nachweisen, dass unter dem Korkverschluss der Sauerstoffeintrag vor allem in den ersten drei bis vier Monaten hoch war – und während der zweiten Gärung von den aktiven Hefen nahezu aufgebraucht wurde. Anschließend pendelte sich der Einfluss des Sauerstoffs auf einem mittleren Niveau ein und blieb über Jahre stabil.

Im Vergleich dazu dringt durch den Verschluss mit Kronkorken von Beginn an deutlich weniger Sauerstoff in die Flasche ein, diese Kurve entwickelt sich aber kontinuierlich nach oben. Spätestens nach sechs bis sieben Jahren wird der Sauerstoffanteil unter Kronkorken größer als unter Naturkork. „Es macht also Sinn, Champagner, die länger als sechs, sieben Jahre gelagert werden, schon für die Flaschengärung mit Naturkork zu verschließen“, so Frédéric Panaïotis. Für Champagner mit kürzerer Flaschenreife bieten die Kronkorken mehr Vorteile.

In der Praxis bedeutet das allerdings auch, dass die Zahl der Flaschen, die täglich degorgiert werden können, auf maximal 100 begrenzt ist. Die Klammern, die den Korken in der Flasche halten, lassen sich nur mit einer Zange öffnen. Das vorsichtige Entfernen  nimmt deutlich mehr Zeit in Anspruch als das Degorgieren mit dem Kronkorken. Doch Zeit spielte in der Herstellung von Prestige-Champagnern schon immer eine sehr große Rolle.

Fotos: © Ruinart

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