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Unser Buschauffeur schüttelt den Kopf: „Was? Ins Barossatal wollen Sie? Dies ist noch heute fest in deutscher Hand!“ Tatsächlich, auf dem Friedhof sind sie begraben, die Pioniere von einst, die SSchiller Friedrich, Heinrich, Grosser, Ostermann, Schröder und wie sie alle hießen, die deutschen Auswanderer am Ende des 19. Jahrhunderts. Viele von ihnen haben in Australien eine neue Heimat gefunden, oft eng verbunden mit dem Weinbau.

 

Altes Grab auf dem Friedhof von Tanunda im Herzen des Barossa-Valley

Josef Ernst Seppelt war einer dieser Pioniere. Er wanderte 1849 aus Schlesien (im heutigen Polen) aus, pflanzte im Barossatal, das warm und trocken ist, die ersten Reben an und ermutigte gleichzeitig seine Nachbarn, es auch mit Reben zu versuchen. Sein ältester Sohn hat dann den Traum des Vaters verwirklicht und das erste große Weingut gebaut. Heute ist nach ihm ein Weindorf benannt: Seppeltsfield. Seine alte Winery – ein Prunkstück aus dem späten 19. Jahrhundert – ist noch heute das Herz eines modernen Weinguts, das längst weltberühmt ist, vor allem für seine süßen Likörweine, Tokayer und Muskats, oder gar den „100 Year Old Para Liqueur“ (220 Euro - 100 ml). Die Geschichte der Familie Seppelt mit ihrem Engagement für den australischen Weinbau – bis weit in die dritte Generation hinein - stellt eine einmalige Familiensaga dar.

Historische Winery der Familie Seppelt im Barossatal

Eine ähnlich lange Tradition hat auch die Langmeil Winery in Tanunda. Christian Auricht, ein Schmied, auch er aus Schlesien, wo die Familie als Lutheraner verfolgt wurde, kam 1838 nach South-Australia. Noch heute ist das Weingut im Besitz der Familie. Ihr Spitzenwein „Freedom“, ein Shiraz (ca. 70 Euro), wird aus den Trauben der wohl ältesten Reben (2 ha) des Landes gekeltert. Sie stammen aus dem Jahr 1843, denn Australien ist von der Reblaus verschont geblieben. „Freedom“ ist der beste Wein, den ich in Australien getrunken habe: er widerlegt all das, was man so leichtfertig über australische Weine sagt: körperreich, fruchtbetont, alkoholstark, breit, undifferenziert, saftig, würzig. Er ist zwar „typisch“, das heißt: er besitzt viele der genannten Eigenschaften, aber in einer feinen, harmonischen, strukturierten, eigenständigen Art.

Der wohl älteste Rebberg Australiens mit Shiraz-Reben aus dem Jahr 1843

Eigentlich ist er ganz anders – für mich sogar weit besser –, als die hochbezahlten Spitzenweine Australiens, die von ehemaligen Weinpionieren wie Grange, Penfolds, Peter Lehman lanciert wurden, und die den Ruf des australischen Weins heute weitgehend prägen. All diese beinahe oder ganzen Hundertpunkteweine habe ich nur in den gesicherten Schränken der besten Bottle-Shops und im Dutyfree-Laden internationaler Flughäfen angetroffen. Allenfalls noch auf den Wein-Karten der renommiertesten Restaurants. Das was bei uns auf Auktionen - zu guten Preisen - als australischer Wein angeboten wird, all die nummerierten „Bins“ (Bezeichnung für eine Einheit, für ein Fass), sind vor allem für den Export geschaffen worden. Sie stellen ein ganz kleines Segment des Weins aus Australien dar.

Australische „Luxusweine“ – unter Verschluss – in der Preiskategorie von 500 bis 1000 Euro

Natürlich verleitet das große, insgesamt aber dünn besiedelte Land zur Großproduktion, auch beim Wein. Jacob’s Creek mit einer Rebfläche von 300 Hektar, Penfolds mit über 100 und Peter Lehmann mit gut 60 sind Beispiele für eine Art von Rebbau und Weinherstellung, wie sie in Europa nicht überall möglich ist. Die Dimensionen in Australien sind einfach anders. Dies aber besagt noch wenig über die Qualität der Weine. All diese Weingüter, besonders Penfolds und Lehmann, machen Weine, die sich in der Qualität (und im Preis) durchaus mit der Spitze von Frankreich oder der Toskana messen lassen. Die Größe der Weingüter bestimmt weitgehend die Produktionsmethoden – Weingüter kamen mir oft wie Fabriken vor – und die Art der Vermarktung. Das Kleine, Individuelle, die Handschrift des Winzers, der Einfluss des Terroirs, sie versickern weitgehend in der Grossproduktion.

Chateau Dorrien in Tanunda gehört zum Imperium Seppelt-Familie% und das neuere Weingut Richmond Grove

Etwa 50 australische Weine habe ich auf der Reise durch Australien getrunken. Nicht nur degustiert, nein getrunken, meist zu ganz unterschiedlichem Essen. Ich habe notiert, festgehalten, versucht einzuordnen, einen Überblick zu gewinnen. Auch unter den einfachen Weinen habe ich recht viel Gutes angetroffen, eigentlich wenig „Schrott“, wie er in allen europäischen Weingebieten – mit der unglaublichen Verstückelung der Weingüter – so häufig anzutreffen ist. Drei Beispiele von guten und günstigen australischen Weinen: Jamiesons Run 2008 (Cabernet Sauvignon) aus der Region Limestone Coast zu 12 Euro,; Fox Creek 2008 Duet (Cabernet/Merlot) aus McLaren Vale, zu 16 Euro; Bourke Street 2008 (Shiraz) aus der Region Canberra zu 17 Euro.

Ich habe auch außerordentlich interessante Weine angetroffen, wie den Cape d’Estaing Shiraz 2006 von Kangaroo Island oder den Mount Pleasant Maurice O’Shea Shiraz 2007 aus dem Hunter Valley, wohl einer der besten Shiraz, die ich je getrunken habe.

Willkommen im Barossa Valley

Von den fünf australischen Weingebieten habe ich nur eines besucht, aber aus allen Regionen Weine getrunken. Dabei habe ich viel über australische Weine gelernt, einiges an Eigenarten (zum Beispiel die Wurzelechtheit) erkannt und eigentlich mehrheitlich gute bis sehr gute Weine im Glas gehabt. Doch verliebt in den australischen Wein bin ich nicht. Es bleibt (vorläufig) bei einer respektvollen Anerkennung.

Herzlich
Ihr/Euer

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