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Wer ins Tal der Loire fährt, möchte Châteaux sehen. Châteaux sind in diesem Fall richtige Schlösser, Prachtbauten vorwiegend aus der Zeit der Renaissance. Der Weinliebhaber hat sich aber längst an die Doppelbedeutung des Wortes Château gewöhnt, das nicht nur ein Schloss sein kann, sondern auch ein Weingut. Nirgendwo in Frankreich begegnen sich die beiden Châteaux so häufig wie an der Loire. Wobei die Châteaux, in denen Weine gemacht werden, weit weniger Menschen anlocken als die Königsschlösser von Blois, Amboise, Chaumont-sur-Loire, Chambord und wie sie alle heißen.

Chambord% das wohl schönste Schloss im Tal der Könige. (Foto: Züllig)

Das Weingebiet dehnt sich etwa 350 Kilometer entlang der Loire und ihren Nebenflüssen aus, fast von Orléans bis zum Atlantik. Und doch, selbst auf der „Route du Vin“ fühlt man sich nie in einem großen Weingebiet, wie zum Beispiel im Languedoc, im Burgund oder an der Rhône, wo sich Rebberg an Rebberg reiht. An der Loire muss man die Rebberge schon fast suchen, obwohl über 60.000 Hektar unter Reben stehen. Man begegnet riesigen Feldern mit Sonnenblumen oder Mais, großen Wald- und Weidegebieten, aber nur selten größeren Rebbergen. Das Loiretal hat ein mildes Klima und ist äußerst fruchtbar, auch für Reben. Das erkannten schon die Bretonen, die Loire-Weine nach England brachten, lange bevor sie sich auf Aquitanien (Bordeaux) konzentrierten. Auch für die Holländer war vom 12. bis zum 17. Jahrhundert der Weinhandel entlang der Loire von großer Bedeutung. Von diesem einstigen Ruhm und der damaligen Bedeutung ist nur noch wenig übrig geblieben. Die südlicher gelegenen Weingebiete von Bordeaux und jene nordöstlich von Paris, die Champagne, teilen sich heute die weit größere Aufmerksamkeit der Weinwelt.

Das Schloss Amboise% hoch über der Loire. (Foto:Züllig)

Hoch über der Loire thront in Amboise das Schloss, respektive das, was vom einstigen Prunkbau Karls VIII. übrig geblieben ist. In der großen Anlage, heute in der spätgotischen Kapelle, ist Leonardo da Vinci begraben. Im Schlossgarten erinnern Reben daran, dass es an der Loire noch viele Châteaux der anderen Art gibt, nämlich Weingüter, die hier mehrheitlich als „Domaine“ bezeichnet werden. Überall, ganz in der Nähe der Schlösser, sind auch Weinkeller, Caves, die auf die Weintradition an der Loire aufmerksam machen, die Touristen ermuntern, Loire-Weine zu entdecken und die eine oder andere Flasche mit nach Hause zu nehmen. Erst da realisiert man so richtig, wie vielfältig und auch unterschiedlich die Weinregion Loire ist. Chenin Blanc (Pineau de la Loire), die älteste Rebsorte der Region, findet man vor allem in Anjou, im westlicheren Teil der Loire. Eigentlich hätte ich bei den eigenständigen Weißweinen der Loire, vor allem beim Chenin Blanc, zugreifen müssen. Doch – man nehme mir es nicht übel – ich bevorzuge nun mal die Roten. Und da hat vor allem das zentrale Weingebiet um Chinon und Bourgueil einiges zu bieten.

Reben im Schlossgarten – eine Reminiszenz der Bedeutung des Weins für die Region. (Foto: Züllig)

Nämlich reinsortige Cabernet Franc-Weine. Da schlägt mein Herz schon höher. Breton, wie der Cabernet Franc hier auch genannt wird, ist der Stolz der qualitätsbewussten Weingüter an der Loire. Zu Recht, meine ich. Auch wenn ich – ob all der vielen Schlösser – nur zu wenig Cabernet Franc-Weinen gekommen bin und auch nicht die allerbesten aufspüren konnte, so habe ich doch einen Eindruck erhalten, was die Loire auch bei den Roten leisten kann. Wunderschöne Tropfen, mit blumigen Aromen, viel Eleganz, aber auch Kraft und fast leicht salzig-bitteren Terroir-Noten. Ich wähne mich weit weg vom Einheitsblend Merlot-Cabernet, ich glaube mit jedem Schluck auch eine Landschaft, Erde, Felsen, Kreide, Kies, Sandstein zu erahnen. Aromen, die ich auf Schritt und Tritt in der Natur wiederfinde, genau so gut in den gehauenen veredelten Steine, mit denen die Renaissance-Schlösser einst gebaut wurden. Ein letztes Stück höfisches Leben ist in den besten Weinen der Loire erhalten geblieben.

Die Loire teilt sich in fünf Weinregionen mit unterschiedlichem Charakter% insgesamt sind es 68 Appellationen. (Foto: Züllig)

Und noch etwas hat mich beeindruckt: Weinkeller unter den Schlössern und Burgen. Dort, wo einst die Steine aus dem Felsen geschlagen wurden, um die herrschaftlichen, eleganten oder trutzigen Châteaux zu errichten, sind große Höhlen entstanden, in denen jetzt Weine gelagert werden. In solchen Steinhöhlen – was typisch ist, vor allem in der Touraine – verbirgt sich so mancher romantische Weinkeller, in dem jetzt zur Degustation (und natürlich zum Kauf) geladen wird. Im Cave Plouzeau, direkt unter der Burgruine von Chinon, wo einst Jeanne d’Arc den Dauphin erkannt und angesprochen hat, habe ich drei Weine vom Château de la Bonnellière verkostet, vom einfachen Tropfen bis zum lagerfähigen Spitzenwein des Guts. Es war nicht nur die Atmosphäre, die mich da beeindruckt und ergriffen hat, es war auch die Konsequenz, mit der man die Rebsorte Cabernet Franc hier vinifiziert, was man aus dieser doch eher heiklen Sorte macht: eigenständige Weine, mit feiner Aromatik, dezenten Holz- und deutlichen Trüffelnoten.

Weinkeller im Felsen unter der Burgruine von Chinon. (Foto:Züllig)

Eigentlich begreife ich nicht, warum die Loire-Weine bei uns so wenig bekannt sind und kaum beachtet werden. In Frankreich genießen sie eine hohe Akzeptanz, in jedem Gourmet-Restaurant stehen sie ganz weit oben auf der Weinliste und sind sehr gefragt. Fragt man aber bei uns die Weinhändler, schütteln sie meist den Kopf: Loire-Weine, das sind Ladenhüter, nur schwer zu verkaufen. Und ich glaube, ich weiß jetzt, warum: Sie liegen weit außerhalb des vorherrschenden Weingeschmacks, sie sind anders, persönlicher, vielleicht sogar anspruchsvoller, genauso wie es auch die Rebsorte selber ist, nämlich diffizil.

Herzlich
Ihr/Euer

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