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Cabernet Sauvignon ist knapp 600 Jahre alt und gehört damit zu den jüngeren Rebsorten. Adriana Cartolano berichtet, warum er heute die meistangebaute Rotwein-Rebsorte der Welt ist und welchen Einfluss er auf den italienischen Weinbau hat.

Die oft bemühte Geschichte vom Wein, den schon die Römer tranken, muss bei Cabernet Sauvignon in der Schublade bleiben. Die Rebsorte ist mit ihrem Alter von höchstens 600 Jahren verhältnismäßig jung, hat Professorin Carole Meredith von der University of California bereits 1996 herausgefunden. Die auf Rebsortengenetik spezialisierte Wissenschaftlerin entdeckte, dass Cabernet Sauvignon aus der spontanen Kreuzung von Cabernet Franc und Sauvignon Blanc im Frankreich des 15. Jahrhunderts entstanden ist. Zur gleichen Zeit also, als die Menschen vom Spätmittelalter in die Renaissance übergingen.

Leonardo da Vinci wirkte damals in Florenz, Jeanne d'Arc kämpfte im Hundertjährigen Krieg im Widerstand, die Türken eroberten Konstantinopel, Johannes Gutenberg erfand den Buchdruck und Columbus entdeckte Amerika. In dieser Zeit liegt die Geburtsstunde des Cabernet Sauvignon.

 

Weinberge in Margaux: Einige der berühmtesten Weine der Welt werden aus Cabernet Sauvignon produziert.

123rf.com

Durchbruch dank Reblaus

Heute sind in Frankreich laut der Internationalen Organisation für Rebe und Wein (OIV) von 792.000 Hektar Gesamtrebfläche rund 48.000 Hektar Rebfläche mit Cabernet Sauvignon bestockt, hauptsächlich in Bordeaux. Die berühmtesten Weine der Welt, wie die Premier Cru Classés von Lafite-Rothschild, Latour und Margaux, haben als gemeinsamen Nenner den Cabernet Sauvignon als Hauptrebsorte.

Ausgerechnet der Reblaus verdankt der Cabernet Sauvignon seinen endgültigen Durchbruch. Mitte des 19. Jahrhunderts machte der aus Nordamerika per Handelsschiff eingeschleppte Schädling große Teile der europäischen Weinberge zunichte. Nachdem das Aufpropfen, also das Aufsetzen europäischer Reben auf amerikanische und gegen die Reblaus resistente Wurzelstöcke, als Lösung aller Probleme entdeckt wurde, war der Grundstein für den Erfolg von Cabernet Sauvignon gelegt. Die Rebsorte wurde in Frankreich in großem Stil eingesetzt, um die zerstörten Rebflächen wieder aufzubauen.

Auch in Italien benutzte man Cabernet Sauvignon hauptsächlich im Norden des Landes zur Wiederbelebung der ruinierten Weinberge. Es dauerte trotzdem noch einmal hundert Jahre, also bis in die 1970er-Jahre, bis Cabernet Sauvignon seine Berufung in der Toskana fand: Die Stunde der Supertuscans hatte geschlagen.

Derzeit sind laut der Internationalen Organisation für Rebe und Wein (OIV) in Italien 14.000 Hektar mit Cabernet Sauvignon bepflanzt. Eine verhältnismäßig kleine Fläche, gemessen an den insgesamt 720.000 Hektar Rebfläche des Landes. Auch Spanien, das mit 945.000 Hektar Rebfläche größte Weinbauland der Welt, wartet mit lediglich 20.000 Hektar Cabernet Sauvignon auf. Das sind erstaunliche Relationen, wenn man bedenkt, dass Cabernet Sauvignon weltweit die meistangebaute Rotweinrebsorte darstellt. Rund um den Globus verteilt sich die gesamte Rebfläche mit 134.391 Hektar (43 %) auf Europa und mit 176.280 Hektar (57 %) auf die Neue Welt. Dort weisen die USA (hauptsächlich Kalifornien), Chile und Australien die höchsten Zahlen vor: die USA 41.000 Hektar, Chile 43.000 Hektar und Australien 24.000 Hektar.

 

Cabernet-Sauvignon-Trauben sind widerstandsfähig gegen Botrytis und Trockenstress.

Raffaella Usai

Aromatische Komplexität und Reifepotenzial

Die Attraktivität des Cabernet Sauvignon beruht auf vielen Eigenschaften: Darunter die Widerstandsfähigkeit gegen Botrytis und Trockenstress sowie die Tatsache, dass die Rebsorte in Cuvées für intensive Farbe und griffige Gerbstoffe sorgt. Zudem entwickeln sich die Beeren eher spät, sodass Ernteverluste durch Spätfröste, wie sie im Frühjahr vorkommen können, gering ausfallen. Die Verbindung aus präsenten Tanninen, charakteristischen Aromen nach Schwarzen Johannisbeeren, Waldbeeren und grünem Paprika, den Nuancen, die durch den typischerweise durchgeführten Ausbau im Holzfass hinzukommen sowie die Fähigkeit des Cabernet Sauvignon, das jeweilige Terroir widerzuspiegeln, führen zu aromatischer Komplexität und Mehrdimensionalität. Gepaart mit einem extrem hohen Reifepotenzial, greifen Weinfreunde auf der ganzen Welt tief in die Tasche, wenn es um Cabernet Sauvignon geht.

Das Ziel, große Weine von Weltruf und entsprechendem Preis zu erzeugen, hat China vor Augen. Laut OIV sind dort 60.000 Hektar (Stand 2017) mit der Rebsorte bestockt. Damit ist China weltweit Tabellenerster im Anbau von Cabernet Sauvignon, noch vor dem Mutterland Frankreich. Nicht nur weltweit liegen die Chinesen mit dem Anbau von Cabernet Sauvignon in Führung: Im Land selbst hängt die Rebsorte alle anderen Keltertrauben ab. Mit großem Abstand folgt Carménère mit 8.000 Hektar Anbaufläche auf Platz zwei.

Noch sind die Qualitäten tendenziell ungeschliffen und lassen die Finesse aus Napa Valley, die Strahlkraft aus Bordeaux oder die Persönlichkeit aus Bolgheri vermissen. Noch ist offen, ob China ein zweites Judgement of Paris verbuchen kann, als 1976 ein kalifornischer Cabernet Sauvignon bei der Blindverkostung in Paris die französischen Bordeaux-Blends schlug, der Sieger Stag's Leap in aller Munde war und in der Weinwelt deswegen manch einer vom Glauben abfiel.

 

In Bolgheri spielt Cabernet Sauvignon die Hauptrolle.

Raffaella Usai

Toskana: ein hervorragendes Habitat

In Italien ist Cabernet Sauvignon seinen eigenen Weg gegangen und hat in der Toskana das passende Terroir gefunden. Aus den Einzellagen Tignanello und Solaia, die im Gebiet des Chianti Classico liegen, hat das Weingut Marchesi Antinori in den frühen 1970er-Jahren als Vorreiter seiner Zunft Weine auf der Grundlage von Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc und Sangiovese geschaffen, die als Supertuscans Weltgeschichte schrieben. Der Sparring Partner des Weinguts war damals der Önologe Giacomo Tachis.

In Zusammenarbeit mit der Tenuta San Guido kreierte Tachis zudem den Sassicaia. Ein Wein, der neben mindestens 80 Prozent Cabernet Sauvignon auch Cabernet Franc enthält und für den mit der Bolgheri Sassicaia DOC 1994 eine eigene Appellation geschaffen wurde. Ein weiterer Umstand trägt zur Besonderheit des Sassicaia bei: Alle Weinberge, die zur DOC gehören, befinden sich im Besitz der Tenuta San Guido. Damit hat das Weingut ein Monopol auf diese Herkunftsbezeichnung.

In Cortina d'Ampezzo wurde im Juli dieses Jahres italienischen Cabernet Sauvignons ganz unterschiedlicher Herkünfte Tribut gezollt. Im Rahmen der Verkostungs- und Vortragsveranstaltung VinoVip 2024 zeigte die Verkostung „Cabernet vs Cabernet“ die vielfältigen Ausdrucksmöglichkeiten des Cabernet Sauvignon auf italienischem Terroir. Immerhin findet sich die Sorte in den oft strengen Regularien von insgesamt 162 italienischen DOCG, DOC und IGT wieder. Für Weinfreunde stehen die Chancen daher gut, von Nord- bis Süditalien einen Cabernet Sauvignon mit Qualitätssiegel zu finden. Neben den für ihre Supertuscans renommierten Herkünften Toscana IGT, Bolgheri DOC und Bolgheri Sassicaia DOC, präsentierten prestigeträchtige Weingüter von Südtirol bis Sizilien die neueren Jahrgänge ihrer Cabernet-Sauvignon-basierten Weine.

In Italien setzen trotz der kleinen Rebfläche namhafte Weingüter bei ihren anspruchsvoll produzierten Weinen weiterhin auf Cabernet Sauvignon. Die Rebfläche bleibt nach einer beachtlichen Vergrößerung, die vor über 20 Jahren in Angriff genommen wurde, seit vielen Jahren gleich groß: Waren laut dem italienischen Amt für Statistik Istat im Jahr 2000 noch rund 8.000 Hektar in Italien mit der Rebsorte bestockt, waren es 2010 bereits 13.700 Hektar. Bis heute hat sich diese Fläche fast nicht verändert und es bestehen auch keine Bestrebungen, sie in naher Zukunft zu erweitern. Italien scheint mit der Kombination aus kleiner Anbaufläche und oft großen Qualitäten seinen Weg gefunden zu haben.

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