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Sie haben es nicht geschafft bei der Fußball-Weltmeisterschaft, nur Vizeweltmeister, nur Silber. Was ist das schon, wo doch ausschließlich Gold zählt? Argentinien todtraurig, Deutschland himmelhochjauchzend. So ist der Sport. Für mich – als mäßiger bis rarer Sportkonsument – hat die Welt der Sportemotionen eine andere Ebene, eine vorherrschende Ebene. Weil ich zu jedem Spiel ein gutes Glas Wein trinke – sonst schlafe ich in der Regel ein – versuche ich, passende Weine aufzutreiben, meist etwas aus dem Land der im Augenblick agierenden Spieler. Das war einst noch einfach: Frankreich, Italien, Spanien, Portugal... Bei dieser Weltmeisterschaft sind sie aber schon früh ausgestiegen. So blieben mir für das Finale nur der Riesling und argentinische Weine.

Fußball und Wein (Foto: P. Züllig)
Als bekennender Rotweintrinker (und in Anbetracht der Kompetenz der deutschen Riesling-Liebhaber) bleibt mir also nur Argentinien. Und da erinnere ich mich an einen Malbec, der Spuren hinterlassen hat. Nein, nicht Foulspuren wie bei den Spielern, Erinnerungsspuren. Hierzulande kennt man eher den chilenischen Weinbau und die chilenischen Weine. Doch Chile scheiterte schon im Achtelfinal gegen Brasilien. „Samba am Gaumen“, hat der Falstaff kommentiert. Brasilien beginnt sich mit drei Millionen Hektoliter als Weinnation zu etablieren. Allerdings weit hinter Argentinien (15 Millionen Hektoliter) und Chile (8,5 Millionen Hektoliter). Nach dem Achtelfinale habe ich mich bereits aufgemacht, irgendwo in der Schweiz einen brasilianischen Wein aufzutreiben. Ich dachte an den Samba im Gaumen beim Finalspiel. Doch es kam alles ganz anders: Argentinien gegen Deutschland.

Rund 200.000 Hektar soll die Rebfläche betragen, auf der jährlich knapp 15 Millionen Hektoliter Wein produziert werden. Natürlich Messweine, dachte ich, denn die Spanier haben den Wein nach Südamerika gebracht, zuerst einmal, um tüchtig die Messe feiern zu können (auch nach der Messe, dazu brauchte es vor allem Wein für die Massen). Doch das war einmal: Heute gibt es in Argentinien durchaus eine Weinkultur, jenseits der Mess- und Massenweine. Ich erinnere mich an einen Besuch von Laura Cantena – der Winzerin von der Bodega Catena Zapata – in Zürich. Vor allem aber erinnere ich mich an ihre Weine, speziell an den Malbec.

Bodega Cantena Zapata (Foto: P. Züllig)

Es ist gut, dass ich diesen Wein, vor allem den „Cantena Alta“ aus Reben, die auf einer Höhe zwischen 900 und 1.500 Metern wachsen, hier – mitten in der Languedoc – nicht auftreiben konnte. Ich vermute, das WM-Finale hätte viel, viel länger gedauert für mich; vielleicht wäre es noch immer nicht zu Ende. Nur eines wäre sicher: Für mich hätte es wohl einen andern Sieger gegeben – den Malbec aus Argentinien.
Wenn ich so darüber nachdenke – leider ohne den entsprechenden Wein im Glas –, haben Weine, die bis vor Kurzem noch als Experimente beschrieben wurden, nämlich Weine aus Höhenlagen, unglaublich an Prestige gewonnen. Zuerst war es der Heida-Wein (Païen alias Traminer), vom „höchsten Rebberg Europas“ im Wallis. Dann meine patriotische Enttäuschung, dass es in den Pyrenäen einen noch höher gelegenen Weinberg in der höchsten Qualitätsstufe geben soll. Kürzlich besuchte ich dann – auch auf gut 1.000 Metern über dem Meeresspiegel – das Weingut Cederberg in Südafrika mit seinen hervorragenden Weinen. Und jetzt, in der Erinnerung, ein Malbec, aus Mendoza, von den argentinischen Bergen (bis 1.500 Meter Meereshöhe). Bei all diesen so unterschiedlichen Weinen (Heida ist ein Weißer) dominieren Kraft, Konzentration, Eleganz und Tiefe, und sie alle haben einen wundervollen Abgang.

Cederberg% Südafrika: Reben auf mehr als 1.000 Metern Höhe (Foto: P. Züllig)

Für mich kam „die Wende“ der argentinischen Weinkultur schon vor Jahren, rein zufällig. Eine gute Bekannte bereiste Argentinien und landete auf einem Weingut und bei argentinischen Weinen, die ihr mächtig Eindruck gemacht haben. Jedenfalls begann sie, vom „argentinischen Wunder“ zu sprechen, und möchte mich – den Weinliebhaber – immer wieder nach Argentinien locken. Bis zu diesem Zeitpunkt und bis ich die Weine der Bodega Catena Zapata kennen gelernt hatte, waren die Argentinier (die Weine natürlich) eher mit den früheren Algeriern vergleichbar: einfach, leicht, hell und aromenarm, bestenfalls Tischweine, für den lokalen Bedarf und für Europa ohne Bedeutung (höchstens als Billigweine für den Verschnitt).

Puro-Weine von Dieter Meier aus Argentinien (Foto: P. Züllig)

Nicht ganz zufällig assoziiert jeder weininteressierte Schweizer mit Argentinien auch den Namen Dieter Meier, den Schweizer Konzeptkünstler, Musiker (“Yello”), Filmer, Geschäftsmann und Hansdampf in allen Gassen. Er ließ schon vor Jahren in Mendoza auf einer riesigen Biofarm Reben anbauen und daraus die drei Bioweine der Linie „Puro“ produzieren: einen reinen Malbec und zwei Assemblagen, eine aus Malbec, Cabernet Sauvignon und Merlot („Corte“), die andere aus Malbec, Cabernet Franc und Cabernet Sauvignon („Corte d’Oro“). Preis: 17 bis 30 Franken. Freilich erschöpft sich der argentinische Weinbau nicht mit diesen paar wenigen Weinen, aber ihre Verbreitung in Europa ist noch klein. Ich gebe zu, ohne diese Weltmeisterschaft und meinen etwas abseitigen Ansatz, die „richtigen“ Weine zu den Spielen zu trinken, hat mich diesmal (fast weltmeisterlich) nach Südamerika gebracht. Mit Deutschland – man sagt: dem verdienten Sieger – hätte ich es mir einfacher machen können. Ein deutscher Riesling wäre hier – an der Mittelmeerküste – wohl besser aufzutreiben gewesen. Doch mit Argentinien – oder gar (wie erwartet) Brasilien – hat man mich vor fast unlösbare Probleme gestellt. Bei der nächsten Weltmeisterschaft – sollten es einmal andere Nationen sein, etwa Äthiopien, Mosambik oder gar Osttimor – müsste ich bei meiner weltmeisterlichen Weintradition endgültig passen. Schade, denn kaum je habe ich beim Sport so viel gelernt über wenig bekannte Weine wie bei dieser Runde. Argentinien sei Dank, auch wenn es nur Silber ist.

Herzlich
Ihr/Euer

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