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Weinviertel DACfruchtig, pfeffrig, frisch. Mit diesem unkomplizierten Geschmacksbild schrieb Grüner Veltliner aus dem Weinviertel seine Erfolgsgeschichte. Die Weinviertler Winzer haben aber auch und gerade abseits der DAC spannende Weine auf Lager, denn Rebsorten, Weinstile, Geologie und Böden sind vielfältig.

Das Weinviertel im Nordosten Österreichs dümpelte lange Jahre vor sich hin. Das Gebiet, stets im Schatten von Kamptal, Kremstal oder Wachau, nahm sich reichlich Zeit, um Anschluss an das „österreichische Weinwunder“ zu knüpfen. Der allmähliche Aufschwung begann erst vor 15 Jahren mit der Einführung des ersten österreichischen Herkunftsweines – Weinviertel DAC – und einer passenden Marketingstrategie. Das damit verbundene Qualitätsstreben und eine klar formulierte Botschaft für die Konsumenten konnten das Image des Weinviertels seither merklich verbessern.

Grüner Veltliner ist heute nicht nur ganz allgemein das Aushängeschild des österreichischen Weines, sondern ganz besonders jenes des Weinviertels. „Fruchtig, pfeffrig, frisch“ trifft gut den recht einheitlichen und wiedererkennbaren Stil, den viele Konsumenten am Weinviertler Alltags-Veltliner schätzen. Keine andere Rebsorte als Grüner Veltliner darf heute die Herkunft „Weinviertel“ am Etikett tragen. Weiße und rote Qualitätsweine müssen sich mit der Ursprungsangabe „Niederösterreich“ begnügen.

Im Wandel

Die Produktion an Weinviertel-DAC-Weinen nimmt stetig zu; im Jahrgang 2016 betrug sie fünf Millionen Flaschen. Doch längst nicht alle entsprechen dem gängigen, frisch-knackigen Bild der DAC. Seit 2009 können daher kräftige, länger (teilweise im Holz) gereifte Veltliner mit der Herkunftsbezeichnung „Weinviertel DAC Reserve“ ausgestattet werden. Zuletzt stieg die Anzahl der kraftvollen Reserven, mest als das Spitzenprodukt eines Weinguts gedacht, besonders stark. Denn neu ab dem Jahrgang 2015 ist, dass sich Weine ausschließlich über eine Expertenverkostung zu einer Weinviertler Reserve qualifizieren und eine zuvor notwendige Weinguts-Zertifizierung wegfällt.

Dynamisch entwickelt sich auch das Geschehen abseits von Weinviertel DAC. Jede Menge tolle Grüne Veltliner kommen heute außerhalb der DAC auf den Markt, und auch an den anderen Rebsorten ging der Qualitätsgedanke nicht spurlos vorüber.

Das Weinviertel spiegelt den generellen Strukturwandel im österreichischen Weinbau deutlich wider. Die Anzahl der Betriebe nimmt ab, da viele Klein- und Nebenerwerbswinzer den Weinbau aufgeben. Große Weingüter hingegen werden größer und professioneller. Anschauliches Beispiel: Das renommierte Weingut R&A Pfaffl im südlichen Weinviertel galt im Jahr 2000 mit 30 Hektar Rebfläche bereits als einer der größeren Betriebe – heute nennt es 110 Hektar sein Eigen.

Drei Viertel Weiß

Mit 13.900 Hektar Reben umfasst das Weinviertel fast ein Drittel der österreichischen Weinbaufläche. Rund 6.700 Hektar Grüner Veltliner nehmen knapp die Hälfte davon ein. Was passiert in der anderen Hälfte? Bei den weißen Rebsorten liegt – laut Weingartengrunderhebung der Statistik Austria 2015 – der Welschriesling mit über 1.000 Hektar Fläche auf Platz 2. Er hat seinen Schwerpunkt im nordöstlichen Teil des Weinviertels, wo die (manchmal zu unrecht) gering geschätzte Sorte in erster Linie bei der Erzeugung von Sektgrundweinen zum Einsatz kommt.

Auf weiteren Plätzen folgen Riesling (560 ha) mit leicht steigender Tendenz, dann der kontinuierlich an Fläche verlierende Müller-Thurgau (545 ha), Weißburgunder (440 ha) mit leichtem Flächenrückgang sowie Chardonnay (270 ha). Die Modesorten Gelber Muskateller und Sauvignon blanc liegen auch im Weinviertel im Trend, und die Winzer pflanzen sie gerne aus – mit 170 bzw. 120 Hektar ist ihr Anteil allerdings noch überschaubar. Sortenraritäten wie Roter Veltliner sowie Traminer und Grauburgunder bereichern das Sortiment.

Zwei Achtel Rot

In den 1990er Jahren boomte Rotwein in ganz Österreich und sorgte selbst im Weinviertel für beträchtliche Auspflanzungen roter Rebsorten; vor allem Zweigelt kam in Mode. Das Blatt wendete sich indes nach einigen Jahren und die „Rotweinschwemme“ war abgewendet, als sich die Winzer auf ihre Paradesorte Grüner Veltliner besannen.

Trotzdem besetzt Rotwein heute fast ein Viertel der Weinviertler Rebfläche. Bekannte „Rotweinseln“ sind das Pulkautal und die Gegend um Retz im Nordwesten des Weinviertels. Einzelne Standorte im Norden oder Süden haben sich nicht nur mit Zweigelt, sondern besonders mit Pinot noir oder St. Laurent einen Namen gemacht. Mit 64 bzw. 85 Hektar blieb die Fläche dieser Sorten aber gering – im Vergleich zum Spitzenreiter Zweigelt mit 1.600 Hektar, der auch im Weinviertel in aler Regel fruchtbetonte, zugängliche Rotweine mit geschmeidigen Tanninen hervorbringt. Auf den Plätzen 2 und 3 im Flächen-Ranking folgen Blauer Portugieser und Blauburger – beide Sorten haben in den vergangenen Jahren stark an Fläche eingebüßt. Kleinere Anteile besitzen Merlot (105 ha) und Cabernet Sauvignon (73 ha). Die Herstellung von Rosé nimmt zu, sowohl als Stillwein als auch als Schaum- oder Perlwein.

Einheitliches Terroir?

 

Die sanften Hügel des Weinviertels erstrecken sich nördlich der Donau bis zur österreichisch-tschechischen Grenze im Norden, zur slowakischen Grenze im Osten und zum Manhartsberg an der Grenze zum Waldviertel im Westen. Das Klima ist keineswegs homogen. Zwar dominiert ein gemäßigtes Kontinentalklima, im Süden und Südosten strömen aber häufig sehr warme Luftmassen aus der pannonischen Tiefebene ein, welche die Trauben früher reifen lassen.

Die grobe Einteilung in die drei Zonen „Veltliner-Land“ im Nordosten, „Weinviertel West“ und „Weinviertel Süd“ deutet ebenfalls an, dass das Terroir des Weinviertels nicht so einheitlich ist, wie es mitunter nach außen wirkt.

Werfen wir einen Blick in die Tiefe. Üblicherweise bringt man berühmte Weinbaugebiete mit typischen Böden und Gesteinen in Verbindung: Schiefer an der Mosel, Kalk in der Champagne, Kristallin in der Wachau … Was aber prägt das Weinviertel? Der Löss. Fruchtbare Lössböden dominieren an zahlreichen Standorten im Osten, Westen, Süden und Norden, aber genauso zahlreich sind die kleinräumigen Terroir-Unterschiede.

Grundbegriffe

„Terroir“ entsteht aus dem Zusammenspiel von Boden, kleinklimatischen Einflüssen und der Handschrift des Winzers. Terroir sorgt für die feinen Unterschiede in Weinen und macht das Thema erst richtig spannend.

„Boden“ nennt man den belebten Teil der Erdkruste. Er entsteht durch die Verwitterung des Gesteins im Untergrund. Für die Bodenbildung sind neben dem geologischen Ausgangsgestein auch Klima, Relief, Wasser und Bodenlebewesen relevant. Der Boden versorgt den Rebstock mit Sauerstoff, Wasser und Nährstoffen. Das Ausgangsgestein beeinflusst den Wasserhaushalt und den natürlichen Nährstoffgehalt des Bodens – deshalb hat die Geologie immer ein Wörtchen mitzureden.

Leitgestein Löss

Die Prozesse zur Bildung der heutigen Weinviertler Böden begannen nach der letzten Eiszeit vor ca. 10.000 Jahren. Lössböden sind im Weinviertel weit verbreitet und als charakteristisch erkennt man zum Beispiel die mächtigen, gelben Löss-Wände entlang von Hohlwegen und Kellergassen. Löss ist ein äolisches Sediment – es wurde vom Wind verfrachtet. Während der Eiszeiten wurde es von den Flussterrassen im Alpenvorland ausgeblasen und in den Niederungen wieder abgelagert. Löss ist die Grundlage für fruchtbare Böden, auf denen sich viele Rebsorten - und ganz besonders Grüner Veltliner, wohl fühlen - da das Wasserspeicherungsvermögen gut und das Nährstoffangebot ausgewogen ist. Neben Löss gibt es auch Ablagerungen von Flüssen – Kiese und Sande, die wie der Löss aus den Eiszeiten stammen. Von der Urdonau abgelagerte Kiese und Schotter können teilweise zu Konglomerat verfestigt sein.

Das Weinviertel lässt sich geologisch in fünf Zonen unterteilen:

1. Granit der Böhmischen Masse ganz im Westen

Am westlichsten Rand des Weinviertels befinden sich Ausläufer der erdgeschichtlich sehr alten Böhmischen Masse mit kristallinen Gesteinen. Die in der Weinszene für Kristallin häufig verwendete Bezeichnung „Urgestein“ ist ein geologisch nicht korrekter Sammelbegriff für kristalline Gesteine wie Granite, Gneise und Schiefer. Ins westliche Weinviertel ragen vereinzelt isolierte Granitkuppen als inselförmige Ausläufer. Verwitterte Granite bilden im Bereich der Stadt Retz und südlich davon immer wieder den geologischen Untergrund. Rund um den bekannten Weinort Röschitz findet man sowohl tiefgründigen Löss (z.B. Ried Galgenberg) als auch Kristallin (z.B. Ried Reipersberg und Ried Steinleiten), wo dann oft Riesling anzutreffen ist.

2. Molassezone mit und ohne Kalk

Der Großteil des westlichen Weinviertels ist aber Teil der Molassezone, wo lockere Sedimentgesteine wie Tone, Sande, Kiese und stellenweise auch Kalke überwiegen. Diese Ablagerungen des Molassemeeres bestehen aus Wechselfolgen sandiger und schluffiger Schichten, wie man sie vor allem im Pulkautal, im Gebiet rund um Mailberg und Schöngrabern findet. Der Mailberger Buchberg ist aus dem weißen, horizontal geschichteten Leithakalk aufgebaut. Im Retzer Land ist auch der kalkfreie „Schlier“ zu finden, schluffig-tonige Meeresablagerungen mit dünnen Sandlagen.

3. Waschbergzone als schmales Band

Die durch die Mitte des Weinviertels verlaufende Waschbergzone wird auch als „Klippenzone“ bezeichnet und trennt das westliche vom östlichen Weinviertel. Als schmales Band zieht sie sich vom namensgebenden Waschberg bei Stockerau im Süden über die Leiser Berge, Staatz und Falkenstein nach Norden. Es gibt hier einige Kristallinblöcke, aber besonders fällt der hellweiße, harte und splittrig brechende Ernstbrunner Kalk auf, welcher die Staatzer Klippe und die Falkensteiner Berge aufbaut.

4. Einsprengsel von Flysch im Süden

Zur Flyschzone gehören die östlichsten Ausläufer der Alpen, welche im südlichen Weinviertel das Korneuburger Becken umrahmen. Der rutschanfällige Flysch entstand durch Tiefseeablagerungen und besteht aus Wechselfolgen von weichen und harten Schichten, die zu Tonmergel und Sandstein verfestigt wurden. Solche findet man zum Beispiel an den steilen Hängen des Bisamberges bei Langenzersdorf nördlich von Wien.

5. Wiener Becken im Osten

Das gesamte östliche Hügelland des Weinviertels wird dem Wiener Becken (inkl. Korneuburger Becken) zugerechnet, welches mit Sedimenten – Kies, Sand und Ton – gefüllt ist. Als eigenständiger Ablagerungsraum verschiedener Gesteine befindet es sich am Übergang der Alpen zu den Karpaten. Löss und Lehm sind weit verbreitet, aber auch im Wiener Becken gibt es mitunter Kalkstein, zum Beispiel am Steinberg bei Zistersdorf, wo sich entlang eines Bruches der Untergrund absenkte.

Im Weinviertler Untergrund herrscht also Vielfalt: Löss und Lehm, Kristallin, Flysch, Schotter und Kalk. Im Zusammenspiel mit unterschiedlichen Rebsorten und den persönlichen Handschriften der Winzer entsteht viel Spannendes. Zu den heutigen Spitzenbetrieben im Weinviertel gehören auch solche, die konsequent eigene Wege gehen. Manche führen ihr Weingut nach biologischen oder biodynamischen Richtlinien und probieren neue Weinstile aus. Sie verzichten auf primäre Fruchtaromen durch kalte Vergärung und setzen viel lieber auf Tiefgang und Struktur, arbeiten teilweise mit Maischegärung, Ausbau in Amphoren oder sogar im Granitfass, mit geringem Schwefelzusatz und generell möglichst wenigen Eingriffen im Keller. So wird Terroir schmeckbar – zum Beispiel bei Herbert Zillinger in Ebenthal, Johannes Zillinger in Velm-Götzendorf, Ingrid Groiss in Breitenwaida oder Martin Obenaus in Glaubendorf.

Zum aktuellen BEST OF Weinviertel mit Links zu mehr als 200 frisch probierten Weinen geht es hier.

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