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Es wird mal wieder abgemahnt – diesmal ist der Deutsche Konsumentenbund e.V. gemeint –, und es geht vorliegend um die Verwendung des Adjektivs „bekömmlich“ als Werbung für einen säurearmen Wein.

Der Deutsche Konsumentenbund beruft sich dabei auf eine aktuelle Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom 14. Februar 2013 (Az. 3 C 23.12): „Die Etikettierung und Bewerbung eines Weins als ‚bekömmlich’ in Verbindung mit dem Hinweis auf eine ‚sanfte Säure’ ist wegen Verstoßes gegen europäisches Recht unzulässig.“

Die Rechtsgrundlage

Online-Händler von Lebensmitteln können sich gegen Abmahnungen schützen, doch zunächst ein paar Worte zu den rechtlichen Hintergründen und Faktoren, die die Gerichte zur Grundlage ihrer Entscheidung machen.

Unter „Lebensmittelrecht“ ist die Vielzahl von nationalen und europäischen Vorschriften zu verstehen, die Bestimmungen für die einzelnen Lebensmittel und den Umgang mit ihnen festlegen. Das Lebensmittelrecht ist stark europäisch geprägt. Mit der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 gibt es seit dem Jahr 2002 eine europaweit geltende Basisregelung für das Lebensmittelrecht.

Die Health-Claims-Verordnung

Seit Januar 2007 muss sich die Werbung für Lebensmittel auch an den Vorgaben der Verordnung (EG) 1924/2006, der sogenannten Health-Claims-Verordnung (HCV) messen lassen, die spezielle Anforderungen an die Verwendung von nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben für Lebensmittel stellt. Die Verordnung hat zur Folge, dass Lebensmittel künftig nur noch dann mit nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben beworben werden dürfen, wenn diese den Kriterien der Verordnung entsprechen.

Eine nährwertbezogene Angabe ist jede Angabe, mit der erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Lebensmittel besondere positive Nährwerteigenschaften besitzt – und zwar aufgrund der Energie, die es liefert, in vermindertem oder erhöhtem Maße liefert oder nicht liefert, und/oder der Nährstoffe oder anderer Substanzen, die es enthält, in verminderter oder erhöhter Menge enthält oder nicht enthält (Art. 2 Abs. 2 Nr. 4 der Verordnung).

Nährwertbezogene Angaben dürfen seit dem 1. Januar 2010 nur noch dann verwendet werden, wenn sie ausdrücklich im Anhang der Verordnung aufgeführt worden sind und die dort für die betreffende Angabe festgelegten Anforderungen eingehalten werden.

Unter einer gesundheitsbezogenen Angabe ist jede Angabe zu verstehen, mit der erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Zusammenhang zwischen einer Lebensmittelkategorie, einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile einerseits und der Gesundheit andererseits besteht (Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 der Verordnung).

Bei den gesundheitsbezogenen Aussagen unterscheidet die Verordnung mehrere Kategorien. So dürfen Angaben über die Reduzierung eines Krankheitsrisikos sowie Angaben, die sich auf die Entwicklung und Gesundheit von Kindern beziehen, erst dann verwendet werden, wenn sie zugelassen worden sind. Andere gesundheitsbezoge Angaben sollen in einer Positiv-Liste aufgenommen werden. Bislang wurden 222 Claims zugelassen.

 

Wein darf nicht mit gesundheitsbezogenen Angaben vermarktet werden.

„Bekömmlich“ ist eine unzulässige gesundheitsbezogene Angabe

Die Definition der gesundheitsbezogenen Angabe ist denkbar weit, was sich auch in Gerichtsentscheidungen widerspiegelt. So hatte das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 19. August 2009 (Az. 8 A 10579/09.OVG), entschieden, dass die Bezeichnung eines Weins als „bekömmlich“ eine unzulässige gesundheitsbezogene Angabe darstellt. Bei alkoholischen Getränken ab einem Alkoholvolumen von mehr als 1,2 Prozent sind gesundheitsbezogene Angaben nach Art. 4 Abs. 3 der Verordnung generell verboten. Nachdem der Rechtsstreit in nächster Instanz beim Bundesverwaltungsgericht anhängig gemacht wurde, hat dieses mit Beschluss vom 23. September 2010 (Az. 3 C 36.09) den Europäischen Gerichtshof um Klärung der Frage gebeten, wie dieser den Begriff der gesundheitsbezogenen Angabe bei Lebensmitteln definiert.

Auch der Bundesgerichtshof hatte mit Beschluss vom 13. Januar 2011 (Az. I ZR 22/09) dem Europäischen Gerichtshof die Frage nach dem Begriff der gesundheitsbezogenen Angaben bei Lebensmitteln zur Klärung vorgelegt. Auch in diesem Verfahren ging es um die Bewerbung von alkoholischen Getränken, hier einem Kräuterlikör mit 27 Volumenprozent Alkohol mit den Aussagen „wohltuend und bekömmlich“.

Auf der Basis der Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs hat das BVerwG nunmehr entschieden, dass – wie eingangs bereits erläutert– der Begriff „bekömmlich“ im genannten Zusammenhang unzulässig ist.

Fazit

„Der Trollinger ist ein leichter, sehr bekömmlicher Wein, von dem auch mehrere Viertele getrunken werden können...“ Solche und ähnliche Aussagen kennt der Weinkenner – und auch die meisten Weinhändler haben diese Begriffe schon oft verwandt, um ihre, z.B. säurearmen, Weine zu bewerben.

Die Ergebnisquote bei der Google-Suche ergibt immerhin eine Anzahl von 176.000 Treffern.

Inhabern von Online-Shops, die Lebensmittel und somit auch Wein vertreiben, ist dringend empfohlen, ihre Shop-Seiten nach den Begriffen „bekömmlich“ oder „bekömmlicher Wein“ zu scannen und diese Formulierungen durch andere zu ersetzen oder einfach zu löschen.

Händler, die bereits eine Abmahnung erhalten haben und binnen kurzer Frist eine vertragsstrafenbewehrte Unterlassungserklärung abgeben sollen, sollten diese vorformulierte Unterlassungserklärung keinesfalls einfach ungeprüft zu unterschreiben, sondern umgehend rechtliche Beratung in Anspruch nehmen.

Weitere Informationen zur Rechtsberatung von RA Hans-Peter Kröger für Wein-Plus-Mitglieder

RA Kröger bietet Business Premium-Mitgliedern von wein.plus nach Erhalt einer Abmahnung eine kostenfreie Erstberatung an: Zur Erstberatung

 

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