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Große Verlagshäuser tun sich schwer mit kleinen Weinbaugebieten. Kauft doch keiner, maulen die Programmleiter, sobald man ihnen mit abseitigen Themen auf den Leib rückt. Dann lieber und sicherheitshalber ein Werk über die großen Schlösser des Bordelais, die großen Lagen der Bourgogne oder die großen Cabernets der Toskana. Davon gibt es zwar schon so viele, dass kein Bibliothekar mehr den Durchblick hat, aber falsch machen kann man damit nichts.

Mit einem Büchlein über die besten Weine des Drei-Seen-Gebietes hätte man eine Menge falsch machen können, wenn man es aus der Ferne geschrieben oder publiziert hätte. Die Berichterstattung über ein Weinbaugebiet wie dieses, das selbst in der Schweiz nicht jedem geläufig ist, funktioniert nur unter bestimmten Voraussetzungen. Eine heißt: vor Ort sein. Yves Beck ist es, hat sich durchgekostet durch die Chasselas aus Twann, die Pinot gris und Oeil de Perdrix aus Neuenburg, die Pinot noir und Traminer aus Vully. Er beschreibt Winzer, von den ich noch nie etwas gelesen habe (und ich bilde mir ein, mich beim Schweizer Wein inzwischen ganz gut auszukennen), berichtet von ulkigen Kreationen (eine Petite Arvine aus Boudry) und macht aus seiner Euphorie keinen Hehl. Für meinen Geschmack sind die Noten einen Hauch zu hoch ausgefallen, ist die Begeisterung für Holzaromatik dann und wann eine Nuance zu stark. Doch die Lektüre macht Lust auf einen sur lie abgefüllten Chasselas, auf Ligerzer Eiswein und auf Fischknusperli aus dem Bielersee – und die Mühe, mehr als 500(!) Weine auf 192 Seiten vorzustellen, ist nicht hoch genug einzuschätzen.

Auch beim Schmökern in Martin Kilchmanns Kompendium über die Weine und Winzer Graubündens überfällt einen die Gier, sofort zum Telefon zu greifen und einen Sauvignon blanc von Irene Grünenfelder oder einen der legendären Pinot noirs von Martha und Daniel Gantenbein zu ordern. Dass dieses Unterfangen vergeblich sein dürfte – die besten Weine der Bündner Herrschaft sind immer schnell ausverkauft –, mindert nicht das Vergnügen beim Lesen der süffigen Texte und beim Anschauen der hochklassigen Bilder von Jörg Wilczek. Aber wie kommt es, dass diesmal ein renommierter Verlag zugeschlagen hat? Ist Graubünden etwa schon heraus aus dem Status eines kleinen Weinbaugebiets und bei den großen gelandet? Nun, die wenigen hundert Rebenhektar des Kantons können zwar nicht an den gewaltigen Weinbergsflächen von Bordeaux kratzen, aber zumindest in der Schweiz kommt kein anspruchsvoller Genießer an Fläsch, Jenins und Zizers vorbei. Und ein Verlagshaus offenbar auch nicht!

Doch schon Xenia Theodotou Schneider hätte wieder nicht die geringste Chance, ihr Büchlein über Weine aus Zypern bei einem der international tätigen Buchkonzerne drucken zu lassen. Die Sommelière lebt zwar in Frankreich, kennt sich aber exzellent aus bei den Weinen der Mittelmeerinseln, erklärt Rebsorten und Ausbaumethoden. Das Layout ist nicht sensationell, aber das muss man einem mit beschränkten Mitteln und hohem persönlichen Einsatz gefertigten Ratgeber nachsehen. Wer das auf Englisch geschriebene Werk durchgeblättert hat, weiß jedenfalls genau, dass die zyprische Weinwelt nicht beim legendären Commandaria endet. Xenia Schneider beschreibt rund 40 Weingüter und 200 Abfüllungen und gibt auch das zum Besten (des Lesers), was Yves Beck nicht bietet (und gar nicht bieten will): Tipps zur Kombination von Wein und Speisen.

Genau die hätte man sich auch von einem weinkulinarischen Film erhofft, der gerade in den Kinos läuft und in der schweizerischen Metropole Zürich spielt. Bon Appétit hätte ein toller Film werden können, denn immerhin ist die Hauptfigur (dargestellt von Nora Tschirner) Sommelière und auch noch in einen Koch (gespielt von Unax Ugalde) verliebt. Aber letztlich dient die liebliche Story mit Restaurant und spanischer Kreativküche nur als Kulisse für eine Liebesgeschichte; wer auf tiefere Weinerkenntnisse hofft, wird enttäuscht. Alle freilich, die sich bei verfilmten Plattitüden wie Keinohrhasen und Zweiohrküken amüsiert haben, dürften auch hier auf ihre Kosten kommen und sich auf eine unstrittig hübsche Darstellung der Zürcher Winteridylle freuen. Andererseits: Für den Preis, den zwei Kinokarten kosten, bekäme man bereits Yves Becks Seen-Buch. Und das bringt auf Dauer vermutlich mehr.

Yves Beck: Beck’s Best – Die besten 3-Seen-Weine
Eigenverlag, 2010.
ISBN 978-3-906140-88-9.
Preis: 32 CHF
Internetseite des Autors: www.burgweg-wein.ch.

Martin Kilchmann/Jörg Wilczek: Die Winzer Graubündens und ihre Weine
AT-Verlag, 2010.
ISBN 978-3-03800-517-9
Preis: 44 Euro
im Buchhandel.

Xenia Theodotou Schneider: Cyprus Comprehensive Wine Guide
Wine2discover Ltd, 2009
Preis: 19,90 £
bei amazon.co.uk.

Bon appétit
Warner Bros. Pictures, 2010
In zahlreichen Kinos.

 

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