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Laurenz Moser China ist zu einer der führenden Wirtschaftsmächte der Welt aufgestiegen. Gilt das auch für die Weinbranche? Wird chinesischer Wein bald die Welt überschwemmen? Alexander Lupersböck befragte Laurenz Moser, Berater und Namensgeber des Weingutes Chateau Changyu Moser XV in China. Er erkennt ehrgeizige Entwicklungen im Weinbau, erwartet aber keine Entstehung einer neuen Wein-Weltmacht.

China verfügt mit rund 785.000 Hektar über die drittgrößte Rebfläche der Welt nach Spanien und Frankreich. Das Land ist der neuntgrößte Traubenproduzent der Welt, davon wird aber der Hauptteil als Tafeltrauben geerntet. Die für Weinproduktion genutzte Fläche beträgt derzeit etwa 100.000 Hektar, sie ist damit fast so groß wie in Deutschland. Laurenz Moser V. aus Österreich, Enkel des Gutsbesitzers Lenz Moser und Berater des chinesischen Weingutes Yantai Changyu, gründete dort das 2013 eröffnete Chateau Changyu Moser XV. Die römische Zahl für 15 wird verwendet, weil Laurenz Moser V. die 15. im Weinbau tätige Generation der Familie darstellt.

Moser kennt den Markt und die Bedingungen der Produktion in China genau. Er bewertet die oft als Wein-Boom beschriebene Entwicklung im Land der Mitte vorsichtig - und das nicht nur aufgrund der Covid 19-Einschränkungen. So habe die chinesische Inlandsproduktion seit sechs Jahren abgenommen, was aber kaum aufgefallen sei. Denn durch den Beitritt Chinas zur World Trade Organisation (WTO) sei der Import einfacher geworden, und so wurde der Rückgang im Land wettgemacht. „Die Partei propagiert den Weinkonsum, daher wird Wein wichtig bleiben”, berichtet Laurenz Moser, “China hat den westlichen Lebensstil stark im Visier, er wird daher für die Bevölkerung immer erstrebenswerter. Die Menschen wollen das Leben auch mehr genießen. Daher wird der Weinbau bald wieder zweistellig pro Jahr wachsen.“

 

“Chinas Önologen werden sich in 15 Jahren emanzipiert haben”

Dieses um 1900 aufgenommene Foto zeigt chinesische Arbeiter beim Anlegen eines Weingartens unter Aufsicht von Europäern Dieses um 1900 aufgenommene Foto zeigt chinesische Arbeiter beim Anlegen eines Weingartens unter Aufsicht von Europäern © C.C. Pearce

Es gab schon bei der Gründung der Weinkellerei Yantai Changyu im Jahr 1892 einen starken österreichischen Konnex: Damals wurde der Sohn des Gründers der ersten Weinbauschule der Welt in Klosterneuburg, August von Babo, der österreichisch-ungarische Konsul Baron Max von Babo, als Berater und Kellermeister engagiert. Bis heute werden die wichtigsten chinesischen Kellereien mit dem Know-how westlicher Önologen und Betriebsleiter geführt. Wie lange werden sie noch gebraucht? Laurenz Moser schätzt, dass sich Chinas Önologen in zehn bis 15 Jahren emanzipiert haben werden: „Sie sind technisch bestens ausgebildet und lernen extrem schnell - viel schneller als wir Europäer und Amerikaner. Sie haben großen Ehrgeiz und wollen sich wieder dorthin entwickeln, wo sie schon einmal standen: Als Reich der Mitte, das zentrale Land der Welt.“ Was ihnen aber bislang fehle, sei die Erfahrung. „Das ist meine Rolle hier: Ich schaue auf die Details und kenne die Vorlieben der internationalen Verbraucher.“

Ebenso schnell entwickelt sich für ihn in China die Sommelier-Szene und der Ausbildungsstand im Handel weiter. „Dieses angelernte Wissen ist derzeit noch eindimensional und nicht vernetzt. Viel über Wein zu wissen heißt ja nicht, dass ich dieses Knowhow bewusst einsetzen kann. Doch es gibt immer mehr chinesische Önologen, die an den besten Universitäten der Welt studiert haben. Aber auch im Land gibt es inzwischen hervorragende Ausbildungsstätten“, berichtet Moser.

 

Beste Anbau-Bedingungen in der Region Ningxia

Weinernte am Chateau Changyu MoserWeinernte am Chateau Changyu Moser © Chateau Changyu Moser

Chateau Changyu Moser XV liegt in der Provinz Ningxia in Zentralchina. Mit welchen Herausforderungen ist Laurenz Moser dort konfrontiert?

“Die Böden sind lehmig-sandig mit Schotter und Steinen im Untergrund”, erzählt er. Man müsse zwar bewässern, aber sonst seien die Bedingungen ”optimal”. Die Region liege am Rand der Wüste: “Wir haben nur 20 Prozent Luftfeuchtigkeit. Selbst bei 35 °C im Sommer kommt man nicht ins Schwitzen. Es gibt keine Probleme mit Pilzen und Schadinsekten. Die Säure wird in den kühlen Nächsten zudem nicht veratmet. Die Vegetationsperiode ist dort gleich lang wie in Europa, und in den Weingärten wachsen die kleinsten Cabernet Sauvignon-Beeren der Welt. Damit kann man wirklich guten Wein machen.“ Aufgrund dieser Situation plant Moser derzeit die Umstellung auf biodynamische Bewirtschaftung.

Die Erfahrung und die Liebe zum Detail fehlen noch

Ist Ningxia also das neue gelobte Land des Weinbaus? Nicht ganz, erklärt Moser, die Bedingungen seien zwar hervorragend, aber es sei schwierig, Weingärten anzulegen. Aufgrund der strengen Winter müssten die Reben jährlich eingegraben werden. „Das macht 40 Prozent der Lohnsumme aus. Und noch sind die Anlagen nicht so, wie ich sie gerne haben will. Das ist noch ein längerer Weg. Es fehlen auch noch die ‘soft skills’ bei den Mitarbeitern: die Erfahrung und die Liebe zum Detail, die für große Weine unerlässlich sind. Aber wir sind auf einem guten Weg. Wir sind ja noch recht jung.“

 

Französische Sorten bevorzugt

Weinbau wie im Paradies in NingxiaIn der Provinz Ningxia herrschen beste Bedingungen für den Weinbau © Chateau Changyu Moser

Laut Moser begann 2015 die Zeitrechnung für Fine Wine in China. Da trugen die Investitionen einiger großer Kellereien erste Früchte - und durch den Beitritt zur WTO sei ab diesem Zeitpunkt eine große Auswahl an guten Import-Weinen als Vorbild verfügbar gewesen. Seither würden “wirklich gute Weine” in China produziert. Autochthone Rebsorten würden trotz ihrer blumigen Namen wie „Drachenauge“, „Hühnerherz“ und „Stutenzitze“ dabei aber keine Rolle spielen, „obwohl mir das fürs Marketing gefallen würde“. Sie hätten aber nicht genug Potenzial für gute Weine. Außerdem lieben die chinesischen Konsumenten derzeit, so erzählt Moser, vor allem Bordeaux- und Burgundersorten. Riesling billigt Moser allerdings einiges Potenzial in Ningxia zu, auch Grüner Veltliner würde gut in die Gegend passen. Aber derzeit orientieren sich die Kellereien stark an den französischen Sorten. Die seien die Benchmark - und damit könnten sich die jungen Weinmacher auch international vergleichen.

Wohin wird Chinas Weg als Weinproduzent führen? Laurenz Moser vermutet, dass der Exportanteil der dort produzierten Weine zehn Prozent nicht übersteigen werde. Wein sei in China zwar teuer - doch die Nachfrage übersteige die Eigenproduktion längst um ein Vielfaches. Dazu sei die Flächenproduktivität noch gering. Exportiert werde bislang nur aus strategischen Gründen, “um sich international vergleichen und durchsetzen zu können”. Erfolge in Europa erbringen den Weingütern “Strahlkraft auf dem Heimatmarkt”. “China ist ein Hochpreisland”, resümiert Laurenz Moser, “und es ist hier relativ teuer, Wein zu produzieren. Daher wird es den Weltmarkt nicht überschwemmen.“

 

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