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Marken, das ist blaues Meer und weiße Sandstrände, schroffes Hochgebirge und grüne Wälder, sanfte Hügel und fruchtbare Täler, mehr als 3.000 Jahre Geschichte und Kultur, moderne Städte und mittelalterliche Städtchen, norditalienische Tüchtigkeit und süditalienisches Flair. Die Marken gelten als Italien im Kleinformat, ein landschaftliches und menschliches Konzentrat, und in gewisser Weise trifft das auch auf die Weinszene zu. Mich haben vor allem die Renaissance autochthoner Rebsorten und die vielen unterschiedlichen Winzer begeistert: Die Genossenschaft Moncaro füllt jährlich 7,5 Millionen Flaschen ab und beherbergt auch das Sternerestaurant Le Busche. Die Winzerin Esther Hauser erzeugt gerade mal 6.000 handverlesene Flaschen. Im Montefeltro stampft der ehemalige Unternehmer Adriano Galli ein modernes Vorzeigeweingut aus dem Boden. Er belebt die Weinbautradition der Gegend, die fast 100 Jahre erloschen war. Hinter jedem Weingut steht ein Gesicht und häufig eine Geschichte, die es wert wäre, erzählt zu werden.

Die Region Marken liegt südlich von Rimini an der italienischen Adria-Küste (Foto: J. Kaiser)

Lacrima di Morro d’Alba

Lacrima di Morro d’Alba ist eine autochthone Rebsorte, die man nicht mit dem süßen Lacryma Christi verwechseln sollte, der in den 60er Jahren eine traurige Berühmtheit erlangte. Lacrima di Morro ist eine rote Rebsorte, den Lacryma Christi gibt es in Weiß oder Rot. Wegen des intensiven Buketts wird vermutet, dass die Lacrima di Morro, ebenso wie die Lacrima Christi, ein Spielart oder Mutation der gleichfalls sehr duftintensiven, in Italien weit verbreiteten Aleatico-Rebe sein könnte. Im VITIS International Variety Catalogue taucht Lacrima Christi als Synonym für Aleatico auf, Lacrima di Morro dagegen nicht.

Lacrima heißt Träne. Die Lacrima-Traube ist voll gepackt mit dicht an dicht stehenden Beeren. Wenn die Beeren reifen, wird es richtig eng in der Traube. Die Beeren drücken aneinander, die Beerenschale reißt, Saft fließt aus kleinen Rissen, die Beeren tränen. Zur Freude von Vögeln, Insekten und Schimmelpilzen, zum Weinen für den Winzer. Eine schwierige Rebsorte, die ihren Namen wahrlich verdient. Lacrima darf trocken und süß ausgebaut werden. Um Duft und Frucht zu betonen, wird der Basis-Lacrima oft mit Kohlensäuremaischung (Macerazione Carbonica) vergoren. Beim Superiore wird meist Maischevergärung und Holzausbau angewandt. Saftabzug (Saignée) wird ebenfalls durchgeführt, um noch dichtere Weine und als Nebenprodukt Rosé zu erzeugen. Die aus getrockneten Trauben im Amarone-Stil produzierten Weine stellen für viele Weinfreunde die interessanteste Version dar: Echte „Nasenweine“, betörend duftend und aromatisch. Da Lacrima nur durchschnittliche Säurewerte aufweist, kann die so konzentrierte Frucht weich und verwaschen wirken. Bei gelungenen Exemplaren fegt dagegen ein monumentaler Wirbelsturm durch Nase und Gaumen.

DOC Lacrima di Morro d’Alba% die Träne aus Morro d’Alba (Foto: J. Kaiser)

Das Zentrum der DOC Lacrima ist das Dorf Morro d’Alba, ca. 30 Kilometer westlich von Ancona gelegen. Aber auch viele Winzer außerhalb haben sich Flächen in der DOC gekauft, weil sich Lacrima in den märkischen Restaurants großer Beliebtheit erfreut. Die trockenen Versionen passen gut zu kräftigem Fleisch, und der süße Passito passt gut zu Dessert oder Käse. Weil die Einheimischen ihren Lacrima überwiegend selbst trinken, bekommt man ihn außerhalb der Marken selten zu Gesicht.

Am besten haben mir die Lacrimae von Mario Lucchetti gefallen – vom Basiswein bis zum Passito durch die Bank sehr schöne Weine. Der 2009er mit typischem Veilchen- und Rosenduft, mit Waldfrüchten und leichter Adstringenz am Gaumen hat die hervorragenden Lammkoteletts im Restaurant Vincanto in Jesi perfekt begleitet. Ebenfalls empfehlenswert die Lacrimae von Luciano Landi, Moncaro, Marotti Campi, und von Velenosi. Allesamt typische Vertreter, von denen man gerne mal ein Gläschen pur oder zu einem Stückchen Schokolade trinkt.

Wenn man schon bei Marotti Campi ist und Weine abseits des Mainstreams probieren möchte, sollte man unbedingt den „Dondere“ verkosten. Er besteht zur Hälfte aus Petit Verdot und zu jeweils einem Viertel aus Montepulciano und Cabernet Sauvignon. Der 2008er ist absolut trocken, die Tannine noch etwas rau, viel zu jung, den hätte ich gerne in zehn Jahren im Glas.

Weinberge bei Ascoli Piceno (Foto: J. Kaiser)

Pecorino - Uva delle Pecore

Eine weitere autochthone Sorte ist Pecorino. Ihr Name hängt möglicherweise mit den  Wanderungen der Hirten und ihrer Schafherden in der Region zusammen. Die „Schafstraube“ ist eine sehr alte Rebsorte, die vor allem wegen ihrer frühen Reife angebaut wurde. Weil sie unzuverlässige Erträge erbringt, geriet sie in Vergessenheit. Noch so eine schwierige Rebsorte, deren Fläche nur dank der Beharrlichkeit einiger Winzer heute wieder auf ca. 200 Hektar angewachsen ist. Typisch ist eine feine, aber nicht überbordende Frucht in der Nase, die oft an Orangenzesten und blühenden Ginster erinnert. Im Mund fällt sofort die lebendige Säure und die feste Struktur auf. Kein Wunder, dass sich viele Pecorino-Weine auch gut als Begleiter zu jungem Pecorino-Käse präsentieren. Der kleine Ort Offida, ca. 15 Kilometer nordöstlich von Ascoli Piceno, ist namensgebend für die DOC Offida Pecorino, aus der die besten Weine kommen.

Einer jener sturen Winzer, die lieber Qualität statt Quantität in der Flasche haben wollten, war Domenico Capecci vom Weingut Podere Capecci San Savino. Er war vermutlich der erste, der Pecorino reinsortig auf den Markt brachte. Bereits seit 1990 pflanzt er wurzelechte Pecorino-Setzlinge. Der 2010er „Ciprea“ ist trotz seiner Jugend bereits ein sehr beeindruckender Wein, extrem vielschichtig, gelbfruchtig, mit Wärme entwickelt sich ein dezentes Salbeiaroma, trotz seiner Fülle tanzt der Wein auf der Zunge.

Den eigenständigsten Pecorino macht vielleicht das Weingut Aurora. Bereits seit über 20 Jahren bewirtschaften die fünf Winzer ihre Weinberge biologisch, seit zwei Jahren biodynamisch. So konsequent, wie sie ihr Land bewirtschaften, schmecken auch ihre Weine. Der 2009er „Fobbio“ ist ein kompromissloser Wein. Im Mund wirkt er zunächst sehr robust, aber durchaus nicht plump, er füllt den Mund komplett aus, ohne schwer zu wirken. Ein Schäfer mit Hochschulabschluss!

Filippo Panichi von Seghetti Panichi% Winzer mit Leib und Seele – und Humor (Foto: J. Kaiser)
Pecorino eignet sich sehr gut zum Ausbau im neuen Barrique. Das beste Beispiel ist der 2009er „Rêve“ vom Weingut Velenosi. 50 Prozent wurden im Edelstahl und 50 Prozent in französischen Barriques vergoren und ausgebaut, mit intensiver Bâtonnage. Das Ergebnis ist ein sehr fülliger, dennoch eleganter Wein; der perfekte Begleiter zu den Maccheroncini di campofilone al pesto rosso des Restaurants I Piceni in Ortezzano. Nicht verpassen sollte man die „Donna Orgilla“ des Bioweinguts Fiorano. Wer rechtzeitig reserviert, kann im angegliederten Agriturismo übernachten, was den Genuss der exzellenten Fiorano-Weine sicher erleichtert.

Wenn man schon in der Gegend ist, lohnt sich ein kurzer Sprung über die „Grenze“ in die benachbarte Provinz Teramo, die in der Region Abruzzen liegt. In Controguerra erzeugt Dino Illuminati einen sehr guten Colli Aprutini Pecorino IGT. Im Dorf Atri produziert Villa Medora einen feinen Pecorino Terre di Chieti. Ein weiterer schöner Terre di Chieti ist der „Vellodoro“ von Umani Ronchi. Der Großbetrieb sitzt zwar in Osimo im märkischen Ancona, bewirtschaftet aber Weinberge in mehreren Anbaugebieten in den Marken und den Abruzzen.

Besonders empfehlenswert ist der Pecorino „Verdone“ der Tenuta Seghetti Panichi: sehr typisch, kein Kraftprotz, aber auch kein Schwächling, ein richtiger Spaßwein. Filippo Panichi, der Eigentümer des Weinguts, ist ein Unikum, mit Leib und Seele Winzer. Er erzeugt nicht nur guten Pecorino, sondern auch andere Weine mit einem kaum zu schlagendem Preis-Genuss-Verhältnis. Das Weingut wurde bereits 1896 gegründet. Wer in der Gegend ist, sollte unbedingt die Gelegenheit wahrnehmen und es besichtigen. Die ausgeklügelte Kellerarchitektur der damaligen Zeit mit Windkanälen und anderen baulichen Eigenheiten ist sehenswert.

Passerina und Pecorino-Cuvées

Bei so viel Lob wundert es nicht, dass sich Pecorino auch ausgezeichnet in Cuvées macht. Die wichtigsten Verschnittpartner sind Trebbiano und Passerina. Trebbiano ist Italiens meistangebaute weiße Rebsorte und liefert relativ säurereiche, aber oft strukturschwache Weine. Wie Pecorino ist Passerina autochthon in den Marken und den angrenzenden Regionen. Sie liefert frische Weine mit guter Säure. Auch reinsortig ausgebaut, trocken oder süß als Passito, bereiten Passerina-Weine viel Trinkspaß. Keiner der von mir probierten reinsortigen Passerinas hat allerdings die Substanz der Spitzen-Pecorinos erreicht.

Pecorino-Land% Weinberge und Ginster bei Offida (Foto: J. Kaiser)

Gute Beispiele sind der „Falerio“ von Aurora (50% Trebbiano, 30% Passerina, 20% Pecorino) und der „La Spiga“von Panichi (50%, 25%, 25%), beide Falerio dei Colli Ascolani DOC. Die Weine könnten, trotz fast gleicher Rebsortenanteile, kaum unterschiedlicher sein. Beide sind frische Weine, der „La Spiga“ zeigt aber Zitrus- und Apfelnoten, der „Falerio“ dagegen tropische Frucht und Tabaknoten.

Spannend ist auch der „Serrabianco“ des Weinguts Colli di Serrapetrona. Er besteht je zur Hälfte aus Pecorino und Sauvignon Blanc; viel Frucht, sehr süffig, aber durchaus kein banaler Trinkgenuss.

Vernaccia Nera

Der Ort Serrapetrona ist namensgebend für das kleine DOCG Gebiet Serrapetrona. Stillwein und Spumante werden aus einer weiteren autochthonen Rebe, der Vernaccia Nera produziert. Die rote Sorte hat, wie „Nera“ schon sagt, nichts mit der weißen Vernaccia und auch nichts mit anderen roten Vernaccia oder mit Vernatsch zu tun. Die DOCG schreibt vor, dass mindestens 40 Prozent der Trauben vor der Vergärung getrocknet werden müssen. Meist wird die Maische der getrockneten Trauben im Januar des Folgejahres dem jungen Rotwein zugesetzt, und es setzt eine weitere Gärung ein. Der rote Spumante, der aus diesem Ausgangswein hergestellt wird, dürfte deshalb der einzige Schaumwein weltweit sein, der drei Gärungen durchlaufen hat . Die meisten Erzeuger möchten von der reinen Spumante-Produktion weg und stellen heute auch Stillweine her.

Der 2009er Serrapetrona secco des Weinguts Alberto Quacquarini ist ein sehr guter, typischer Vertreter dieser Art von Spumante: feine Perlage, eine schöne waldbeerfruchtige Nase, im Mund Brombeere, Kirsche, ganz leicht Apfel, ein Anklang an Bittermandel und sogar eine sehr dezente Ledernote. Er nennt sich zwar secco, ist aber sicher nicht ganz trocken, dabei charmant und süffig. Der Serrapetrona dolce ist von der Nase her duftiger, im Mund dominiert die Süße. Er erinnert mich an meine Krimsekt-Jugendsünden, allerdings um Klassen besser.

Weingut Dino Illuminati in Controguerra% Abruzzen (Foto: J. Kaiser)

Die trockenen Stillweine von Quacquarini haben mir ebenfalls gut gefallen, allen voran der 24 Monate in Barriques ausgebaute 2006er „Petronio“, der zu 100 Prozent aus zwei Monate getrockneten Trauben gekeltert wird. Der Wein wirkt trotz aller Kraft verhalten, braucht sicher noch einige Jahre, um Frucht und Holz optimal zu integrieren. Viel Freude bereitet bereits jetzt der 2007er „Colli di Serrapetrona“ IGT aus jeweils 25 Prozent Vernaccia, Sangiovese, Merlot und Cabernet Sauvignon.

Exzellent sind auch die trockenen Weine vom bereits erwähnten Weingut Colli di Serrapetrona. Der 2008er „Collequanto“ ist jetzt perfekt zu trinken, sehr rund und lang. Wenn man vorher den Spumante verkostet hat, überrascht die Präsenz der Tannine. Der „Robbione“ wird, wie der „Petronio“, zu 100 Prozent aus zwei Monate getrockneten Trauben hergestellt. Der 2006er ist ein aristokratischer Wein, noch dichter und komplexer als der „Collequanto“, und in ihm macht sich das Holz durch eine feine Kräuterwürze bemerkbar. Beim „Somno“ wurden die Trauben bis zu einem Gewichtsverlust von drei Vierteln getrocknet. Der 2007er ist süß, dörrobst-fruchtig, würzig, pfeffrig. Die Süße wird nicht nur durch die Säure, sondern auch durch die Tannine ausbalanciert. Insofern erinnern der „Somno“ stilistisch an die süßen Tannat-Weine, obwohl die Fruchtcharakteristik eine ganz andere ist.

Weitere interessante Winzer und Weine

Interessante Weine gibt es auch bei der Fattoria Mancini in Pesaro zu finden. Die Hauptrebsorte dieses Familienweinguts ist Spätburgunder, und das seit 1861, nachdem bereits die napoleonische Administration Pinot Noir in der Region eingeführt hatte.

Der Wein kommt ins Montefeltro zurück (Foto: J. Kaiser)

Aus einer Steillage direkt an der Adria stammt der „Focara Pinot Noir“. Der 2009er lässt das burgundische Vorbild klar erkennen, der Holzeinsatz zeigt sich erfreulicherweise dezent im Hintergrund. Interessant ist der „Blu“, ein blauschwarzer Wein aus alten Ancelotta-Reben mit 15 Prozent Pinot Noir. Ein Wein zum Zähnefärben, aber nicht so gewichtig, wie man aufgrund der Farbe vielleicht erwarten mag. Sehr gut gefallen hat mir der 2010er „Roncaglia“, eine Cuvée aus 75 Prozent Albanello und 25 Prozent weiß gekeltertem Pinot Noir: duftig, frisch und eine Mineralik, die fast an einen Manzanilla-Sherry erinnert.

Das Weingut La Maddalena in Monterado, idyllisch in einem kleinen Tal gelegen, wirkt schon von weitem wie aus dem Ei gepellt. Kein Wunder, gehört es doch dem Schweizer Ehepaar Maria Magdalena Schlegel und Carlo Otto Früh. „Präzise“ war die erste Assoziation, die mir spontan zu den Weinen einfiel.

Besonders gut gefallen haben mir der „Flirt“, der „Carletto“ und der „Il Ricco Rosso“. Der „Flirt“ ist ein weiß gekelterter Sangiovese, kein großer Wein, aber ein süffiger Tropfen, den ich mir sehr gut als Begleiter zu Fisch- und Meeresfrüchten vorstellen kann. Der 2007er „Carletto“ aus drei Vierteln Cabernet Sauvignon und einem Viertel Merlot überzeugt vor allem durch seine Fülle und Frucht. Der 2008er „Il Ricco Rosso“ besteht zu 78 Prozent aus Merlot und zu 22 Prozent aus Cabernet Sauvignon und lagert 18 Monate im Barrique. Wer es noch dichter und mächtiger haben will, sollte den „Il Ricco Rosso 100“ probieren (100% Merlot) oder den „Carletto 100“ (100% Cabernet Sauvignon).

Das Weingut Terracruda in Fratte Rosa wird von einem sehr jungen und eifrigen Team geführt. Sie haben sich auf drei Sorten konzentriert. Der Bianchello del Metauro DOC bringt in der Regel leichte, frische Weißweine hervor, die man am besten jung trinkt. Dass es auch anders geht, zeigt Terracrudas „Campodarchi“, der teilweise in Barriques mit intensiver Bâtonnage ausgebaut wird. Der 2006er hat sehr viel Schmelz, das Holz ist kaum mehr zu schmecken. Die Sangiovese (Colli Pesaresi DOC) von Terracruda zeigen, dass die Rebsorte nicht nur in der Toskana hervorragende Ergebnisse erbringt. Der Vernaccia di Pergola (Pergola Rosso DOC) ist eine Spielart des Aleatico. Sowohl der 2008er „Ortaia“ als auch der „Lubaco“ werden 12 bis 18 Monate im Barrique ausgebaut, wobei beim „Lubaco“ die Trauben nach der Ernte nochmals selektioniert werden und neues Holz verwendet wird. Die beiden Weine sind sich sehr ähnlich: Entlässt man sie erst mal aus der Flasche, explodieren sie förmlich im Glas. Aufgrund des Holzausbaus wirkt der „Lubaco“ komplexer und gleichzeituig noch ausgewogener; er passt sicher gut zu kräftigem gegrillten Fleisch, zu Gerichten mit fruchtigen Soßen oder intensiven Gewürzen, z.B. zu einem nicht zu scharfen Lamm-Curry.

Weingut Oasi Degli Angeli% Cupra Marittima (Foto: J. Kaiser)

Adriano Gallis Weingut Valturio hatte ich bereits erwähnt. Bei großen Sangiovese-Weinen liegt der Gedanke an Brunello nahe, doch mit Adrianos „Valturio“ ist ein neuer Stern am Sangiovese-Himmel aufgetaucht. Er besteht zu 100 Prozent aus Sangiovese von drei unterschiedlichen Klonen, 7.000 Stöcke pro Hektar, die in 450 bis 550 Metern Höhe im Albarello-System angebaut werden. Nach der Gärung wird der Wein 12 Monate im Barrique ausgebaut und weitere 12 Monate auf der Flasche gelagert. Das Ergebnis ist ein außergewöhnlich lebendiger Wein, vielschichtig und von spielerischer Eleganz. Spannend auch der „Solco“, der aus der Rebo-Rebe erzeugt wird. Rebo ist eine Neuzüchtung aus Merlot und Teroldego vom Weinbauinstitut San Michele all’Adige und wird überwiegend im Trentino angebaut. Der 2008er ist jetzt schon rund und sehr gut trinkbar.

Mit minimaler Technik, aber großem Einsatz erzeugt Esther Hauser in Staffolo jährlich ca. 6.000 Flaschen: „Il Cupo“, einen reinsortigen Montepulciano, und „Il Ceppo“ eine Cuvée aus Montepulciano, Sangiovese und Cabernet Sauvignon. Ihr Weinberg liegt auf einem Hang oberhalb des Esino-Tals, und an klaren Tagen hat man einen traumhaften Blick bis zur 25 Kilometer entfernten Küste. Beide Weine brauchen Luft, um sich zu entfalten, aber schon die Wartezeit ist ein Genuss. Die 2007er entwickeln einen ätherischen Duft, beim „Il Ceppo“ mit Cassis- und Maulbeernoten, beim „Il Cupo“ dunkelbeerig mit Anklängen an Orangenöl. Im Mund wirken beide Weine trotz aller Kraft und Struktur sehr elegant.

Außergewöhnliche Rotweine erzeugt auch Marco Casolanetti vom Weingut Oasis Degli Angeli in Cupra Marittima. Auch er hat nur zwei Weine, den „Kupra“ aus sehr alten Grenache-Reben und den „Kurni“ aus Montepulciano, insgesamt rund 5.000 Flaschen. Besonders angetan hatte es mir der 1999 „Kurni“, den ich aus der am Vortag geöffneten Magnum probieren konnte. Ein aristokratischer, ein großer Wein, jetzt wunderbar zu trinken, der sich vermutlich noch Jahre auf dem Niveau halten wird.

Sant’Agata Feltro% Hauptstadt des weißen Trüffels (Foto: J. Kaiser)

Verdicchio, Markens berühmteste Rebe, ist genügend bekannt. Ein Wein darf trotzdem nicht unerwähnt bleiben. Ich hatte das Vergnügen, mit Claudia Bucci den 2007er Verdicchio die Castelli di Jesi der Villa Bucchi zu verkosten: komplex und kraftvoll, vibrierend mit ellenlangem Abgang, sehr elegant und ungeheuer viel Trinkspaß für einen so mächtigen Wein.

Sonstige Spezialitäten

Wenn man schon im Montefeltro ist, sollte man einen Abstecher nach Sant’Agata Feltria einplanen. Das 2.300-Seelen-Dorf ist eine Hochburg der Trüffelsucher. Im Herbst, zur Trüffelsaison, erwacht das ansonsten ruhige Dorf und wird zur kulinarischen Boomtown. Aber auch außerhalb der Saison kann man hervorragende Trüffelprodukte erstehen.

Kirschwein, Visciole, ist ein beliebter Likör in den Marken, der aus Wildkirschen, Zucker und Wein hergestellt wird. Wer sich für die bekannten Kirschpralinen begeistert, wird ihn sicher mögen. Markens berühmtester Sohn, Frederico da Montefeltro, Feldherr und Kunstmäzen im 15. Jahrhundert, war ein großer Freund von Viscole.

Vino-cotto-Fass von 1918 in der Cantina Rasicci% Controguerra (Foto: J. Kaiser)
Es gibt in den Marken, den Abruzzen und Kalabrien eine weitere Spezialität, die man unbedingt probieren sollte, den Vino cotto oder Vicotto, den gekochten Wein. Mittlerweile wird er in geringem Umfang auch kommerziell vermarktet. Nach wie vor ist er eine Spezialität, die der Winzer fast ausschließlich für die eigene Familie herstellt. Man muss schon nachfragen und bekommt dann vielleicht einen kleinen Schluck direkt vom Fass. Der Most wird durch Kochen reduziert, das Konzentrat vergoren oder aufgespritet und in ein Holzfass abgefüllt. Das Fass wird immer wieder aufgefüllt, so dass ein Jahrgangsverschnitt entsteht, der Jahrzehnte zurückreicht. So wurde z.B. der Vincotto der Cantina Rasicci in Controguerra 1918 aufgesetzt. Er ist ein schmeichelndes Elixier, entfernt an Madeira erinnernd. Rasicci liegt direkt unterhalb von Illuminati, dem bekanntesten abruzzischen Winzer, und auch die trockenen Weine brauchen den Vergleich mit Illuminati nicht zu scheuen.

Viele weitere Winzer und deren Weine wären es ebenfalls wert gewesen, erwähnt zu werden. Es lohnt sich, die ausgetretenen Pfade zu verlassen und abseits der bekannten italienischen Gebiete nach örtlichen Weinschätzen zu graben. Die Marken und angrenzende Regionen sind das beste Beispiel dafür.

Auswahl empfehlenswerter Restaurants und Unterkünfte

  • Vincanto, Via F. Conti 2, 60035 Jesi
    Gehobene regionale Küche
  • I Piceni, Piazza M.Savini 1, 63851 Ortezzano
    Direkt an der Stadtmauer gelegenes Hotel mit schönem Blick, Restaurant mit sehr guter regionaler Küche
  • La Mattra, Piazza Fratelli Cervi 10, 63035 Offida
    Sehr gute Pizza, guter Hauswein (Passerina)
  • Le Busche, Via Busche 2, 60036 Montecarotto
    Auf dem Gelände der Winzergenossenschaft Moncaro, Spitzenrestaurant mit einem Michelin-Stern
  • La Locanda di Cavoleto, Localita Cavoleto 8, 61026 Piandimeleto
    Bed & Breakfast, ein liebevolles Schmuckstück in traumhafter Lage
  • Taverna Del Falco, Via Vichi 3, 61034 Fossombrone
    Sehr gute regionale Küche
  • La Tana delle Lepre, Via Località Saltregna 8, 62011 Cingoli
    Bed & Breakfast, mit weitem Blick auf Weinberge und Felder
  • San Gorgio, Frazione Rosara 88, 63100 Ascoli Piceno
    Country House, stilvolles Ambiente und sehr gute regionale Küche
  • Relais del Colle Weiszflog, C. da San Gregorio 8, 63038 Ripatransone
    Kleines, vornehmes Landhotel in schöner Lage mit Wellness-Bereich und Bio-Restaurant
  • inCentro, Via Mura Orientali 20, 60035 Jesi
    Bed & Breakfast, zentral am Rand der Altstadt von Jesi gelegen
  • Poggio Ducca, Via Montemaggio 45, 61010 Agenza di San Leo
    Agriturismo mit sehr guter regionaler Küche (unbedingt die hauseigene Grappa probieren); San Marino, San Leo und das Montefeltro liegen vor der Haustür
  • Fiorano, Contrada Fiorano 19, 63030 Cossignano
    Bio-Agriturismo, Bead & Breakfast mit eigenem Weingut
  • Lu Feschiulo / Cantina Rasicci, Via San Giuseppe 26, 64010 Controguerra
    Agriturismo, Bed & Breakfast mit eigenem Weingut und kleinem Weinbaumuseum

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