Die Kellerei AndrianAnfang der 90er Jahre beschloss die älteste
Kellereigenossenschaft Südtirols, die
Trauben ihrer
biologisch wirtschaftenden Mitglieder,
Baron Paul Kripp und Paul Spornberger, separat auszubauen und als Bio-Linie anzubieten. Zur Zeit besteht dieses Angebot aus zwei Weißweinen -
Chardonnay und
Pinot Grigio sowie zwei Roten -
Vernatsch und Lagrein. Produziert werden derzeit circa 25.000 Flaschen. Zertifiziert sind die
Weine nach Bioland-Richtlinien und werden vor allem im Bio- und Weinfachhandel verkauft. Das meiste davon in
Südtirol und der Rest in Deutschland. „Der italienische Markt ist für Bio-Weine praktisch nicht existent” so Betriebsleiter Paul Tauferer. Die vier
Weine der Kellerei sind angenehme, sehr typische
Weine aus
Südtirol, die durchaus mehr Beachtung verdienen als ihnen derzeit zukommt.
Das Solos-Projekt der Kellerei Kaltern
Einen Schritt weiter wie ihre Andrianer Kollegen gehen die Genossen der
Kellerei Kaltern mit dem Projekt Solos. Dieses Projekt entwickelte sich aus dem Vorhaben, eine qualitative Top-Linie zu kreieren. Hierzu wurden 2002 die 1,7
Hektar Weinberge des
Castel Giovanelli oberhalb von Kaltern gepachtet. Im Laufe der Zeit hat sich dieses reine Qualitätsweinprojekt zu einem biodynamischen entwickelt.
Kellermeister Helmuth Zozin dachte sich schon damals, dass eine wirklich gute Traubenqualität nur aus gesunden, vitalen
Rebstöcken entstehen kann und er stand von Anfang an allen Methoden, die dies fördern positiv gegenüber. Das Solos-Projekt umfasst mittlerweile 12
Hektar in einigen der besten
Lagen um den
Kalterer See. Diese werden von sechs Mitgliedern der Genossenschaft nach biodynamischen Richtlinien bewirtschaftet. Mit einem von ihnen, Andreas Dichristin, konnte ich einige der umgestellten Weinbergsflächen besuchen und mich mit ihm ausführlich über die Methoden der
Biodynamie unterhalten.
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Hier entstand das Solos-Projekt: Castel Giovanelli
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Das größte Problem ist gerade in einem nicht ausgesprochen trockenem
Klima wie in
Südtirol natürlich der Pilzbefall. Dem wird im konventionellen wie auch im Bio-Anbau mit Mitteln auf Kupferbasis begegnet. Da
Kupfer sich als Schwermetall im Boden anreichert, ist die Menge durch die Bio-Vorschriften auf drei Kilo pro
Hektar und Jahr beschränkt. Das stellt viele
biologisch wirtschaftende Betriebe in manchen Jahren vor große Schwierigkeiten. Der biodynamische Ansatz
sucht hier nach Lösungen, die einerseits in alternativen Präparaten bestehen und andererseits, beziehungsweise zugleich, wird versucht, die Vitalität der Rebstöcke insgesamt zu verbessern und somit vom
Kupfer möglichst immer mehr Abstand zu nehmen. Durch den Einsatz von Ton, der auf die Pflanzen aufgesprüht wird und
Feuchtigkeit entziehend wirkt, ist es Andreas Dichristin in seinen
Weinbergen gelungen in den letzten Jahren den Kupfereinsatz auf 1 bis 1,2 Kilo zu reduzieren. Dieser Wert hat bei einigen anderen Bio-Winzern, mit denen ich sprach Erstaunen und ungläubiges Kopfschütteln ausgelöst. Die meisten meinten, man könne mit einer so geringen Menge in
Südtirol einfach nicht auskommen. Aber, so Dichristin: „Das ist einer der wichtigsten Unterschiede der bio-dynamischen und der bio-organischen Herangehensweise. Letztere besteht leider oft nur darin, chemisch synthetische
Pflanzenschutzmittel durch natürliche auszutauschen. Das ist sicherlich gut für die Umwelt. Man erzielt damit jedoch in der Regel keine Wirkung, welche das Bodengleichgewicht und damit die Vitalität der Pflanze fördert. Diese bleibt weiterhin von Maßnahmen gegen Krankheitsbefall abhängig und wenn aufgrund der Bio-Richtlinien nur Mittel auf Kupferbasis erlaubt sind, kann es in schwierigen Jahren sicherlich Probleme geben, die erlaubten
Mengen einzuhalten. Eine vitale Pflanze ist gegen
Pilzbefall jedoch wesentlich resistenter und braucht deshalb auch weniger Schutz.”
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Der Initiator des Solos-Projekts: Helmuth Zozin
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Ein weiterer, für Andreas Dichristin wichtiger Punkt ist die tiefe Verwurzelung des
Rebstocks im Boden. Diese hat zwei Effekte: Die Pflanze holt sich ihre
Nährstoffe und das, was letztlich als Geschmack in den
Trauben landet aus tieferen Schichten, da „wo man wirklich von
Terroir reden kann” und „sie wird widerstandsfähiger sowohl gegen länger anhaltende Trockenperioden als auch gegen extreme Niederschläge. Die Anlagen zur
Bewässerung sind zwar in den
Weinbergen noch vorhanden, aber, so Dichristin: „Die haben wir seit Jahren schon nicht mehr benutzt.” Das tiefe Wurzeln sorgt also für ein von der unmittelbaren Wetterlage unabhängiges, konstanteres Wachstum, was wiederum einen positiven Effekt auf die Vitalität der
Rebe hat. Ziel ist es, „die Pflanze ins
Gleichgewicht zu bringen, so dass der
Ertrag über die Jahre relativ konstant bleibt und wir auf
Ausdünnen der Trauben verzichten können. Denn jedes Wegschneiden von
Trauben, wie auch von
Laub, ist ein Eingriff in die Pflanze, den sie irgendwie kompensieren muss, was sie Energie kostet was wiederum die Vitalität und damit die
Gesundheit und Qualität der
Trauben negativ beeinflusst.”
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Die sechs Mitglieder im Solos-Projekt
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Was den Terroir-Charakter der
Weine angeht, so ergibt sich beim Solos-Projekt ein auf den ersten Blick widersprüchliches Bild: Der klassische
Rotwein des Anbaugebiets, der
Kalterersee wird von den meisten Kritikern als eher untypischer Vertreter seiner Art gesehen. Er ist recht dunkel in der
Farbe, etwas kerniger und strenger im Geschmack, als man das von den meisten Kalterersee-Weinen gewöhnt ist. „Aber so wird der
Vernatsch halt aus diesen
Lagen direkt oberhalb des Kalterersees, wenn er aus tief wurzelnden
Rebstöcken stammt und man sonst nichts mit ihm macht, im Keller spontan mit den eigenen
Hefestämmen vergoren. Mehr an
Typizität geht eigentlich nicht.” Ich muss Andreas Dichristin da recht geben. Der Solos ist kein weicher, milder
Kalterersee, sondern eher
feinherb, elegant und mineralisch. Beim Probieren mußte ich sofort an den
Vernatsch Gschleier der
Kellerei Girlan denken. Der Solos besitzt zwar nicht dessen Tiefe und
Alterungspotential (allerdings auch nicht dessen Preis!), aber eine gewisse Ähnlichkeit ist sicherlich vorhanden. Und auch der Gschleier wird aus sehr alten, tief wurzelnden Vernatsch-Reben gewonnen und von Kritikern oft als untypisch bezeichnet. Aber kein
Kritiker käme dazu, dem Gschleier trotz seiner Nicht-Typizität seine Klasse abzusprechen. Vielleicht wird man in Zukunft bei einigen Vernatsch-Weinen umdenken müssen, was deren
Typizität betrifft.
Zurück zur biodynamischen Bodenbewirtschaftung. Gedüngt wird in den
Weinbergen der Solos-Leute inzwischen fast überhaupt nicht mehr. „Ich mache zwar
Kompost, aber der ist mit bio-dynamischen Präparaten
versetzt und wird eigentlich nicht als direkt wirkendes Material, sondern vor allem als Information für die Humusbildung des Bodens ausgebracht.” Auf einer Fläche von circa 7000 Quadratmetern werden gerade einmal zwei Kilogramm
Kompost ausgebracht. „Das ist so wenig, dass man es kaum gleichmäßig verteilen kann.” Der mit den Präparaten durchsetzte
Kompost „stellt so etwas wie das Idealbild für den Boden dar. Das soll er kennenlernen und dann selbstständig produzieren.
Humus besitzt die Eigenschaft, die aufgenommenen
Nährstoffe und das
Wasser zu
binden und der Pflanze dann zu geben, wenn sie es braucht. Im Unterschied zu wasserlöslichem Salzdünger, den die
Rebe automatisch mit dem
Wasser aufnehmen muss, ob sie ihn gerade braucht oder nicht. Was wiederum zu ungleichgewichtigem Wachstum und zu schlechterer Qualität führt.”
Für einige der im Solos-Projekt arbeitenden
Winzer sind all diese Dinge natürlich erst einmal gewöhnungsbedürftig und anfänglich gab es große Skepsis. Der mit der Bearbeitung der
Rebflächen auf Castell Giovanelli beauftragte
Weinbauer, Paul Dissertori, war ein
vollkommen konventionell arbeitender
Winzer, der meinte: „Ich mach einfach, was ihr mir sagt, und wenn in zwei Jahren die
Trauben verschimmeln, spritzen wir halt einfach wieder was drauf.” Inzwischen hat er seine eigenen
Weinberge auf
Biodynamie umgestellt. So machte hier der praktische Erfolg viele, oft turbulent und sehr emotional geführte theoretische Diskussionen überflüssig.
Außer dem
Kalterersee gibt es im Solos-Projekt zur Zeit noch eine
Weißwein-Cuvée bestehend aus
Weißburgunder,
Pinot Grigio,
Chardonnay und Sauvignon. Ein fruchtbetonter,
mineralischer Wein mit angenehm markanter Säurestruktur. Im Keller der
Kalterer Genossen
reifen noch
Lagrein,
Cabernet und Merlot-Weine, die demnächst das Solos-Angebot ergänzen werden.
Teil 3 "Auch die Stars werden grün"