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[caption id="attachment_380" align="alignright" width="300"]Rebflächen in der Appellation La Clape Reben von Château L'Hospitalet.[/caption]

Ende vergangener Woche habe ich - wie angekündigt - die "Sud de France Master Class" absolviert: das zweitägige Intensivseminar, das die French Wine Society und Sud de France zusammen entwickelt haben, um gleichermaßen kompaktes wie detailliertes Wissen über die Weine des Languedoc-Roussillon zu vermitteln. Das ist ein hoher Anspruch - aber er wurde erfüllt; zumal ich das Glück hatte, das Seminar direkt in der Region, im Château L'Hospitalet bei Narbonne zu besuchen.

[caption id="attachment_381" align="alignleft" width="300"]Kalkhaltiger Steinboden in La Clape Der Boden in La Clape ist steinig und kalkhaltig.[/caption]

Das Anwesen von Gérard Bertrand - ehemals Rugby-Spieler, heute Unternehmer mit inzwischen acht Weingütern im Languedoc-Roussillon - liegt inmitten von Reben, es duftet nach Kräutern, Blumen und Salz, und von einer Anhöhe auf dem Gelände kann man sogar das Mittelmeer sehen. Der steinige, kalkhaltige Boden der Appellation La Clape, in der sich das Weingut und Hotel befindet, ist überall deutlich sichtbar: Terroir zum Anfassen! Auch der Wind, der die Gegend prägt und  die Vegetation beeinflusst, wehte kräftig in den drei Tagen, in denen ich dort war.

In Toulouse am Flughafen traf ich am Vorabend einen anderen Seminarteilnehmer, der in Stuttgart ein Jacques' Weindepot führt. Während der gemeinsamen Fahrt Richtung Narbonne kamen wir durch die Appellationen Limoux und Corbières, so dass wir das im vorab übersandten Seminarhandbuch angelesene Wissen bereits praktisch anwenden bzw. überprüfen konnten.

[caption id="attachment_378" align="alignright" width="225"]Seminarraum Gleich geht's los: der Seminarraum ist vorbereitet.[/caption]

Unsere Seminargruppe bestand insgesamt aus 14 Teilnehmerinnen und Teilnehmern, wobei die Damen knapp in der Überzahl waren. Sie kamen aus Weinhandel, Weintourismus, Weinmarketing, Weinjournalismus sowie aus Beratung und Weiterbildung. An Nationalitäten waren Frankreich, Deutschland, Großbritannien, die Niederlande, Spanien und sogar Taiwan vertreten. Unterrichtssprache war Englisch, doch die meisten sprachen Französisch, so dass wir gerade in den Pausen zwischen beiden Sprachen wechselten. Bereits beim Mittagessen am ersten Tag waren wir größtenteils miteinander per Du - gute Stimmung also.

Unser sympathischer Seminarleiter Matthew Stubbs, Master of Wine, kommt selbst aus England und hat nach einer Karriere im internationalen Weinhandel aus Begeisterung für das Languedoc-Roussillon in der Nähe von Limoux eine Weinschule gegründet: die Vinécole. Das Programm der zwei Tage spiegelte inhaltlich die rund 120 Seiten des Handbuchs wieder, wobei wir nach einem Parforce-Ritt durch die Geschichte (6000 Jahre in einer Stunde), die Geographie, die Geologie und das Klima der Region die einzelnen Terroirs fast aller rund 50 Appellationen des Languedoc-Roussillon an praktischen Beispielen kennen- und beurteilen lernten, indem wir über 50 Weiß-, Rot-, Schaum- und Süßweine verkosteten und besprachen. Ich hatte vorher kaum geglaubt, dass das so funktionieren würde, doch das tat es und war extrem lehrreich und kurzweilig. Matthew referierte und erklärte alles ebenso anschaulich wie anregend mit viel Sachverstand und Leidenschaft - so macht Weiterbildung Spaß!

[caption id="attachment_382" align="alignright" width="300"]Drei Gläser mit Rotwein Während der Probe: über 25 Weine pro Tag sind Arbeit![/caption]

Am Abend des ersten Tages gingen wir zu acht gemeinsam im Hotelrestaurant essen - doch das geriet zu einer gewissen Herausforderung. Die meisten von uns hatten unabhängig voneinander für zwei oder drei Personen reserviert, aber dass wir nun alle an einem großen Tisch zusammensitzen wollten, stellte den Service und offenbar besonders die Küche - für uns unverständlicherweise - vor ein erhebliches Problem. Der (anscheinend sehr eigensinnige und dominante) Küchenchef ließ ausrichten, er sei nicht auf eine "Gruppe" eingerichtet, und wir könnten nur zwei Gänge haben: Vor- und Hauptspeise oder Haupt- und Nachspeise. Und für diese Gänge sollten wir, seinem Vorschlag folgend, möglichst auch noch das Gleiche wählen; eine freie Auswahl aus der Karte wurde nicht angeboten. Wir fügten uns nur bedingt, aber als dann auch noch der jeweilige Verzehr einzeln auf jedes betreffende Hotelzimmer gebucht werden sollte, war das Chaos perfekt: Der (eher bedauernswerte, zumal von jeglichen Vorgesetzten allein gelassene) Kellner kam etwa sechsmal, um die Speisen zuzuordnen und ließ sich immer wieder zu jedem einzelnen Gericht die Zimmernummer geben - und am Ende stimmte die Rechnung doch nicht. Als wir der Vertreterin von Sud de France am nächsten Morgen von diesem Erlebnis berichteten, kontaktierte sie umgehend die Hotelleitung, und in der Mittagspause entschuldigte sich die PR-Direktorin persönlich bei allen "Betroffenen", und der gesamte Restaurantverzehr des Abends wurde von der Rechnung gestrichen. Das hatten wir gar nicht erwartet oder erbeten, zumal wir die Turbulenzen weitestgehend mit Humor genommen und uns trotzdem sehr gut unterhalten und viel gelacht hatten. Mit dieser großzügigen Überkompensation hat sich das L'Hospitalet dann wieder rehabilitiert.

[caption id="attachment_383" align="alignright" width="300"]Garrigue-Landschaft in La Clape Die rauhe Landschaft ist von der Garrigue geprägt: niedrigen Büschen, die dem starken Wind trotzen und auf dem kargen Boden gedeihen.[/caption]

An der freiwilligen Abschlussprüfung am Ende des zweiten Tages nahm die Hälfte unserer Gruppe teil. Die Prüfung bestand aus der Beantwortung von 50 Multiple-Choice-Fragen, vier schriftlichen Antworten und einer Landkarten-Übung, bei der einzelne Appellationen, Städte oder Flüsse zugeordnet werden mussten - anspruchsvoll, aber absolut fair (solange man das Seminarhandbuch vorher gewissenhaft durchgearbeitet hat). Die Ergebnisse erhalten wir in sechs bis acht Wochen.

Am nächsten Tag fuhr ich noch ans Meer nach Gruissan, besichtigte die Kirche und die Burg und machte einen Bummel über den Markt. Auf der Rückfahrt nach Toulouse konnte ich - erster Erfolg des Seminars - sofort den Vegetationswechsel zwischen La Clape und Corbières erkennen. Insofern war die "Sud de France Master Class" eine bereichernde Erfahrung: fachlich (aufgrund des gewonnenen Wissens), menschlich (wegen der netten neuen Kontakte) und atmosphärisch, denn Südfrankreich mit seiner abwechslungsreichen Landschaft und ihren kulinarischen Genüssen ist immer eine Reise wert.

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