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Ist Champagner ein überbezahltes Luxusprodukt, oder doch der beste Schaumwein der Welt? Oder vielleicht beides? Und wie sehr unterscheidet er sich von anderen Sekten? Kann etwa der klassische deutsche Winzersekt mithalten, oder sind die beiden Weintypen überhaupt nicht vergleichbar? Fragen, wie sie uns regelmäßig besonders in der Vorweihnachtszeit und zum Jahreswechsel begegnen. Die Antwort: es ist kompliziert!

Champagner: bloßer Luxus?

Um es gleich vorweg zu sagen: Champagner kann ein umwerfendes Getränk sein, vielleicht das Faszinierendste überhaupt: komplex, tief, fein und betörend. Es bedarf jedoch einiger Übung und Erfahrung, guten von schwachem Champagner zu unterscheiden - und noch viel mehr davon, will man unter den guten die großartigen erkennen.

Denn Preis und Ruhm eines Etiketts hängen in kaum einer Weinregion weniger mit der tatsächlichen Güte des Weins zusammen wie in der Champagne. Das hat natürlich auch damit zu tun, dass wir es hier mit einem der am einfachsten verfügbaren und im Verhältnis erschwinglichsten Luxusprodukte zu tun haben. Schon wer sich nur ein paarmal im Jahr eine Flasche einer der berühmten Marken leistet, erhofft sich davon wahrscheinlich einen gewissen Distiktionsgewinn. Die sogenannte High Society wiederum kann sich von dieser Art bürgerlichen Luxus’ nur dadurch Abgrenzen, dass sie auf die wesentlich teureren Prestigemarken zurückgreift, die jedes große Champagnerhaus genau dafür im Programm hat.

Da die Intention beider Seiten nicht in erster Linie Qualität und Geschmack sind, hat das erwartbare Folgen: die Güte des jeweiligen Weins hat kaum mehr eine direkte Relation zu seinem Preis. So ist die Qualität der ganz großen Marken in den letzten Jahren zwar wieder merklich gestiegen, doch ist kaum eine von ihnen den Durchschnittspreis von 30 bis 40 Euro wert, wenn man den Distinktionseffekt einmal außer Acht lässt und nur den Inhalt der Flaschen beurteilt. Die berühmten (und meist durchaus hervorragenden) Luxusmarken wiederum, deren Preise vom unteren Dreistelligen bis weit in den vierstelligen Euro-Bereich gehen, bekommen heute erhebliche Konkurrenz von kleineren und unbekannteren, dafür kompromisslos qualitätsorientierten Betrieben, deren Weine oft nur einen Bruchteil kosten.

Denn das ist die gute Nachricht: noch nie gab es so viel so guten Champagner wie heute, und noch nie waren auch erstklassige Qualitäten ähnlich erschwinglich. Es wirkt, als schösse jede Woche ein neues Weingut in der Champagne aus dem Boden, das erstklassigen Wein zu Preisen anbietet, die sich von jenen der berühmten Marken, die man in jedem Supermarkt bekommen kann, kaum oder gar nicht unterscheiden. So treiben die kleinen Häuser die großen regelrecht vor sich her, was auch ein wesentlicher Grund dafür sein dürfte, warum man in abermillionen Stückzahlen produzierte Riesenmarken wie Moët & Chandon oder Veuve Clicquot heute wieder mit einem gewissen Vergnügen trinken kann, auch wenn sie an die besten Vertreter in ihrer Preisklasse nicht im Entferntesten heranreichen. Immerhin: entschieden besser als die Eigenmarken der Discounter sind sie allemal, wie unsere Verkostung deutlich machte.

Da gab es schon andere Zeiten. Dass mancher Discountchampagner aus Vergleichstests mit den großen Marken als Sieger hervorgegangen ist, hat nichts damit zu tun, dass diese Weine besonders gut gewesen wären, das waren und sind sie nicht im geringsten, es waren nur die großen Namen bisweilen leider noch schwächer. Diese Zeiten sind jedoch vorbei, auch wenn das so manche Weinzeitschrift nicht daran hindert, den blassen Weinchen von Aldi, Lidl und Co., die auch ihren niedrigen Preis nicht einmal annähernd wert sind, absurde Spitzenbewertungen zukommen zu lassen. Wir hatten in unseren - komplett blind durchgeführten - Verkostungen keinen Discountchampagner im Glas, der auch nur als “gut” hätte durchgehen können.

Es wandeln sich aber nicht nur Qualität und Angebotsstruktur in der Champagne. Auch der Geschmack verändert sich merklich. Waren früher fast alle Champagner, auch die besten und teuersten, mehr oder weniger spürbar dosiert und daher als “brut” deklariert, setzen vor allem die neuen Qualitätspioniere auf extrem niedrige oder sogar gar keine Dosage. Noch nie gab es so viele Champagner, die als “extra brut” oder “dosage zero/pas dosé/non dosage” angeboten werden. Die Erklärung der Winzer ist so einfach wie nachvollziehbar: erstens benötigt ein erstklassiger Schaumwein keine Dosagesüße, zweitens schmecken gerade die Spitzenprodukte ohne Zucker noch einmal wesentlich klarer und präziser. Hier hinken viele Traditionshäuser noch hinterher, die selbst ihre besten Weine häufig noch merklich dosieren und ihnen damit einen Teil ihrer Spannung nehmen. Bei Massenware, die auch unerfahrenen Champagnertrinkern gefallen soll, ist eine gewisse Restsüße absolut verständlich, bei den Topweinen der großen Häuser würden wir uns manchmal mehr Mut zur Kompromisslosigkeit wünschen.

Winzersekt: eine Alternative?

Es ist mittlerweile üblich, Winzersekte als günstige und in den Augen vieler patriotischerer Weinfreunde auch bessere Alternative zu Champagner zu empfehlen. Nur hinkt der Vergleich oft noch sehr. Für viele Winzer ist Schaumwein ein Nebenprodukt, mit dem sie sich nur begrenzt auseinandersetzen. Das Ergebnis ist trotz Flaschengärung oft nicht viel mehr als Stillwein mit Kohlensäure.

Das kann selbstredend sehr gut sein, hat aber mit erstklassigem Schaumwein nur entfernt zu tun. Dessen komplexe und im Idealfall extrem feine Verbindung von gezielt für die Sektverwendung an- und ausgebauten Grundweinen mit den Aromen eines langen Hefelagers in der Flasche erreichen deutsche Sekte nur in seltenen Fällen und nur in Häusern, die entweder eine lange Erfahrung besitzen oder gleich ausschließlich Schaumwein produzieren.

Exemplarisch für Letztere steht in Deutschland das Sekthaus Raumland (weitere sehr gute Vertreter wie Solter oder Griesel haben heuer leider keine Weine angestellt, verdienen aber unbedingt Beachtung), dessen Spitzenweine auch fast die einzigen sind, die das Niveau und zugleich den ungefähren Geschmackstypus hochklassigen Champagners erreichen können. Sie unterscheiden sich dann aber auch preislich nicht mehr von ihren französischen Pendants.

Auf den weiteren Plätzen unserer Bestenliste wechseln sich eher weinige, meist rebsortenreine Sekte mit solchen nach Champagner-Vorbild ab. Hier ist es ausschließlich Geschmackssache, welchen Stil man vorzieht, qualitativ nehmen sich beide Varianten in dieser Klasse nichts mehr. Interessant ist hier oft der Preis: exzellenter Sekt ist in Deutschland (und nicht nur da) schon für 15 bis 20 Euro zu haben, guter bis sehr guter für noch weniger. Die Basisqualität eines guten deutschen Sektproduzenten schlägt auch einen Discountchampagner um Längen, ganz gleich wieviele Preise der bei unkritischen Verkostungen gewonnen haben mag. Da die Billigchampagner kaum bis überhaupt nicht nach Champagner schmecken, ist in diesem Fall auch der Stilvergleich obsolet. Der Preisvergleich aber nicht: der wesentlich anspruchsvollere Sekt ist meist noch günstiger.

Nachfolgend finden Sie eine Essenz der besten Schäumer aus insgesamt rund 250 Proben, die keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit erheben soll, aber dennoch reichlich Stoff für Entdeckungen liefern dürfte. Links zu allen probierten Weinen, die eine Bewertung ab 80 Punkten und somit ein “gut” erhalten haben, finden Sie, wenn Sie auf die Überschriften klicken. Die Links im obigen Text führen zu weiteren informationen zum jeweiligen Stichwort im Glossar.

Champagner

Deutscher Sekt

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