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Auch wenn es selbst in den bekanntesten Weinbauregionen Spaniens noch immer nahezu unbekannte Rebsorten oder zumindest seltene Klone oder Mutationen bekannter Rebsorten gibt, die noch nicht an das Licht der Öffentlichkeit vorgedrungen sind, so findet man all die Sorten, über die nachzudenken sich durchaus lohnt, vor allem dort, wo Weinbau dereinst wichtig war, heute aber in Vergessenheit zu geraten droht. Manche dieser Regionen, etwa Ribeiro oder Ribeira Sacra in Galicien, Somontano in Aragón oder diverse Landweinregionen Andalusiens, beginnen, alte, traditionelle Rebsorten wieder stärker zu fördern. Andere Regionen sind davon noch weit entfernt, sie kämpfen stattdessen um das nackte Überleben. Und Gegenden wie Cangas del Narcea, die einzige Weinbauregion Asturiens, sind selbst in Spanien völlig unbekannt.

In Castilla y León gibt es inzwischen neun Denominaciones de Origen (D.O.), dazu mit Sierra de Salamanca, Valtiendas und Cebreros drei Gegenden, die eine D.O. werden wollen. Nirgends ist die Vielfalt des Unbekannten jedoch so breit gefächert wie in Arribes del Duero.

 

Parzellen-Struktur in Arribes: Miniweinberge% oft nur manuell zu beackern; in der Parzelle steht Juan García. (Foto: J. Buchta)

Meine erste Begegnung mit dieser Region ist nun schon fast dreizehn Jahre her. Damals, kurz nach der Gründung der “Asociación de Viticultores de Arribes del Duero” (derlei ist stets eine der Vorstufen einer Denominación de Origen), war diese kleine Region ganz im Westen von Castilla y León, dort, wo der Duero Spanien und Portugal trennt – oder verbindet – völlig unbekannt. Selbst die wenigen Weinführer, die Regionen wie diese erwähnten, hielten sich ziemlich bedeckt. Der Grund dafür war unmittelbar ersichtlich, als ich die Kooperative des Ortes Aldeadavila, Coop. Arribes del Duero, besuchte. Die junge Önologin Alma García war gerade aus Ciudad Real in die Region gezogen, um in der Genossenschaft zu arbeiten. Als wir einige der Weinberge besichtigten und ich sie auf das Thema Ernte ansprach, erklärte sie, dass sie im Prinzip zwei Lesedurchgänge absolvierten: einen für die Sorten, die sie kennen, und einen zweiten für die anderen. Und die Mengen hielten sich in etwa die Waage.

Diese Zeiten sind vorbei, nicht zuletzt deshalb, weil von den 5.000 Hektar Rebfläche, die Ende der achtziger Jahre in Arribes del Duero existierten, nur noch 452 Hektar übrig geblieben sind. Wirklich unbekannte Sorten gibt es da nicht mehr. Aber auch die “bekannten” Rebsorten sind nur wirklichen Spezialisten ein Begriff.

Betrachtet man den Norden Portugals, den Süden Galiciens und den äußersten Westen von Castilla y León als eine gemeinsame Region, so stellt Arribes del Duero den östlichen Rand dar und damit auch die Schnittstelle zur Meseta, in der Tempranillo in unterschiedlichen Spielarten dominiert. Auch in Arribes gibt es eine Spielart des Tempranillo, man nennt sie hier Tinta Madrid, wobei sie näher bei der Arauxa, der galizischen Variante des Tempranillo, anzusiedeln ist als bei Tinto de Toro oder Tinta Fina: die Blätter sind extrem klein und stark eingebuchtet, die Trauben klein und kompakt, ohne Schultern. Gleichwohl spielt Tinta Madrid in den alten Anlagen, die alle aus einem sehr breit gefächerten Mischsatz bestehen, nur eine untergeordnete Rolle. Inzwischen wird Tempranillo an einigen Stellen neu angebaut, allerdings sind das Klone, die aus der Rioja oder aus Valencia stammen und mit dem Traditionellen nichts gemein haben.

 

Die Bodega von La Setera. (Foto: J. Buchta)

Um die traditionellen Rebsorten zu erkunden, machte ich mich auf, einige Parzellen rings um Fermosselle zu besuchen. Mein Begleiter war Francisco Martínez, von allen nur Patxi genannt, Weinmacher und Inhaber der Bodega La Setera. Als einziger baut er insgesamt nicht weniger als sechs der autochthonen Rebsorten sortenrein aus. Nach wenigen hundert Metern, zwischen riesigen Granitblöcken und wild wucherndem Gestrüpp, halten wir an einer kleinen Parzelle, helle Steine leuchten auf tiefrotem Lehmboden. Es ist eine sehr typische Parzelle für die Region: von einer kleinen Mauer eingerahmt, etwa einen halben Hektar groß und mit verschiedenen Sorten bestockt. Dennoch steht hier zu etwa 80 Prozent Juan García, die mit Abstand wichtigste Rebsorte der Region.

Wieviel Juan García überhaupt noch existiert, ist nicht bekannt, selbst der Consejo Regulador hat keine exakten Daten. Patxi erklärt, dass in den vierzehn Parzellen, die er bewirtschaftet, stets um die 50 bis 65 Prozent Juan García stehen. Die alten Stöcke tragen wenig, 2.500 Kilo pro (virtuellem) Hektar gelten schon fast als eine üppige Ernte. Dazu sind die Beeren klein, der Mostertrag liegt bei gerade einmal 60 Prozent. Rechnet man alles zusammen, was in einem normalen Jahr in der D.O. Arribes – den Namenszusatz del Duero hat ihnen Ribera del Duero wegprozessiert – als Flaschenwein verkauft wird und addiert ein wenig für die diversen Cuvées und den noch immer existenten Fassweinmarkt, so kommt man auf etwa 625.000 Kilo Juan García in der gesamten Region, das wären etwa 250 Hektar, gut die Hälfte der Gesamtrebfläche. Das mag hinkommen. 

Juan García ist eine eher filigrane Rebsorte. Die Trauben reifen spät, der Alkoholgehalt ist für spanische Verhältnisse moderat, dafür ist die Säure durchaus spürbar. Am besten sind die Weine dieser Rebsorte, wenn sie für ein paar Monate in großen, nicht neuen Fässern reifen, um sich zu öffnen, ohne aber mit Holzaromen zugekleistert zu werden. In Arribes del Duero bauen gerade einmal sechs Bodegas Juan García sortenrein aus: die oben genannte Kooperative aus Aldeadavila, eine weitere, dahinsiechende, Kooperative aus Fermoselle, zwei Bodegas, die sich in den alten Genossenschaften von Pereña de la Ribera respektive Villarino de los Aires niedergelassen haben, sowie Abadengo, mit etwa 100.000 Flaschen der größte Produzent der Sorte.

 

Gobelet-Schnitt à la española in der Sierra de Gredos. (Foto: J. Buchta)

Außerhalb von Arribes del Duero ist die Rebsorte kaum anzutreffen. Weder in Alto Douro noch in Tras-o-Montes, den beiden portugiesischen Regionen, die an die Arribes grenzen, noch in Monterrei oder in der Sierra de Salamanca, trifft man auf Juan García. In der D.O. Tierra del Vino de Zamora im Prinzip auch nicht. Lediglich die Bodegas Armando haben ein wenig nördlich von Zamora stehen, weil sie auch Weinberge in Arribes bewirtschaften und mehr Menge benötigen.

Nachdem wir diverse Parzellen begutachtet haben, die alle mehr oder weniger stark von dieser Rebsorte dominiert werden, machen wir auf eine kleinen Kuppe Halt. Erneut ist da ein Weinberg, der von einer kleinen Mauer eingerahmt ist. Er fällt sanft nach Norden, aber auch nach Süden ab. Das besondere an dieser Parzelle ist die Bodenstruktur: Arribes del Duero besteht zu 90 Prozent aus Granitboden mit mehr oder weniger sandhaltiger Auflage. Es gibt aber, wie so oft, wenn Granit die Basis ist, auch einige schmale Streifen, in denen Schiefer anzutreffen ist. Hier gibt es beide Varianten in nur einer Parzelle: Von der Kuppe gen Norden trifft man auf Schiefer, während im Süden Granitboden vorherrscht. Allerdings soll es gerade nicht um Bodenkunde gehen, unser Ziel sind die weißen Rebsorten, die hier gehäuft anzutreffen sind.

Die wichtigste weiße Rebsorte der Arribes heißt Malvasía. Dachte man zumindest über Jahrzehnte. Denn die Blattform dieser Sorte ähnelt dem Blatt der Malvasía, die Form der Trauben ist aber anders. Und vor allem schmecken die Weine nun überhaupt nicht nach Malvasía. Ein ähnliches Phänomen ist auch in der Zamora-Region und selbst in der D.O. Toro zu beobachten. Vor wenigen Jahren untersuchte die Universität von León die Sorte und stellte fest, dass es sich keineswegs um Malvasía handelt, sondern um die in Monterrei, aber auch in Bierzo oder Valdeorras durchaus verbreitete Rebsorte Dona Branca (Doña Blanca), die komplexe, aber nicht sonderlich aromaintensive Weine erbringt, die sich gut für den Barriqueausbau eignen. Auch wenn das geklärt zu sein scheint, halten sowohl der Consejo Regulador als auch die meisten Bodegas an der alten Bezeichnung fest, wobei sie intern durchaus von Doña Blanca reden. Ein klein wenig skurril.

 

Landschaft in Salamanca: die blanken Stellen sind ehemalige Weinberge. (Foto: J. Buchta)

Neben Doña Malvasía gibt es in dem welligen Hinterland der Schlucht des Duero eine weitere weiße Rebsorte, die Verdeja Blanca genannt wird. Mit Verdejo aus Rueda hat das nichts zu tun. Hier kommt ein ganz kompliziertes Thema ins Spiel, das eigentlich nach Galicien gehört und an dieser Stelle nur am Rande Erwähnung finden soll: Godello versus Verdello, der in Portugal Verdelho genannt wird. Beide entstammen der gleichen Familie, haben sich aber unterschiedlich entwickelt. Verdeja Blanca ist in diesem Zusammenhang wohl eher die kastilische Übersetzung von Verdella (Verdelha) Branca, also weder Verdejo noch Godello. Gleichwohl ist die Menge so klein, dass es fast nicht lohnt, darüber zu schreiben. Francisco hat im Sommer 2011 beschlossen, mal einen Experimentalwein zu keltern. Um aber auf gut 1.000 Kilo Trauben zu kommen, musste er diverse Weinbauern rings um Fermoselle bitten, diese Trauben in deren Parzellen ernten zu dürfen, denn nur mit seinen eigenen könnte er nicht einmal ein Barrique füllen.

Die größte weiße Spezialität der Region ist – schon wieder dieser Name – der Verdejo Colorado, der erneut nichts mit all den anderen Sorten zu tun hat, die auf diesen oder auf ähnliche Namen hören. Verdejo Colorado ist eine Färbertraube, der Most ist blassrosa, lange Zeit wurden die wenigen Trauben dieser Sorte als Tafeltrauben verspeist. Nach ein paar Stunden Maischestandzeit erhält man einen hellrosafarbenen Most, der intensiv nach Kirschen riecht (die Beerengröße entspricht auch in etwa der einer Kirsche). Woher diese Sorte stammt, ist unbekannt. Es gibt in Bajo Aragón, nahe der Grenze zu Katalonien, eine Rebsorte, die Teca heißt und ähnliche Charakteristiken aufweist. Verdejo Colorado ist noch etwas seltener als Verdeja Blanca, die erste Ernte, in der ebenfalls des Nachbarn Rebgärten mit herhalten mussten, erbrachte gerade einmal hundert Liter Wein.

Die Bandbreite der roten Sorten ist wesentlich größer, gleichwohl sind die Sorten etwas bekannter. Arribes del Duero ist eine der ganz wenigen Stellen Spaniens, an denen Touriga Nacional zu finden ist, wenn auch in kleinsten Mengen. Er steht zumeist auf Schiefer und präsentiert sich warm und füllig, fruchtdominiert, aber weniger mineralisch als in Alto Douro. Eine zumindest autochthone Mutation einer anderen Rebsorte ist der Bastardillo Chico. Dies allerdings ist eine klassische galizische Rebsorte: In Monterrei nennt man sie Bastardo, in den anderen Regionen Galiciens Merenzao. Gezackte, nicht allzu stark eingebuchtete Blätter, kompakte, sehr kleine zylindrische Trauben, kleine und runde Beeren. Sehr aromatisch, relativ säurebetont, gut für Holzfassausbau geeignet.

 

Die Rebsorte Bastardillo Chico ist nur in Arribes und in Monterrei anzutreffen. (Foto: J. Buchta)

Daneben gibt es noch etwas Rufete, die aber eigentlich in der Sierra de Salamanca beheimatet ist und in den Arribes eher selten anzutreffen ist und wenn, dann zumeist im Süden, der zur Provinz Salamanca gehört. Gleichwohl ist La Casita del Viñador die einzige Bodega, die diese Rebsorte namentlich erwähnt. Sie reden von zehn Prozent in ihren Weinen, und sie keltern gerade einmal 8.000 Flaschen. 

Ganz im Norden von Arribes, dort, wo der Duero noch von Ost nach West fließt und Kraft für den Sturz in den Süden sammelt, gibt es eine kleine Enklave, die noch zur D.O. gehört, aber mehr als 30 Kilometer von Fermoselle entfernt ist. Hier steht, auf gut 700 Metern über Meeresniveau, Mencía. Das ist zwar alles andere als eine autochthone Rebsorte aus Arribes, die Höhe und die Bodenstruktur – Granit mit extrem knapper Krume – resultieren jedoch in einer ganz anderen Interpretation von Mencía als sie aus Bierzo, Valdeorras oder Ribeira Sacra bekannt ist.

Typisch für die Region ist hingegen Bruñal. Allerdings nicht in Fermoselle und somit auch nicht bei La Setera anzutreffen. Bruñal findet man in der Mitte der Region, nahe Pereña de la Ribera, dort, wo der Duero den größten Teil der 200 Meter Höhenunterschied stemmt, die er auf nur 60 Kilometern zu bewältigen hat. Es gibt diesen Wein auch sortenrein, als Experimentalwein, offiziell ist Bruñal in Arribes noch immer nicht klassifiziert. Er stammt von der Bodega Riberas de Pelaez, Abadengo, die zu einer gleichnamigen Bodega aus León gehört. Bruñal ist das glatte Gegenteil des Juan García: Die Weine sind üppig, fast schon fett, tief dunkel, mit leicht süßlichen Noten, die nicht zuletzt durch den hohen Alkoholgehalt bedingt sind, sowie straffen Tanninen. Abadengo keltert gerade einmal 1.000 Flaschen, ein paar der Bodegas, die Cuvées keltern, nutzen Bruñal als eine Art Deckwein, um manche Unzulänglichkeit zu kaschieren. Zehn Prozent reichen, um Dominanz zu bewirken.

Arribes del Duero, die Sierra de Salamanca und die Region Alto Alberche haben eines gemeinsam: die Bodenstruktur. Überall gibt es Granit mit sandiger Oberfläche, aber immer auch ein wenig Schiefer mit Lehm oder Lehmmergel als Krume.

 

Felsstruktur in der Sierra de Salamanca. (Foto: J. Buchta)

Bedauerlicherweise teilen sie auch das gleiche Schicksal: Sie drohen, in Vergessenheit zu geraten. Während Arribes zumindest den Sprung in die Gruppe der als Denominación de Origen klassifizierten Regionen geschafft hat, steht dies den anderen beiden erst noch bevor. Dabei haben beide Regionen ein reiches Erbe aufzuweisen.

Die Sierra de Salamanca heißt in Wirklichkeit Sierra de Francia, lediglich die Weinregion trägt den Namen der Provinz. Die Berge und Täler zwischen La Alberca, Garcibuey und San Esteban de la Sierra markieren die südwestliche Grenze des Weinbaus in Castilla y León. Drei Meter dahinter beginnt die Estremadura. Dass dies dereinst eine blühende Weinbauregion war, kann man nicht zuletzt daran erkennen, dass es einmal sechs Genossenschaften gab, die kleinste produzierte mehr als eine halbe Million Liter Wein. Die wichtigste Rebsorte damals wie heute: Rufete. Damals – das waren etwa 3.000 Hektar, davon alleine 1.500 Hektar Rufete. Heute steht die Sorte vielleicht noch auf 300 Hektar, so genau weiß das niemand. Denn der Großteil der Trauben, die in der Sierra de Francia gelesen werden, landet inzwischen in großen Lastwagen, die sie nach Nordgalizien bringen. Die Tafelweinabfüller zahlen gut und schnell – und sie schauen nicht, was in die Lastwagen gelangt: weiß, rot, reif, große Menge, alles egal. 39 Cent das Kilo, der Liter im Tetrapack steht wenig später für 1,39 Euro im Supermarkt. In diesen Transporten landet auch viel Rufete, denn sie ist eine ertragreiche Rebsorte, wenn man sie wachsen lässt; nicht sonderlich empfindlich gegen Rebkrankheiten, einzig Oidium (Echter Mehltau) muss bekämpft werden.

In den letzten Jahren sind viele der großen Namen des kastilischen Weinbaus in der Sierra gesehen worden: Mariano García, Telmo Rodríguez, Peter Sisseck, Raúl Pérez. Alle wollten etwas mit Rufete auf die Beine stellen, doch keiner hat den Schritt gewagt. Aktuell ruht die Zukunft der Rufete, die außerhalb der Sierra de Francia einzig im Süden der D.O. Arribes in verschwindend kleiner Menge angebaut wird, auf genau drei Schultern. Es gibt in der Region zwar fünf Bodegas, aber eine davon, direkt an der Grenze zur Estremadura gelegen, keltert Weine, die stilistisch jener Region zuzurechnen sind. Und die Kooperative bietet momentan noch immer die Weine des Jahrgangs 2007 an, zumeist als Cuvée, sortenreine Rufete-Weine kommen nur bedingt vor.

 

Rufete-Weinberg im Süden von Arribes. (Foto: J. Buchta)

Ángel Becedas, Mitgründer der Bodega Valdeaguila, war der erste, der sich dem Verschwinden der Region und der Rufete-Traube entgegenstemmte. Er setzt jedoch nicht auf sortenreine Rufete-Weine, sondern baut alle Weine als Cuvées aus. Je nach Typ, Rosado, Tinto Joven oder Crianza, beläuft sich der Rufete-Anteil auf 50 bis 80 Prozent. Zwar denkt er über einen sortenreinen Rufete nach, an die Umsetzung hat er sich noch nicht gewagt. Vielleicht hilft es, dass er neuerdings einen “Untermieter” hat. Ein befreundeter Restaurantchef aus der Region hat sich zum Ziel gesetzt, zunächst für seine Gäste, später auch für andere Kunden, einen sortenreinen, in Barricas ausgebauten Rufete auf den Markt zu bringen.

Dies machen die anderen beiden Bodegas bereits seit Jahren. Etwa José Carlos Martín Sánchez, der Inhaber von Bodegas Rochal. Er ist im Osten der Sierra beheimatet und beackert dort etwa zehn Hektar Rebfläche, zu 80 Prozent Rufete. Anders als bei Valdeaguila, wo die Sorte auf Schiefer steht, gibt es in San Esteban de la Sierra Granit mit knappen Krumen aus sandhaltigem Mergel. Sánchez bewirtschaftet viele kleine Parzellen und plant gerade, eine uralte Anlage, die vor etwa zehn Jahren aufgegeben wurde, wieder neu zu bestocken. Im Laufe der Zeit hat er diverse alte Parzellen übernommen, auf diese Weise konnten wenigstens einige Zeitzeugen gerettet werden. Nach ein paar Jahren, in denen er für den Jungwein Rufete mit Tempranillo verschnitt, begann er im Jahr 2010, auch den Rufete sortenrein auszubauen. Zumindest einen Teil, denn der Joven für den lokalen Markt enthält nach wie vor 20 Prozent Tempranillo. In diesem Wein kann man die Fruchtigkeit der Rufete besonders gut feststellen: Himbeere und Maulbeere dominieren. Sánchez keltert insgesamt drei verschiedene Rufete-Weine. Neben dem Jungwein gibt es eine Crianza, die zehn Monate in den Barricas reift, und einen Wein, den er Calixto nennt, der Spitzname seines Großvaters. Denn er war es, der die vier Parzellen vor mehr als 100 Jahren anlegte, von denen die Trauben für diesen Wein stammen. Der Enkel würde gerne noch viel mehr Rufete keltern und noch mehr Weinberge übernehmen, die allgemeine ökonomische Situation ist allerdings nicht gerade förderlich.

Geld ist bei der dritten Bodega nicht gerade das Problem, leistet sich Viñas del Cámbrico doch den Luxus, trotz elf Hektar Rebfläche gerade einmal 10.000 Flaschen Wein zu keltern. Auch hier gibt es einen sortenreinen Rufete, etwa ein Jahr in Barricas aus französischer Eiche ausgebaut, produzierte Menge: 3.000 Flaschen. Zusammen mit dem, was Rochal keltert, und dem Wein, der gerade in Valdeaguila reift, sind es etwa 12.000 Flaschen Rufete, die Jahr für Jahr erzeugt werden.

 

Stein und Wein: Granitfelsen mitten im Weinberg in der Sierra de Gredos. (Foto: J. Buchta)

In Viñas del Cámbrico wird aber noch eine andere Rebsorte kultiviert, die früher ebenfalls große Bedeutung in der Sierra erlangte: Calabrés, eine Spielart der Garnacha Aragonés. Calabrés ist, anders als Rufete, stark anfällig für alle möglichen Rebkrankheiten, gedeiht eigentlich nur in wirklich sonnigen Hanglagen, weit genug von der Talsohle entfernt, um dem Frühnebel zu entkommen. Sortenreine Weine dieser Rebsorte gibt es nicht, selbst die in Cámbrico geerntete Menge reicht nicht aus, um auch nur ein Barrique zu füllen.

Verlässt man die Sierra de Francia gen Osten, so trifft man zunächst auf die Region Guijuelo, die aber nicht etwa für Wein, sondern für exzellenten Schinken bekannt ist und dafür auch eine eigene Denominación de Origen erhalten hat: D.O. Jamón de Guijuelo. Auf Reben stößt man erst wieder, sobald der Fluss Alberche erreicht ist. Er zieht sich im Norden der Sierra de Gredos entlang, an Cebreros, El Tiemblo und San Martín de Valdeiglésias vorbei, ehe er kurz vor den Ausläufern Madrids einen scharfen Bogen schlägt und am Südrand der Sierra de Gredos zurück nach Westen fließt, um seine Reise nahe Talavera de la Reina in den Tajo mündend zu beenden. 

Im Prinzip ist diese Gegend, zu der der äußerste Westen der D.O. Vinos de Madrid, der Norden der D.O. Méntrida sowie die Comarca Vitivinícola Cebreros gehört, Garnacha-Land. Allerdings gibt es eine weiße Rebsorte, seit langem als Tafeltraube kultiviert, die in den letzten Jahren auch als Keltertraube genutzt wird: Albillo Real. Früher wurde diese Sorte gelegentlich mitvergoren, um die etwas ruppigen Tannine der Garnacha einzubinden und zu mildern, außerdem bekamen die meist säurereichen Weine so einen stoffigen, nicht sonderlich säurebetonten Kontrapunkt. Im Jahr 2007 begann Bodegas Bernabeleva aus San Martín de Valdeiglésias, Albillo Real sortenrein auszubauen, und inzwischen sind einige andere Bodegas der Region diesem Beispiel gefolgt. Gleichwohl ist es ein Randthema geblieben: Wenn es in der gesamten Region zehn Barricas Albillo Real gibt, dann ist das viel.

Die Region Castilla y León im Weinführer

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