wein.plus
ACHTUNG
Sie nutzen einen veralteten Browser und einige Bereiche arbeiten nicht wie erwartet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser.

Anmelden Mitglied werden

Die Raboso-Rebstöcke stehen in der Ebene des trägen Piaveflusses im östlichen Veneto. Aber nicht nur deswegen ist dieser Rote das schiere Gegenteil des in unmittelbarer Nähe wachsenden DOCG-Prosecco von Valdobbiadene: Aus steilen Hügeln, international erfolgreich, weiß-prickelnd und lieblich-fruchtig der eine, dunkelrot, säurebetont, trocken, lagerbedürftig aus Flachlagen stammend und völlig unbekannt der andere. Noch vor wenigen Jahrzehnten war der Raboso, wenn auch nicht unter seinem eigenen Namen, weitherum bekannt: Wie die starken Weine des Südens diente er prominenteren Gewächsen der Toskana und des Piemonts mit seiner intensiven Farbe und seiner markanten Säure als Stütze.

Der Enthusiasmus, mit dem sich engagierte Piave-Winzer seit einigen Jahren wieder um diesen autochthonen, vom Aussterben bedrohten Sonderling kümmern, ist mitreißend. Raffaella Usai und Andreas März möchten diese Begeisterung mit den Merum-Lesern teilen.

Giorgio Cecchetto ist ein unglaublicher Typ! Als wir ihn besuchten, wollten wir ihn nur interviewen und ein paar Fotos machen. Eine, allerhöchstens zwei Stunden nimmt ein solcher Besuch normalerweise in Anspruch… es wurden dann acht Stunden daraus! Dieser Mensch ist derart durchdrungen vom Thema Raboso, dass man sich seiner Begeisterung unmöglich entziehen kann. Wir durften nicht nur seinen geometrisch überaus eigenartigen Versuchsweinberg abschreiten, sondern unsere Nase in all seine Experimente halten und von allen Fässern probieren. Er ist nicht der Einzige, der den Raboso weiß abpresst und daraus einen flaschenvergorenen Schaumwein fertigt. Ob sein Raboso Metodo Classico wirklich so überragend ist, wie es uns an diesem ereignisreichen Abend dünkte, wird wir wohl erst eine nüchterne Blindverkostung zeigen.

Nachdem auch das 6000-Liter-Fass mit dem 96er angestochen war und wir Giorgio ans Herz gelegt hatten, diesen Wein nicht für seine Kinder auf die Seite zu legen, sondern abzufüllen, war der Abend bereits ziemlich fortgeschritten. Trotzdem drängte der ruhelose Winzer uns in sein Auto und fuhr mit uns von Vazzola quer durchs nächtliche Anbaugebiet nach Motta di Livenza zu einem großen, ultramodernen Kellergebäude, das er eben fertiggestellt hatte und – wie wir ihm angesichts der undurchdringlichen Dunkelheit glauben mussten – mitten in einer 15 Hektar großen Weinanlage stand. Irgendwann in dieser Nacht brachte er uns dann noch in sein Lieblingslokal (Locanda Eccellentissima) in Motta „solo per un caffè…”. Dass dann daraus ein reichhaltiges Abendessen wurde und eine Fortsetzung der „Weinverkostung”, hätten wir eigentlich rechtzeitig ahnen müssen ...

Das war einer dieser Tage, mit deren Verarbeitung Leber und Verfassung noch den ganzen nächsten Tag beschäftigt sind, die man aber auf keinen Fall missen möchte. Giorgios Frau Cristina hat sich an dieses Energiebündel von Ehemann längst gewöhnt. Sie wünscht sich sehnlichst ein schöneres Wohnhaus, hat die Hoffnung darauf aber längst aufgegeben und sich damit abgefunden, dass alles Geld immer wieder in den Betrieb zurückfließt. Als Giorgio ihr vorschlug, ein viertes Kind zu machen, weigerte sie sich aus Angst davor, dass Giorgio es – dies ihre Worte – Raboso taufen lassen könnte ...

Vom Verschnitt- zum Nischenwein

Der Raboso hat es nicht leicht, ein Rotwein zu sein. Mehr als die Hälfte der Trauben wird zu Rosato verarbeitet. In nicht allzu ferner Vergangenheit wurde er aufgrund seines hohen Gehaltes an Weinsäure gerne zur Herstellung von Fruchtsäften verwendet. Eine weitere Aufgabe kam dem Raboso in der Pharma- und Lebensmittelindustrie zu: Nach einer sehr kurzen Maischezeit wurde der Most von den Schalen getrennt, die Traubenschalen eingefroren und zum Beispiel nach Holland exportiert, wo der rote Traubenfarbstoff zur Färbung von Fruchtgelees, Süßwaren und Medikamenten Verwendung fand.

Einstmals war der Raboso in der Piave-Ebene die vorherrschende Sorte, aber seit den 80er-Jahren ging sein Anbau rasch zurück, da der Bedarf für Verschnittweine schwand und der Anbau von Trauben anderer Sorten – allen voran der Merlot und der Prosecco – mehr rentierten. Vor allem der Prosecco trägt die Schuld daran, dass der Raboso langsam zum Fossil wird. Denn hier, in den Ebenen der Provinz Treviso, entsteht das meiste dessen, was die Welt als Billig-Prosecco überschwemmt. Die Rechnung für die Winzer ist einfach: Für ein Kilo Prosecco-Trauben kriegen sie von den Kellereien 55 Cent, für ein Kilo Raboso um die 30 Cent.

Heute werden in der Provinz Treviso, in der die DOC Piave liegt, noch auf 520 Hektar Raboso-Reben gezogen und um die sieben Millionen Liter Wein erzeugt (davon nur 10% DOC). Das ist nichts im Vergleich zum Merlot (40 Mio. lt.) oder zum Prosecco (fast 90 Mio. lt. ohne DOCG).  Die Schlussfolgerung „Raboso raus, Prosecco rein” war in den letzten Jahren aber nicht für alle Winzer die einzige Konsequenz. Manche schmerzte es, dem Verdienst zuliebe alle Weintraditionen über Bord zu werfen, sie wissen, dass die Identität des Anbaugebietes Piave mit dem Raboso steht und fällt. Von diesen Winzern soll hier die Rede sein.

Die Geschichte des Raboso geht bis ins 15. Jahrhundert zurück. Antonio Bonotto (Bonotto delle Tezze) erzählt: „Früher wurde der Raboso ‘vin da viajo’ (Reisewein) genannt, da er sich aufgrund der hohen Säure besonders gut hielt. Diese Eigenschaft hatte den Raboso zum erfolgreichsten Wein der damaligen Zeit gemacht. Andere Weine verdarben beim Transport rasch. Venedig selbst war ein wichtiger Absatzmarkt für den Raboso. In jener Zeit, das ist schon ein paar Jahrhunderte her, soll der Pro-Kopf-Konsum in Venedig rund 300 Liter Wein pro Jahr betragen haben! Wein war aufgrund seines Alkohols und der Säure hygienischer als Wasser, weshalb die Nachfrage nach Raboso groß war. Mit dem Niedergang der Republik Venedig ging auch die Bekanntheit des Raboso zurück. Trotz allem verfügen wir über Aufzeichnungen, nach denen der Raboso bis in die 30er-Jahre hinein 90 Prozent der Produktion im Piave-Gebiet ausmachte.”

Die DOC Piave erstreckt sich über große Teile der Provinz Treviso bis tief in die Provinz Venedig hinein. Das historische Anbaugebiet des Raboso liegt auf der linken Flussseite des Piave und geht von Oderzo über Tezze di Piave, San Polo di Piave bis nach Mareno di Piave. Vorwiegend wurde der Raboso früher zum Verschneiden anderer Rebsorten genutzt. Bonotto: „Lieferscheine aus jener Zeit belegen, dass meine Familie Raboso nach Siena und Poggibonsi verkauft hatte. Aufgrund seiner Farbintensität und seiner hohen Säure wurde er gern mit dem Sangiovese zu Chianti verschnitten.”

Nach dem Zweiten Weltkrieg ging die Anbaufläche des Raboso stetig zurück, da dafür keine Nachfrage mehr bestand. Der Markt verlangte nach gefälligeren, runderen Weinen, vor allem nach Merlot. Der Raboso musste also Merlot und Prosecco weichen. Der milde Merlot war als Rotwein beliebter als der strenge, auf einen langen Ausbau angewiesene Raboso, und für den Prosecco wurden viel höhere Traubenpreise bezahlt als für diesen. Nach und nach wurden die alten Raboso-Weinberge durch internationale oder weiße Rebsorten ersetzt. Manche Winzerfamilien fuhren aber fort, die schwierige Sorte zu pflegen und reinsortig zu vinifizieren. Allerdings war der Raboso auf eine Lagerung in Holzfässern angewiesen. Als trinkreif galt der Raboso erst nach mindestens sechs, sieben Jahren.

Antonio Bonotto (Bonotto delle Tezze) entstammt einer alten Winzerfamilie und steht heute der Appellation Piave als Konsortiumspräsident vor: „Das Schutzkonsortium der Piave-Weine wurde bereits 1959 gegründet, noch vor der Einführung der DOC, die erst im Jahr 1971 in Kraft trat. Ursprünglich umfasste die DOC Piave nur vier Rebsorten: Verduzzo, Tocai, Merlot und Cabernet. Der Raboso, den wir heute als unseren bedeutungsvollsten Wein ansehen, erhielt erst 1982 die DOC. Er besaß ja damals als Ursprungswein noch keine eigene Identität, weil das meiste im Tankwagen in andere Regionen ging.”

Bonotto – er weiß über seine Appellation Bescheid wie kein Zweiter – erklärt: „Im Piave-Gebiet werden heute jährlich 250 000 Tonnen Trauben produziert. Nur elf Prozent davon sind jedoch DOC-Trauben. Der Raboso selbst macht davon nur zehn Prozent aus.” Der von Bonotto genannte Anteil an DOC-Wein wird sich mit dem Jahrgang 2009 allerdings erhöhen, da der ehemalige IGT-Prosecco neu als DOC-Wein in die Statistik fällt.Aber auch dieser Raboso-Rest hat es schwer. Er wird zwar nicht mehr zu Fruchtsaft und Verschnittwein verarbeitet, allerdings werden große Mengen der Rosato-Produktion geopfert. Rosato ist gefragt und kann bereits wenige Monate nach der Traubenlese vermarktet werden.

Sergio Luca, Präsident der Cantina di Tezze: „Unsere Kellerei vinifiziert jeden Herbst rund 10 000 Tonnen Trauben. Davon sind nur etwa sieben Prozent Raboso. Allerdings wird fast die Hälfte davon sofort abgepresst und zu Rosato verarbeitet. Der Raboso Rosato erfreut sich großer Beliebtheit, denn die hohe Säure steht ihm gut.” Insgesamt werden mehr als 60 Prozent der Raboso-Trauben des Anbaugebietes zu Rosato verarbeitet. Die Nachfrage des Marktes bestimmt die Traubenpreise, und diese wiederum beeinflussen unmittelbar die Sortenwahl der Winzer. Sergio Luca (CS Tezze): „Wir vergüten für Raboso-DOC-Trauben rund 0,30 Euro pro Kilo. Für Merlot und Cabernet liegen allerdings nur noch 0,20 Euro pro Kilo drin, denn vor allem den Merlot will keiner mehr haben. Für Raboso steigt die Nachfrage langsam wieder.

Der Prosecco jedoch ist eine Geldmaschine! Für ein Kilo Prosecco erhalten die Bauern fast doppelt so viel wie für den Raboso. Wie sollen wir bei diesen Preisunterschieden die Bauern davon überzeugen, dass es gescheiter wäre, Raboso statt Prosecco zu pflanzen? Wie sollen wir sie daran hindern, auf den Prosecco-Zug aufzuspringen?” Aus der Sicht der Bauern ist es verständlich, dass sie versuchen, möglichst viel aus ihrem Land herauszuholen. Denn laut Sergio Luca muss ein Winzer mindestens 5000 Euro pro Hektar einnehmen, um seine Kosten zu decken. Die Erträge für IGT-Weine sind hoch und können theoretisch bis auf 20, 25 Tonnen ansteigen. Da die Traubenpreise jedoch sehr tief sind, müsste der erlaubte Höchstertrag vollumfänglich erzielt werden, soll die Produktion nicht mehr kosten als sie bringt.

Der mittlere Hektarertrag des IGT-Raboso liegt jedoch lediglich bei 14 Tonnen, was einen Hektarverdienst von nur rund 4000 Euro ergibt. Einiges mieser sieht die Situation für die Traubenlieferanten des DOC-Raboso aus: Der mittlere Hektar­ertrag beträgt 7100 kg, der Traubenpreis liegt bei 30 Cent/kg. Es ist also für Winzer ohne Selbstvermarktung völlig uninteressant, ihren Raboso als DOC-Wein zu deklarieren und dafür auf die Hälfte der Menge zu verzichten, solange für DOC-Trauben nicht mindest doppelt so viel ausbezahlt wird wie für IGT-Trauben. Alleine der Ex-IGT-Prosecco ergibt derzeit gute Hektarverdienste: 17 Tonnen/Hektar, vergütet mit 60 Cent/kg!

Hier darf Raboso wieder Rotwein sein

Antonio Bonotto (Bonotto delle Tezze): „In den letzten 15 Jahren hat sich in den Köpfen der Winzer etwas verändert. Seit Anfang der 90er-Jahre wird ernsthaft versucht, dem Raboso neues Leben zu geben und an alte Traditionen anzuknüpfen. Insbesondere Giorgio Cecchetto und Gigi Peruzzetto von Casa Roma haben begonnen, den Raboso neu zu interpretieren. Sie haben stets an ihn geglaubt und in diese Sorte investiert. Sie wollten sich allerdings nicht mit dem störrischen Wein zufriedengeben, der jahrzehntelang produziert wurde, sondern haben in Weinberg und Keller auf einen zeitgemäßen Raboso hingearbeitet. Daraufhin setzte sich auch das Konsortium stärker für den Raboso ein, und heute arbeiten fast alle Winzer mit, um den Raboso zu dem Aushängeschild unserer Appellation zu machen. Natürlich gibt es zwischen den Winzern große Unterschiede. Da gibt es Traditionalisten und Erneuerer. Doch alle sind wir uns einig, dass der Raboso die Geschichte und auch die Zukunft des Piave-Gebietes ist.”

„Mein Vater hatte immer darauf gedrängt, den Raboso durch andere Sorten zu ersetzen. Seiner Meinung nach wollte ihn keiner mehr haben”, erzählt Gigi Peruzzetto (Casa Roma), „trotzdem habe ich die Sorte gelassen, mich hat ihr ausgeprägter Charakter stets fasziniert. Für die meisten hier war er entweder ein Verschnittwein oder der Grundwein für einen einfachen Rosé Frizzante. Der Rotwein war in Vergessenheit geraten. Ich bin Traditionalist und füge keine getrockneten Trauben zum Wein. Um mehr Rundheit und Konzentration zu erhalten, ernte ich die Trauben so spät wie möglich. Und natürlich reift bei uns Raboso nicht in der Barrique, sondern im großen Holzfass.”

Emanuela Bincoletto (Tessère): „Wir waren uns immer einig, den Raboso gemeinsam zu kommunizieren, aber als es dann konkret wurde, hatten wir nicht den Mut dazu. Vor allem deshalb, weil wir alle eine andere Vorstellung des Raboso hatten. Heute ist es fast schon zu spät, wir hätten uns vor zehn Jahren einigen sollen. Manche von uns sind Traditionalisten, andere haben mehr den kommerziellen Erfolg im Auge. Es wird nie nur einen Stil geben. Manche wollen den Raboso dem internationalen Geschmack annähern, andere seinen Charakter und rauen Charme bewahren.”

In San Polo di Piave steht das Gambrinus. Mehr als ein Gastronomiebetrieb ist es eine Institution mit besonderer Bedeutung für die Appellation Piave und insbesondere für den Raboso. Seit Mitte des 18. Jahrhunderts betreibt die Familie Zanotto die Osteria Gambrinus, heute auch Restaurant, Kellerei und Locanda. Gianmaria Zanotto ist für die Weinproduktion und das Elisir Gambrinus (Aperitiv-/Verdauungslikör auf Weinbasis) zuständig: „Der Raboso war für unsere Familie seit Generationen ein Gut, das wir fernab jeglicher Modeströmungen kommuniziert und hochgehalten haben, auch weil er seit 1848 die Basis unseres Elisirs ist. Bis in die 80er-Jahre hinein ist der Raboso als Verschnittwein missbraucht worden, sein Image wurde kaputt gemacht. Seit jüngster Zeit nimmt man hier den Raboso wieder ernst.”

Antonio Bonotto: „Der Raboso ist gemeinsam mit den Winzern gewachsen. In den 80er-Jahren hat er sich stark verändert. Bei Vertikalverkostungen merkt man das ganz deutlich. Er ist weicher und zugänglicher geworden. Das hat verschiedene Gründe: bessere Kenntnis der Sorte und önologische Fortschritte.” Im Jahr 1994 bepflanzte Bonotto gemeinsam mit dem Forschungsinstitut Conegliano einen Hektar mit Raboso, deren Reiser er alten Pflanzen im ganzen Anbaugebiet entnommen hatte. Es ging ihm darum zu verhindern, alte Raboso-Klone aussterben zu lassen. Denn viele alte Raboso-Weinberge wurden damals gerodet und mit anderen Sorten bepflanzt. Bonotto hat mit seinem Weinberg das genetische Erbe des Raboso gesichert.

Seit 2002 unterhält Giorgio Cecchetto in Zusammenarbeit mit demselben Forschungsinstitut und den Universitäten von Udine und Padova einen experimentellen Weinberg (1,5 Hektar) mit 54 unterschiedlichen Kombinationen verschiedener Raboso-Klone, die auf unterschiedlichen Unterlagen und mit unterschiedlichen Reberziehungsformen und Stockabständen wachsen. Im Rahmen des Möglichen wurde hier einiges getan, um für den Raboso die Basis für ein Comeback zu schaffen.

Zähmung des Widerspenstigen

Heute einen reinsortigen Rotwein aus Raboso zu erzeugen, kommt einem Balanceakt gleich. Ihn in seiner ganzen rustikalen, wilden Pracht – als „Reisewein” – auf die Flasche zu bringen, wäre sinnlos, denn Weine mit einem solch extremen Geschmack lassen sich nicht verkaufen. Also muss der Raboso irgendwie gezähmt werden, allerdings ohne dafür seine Identität zu stark abzufeilen. Früher wurde er jahrelang gelagert und auf diese Weise mürbe gemacht. Ein aktuelles Beispiel ist ein vierzehnjähriger Raboso im Keller von Giorgio Cechetto, der immer noch im großen Holzfass auf die Flasche wartet. „Ich habe noch 6000 Liter 1996er, die ich irgendwie vergessen habe abzufüllen. Der Wein ist so besonders, dass ich ihn für meine Kinder behalten möchte. Seit Jahren reift er nun in diesem Fass und ist wunderbar. Ein großer Raboso!”

Ornella Molon: „Keiner behauptet, der Raboso sei ein einfacher Wein. Mit Sicherheit ist der erste Kontakt mit ihm eher von zaghafter Begeisterung geprägt. Aber man kann einen Raboso im Keller nicht wie einen Merlot behandeln. Dann macht man ihn kaputt, man nimmt ihm seine Persönlichkeit. Natürlich versuchen wir ihn zu zähmen, und mit der heutigen Technologie und dem Wissen, dass unsere Vorfahren so nicht hatten, gelingt es uns auch, einen angenehmeren Wein zu machen. Er wird jedoch immer etwas Besonderes bleiben, und das ist auch gut so.”

Florian von Stepski Doliwa (Rechsteiner): „Ich bin ein Gegner der modernen Raboso, die in den letzten Jahren entstanden sind. Der Raboso ist kein runder Wein, er ist eckig und sein Charakter gehört einfach zu ihm.” Antonio Bonotto: „In meinen Raboso kommen keine getrockneten Trauben. Dafür bringe ich ihn erst nach vier anstatt nach drei Jahren auf den Markt.”

Giorgio Cecchetto: „Wollen wir mit den Raboso-Trauben einen guten Wein machen, dann müssen wir seine Eigenheiten bis ins Detail verstehen. Früher haben die Bauern die Trauben erst im November gelesen, manchmal sogar mit Schnee. Heute ernten ihn viele bereits Mitte Oktober, das ist definitiv zu früh. Denn wenn der Raboso nicht vollreif ist, dann besitzt er auch nach dem Biologischen Säureabbau noch eine extrem hohe Säure.”

Eine Möglichkeit der Raboso-Zähmung besteht darin, einen Teil der Trauben anzutrocknen. Diese Methode ist neu und hat keinen traditionellen Hintergrund. Die Winzer trockneten zwar immer geringe Mengen von Trauben an, aber sie stellten daraus einen Passito her und verwendeten den süßen Most nicht zur Verstärkung des Raboso-Weins. Giorgio Cecchetto hatte in den 90er-Jahren als Erster damit begonnen, getrocknete Trauben in den Raboso zu geben. Die Idee für die teilweise Antrocknung der Trauben stammt aus dem Valpolicella-Gebiet: Sandro Boscaini von Masi hatte Cecchetto 1996 gebeten, eine bestimmte Menge Raboso-Trauben für eine Mikrovinifikation anzutrocknen. Mehrere mit dieser Methode hergestellte Weine aus ganz Italien wurden anschließend auf der Vinitaly vorgestellt.

Giorgio Cecchetto: „Dank diesem Experiment haben wir überhaupt erst begonnen, über die Sache nachzudenken. Mit den getrockneten Trauben haben wir den Raboso konzentrierter gemacht und seine Ecken und Kanten gerundet. Damals waren wir mit frischen Trauben noch nicht zu einem solchen Wein in der Lage. Wir hatten damit einen Weg gefunden, schneller zu einem Wein zu kommen, der einem größeren Publikum schmeckt. Heute, nach fast 15 Jahren Forschung und Experimenten, sind wir von der Amarone-Methode wieder ziemlich weggekommen. Ich jedenfalls sehe darin nicht die Zukunft des Raboso.”

Raboso-Missionar Cecchetto lässt nichts unversucht, um beim Seiltanz zwischen Sortentypizität und Gefälligkeit das Gleichgewicht zu finden. Dass die Barrique nicht die ideale Lösung ist, weiß er, trotzdem ist der Raboso offenbar auf einen längeren Ausbau im Holz angewiesen. So experimentiert er nicht nur im Weinberg und mit der Traubenantrocknung, sondern auch mit Barriques aus unterschiedlichen Hölzern. Neben Eiche wird Kirsch-, Akazien-, Kastanien- und Maulbeerbaumholz getestet. Bei unserem Besuch durften wir die fünf Weine verkosten und gaben dem Raboso aus der Maulbeerbaumbarrique klar den Vorzug. Dass dieses ungewöhnliche Holz das geeignetste zu sein scheint, ist auch deshalb interessant, als in den traditionellen Weinbergen nicht nur der Raboso, sondern auch der Maulbeerbaum zuhause war.

Qualität allein nützt wenig

Tue Gutes und sprich darüber… Das gilt auch für Weinproduzenten. Was aber, wenn einen keiner versteht?

Langsam, langsam beginnen die Weinfreunde am Raboso Interesse zu zeigen. Origineller Name, klingt unbekannt und ist doch ein autochthoner Wein mit Geschichte: Gute Voraussetzungen, um sich als Liebhaberwein einen kleinen Markt zu schaffen. Vittorio Bellussi (Bellussi): „Seit rund zehn Jahren spüren wir ein steigendes Interesse am Raboso. Die Arbeit des Konsortiums trägt Früchte. Früher fragte nie ein Besucher nach Raboso. Heute kommen regelmäßig Kunden, die an diesem Rotwein interessiert sind, und das macht uns natürlich glücklich. Der Raboso ist mit Sicherheit die Zukunft unserer Appellation.”

Gigi Peruzzetto (Casa Roma): „Leider präsentiert sich aber den Raboso-Interessierten ein großes Durcheinander. Der Weinfreund kommt her und findet den traditionellen roten Raboso DOC vor, daneben gibt es einen runderen Raboso mit einem Anteil angetrockneter Trauben, dann die Frizzante-Version, den Rosato. Das alles behindert uns, wenn wir den Raboso als Aushängeschild proklamieren möchten.” Und nun soll nochmals ein neuer Wein hinzukommen: Der Malanotte. Ein Raboso-Wein mit DOCG! Eigentlich wollte das Konsortium ja nur Ordnung ins Angebot bringen, riskiert jedoch, das Gegenteil zu bewirken. Der Wille, die Weine aus frischen Trauben von solchen mit angetrockneten Trauben unterscheidbar zu machen, ist absolut nachvollziehbar. Als manche Produzenten mit „verstärkten” Raboso kommerzielle Erfolge erzielten, löste das im Konsortium Diskussionen aus, ob das Produktionsreglement verändert werden sollte. Die traditionellen und die neuen Weine waren komplett unterschiedlich.

Der Präsident Antonio Bonotto: „Wir wollten die erfolgreiche Entwicklung natürlich keinesfalls stoppen. Also hatten wir die Idee, ein neues Produktionsreglement zu schaffen. Wir ließen dem traditionellen Raboso die alten Produktionsregeln und schufen ein zweites, sehr strenges Reglement für den Raboso mit angetrockneten Trauben, eine Art Raboso Superiore. Darin ist ein Anteil angetrockneter Trauben von 15 bis 30 Prozent vorgeschrieben. Jeder Betrieb muss eine Trockenkammer einrichten und sich genau an die Vorschriften zur Rückverfolgbarkeit halten. Damit erhalte ich als Konsortiumspräsident auch eine gewisse Kontrolle über die Produktion. 2008 wurde das neue Produktionsreglement abgesegnet. Der erste Jahrgang wird 2011 auf den Markt kommen. Wie der Raboso muss auch der neue drei Jahre im Keller reifen. Erst dachte man, die Neukreation Raboso Superiore zu nennen, änderte dann aber die Meinung.

Bonotto: „Während die Regeln ausgearbeitet wurden, haben wir uns auch über den Namen dieses Weines Gedanken gemacht. Wir sind zur Überzeugung gelangt, dass wir ihn nicht Raboso Superiore, sondern besser Piave Malanotte nennen wollen. Die Erfahrung mit dem Prosecco hat gezeigt, wie schwierig es ist, einen Wein zu schützen, der den Namen der Rebsorte trägt.“Der Name Malanotte stammt vom Borgo Malanotte, einem Weiler mitten im traditionellen Anbaugebiet bei Tezze di Vazzola. Bonotto: „Wir haben sogar einen Antrag auf DOCG gestellt und hoffen, dass in Rom sobald wie möglich darüber entschieden wird.” Das ist alles sehr gut gemeint, aber diese Politik folgt einer Logik, die den Mechanismen der Weinkommunikation entgegenlaufen. Wir kritisieren, dass es kein Grundkonzept gibt, auf dem die Ziele festgeschrieben sind, die man mit und für den Raboso und die Appellation Piave erreichen möchte. Bisher gabs viel Raboso-Schrott unterschiedlicher Bezeichnungen. Nun ginge es darum, dem roten DOC-Wein Raboso, an dessen Qualität die Produzenten tatsächlich ernsthaft arbeiten, ein entsprechendes Image zu geben. Das geht aber nicht, indem man den Wein, den man lancieren will, zweiteilt. Malanotte hier, Raboso Piave dort.

Antonio Bonotto: „Die Weine der DOC Piave werden vorwiegend hier im Veneto und in Italien getrunken. Ins Ausland geht verhältnismäßig wenig. Das Konsortium wünscht sich, dass der Name Raboso im Ausland für die DOC Piave steht. Es soll zu unserem Aushängeschild werden. Bisher war das nicht so, die Weine, die man von uns kennt, sind Prosecco und Pinot grigio. Doch immer wenn wir die Möglichkeit haben, präsentieren wir den Leuten auch den Raboso. Wir versuchen den Raboso langsam ins Gespräch zu bringen.” Obschon es die erklärte Absicht ist, das Ansehen des traditionellen Raboso aufzupolieren, untergräbt man es mit allen Mitteln! Im Interesse des Raboso kann man nur hoffen, dass die zuständigen Behörden in Rom dem Malanotte die DOCG verweigern werden. Wie soll dem Weinkunden ansonsten erklärt werden, dass der Malanotte DOCG nicht besser ist als der traditionelle Raboso DOC, sondern nur anders? Um das Fass der Antikommunikation zum Überlaufen zu bringen, will man nun die Ausbauzeit des traditionellen Raboso von drei auf zwei Jahre verkürzen. Das degradiert diesen endgültig zum Zweitwein. Der Präsident selbst bringt seinen Raboso nicht nach den vorgeschriebenen drei, sondern nach vier Jahren auf den Markt ...

Bei unserem Besuch im Produktionsgebiet haben wir kaum einen Winzer getroffen, der an diesem Raboso Superiore oder Malanotte interessiert wäre. Im Gegenteil, entweder man lehnt die Verwendung angetrocknter Trauben im Raboso ganz ab oder man ist bestrebt, wieder davon weg zu kommen. Gigi Peruzzetto (Casa Roma): „Der Malanotte ist eine Neuinterpretation des Raboso. Der Markt wird darüber entscheiden, ob dieser Wein zum Erfolg wird. Ich denke nicht, dass ich den Malanotte produzieren werde. Getrocknete Trauben verwende ich nur für den Raboso Passito. Als Betrieb sind wir Traditionalisten, und ich habe das Projekt des Malanotte zwar auf bürokratischer Ebene unterstützt, aber in meine Betriebsphilosphie passt er nicht. Die Weintrinker bevorzugen heute wieder elegantere Weine, traditionelle Produkte, die sich von der Mode der Barrique-Weine und Supertuscans entfernen. Ich möchte beim Raboso keine Kompromisse machen, sondern ihn so haben, wie er von Natur aus ist. Wer ihn nicht mag, soll doch Merlot trinken.” Auch Giorgio Cecchetto, dessen Raboso Gelsaia dank eines Anteils angetrockneter Trauben einer der erfolgreichsten Weine der Appellation ist, erwägt einen Schritt zurück: „Im Moment trockne ich noch einen Teil der Trauben für den Gelsaia an, aber ich hoffe, dass ich in ein paar Jahren auf diesen ‘Trick’ nicht mehr angewiesen bin, sondern dann meine besten Trauben die erwünschte Konzentration auch ohne zusätzliche Hilfe erbringen. Zwar habe ich damals mit dem ‘appassimento’ angefangen, aber der wirkliche Raboso sollte das nicht brauchen. Daher konzentriere ich mich lieber auf die Verbesserung der Traubenqualität im Weinberg.”

Der Raboso-neugierige Weinfreund wird nicht nur damit konfrontiert, dass es bald zwei konkurrierende DOC-Rotweine aus dieser Sorte geben wird, er wird in jeder italienischen Autobahnraststätte mit der Tatsache konfrontiert, dass unter dem Namen Raboso auch rote IGT-Weine angeboten werden, sogar weit größere Mengen als vom DOC-Wein. Sergio Luca (CS Tezze): „Ein Problem ist, dass sowohl Raboso IGT als auch Raboso DOC auf dem Markt sind. Wir könnten in der Zukunft ein ähnliches Problem wie der Prosecco bekommen. Zwei Weine von unterschiedlicher Qualität mit demselben Namen. Die Konsumenten schauen auf den Preis. Wie sollen wir den Raboso DOC kommunizieren? Alle wünschen wir uns, dass die Nachfrage nach dem DOC steigt, aber solange es den Raboso IGT gibt, macht er dem DOC-Wein Konkurrenz. Wenn wir den Raboso DOC kommunizieren, profitiert leider auch der IGT davon.”Die Entwicklung des Raboso hinkt dem Prosecco 20 Jahre hinterher und könnte von diesem einiges lernen. Irgendwann ist die Situation in Conegliano-Valdobbiadene aus dem Ruder gelaufen. Erst der Erfolg zeigt, ob ein Bezeichnungssystem gut ist oder bei Belastung versagt: Als Prosecco zur Mode wurde, verdarb die IGT-Produktion den Markt und machte die Preise kaputt.

Die Winzer im klassischen Anbaugebiet mussten eine Lösung finden und haben die Rebsorte im vergangenen Jahr kurzerhand in Glera umbenannt. Aber eigentlich hätten sie viel früher reagieren müssen, denn was zur Rettung des DOC-Prosecco unternommen wurde, war eigentlich ein Gewaltakt am Rande der Legalität, der nur gelang, weil der jetzige Landwirtschaftsminister aus dieser Gegend stammt. Beim Raboso könnte man bei den Bezeichnungen von Wein und Rebsorten jetzt noch eingreifen, ohne großen Schaden anzurichten. Sollte dem Raboso tatsächlich der erhoffte kommerzielle Durchbruch gelingen, wäre es zu spät für derartige Eingriffe. Es ist schade, aber der Raboso ist vollkommen unvorbereitet für einen möglichen Erfolg. Wenn der Verbraucher sich entscheiden muss zwischen Malanotte, Raboso Piave DOC und Raboso IGT, nimmt er im Zweifelsfall den IGT, weil dieser am günstigsten ist. Wird der Malanotte Realität, dann wird der traditionelle Raboso DOC zwischen dem besseren Image des Malanotte DOCG und dem besseren Preis des Raboso IGT hoffnungslos aufgerieben.

Kein gutes Zeichen für die Appellation Piave Raboso ist der Traubenpreis, der mit 30 Cent pro Kilo nicht nur niedrig ist, sondern sich von dem des IGT-Raboso (28 Cent/kg) kaum unterscheidet. Das heißt doch nur, dass der Markt zwischen IGT- und DOC-Wein nicht zu unterscheiden vermag. Der Fluch der Sortenweine trifft auch den Raboso. Der Raboso-Kunde vermag den qualitativ anspruchsvolleren DOC-Raboso von einem IGT-Raboso aus einer Produktion von bis zu 19,2 Tonnen pro Hektar nicht auseinanderzuhalten. Denn der Weinname ist praktisch derselbe. Die Nachbarn von Valdobbiadene haben das Problem rechtzeitig mit dem Zauberstab gelöst und schlicht ihrer Sorte einen neuen Namen gegeben. Raboso jedoch kurzerhand zum Gebietsnamen zu erklären wie das die Kollegen vom Prosecco getan haben, wird ihnen nicht gelingen, denn der Zauberstab (sprich: Landwirtschaftsminister Luca Zaia) funktioniert nämlich nicht mehr, seit Brüssel das Kommando über die europäischen Ursprungsbezeichnungen übernommen hat. Bliebe nur, den Namen des Weins zu ändern. In Piave beispielsweise. Aber dazu müssten erst alle anderen Sorten aus der DOC Piave verschwinden.

Hätten wir die Geschicke der Appellation Piave zu bestimmen, dann würden wir unter diesem Namen nur noch den traditionellen Raboso belassen und ihm mit einem strengen Produktionsreglement den Weg zum Erfolg ebnen. 14 Tonnen pro Hektar sind rund fünf Tonnen zu viel ...

Was hat die Appellation schon zu verlieren, wenn sie ihre Courage in beide Hände nimmt und für den Raboso genau das tut, was getan werden müsste? Wenig! Denn die Anbaufläche des DOC-Raboso ist auf einem Tiefpunkt von 110 Hektar angelangt, von dem es nur aufwärts gehen kann (Raboso IGT: 460 ha). Die wirtschaftlich bedeutungsvollen Sorten sind Merlot mit 3200 Hektar (DOC und IGT), Prosecco mit 5100 Hektar (DOC = ex-IGT) oder Pinot grigio mit 2400 Hektar (DOC und IGT). Mit konsequentem Durchgreifen würden keine kritischen Gleichgewichte tangiert, sondern nur dem einzigen autochthonen Wein der Gegend eine Chance gegeben. Immerhin scheint man die Gefahr, die von der großen Unübersichtlichkeit droht, richtig einzuschätzen. Antonio Bonotto: „Mit den Konsortien der DOC Lison Pramaggiore und Montello arbeiten wir an einem gemeinsamen Projekt. Unsere Appellationen schützen DOC-Weine wie Pinot grigio, Chardonnay, Merlot, Cabernet mit Hektarerträgen von um die 12 000 Kilo. Das werden nie Weine sein, die aufgrund ihrer exzellenten Qualität in der Welt Aufsehen erregen. Unser Vorhaben ist nun, die drei DOC in Bezug auf die internationalen Rebsorten zu einer zu vereinen. An einem Namen für diese weitflächige DOC für internationale Sorten arbeiten wir noch. Vereint haben wir bessere Chancen auf dem Markt, und von Ursprungscharakter kann bei diesen Weinen ohnehin nicht die Rede sein. Somit könnten wir diese internationalen Rebsorten aus der DOC Piave streichen. In der DOC Piave verblieben der Raboso Tradizionale, der Raboso Passito und der Malanotte. Außerdem würde die DOC Piave noch den Carmenère und den Manzoni Bianco miteinschließen.”

Die Merum-Leser wissen, wie wir über diese Sache denken: Ein Weingebiet – eine Appellation – ein Wein! Kein Carmenère und kein Manzoni bianco (Rheinriesling x Weißburgunder, einer der Züchtungserfolge des Forschers Luigi Manzoni aus den 30er-Jahren). Aber auch kein Malanotte!

Die Winzer und das Konsortium sind (ziemlich) von den Chancen des Raboso überzeugt und investieren (ziemlich) viel in seine Zukunft. Ihnen Halbherzigkeit vorzuwerfen, wäre zwar ungerecht, aber man vermisst Kompromisslosigkeit. Die Kompromisslosigkeit, die beispielsweise die Appellation Franciacorta zum Erfolg geführt hat. Auch dort werden neben Schaumwein Rote und Weiße erzeugt. Zuerst verboten sich die Produzenten die Produktion von Tankgärspumante, dann gaben sie ihren Stillweinen einen anderen Namen. Franciacorta bedeutet heute nur eines: Metodo Classico!

Der Raboso ist ein vom Aussterben bedrohter Repräsentant der italienischen Weinkultur. Es ist ein Glück, dass er von einer Reihe von Winzern mit Respekt und Hingabe erhalten und gepflegt wird. Für uns Weinliebhaber ist der Raboso – jenseits von persönlichen Geschmacksvorlieben – ein prioritäres Thema. Selbst falls uns vielleicht ein leicht röstiger, runder Merlot besser munden mag, ist dieser weder als originell noch über seinen Konsumwert hinaus als mehrwertig zu beurteilen. Er ist überall reproduzierbar und steht nur für sich selbst und die Bravour seines Machers. Traditionelle Weine sind in dieser Hinsicht ungleich anspruchsvoller, sie können nur in bestimmten Anbaugebieten sowie nach bestimmten Regeln entstehen. Und auch dann nur dort, wo ein Winzer nicht sich selbst, sondern die Identität des Weins in den Vordergrund stellt. Diese Weine haben nicht nur Geschichten zu erzählen, sie verkörpern Geschichte.

Die Merum-Redaktion erkennt als ihre angenehme Aufgabe, für ihre Leser nicht nur bekannte Weingebiete kritisch unter die Lupe zu nehmen, sondern mit gleicher Priorität Appellationen zu beleuchten, die aus irgendwelchen Gründen in Vergessenheit geraten sind oder es nicht schaffen, sich über regionale Grenzen hinaus Bekanntheit zu verschaffen. Dazu gehört auch dieser querige Wein aus dem östlichen Veneto.

Wenn Sie ein Abo der Merum bestellen möchten, können Sie das hier machen:
Merum-Abo bestellen

ALLE FOTOS IN DIESEM ARTIKEL - COPYRIGHT
MERUM

Mehr verwandte Stories

Alle anzeigen
Mehr
Mehr
Mehr
Mehr
Mehr
Mehr
Mehr
Mehr
Mehr
Mehr

Veranstaltungen in Ihrer Nähe

PREMIUM PARTNER