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In Südtirol pflanzen immer mehr Weingüter Piwi-Rebsorten an. Selbst vor den großen Kellereien macht der Trend nicht mehr Halt. Über die Erfahrungen der Winzer und die Entwicklung der Weine berichtet Roland Brunner.

“Die Weine der Zukunft” nennt Thomas Niedermayr seine Gewächse, die ausschließlich aus Piwi-Sorten gekeltert werden. Die Zukunft begann auf dem Hof Gandberg schon vor 30 Jahren, als sein Vater Rudolf sich entschied, konsequent biologisch zu arbeiten und mit dem Pflanzen von Piwi-Sorten auf Spritzungen jeglicher Art zu verzichten. Beim Bio-Anbau hat sich in Südtirol - vor allem in den vergangenen zehn Jahren - erfreulich viel getan. Bei der Produktion von Piwi-Weinen sind die Winzer allerdings insgesamt noch zurückhaltend.

Piwi-Pionier Rudolf Niedermayr und sein Sohn ThomasPiwi-Pionier Rudolf Niedermayr und sein Sohn Thomas

Mit Werner Morandell (Lieselehof), dem Weingut St. Quirinus in Kaltern, Franz Pfeifhofer (Zollweghof) in Lana, Patrick Uccelli (Ansitz Dornach) in Salurn, Othmar Sanin in Margreid, Josef Gamper (Gruberhof) in Algund sowie Willi Gasser (Santerhof) im Pustertal sind noch weitere Kollegen hinzugekommen, die konsequent - und durchaus erfolgreich - auf Piwis setzen. Doch insgesamt sind die resistenten Sorten in Südtirol noch die Ausnahme. Aber auch der Bio-Trend fing einmal klein an und ist nun bei vielen Kellereien – auch bei nicht offiziell zertifizierten – bereits nicht mehr wegzudenken.

Die Pioniere der pilzwiderstandsfähigen Rebsorten haben sich mit ihrer Qualität inzwischen in der ersten Liga etabliert. Für Thomas Niedermayr ist das ein entscheidender Faktor: „Für mich ist wichtig, dass ich mit meiner Art zu arbeiten hochwertige Weine anbieten kann. Weinbau bedeutet für mich eine Art von Landwirtschaft, in der auch Tiere und andere Pflanzen als die Rebe sowie der Mensch ihren Lebensraum finden. Piwi-Sorten sind für uns das geeignetste Mittel, diese Ziele zu erreichen.”

Wie für alle anderen Sorten gilt für ihn: „Die Sorte muss genug Potenzial aufweisen, die Lage muss stimmen - und ich als Winzer muss es schaffen, diese Voraussetzungen zu nutzen. Daraus resultieren tolle Weine, bei denen man nicht darüber diskutiert, aus welchen Sorten sie gemacht sind, sondern von deren Qualität man begeistert ist. So wie bei den anderen hochwertigen Weinen auch.“

 

Die Vorteile von Piwi-Sorten nutzen

Alpenschweine auf dem Santerhof - resistent und glücklich (©Brunner).Alpenschweine auf dem Santerhof - resistent und glücklich (©Brunner)

Gar nicht begeistert ist Niedermayr von der Herangehensweise, Piwi-Sorten nur als Notnagel für schwierig zu bearbeitende Lagen zu sehen oder – schlimmer noch – in eher ungeeigneten, weil tendenziell zu feuchten Lagen, anzubauen. Wer ihn wegen geeigneter Sorten und ihren Standort um Rat fragt, erhält die Antwort, in diesen Lagen lieber „eine Wiese anzulegen und eine Kuh drauf zu stellen“.

Die klimatische Entwicklung wird auch Veränderungen im Südtiroler Rebsortenspiegel mit sich bringen. Daher wünschen sich er und einige seiner Piwi-affinen Kollegen wie Patrick Uccelli vom Weingut Dornach in Salurn mehr Engagement von offizieller Seite sowie von den größeren Kellereien. „Wer weiß, ob ich hier nicht in 15 Jahren Primitivo, Negroamaro oder ähnliches pflanzen kann. Und ich wäre ja schön blöd, wenn ich bei ohnehin anstehenden Veränderungen im Sortenspiegel auf die Vorteile der Piwis verzichten würde. Wie bei allen anderen Sorten muss das Resultat stimmen, das heißt, es muss ein hochwertiger, spannender Wein sein. Ich bin überzeugt, dass inzwischen genügend Piwi-Sorten diesen Anforderungen gerecht werden.“ Dazu würden sie “mit Sicherheit der vor kurzem verabschiedeten Nachhaltigkeitsagenda des Südtiroler Weinbaus besser gerecht als konventionelle Sorten”.

Bestens geeignet sind Piwi-Sorten auch für Betriebe, die die ökologischen und ökonomischen Vorteile der Tierhaltung im Weinberg nutzen. „Arbeitseinsätze für Laubarbeiten und Bodenbearbeitung können wir uns fast sparen. Das erledigen unsere Schafe. Bei uns können sie dies das ganze Jahr über tun, da bei uns fast keine Kupfer-Behandlungen anfallen”, erklärt Johannes Gasser vom Weingut Santerhof im Pustertal.

 

Piwi-Sorten in Großkellereien

Piwi-Weine mal keck und frech (Kellerei Kurtatsch), mal markant sachlich (Kellerei Meran)Südtiroler Piwi-Weine - mal kreativ und frech (Kellerei Kurtatsch), mal markant sachlich (Kellerei Meran)

Doch auch bei größeren Betrieben Südtirols spielen die Piwis inzwischen eine Rolle. Die Kellereien Meran und Kurtatsch bieten derzeit in ihren klassischen Linien Piwi-Weine an, die qualitativ problemlos mit den traditionellen Weinen mithalten können. „Sonst würden wir sie nicht anbieten“, sagt Andreas Kofler, Obmann der Kellerei Kurtatsch, der gleichzeitig Vorsitzender des Konsortiums Südtiroler Wein ist. Er sieht in den resistenten Sorten „durchaus eine Zukunft – wenn auch vorerst in mengenmäßig sehr kleinen Dimensionen“.

Auch Willy Stürz, Weinmacher der Kellerei Tramin, ist der Meinung, dass „dieser Weg sicher der richtige ist. Wenn alles gut funktioniert, ist es ein Riesengewinn für den Weinbau“. Zum guten Funktionieren gehöre aber der Verkauf. Bei Betrieben, die größere Mengen vermarkten, seien die Anforderungen dabei anders als bei kleinen Kellereien, die nur eine Nische bedienen.

„Im Verkauf müssen wir berücksichtigen, mit welchen Weinen Südtirol sein Image als Qualitätsregion aufgebaut hat. Das sind vor allem Weißburgunder, Sauvignon Blanc und Traminer bei den Weißweinen sowie Vernatsch, Blauburgunder und Lagrein beim Rotwein. Die werden auch in nächster Zeit die Bestimmenden bleiben und für die müssen wir Wege finden, sie ökologisch nachhaltig zu produzieren.“

 

Piwi-Forschung in Südtirol

Welche resistenten Sorten in Zukunft interessant für Südtirol sein könnten, wird im Versuchszentrum Laimburg untersucht. Das Institut unterhält derzeit zwei Versuchsweinberge, in denen die Eignung von Piwi-Sorten unter Südtiroler Bedingungen geprüft wird. Leiter dieser Abteilung ist Josef Terleth, der in Südtirol aufgrund der „Vielfalt auf kleinstem Raum ein gutes Potenzial für neue Sorten sieht. So können in den hohen Lagen frühreifende Sorten wie Solaris und Muscaris sehr gute Resultate bringen“.

Die Projektleiter können derzeit noch keine Empfehlungen geben, welche Sorten für Südtirol die geeignetsten sind. Wichtig ist für Josef Terleth, dass „die geschmacklichen Eigenheiten der neuen Sorten mit denen der bereits bekannten Sorten vergleichbar sind“. Doch Terleth betont: „Sie sollten sich für den Konsumenten nicht zu sehr von den bereits vertrauten Sorten unterscheiden, sonst werden sie nicht akzeptiert.“ Wobei er jedoch die Erfahrung gemacht habe, dass dies nicht für alle Weinkonsumenten gelte, sondern “generationsabhängig” sei.

Bei einer Veranstaltung des Versuchszentrums wurden Besuchern jeweils zwei Weine aus Piwi- und aus konventionellen Sorten blind zum Verkosten angeboten. Die Testpersonen mussten lediglich angeben, wie ihnen die Weine geschmeckt haben. „Von den älteren Besuchern wurden die ihnen vertrauten Sorten bevorzugt, die jüngeren haben die Piwi-Weine genauso geschätzt. Und da in der ‚neuen Weinwelt‘ derzeit ohnehin mit Orange, Pet Nats und anderem viel in Bewegung ist, haben auch die Piwi-Weine eine Chance, die sich von den vertrauten Geschmacksbildern unterscheiden“.

Derzeit arbeitet das Versuchszentrum Laimburg nicht an Züchtung und Erforschung spezieller Südtiroler Piwi-Sorten, obwohl sich dies viele Erzeuger wünschen. Bis jetzt werden im Versuchsanbau nur Sorten getestet, die außerhalb der Region gezüchtet wurden. Eigene Piwi-Sorten wären unter dem Aspekt der stark ausgeprägten Südtiroler Identität interessant - und sie könnten helfen, auch die Skeptiker unter den Winzern zu überzeugen.

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