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Die Rebkrankheit Flavescence dorée (Goldgelbe Vergilbung) breitet sich in ganz Ungarn massiv aus. Nach Ansicht von Experten droht eine Epidemie mit womöglich dramatischen Folgen.
Vor allem in den westungarischen Anbaugebieten Zala und Sopron mussten bereits großflächig Weinberge gerodet werden. Genaue Zahlen über den Befall gibt es allerdings noch nicht. Sicher ist, dass in 21 von 22 Weinbaugebieten erkrankte Reben gefunden wurden – auch in der bekannten Region Tokaj im Nordosten des Landes.
In allen Gebieten beteiligten sich rund 1.600 Personen – darunter Behördenvertreter, Winzer und Weinbauern – an einer einwöchigen Kontrollaktion. In 200 Gruppen wurden etwa 3.400 Hektar Rebfläche in 176 Gemeinden überprüft. „Viele Fachleute können nun die Krankheit sicher erkennen und von ähnlichen, weniger gefährlichen Infektionen unterscheiden”, berichtet der ungarische Weinjournalist Tamás Jakab der wein.plus-Redaktion. Kritisch bleibe jedoch, dass „bislang nur etwa sieben Prozent der gesamten Rebfläche untersucht wurden – hauptsächlich jene Gebiete, die bereits als besonders infektionsgefährdet galten”.
Bereits ab 2023 traten im westlichen Ungarn massenhaft Erkrankungen auf. In der Folge mussten schon 2024 viele Weinberge gerodet werden. „Besonders hart getroffen wurde das Weingut Bussay in Csörnyeföld, das in den vergangenen zwei Jahren 23 von 24 Hektar verloren hat. Auch benachbarte Betriebe berichten von Verlusten von bis zu 50 Prozent“, sagt Tamás Jakab.
Experten gehen davon aus, dass sich die Infektion weiter über die Grenzen nach Serbien, in die Slowakei und Rumänien ausweiten wird, wenn nicht flächendeckende Kontrollen stattfinden und kranke Reben sofort entfernt und vernichtet werden.
Im Frühherbst 2025 haben die ungarischen Behörden konkrete Strategien beschlossen – aber erst, nachdem die Winzer gemeinsam staatliche Interventionen gefordert hatten. „Die derzeitigen Kontrollen und Insektizid-Behandlungen müssen fortgesetzt werden, damit die Krankheit nicht epidemisch wird. Auch die Nachbarländer müssen präventiv tätig werden“, fordert Tamás Jakab.
Dabei ist die Flavescence dorée bereits seit mindestens zwölf Jahren im Land. Schon 2013 bemerkten Winzer befallene Reben und informierten die zuständigen Behörden. „Doch die Gefahr wurde unterschätzt, weil sich aus den wenigen Infektionen keine größere Epidemie entwickelte“, sagt Tamás Jakab.
In der Region um den Plattensee sowie in den stärker mit Reben bepflanzten Gebieten Nord- und Südtransdanubiens sei bereits eine Insektizidbehandlung aus der Luft durchgeführt worden. „Zwar konnte damit eine flächendeckende Behandlung erreicht werden, doch Experten kritisierten das späte Eingreifen sowie die veraltete Sprühtechnik“, so Jakab.
Da die Amerikanische Rebzikade keine natürlichen Gegenspieler hat, sind Insektizide die einzige Chance, den Schädling einzudämmen. Doch dies stellt Bio-Winzer vor ein Dilemma. Zoltán Heimann**** ist Winzer in Szekszárd im Südwesten Ungarns. Er steht den Plänen der Behörden kritisch gegenüber. „Wir gehen davon aus, dass demnächst in stark befallenen Gebieten Insektizidbehandlungen aus der Luft durchgeführt werden. Als biologisch wirtschaftender Betrieb hoffe ich, dass unsere Weinberge von solchen flächendeckenden Aktionen ausgenommen werden.“
Auch Winzer Horst Hummel**** bewirtschaftet in Villány seine Reben biologisch. „Problematisch ist die flächendeckende Spritzung aus der Luft zum einen, weil die verwendeten Insektizide nicht nur die Amerikanische Rebzikade, sondern viele andere nützliche Insekten betreffen. Zum anderen sind diese Insektizide im biologischen Weinbau nicht zugelassen. Es droht den Betrieben daher der Verlust der Bio-Zertifizierung.“
Hummel plädiert dafür, dass Bio-Winzer von den staatlich bezahlten Spritzungen ausgenommen werden und andere für den Bio-Weinbau zugelassene Mittel gegen den Schädling ausbringen dürfen.
„Abgesehen vom Wissensaustausch über die Krankheit gibt es derzeit kein langfristig angelegtes, gemeinsames Vorgehen der Weinbaubehörden, die für die Zukunft entscheidend wären“, sagt Tamás Jakab. Es müsse aber schnell geregelt werden, ab welchem Befall der komplette Rebberg gerodet werden muss. „Während in Österreich und Slowenien bereits ein Befall von 20 Prozent ausreicht, liegt der Wert in Ungarn derzeit noch bei 30 Prozent.“
Aktuelle Herausforderungen seien vor allem unbewirtschaftete Flächen in den kleinteiligen Gebieten wie Zala, Sopron, Badacsony und Somló. Zudem gebe es dort viele Hobbygärtner und Ferienhausbesitzer mit kleinen Weinbergen, die der Eindämmung der Krankheit im Weg stünden.
(ru – Bild: Julius-Kühn-Institut)
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