Der französische Wirtschaftsprofessor Jean-Marie Cardebat erwartet ein Ende der Weinabsatzkrise im kommenden Jahr. Cardebat, der an der internationalen Wirtschaftsuniversität INSEEC lehrt, sagte bei einem Vortrag bei der Messe Vinitech, dass er positiv und dynamisch gestimmt sei. Er verglich die historischen Schwankungen des Weinkonsums mit Konjunkturzyklen. Dabei kommt es für ihn zu klaren Übereinstimmungen. Die Boomjahre des Weins fielen in die Jahre während und nach wirtschaftlichen Aufschwüngen wie nach dem Zweiten Weltkrieg oder der Globalisierung der 2000er-Jahre. Einbrüche gab es laut Cardebat in den Rezessions- und Inflationsjahren der 1980er-Jahre, nach der Finanzkrise 2008 oder der Krise am chinesischen Immobilienmarkt 2017. Wein sei seit den 1960er-Jahren kein Grundnahrungsmittel mehr, sondern ein Luxusprodukt. Das sei besonders anfällig für wirtschaftliche Zyklen. „Sobald Inflation und Einkommensrückgänge auftreten, konzentrieren sich die Ausgaben auf das Wesentliche wie Wohnen und Ernährung“, erklärte Cardebat. Für ihn ist der Tiefpunkt der aktuellen globalen Wirtschaftskrise überwunden: „Die Inflation wird derzeit unter Kontrolle gebracht. Es gibt zwar ein nur schwaches Wirtschaftswachstum, aber auch Anzeichen für Besserung in den USA. Das amerikanische Wachstum wird die globalen Handelsströme ankurbeln – auch wenn diese derzeit gering sind. Ein neuer Wirtschaftszyklus ist durchaus möglich, und damit dürfte es auch besser für den Weinverkauf aussehen.“ Daher prognostiziert er für 2025 eine Stabilisierung des Weinkonsums.
Cardebat und der Berater Fabrice Chaudier sehen sogar die Gefahr, dass es aufgrund der Rodungen von Rebflächen „nicht genügend Wein gibt, um eine mögliche Nachfrageerhöhung zu decken“. Rodungen seien zwar kurzfristig ein „positiver sozialer Plan“ für Winzer in Schwierigkeiten, wirtschaftlich aber riskant, weil sie Platz für die Konkurrenz schafften. „Wenn man 10.000 Hektar in Bordeaux rodet, werden 10.000 Hektar in Mexiko angepflanzt“, kritisiert Cardebat. Dies seien Märkte, die man hätte früher erschließen sollen.
Cardebat fordert eine antizyklische Strategie: „Schwierige Entscheidungen müssen getroffen werden, wenn es gut läuft.“ Dazu gehörten auch agronomische Investitionen wie das Veredeln von roten auf weiße Rebsorten oder die Verlagerung von Weinbergen in höhere, kühlere Lagen. „Das Geld, das jetzt für Zerstörung ausgegeben wird, könnte für eine Umstellung verwendet werden“, so Chaudier, der bemängelt, dass die Weinbranche oft ohne Weitsicht handle: „Wenn sie gegen eine Wand fährt, dann frontal und mit voller Geschwindigkeit.“
(al / Quelle: vitisphere)