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An einer der letzten großen Auktionen in Zürich sorgte das Lot 899 für Aufsehen. Angeboten wurde eine leere Flasche Mouton Rothschild. Sie ging weg, netto zu 63 € , was einen Brutto-Kaufpreis von 80 € macht. Der Bieter wäre noch höher gegangen, bis zu 130 € netto. Dies ist nur eine der vielen Besonderheiten und Abstrusitäten von Weinauktionen. Da werden oft Logik und gängige Wertvorstellungen außer Kraft gesetzt.

Am Auktionstisch: v.l.n.r. Assistent% Auktionator% Notar

Gerade dies macht aber Auktionen so spannend. Sie sind die Börsen des Weingeschäfts. Da bahnen sich Trends an, zeigen sich Entwicklungen, über die zu erwartende Zukunft wird handfest spekuliert, lange bevor sich der Weinfreund und -genießer darüber Rechenschaft gibt.

Seit gut 5 Jahren verfolge ich das Auktionsgeschehen: notiere eifrig Ergebnisse und Beobachtungen, erstelle Listen und Tabellen. Das wissen viele meiner Weinfreunde und ich werde immer wieder gefragt, wie denn so eine internationale Auktion vor sich gehe.

Vor der Auktion kann man einige Highlights testen
Eingeladen wird in ein Erstklasshotel: Hilton, Imperial, Steigenberger..... Jedes Auktionshaus hat auch seine eigenen Bestimmungen, Gepflogenheiten und unterschiedlich hohe Abgaben (Aufpreis). Deshalb sind die schriftlich vorliegenden Auktionsbestimmungen und das aktuelle Angebot vorher genau zu studieren. Während der Auktion bleibt keine Zeit dafür, denn da werden Lot für Lot aufgerufen, stundenlang, in der Regel um 1.000 Angebote. Grundsätzlich werden je 12 Flaschen (wenn möglich OHK = Originalholzkiste) pro Lot versteigert. Doch auch Lots mit Einzelflaschen, beliebige Anzahl des gleichen Weins, hie und da sogar  verschiedener Weine oder Jahrgänge sind häufig. Als Bieter hat man also dauernd zu rechnen und den Ausrufpreis zu dividieren, durch, 12, durch 6, durch 4 etc.

Erschwert wird diese Rechnerei durch den Umstand, dass es sich dabei immer um Nettopreise handelt. Hinzu kommen also - für den Ersteigerer - noch das Aufgeld (etwa 10%, pro Lot, eine fixe Abwicklungsgebühr (ca. 8 €) und die Warenumsatzsteuer. Dies alles ergibt dann einen Bruttopreis, der etwa 20% höher ist als der Zuschlagspreis. Doch davon spricht während der Auktion niemand. Der vorsichtige Bieter ist deshalb dauernd am rechnen!

Auch die Abwicklung unterscheidet sich erheblich von Auktion zu Auktion. Während die einen bei einem bekannten, festen Mindestpreis beginnen, sind bei anderen nur untere und obere „Schätzungspreise” angegeben. Eingestiegen wird meist weit tiefer als beim unteren Schätzungspreis.

Die AuktionsteilnehmerInnen (es sind zwar überwiegend Männer!) sind in vier Kategorien aufgeteilt. Die wichtigste Kundschaft ist gar nicht anwesend: sie hat „schriftlich geboten”, und zwar mit einer nur dem Auktionator bekannten oberen Limite. Der Ausrufer vertritt diese Kundschaft.

Tatsächlich liegen in der Regel für mehr als Zweidrittel des Angebots - zum Teil recht hohe - schriftliche Gebote vor. Sind es mehrere für das gleiche Lot, beginnt der Auktionator einen Schritt über dem zweithöchsten Gebot. Erst dann ist der Saal an der Reihe.

Hier haben sich 20 und 100 Interessenten eingefunden, alle mit einer Nummer „bewaffnet”. Diese Kundschaft ist in der Minderheit. Sie lässt sich - beim genauen Beobachten - in drei Kategorien teilen.

Die Händler: sie kaufen vor allem wertvolle Einzelflaschen und Kisten: meist reihenweise. Zum Beispiel fünf Lots „Ausone”, 1979, das Lot zu 1000 € netto. Oder 30 Magnumflaschen Margaux, 2001, die Flasche zu 430 €. Da kann es dem Weinfreund und -genießer schon bald einmal schwindlig werden.

Eine weitere Gruppe bilden die Sammler und Weinliebhaber, die ganz bestimmte Flaschen, bestimmte Jahrgänge oder bestimmte Weingüter (Marken) suchen. Man spürt rasch, wenn im Saal einer von ihnen ein ganz bestimmtes Lot „unbedingt haben muss”. Da obsiegt oft die Leidenschaften und vernünftiges Kalkül tritt außer Kraft, die Preise schnellen in die Höhe.

Nur eine "verschworene" Gruppe nimmt persönlich an Auktionen teil

Es gibt auch die „Schnäppchenjäger”. Sie lassen sich nicht treiben, kaufen meist das, was Händler und Sammler „liegen” lassen. Auch diese Bieter erkennt man rasch. Sie warten oft solange, bis der Auktionator das eine oder andere Mal (zwar sehr selten) „holländisch” ausruft, das heißt in sinkenden Preisschritten, bis zu einem Mindestpreis (den man nicht kennt) bei dem das Lot „zurückgeht” oder eben von Schnäppchenjäger (meist unter Gelächter) erstanden wird.

Schließlich gibt es noch die Neugierigen: die ab und zu mitbieten, vor allem aber Angebote, Trends und Entwicklungen beobachten und analysieren. Sie harren oft fünf und mehr Stunden aus, bis zum allerletzten Lot, bis kaum mehr ein Händler oder Sammler im Saal ist.

Nach dieser Beschreibung eines Auktionsverlaufs bleibt die Frage: Wo ist das eigentliche „Geheimnis” für die Faszination bei Weinauktionen. Was ist dabei zu erfahren, herauszulesen, zu beobachten?

Ich versuchen dies in einer der nächsten Kolumne zu beschreiben und zu deuten. Bis dahin: Viel Mut (und Selbstbeherrschung) wer sich zum ersten Mal in eine der großen internationalen Weinauktionen wagt. Man kann sie auch ohne „Beute” wieder verlassen? Kann man wirklich?

Herzlich
Ihr/Euer

Peter (Züllig)

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