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Italien erzeugt 240 Millionen Flaschen Spumante, davon mehr als 220 Millionen Flaschen mit dem Tankgärverfahren. Nur ein verschwindend kleiner Anteil der Produktion sind Schaumweine, die ihre Zweitgärung in der Flasche absolvieren. Die Metodo Classico, wie die Flaschengärer in Italien nach dem Verbot der Bezeichnung Metodo Champenois heissen, kommen nicht vom Fleck. Eigentlich erstaunlich, denn nicht nur Franciacorta DOCG und Trento DOC, auch Markenerzeugnisse zeigen, dass Italien begeisternde Edelschäumer hervorzubringen imstande ist.

Nicht jeder Weinkunde weiss auf Anhieb, was genau gemeint ist, wenn er «Metodo Classico» liest. Nur eine Minderheit ist so gut über die italienische Weinszene informiert, dass er «Metodo Classico Italiano» spontan mit Flaschengärspumante in Verbindung bringt.
Der italienische Metodo Classico befindet sich nicht in einer rosigen Situation. Seine Wachstumsrate ist ziemlich entmutigend, sein Image leidet vor allem im Ausland unter Verwirrungserscheinungen und im Markt wird er von der Übermacht des Champagners und den neuen Erfolgen des Cava erdrückt.
Diesen Mai kamen die Probleme des Metodo Classico an einer Tagung des «Seminario Permanente del Metodo Classico» in Erbusco, Franciacorta, aufs Tapet: Die selbstkritischen Stimmen gipfelten in der Feststellung, dass der Metodo Classico seit zehn Jahren kein Diskussionsthema mehr ist, also seit die EU im Jahr 1992 die Bezeichnung «metodo champenois» für alle Flaschengärer ausser dem Champagner verbot.

Dieser Moment hätte zu einem Neustart für den italienischen Edelspumante werden sollen, indessen wurde die Gelegenheit nachhaltig verschlafen. Gianni Legnani, heute Image-Pfleger bei Guido Berlucchi, bis unlängst aber Botschafter des Champagners in Italien, verfasste seinerzeit im Auftrag des CIVC (Comité Interprofessionnel du Vin de Champagne) eine Studie zur Entwicklung des italienischen Schaumweins im internationalen Umfeld.

Die Franzosen waren zu jener Zeit sehr beunruhigt über die Vitalität im italienischen Schaumweinsektor und über das rasche Qualitätswachstum der italienischen Flaschengärer.
Da gibt es offensichtlich ein Potential in Italien, das in der Lage war, die Franzosen zu beunruhigen. Um es auszuschöpfen wären allerdings ein gemeinsames Vorgehen und finanzielle Ressourcen notwendig gewesen. «Um einen grossen Kuchen teilen zu können, statt sich heute um armselige Krümel zu streiten», wie Gianni Legnani meint.
Von Anfang an gingen die italienischen Metodo Classico-Realitäten aber getrennte Wege: Die Franciacorta beschloss den Alleingang, identifizierte ihren Wein mit dem Territorium und verbot das Wort «Spumante»; das Istituto italiano Metodo Classico fand sich im Talento-Konsortium zusammen, das norditalienische Produktionsgebiete in Piemont, Trentino, Südtirol bis Friaul umfasst … und für die Toskana (Antinori) eine kleine Ausnahme macht, und die grossen Schaumweinhäuser des Piemont investierten in ihr Projekt «Alta Langa».
Das Durcheinander von Namen und Bezeichnungen hält sich hartnäckig; man bedenke nur, dass man im Oltrepò Pavese nicht mal den Grundsatzentscheid fällen konnte, ob ihr Metodo Classico die Marke Classese oder Talento tragen solle. Die verworrene Situation in Italien ist in einer Zeit, in der im Schatten des übermächtigen Champagners der spanische Cava enorme Umsatzzuwächse verzeichnet, ein schweres Hemmnis.

«Zehn Jahre danach» scheint die Situation des italienischen Metodo Classico immer noch zu stagnieren: Die Produktion ist von den damaligen 13 bis 14 Millionen Flaschen lediglich auf heutige 16 bis 18 Millionen Flaschen angestiegen. Nichts neben den 240 Millionen in Italien gesamthaft erzeugten Spumante, wenig im Vergleich zu den damaligen Schätzungen, die von einem Potential von 30 bis 35 Millionen Metodo Classico sprachen. Nichts auch im Vergleich zu den 262 Millionen Flaschen Champagner und den 40 Millionen Flaschen Crémant Frankreichs und den 230 Millionen Flaschen, die Spanien erzeugt.

Eher beunruhigend ist auch die Tatsache, dass auch die USA mittlerweile rund 200 Millionen Flaschen Schaumwein hervorbringen.
Welches sind die Gründe für das Nullwachstum des italienischen Metodo Classico? Einer ist sicher die Tatsache, dass in Italien Spumante mit festlichen Gelegenheiten in Verbindung gebracht wird: Siebzig Prozent des gesamten Spumante-Konsums fällt in die letzten Monate des Jahres. Ein weiterer Grund ist die fehlende Kommunikation zu Gunsten des Metodo Classico, mit dem Resultat, dass die Verbraucher ihn nicht grundsätzlich von den anderen Typologien (Asti, Prosecco, etc.) zu unterscheiden vermögen.

Metodo Classico, sprich Berlucchi, Ferrari und Franciacorta

Die Produktion des italienischen Metodo Classico besorgen heute zur Hauptsache drei grosse Pole: Berlucchi mit Markensekten, Ferrari mit Trento DOC und die Franciacorta mit ihrem DOCG. Jede dieser drei Realitäten bewegt sich auf dem Markt mit völlig verschiedenen Strategien.
Das Haus Guido Berlucchi in Borgonato - im Gebiet der Franciacorta - erzeugt 4,3 Millionen Flaschen und baut seinen Erfolg auf die Elaboration verschiedener Cuvées, deren Grundweine aus verschiedenen Anbaugebieten stammen (Oltrepò Pavese, Trentino und Franciacorta).
Die jüngste Kommunikationskampagne von Berlucchi trägt den Slogan «mangia e bevi» («iss und trink»), dem die Botschaft zugrunde liegt, dass Metodo Classico ein ganzes Essen begleiten kann, bei jedem Anlass, vom Aperitif bis zur Nachspeise.

Das Haus Ferrari (4,5 Millionen Flaschen) baut hingegen voll auf die Wirkung seines starken Markennamens. Tatsächlich scheint Ferrari gemäss repräsentativen Umfragen der bestbekannte Markenname für Wein und unter den fünfzehn bekanntesten italienischen Marken überhaupt zu sein.
Schwer zu verstehen ist daher die Haltung von Mauro Lunelli, zusammen mit seinen Geschwistern Besitzer von Ferrari. Lunelli, bereits Präsident des Istituto Trento DOC, hat sich vor kurzem zum Präsidenten des Talento-Konsortiums wählen lassen. An der Tagung von Erbusco gab er bekannt, dass der Name Talento bald offiziell anerkannt werden solle und wünschte, dass sich auch Realitäten wie der Franciacorta unter die Flagge des Talento stellen sollten.

Die Antwort der Franciacorta war unmissverständlich; sowohl der Präsident des Konsortiums, Claudio Faccoli, als auch dessen Direktor, Pierangelo Plebani, zerstreuten jeden Zweifel: Man habe nicht die geringste Absicht, von der bisherigen Strategie abzurücken. Sie betonten auch, dass mit der Anerkennung der DOCG für den Metodo Classico der Franciacorta im Jahr 1995 und dem Aufbau der Appellation als Markenname ein eigentlicher Boom eingesetzt habe.

Seit 1996 vergrösserte sich die Anbaufläche des Franciacorta DOCG um dreissig Prozent. Wurden im Jahr 1997 noch 2,9 Millionen Flaschen degorgiert, dann waren es im Jahr 2001 bereits 4,6 Millionen Flaschen. Für weiteren Auftrieb werden die Franciacorta-Neulinge Marchesi Antinori und die Fratelli Muratori - lokale Textilunternehmer - sorgen, die nächstes Jahr mit je einer halben Million Flaschen Franciacorta DOCG auf den Markt treten werden.

Trotzdem: Der italienische Metodo Classico schläft. Es wird zwar hier und dort in die Produktion und die Kommunikation investiert, aber das individuelle Vorgehen und das Fehlen kollektiver, wirkungsvoller Strategien haben zur Folge, dass der Markt des Metodo Classico in den vergangenen zehn Jahren nur unmerklich zugenommen hat.
Gianni Legnani: «Es ist höchste Zeit, dass der Sektor zusammenrückt und seine gemeinsamen Ziele definiert. Es kann nicht mehr angehen, dass die einzelnen Anbieter, so berühmt sie auch sein mögen, nur ihre eigenen, unmittelbaren Interessen sehen.»

 

 

Alta Langa - Neue DOC für piemontesischen Metodo Classico

Dass Italien mehr kann, als billige Spumante für wenige Cents abzufüllen, beweisen die Flaschengärer aus der Franciacorta und dem Trentino. Überall in Italien gibt es kleine und grössere Inseln, wo hervorragende Metodo Classico entstehen.
Der längsten Tradition können sich in dieser Beziehung aber die piemontesischen Weinhäuser rühmen. Bereits vor 400 Jahren schrieb der Hofjuwelier des Herzogs von Savoyen, Giovan Battista Croce, das Rezept für einen schäumenden, damals selbstverständlich flaschenvergorenen Moscato-Wein - Urahne des heutigen Asti - nieder.
Viel später, im Jahre 1865, wandte Carlo Gancia das Flaschengärverfahren im grossen Stile auf den Moscato an. Dieser «Moscato Champagne», wie der aromatische Schäumer damals genannt wurde, wurde von den anderen Kellereien des Piemonts rasch imitiert und weiterentwickelt. Gleichzeitig spezialisierten sich die Weinhäuser auf trockene Edelschaumweine aus Pinot und Chardonnay. Da die Traubenproduktion dieser Sorten im Piemont spärlich war, bediente man sich bei anderen Regionen. Das nahe Oltrepò Pavese (Lombardei) diente als Pinot Nero-Lieferant, der Chardonnay stammte aus dem Trentino.

Weinkeller ungeahnter Ausmasse in Canelli, Asti, Santa Vittoria und anderen piemontesischen Weinstädten zeugen noch heute von der Hochblüte des piemontesischen «Champagners» im 19. und frühen 20. Jahrhundert. Heute stehen diese Keller zum grossen Teil leer. Im Vergleich zu den Millionen Flaschen, die damals erzeugt wurden, ist der Ausstoss an piemontesischem Metodo Classico heute nur noch ein trauriges Rinnsal.

Die Schuld für den Niedergang des Piemont-Spumante liegt nicht allein bei der französischen Konkurrenz, sondern wohl nicht zuletzt auch beim Mangel an Identität. Der nichtssagende Name «Spumante», die Tatsache, dass die Grundweine für die piemontesischen Spumante nur in Ausnahmefällen aus dem Piemont selbst stammten und die Verlagerung des Schwergewichtes der Kellereien auf das Asti-Geschäft liessen den piemontesischen «Metodo Classico» bei Produzenten wie Konsumenten in Vergessenheit geraten. Mit der Gründung der Wiederbelebungsvereinigung «Tradizione Spumante» im Jahr 1990 wollten die klassischen Spumantehäuser (Martini&Rossi, Banfi, Fontanafredda, ursprünglich Cinzano, später von Giulio Cocchi abgelöst, Gancia, Barbero 1891, Riccadonna-Bersano) dem traurigen Schicksal ihres einstigen Renommierproduktes eine Wende geben. Bei Anbauversuchen stellte man in den frühen Neunzigerjahren fest, dass sich die hohen Lagen der Langa für den Anbau von Pinot und Chardonnay bestens eignen, und begann mit der Pflanzung neuer Weinberge: Fünfzig Hektar wurden bisher angelegt.
Der erste Jahrgang des originalpiemontesischen Metodo Classico - «Alta Langa» ist sein Name - ist der 98er, die Gesamtproduktion liegt bei knapp 400 000 Flaschen. Das im vergangenen Jahr gegründete Konsortium hat beim DOC-Komitee in Rom für den «Alta Langa» Antrag auf die DOC gestellt. Nach Trento DOC und Franciacorta DOCG wird der Alta Langa DOC bald der dritte italienische Metodo Classico mit kontrollierter Ursprungsbezeichnung sein.

Dem Antrag auf die DOC für den Alta Langa - Traubensorten: Pinot Nero und Chardonnay - wurde am 27. Juli dieses Jahres entsprochen. Piemontfreunde werden damit schon bald mit Alta Langa DOC anstossen können.

Kleiner Schönheitsmakel an den Alta-Langa-Produktionsregeln: Für die Reifezeit auf der Hefe wird keine Mindestdauer vorgeschrieben. Das bedeutet, dass stillschweigend das in der EU geltende gesetzliche Minimum für «Metodo Classico» - neun Monate - übernommen wird. Auch wenn Häuser, die etwas auf ihren Namen geben, keinen Schaumwein unter zwei Jahren Hefe freigeben werden, wird die Vorfreude auf den Alta Langa DOC dadurch getrübt, dass unter diesem Namen auch Billig-Schäumer auf den Markt gelangen können, die im Schnellverfahren erzeugt wurden. Mehr Vergnügen verspricht ein Alta Langa DOC mit Jahrgangsangabe: Ein «Millesimato» darf frühestens nach zwei Jahren Flaschengärung verkauft werden.

 

 

Spumante-Produktion und Konsum in Italien
(Schätzungen in Millionen Flaschen)

Italienische Spumante-Produktion 240
Konsum in Italien 110/120
Export 120/130
Produktion Charmat 225
 Asti 80
 Prosecco 40
 div. Spumante 85
Produktion Metodo Classico 15/18
 Lombardei 8/9
 Trentino/Südtirol 6/7
 Piemont und andere 1/2
Quelle: Schätzungen Gianni Legnani

 


Der vorstehende Artikel wurde uns freundlicherweise von der Merum-Redaktion zur Verfügung gestellt. Vielen Dank hierfür. 

 

 

 

 

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