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Frucht- und Honigweine dürften bei den meisten unserer Leser wohl allenfalls Erinnerungen an Partys aus der Schulzeit wachrufen und heute wohl kaum mehr als ernst zu nehmende Alternative zu Wein aus Trauben betrachtet werden. Auch das hessische Nationalgetränk Äppelwoi, der französische Cidre oder der britische Cider sowie ihre Verwandten stehen in den meisten Fällen wohl eher zum Bier in Konkurrenz.

Etwas anders sieht es vielleicht noch bei den Schaumweinen aus. So mancher flaschenvergorene Apfelschaumwein von engagierten Erzeugern steht auch hochwertigen klassischen Sekten in nichts nach und hat sich auch in den Kreisen anspruchsvoller Genießer einen Namen gemacht.

Als wir im Laufe des letzten Jahres Anfragen erhielten, ob wir auch Fruchtweine oder Met verkosten würden, waren wir zunächst eher skeptisch, ob wir uns mit dem Thema befassen sollten. Doch die Anfragen häuften sich und nach und nach trafen auch einige Probenpakete in der Redaktion ein.

Bei der Verkostung der Proben wurden wir dann immer wieder positiv überrascht. Zwar scheint ein ungeschriebenes Gesetz zu gelten, dass Stillweine aus Früchten grundsätzlich süß zu sein haben, doch das Spektrum reicht dann immerhin vom einfachen, leichten und süffigen Durstlöscher bis zu kräftigen, weit weniger unkomplizierten Exemplaren oder auch Dessertweinen, die ganz offensichtlich mit dem Ehrgeiz produziert werden, gleichartigen Traubenweinen ernsthafte Konkurrenz zu machen - was ihnen zum Teil auch gelingt.

Eine Sonderrolle nimmt der Honigwein ein, der schon per Definition nicht fruchtig im klassischen Sinne ausfallen kann, der aber im Idealfall eine aromatische Feinheit erreicht, die man bei Fruchtweinen normalerweise nicht findet. Unser Beispiel aus England zeigt auch, dass man Honigwein nicht zuletzt durch längere Fasslagerung auf ein Niveau heben kann, dass man sonst nur bei erstklassigen Traubenweinen erwarten würde.

Die nachfolgenden Kostnotizen bilden nur einen sehr kleinen Ausschnitt vom Frucht- und Honigweinmarkt ab und können daher nur einen eher oberflächlichen Eindruck des bestehenden Angebots vermitteln. Immerhin haben wir vom Supermarkt-Produkt bis zum preislich deutlich anspruchsvolleren Erzeugnis aus dem gehobenen Feinkost-Segment ein recht breites Spektrum an Weinen vorgestellt bekommen.

Alle Weine wurden in unserem Verkostungsraum in Erlangen probiert. Wir haben eine Weile überlegt, kamen aber zu dem Schluss, dass man auch an diese Weine ohne weiteres den Maßstab anlegen kann, mit dem wir auch Weine aus Trauben beurteilen, weshalb wir schließlich auch hier nach dem bekannten 100-Punkte-System gewertet haben. Die Ergebnisse sind also ohne Einschränkung mit jenen aus dem Weinführer vergleichbar.

WERDER FEINKOST, Werder (www.werder-feinkost.de)

Schon seit mehr als einem Jahrhundert macht man bei Werder Fruchtwein. Die Weine haben ausnahmslos 9%vol. Alkohol und werden zu Preisen zwischen 2,50€ und 3,50€ angeboten. Die Qualitäten schwanken ein wenig, aber wir haben im uns vorgestellten Sortiment durchaus einige gelungene, süffige Tropfen gefunden.

Sanddorn

Nicht ganz klare, leicht brotige, getreidige Nase mit zarten Honigtönen und etwas dumpfen Hefenoten. Schlank und süßlich im Mund, Sanddornnoten, etwas Gerbstoff, gewisse Säure, aber wenig Leben, wieder brotig-hefige Anklänge, im Abgang dann etwas frischer und klarer, auch mit Zitrus- und Aprikosennoten. Wäre ohne die stumpfe Nase besser. 78

Apfel

Leicht brotig-hefiger Duft nach teils karamellisiertem, reifem Apfel. Einfache, apfelige Frucht, wieder mit brotig-hefigen Tönen, feine Säure und gewisse Süße, etwas rau und gerbstoffig am Gaumen, passabler Abgang. 78

Sauerkirsch

Relativ klarer, heller Sauerkirschduft mit zart marmeladigen und pflanzlichen Tönen. Klare, süßliche Frucht, etwas geleeartig schmeckend, feine Säure, zart pflanzliche Töne, nicht tief, aber sauber und süffig, ordentlicher Abgang. 80

Erdbeere

Zuckerrüben und süße Erdbeermarmelade in der leicht erdigen Nase. Feinsaftige, etwas eingekochte Erbeeraromen im Mund, wieder auch eine Spur Zuckerrübe, moderate, feine Säure, relativ guter Abgang. 81

Mehrfrucht „Domino“ (Kirsche, schwarze und rote Johannisbeere)

Süßlich-brotig-hefige Töne in der Nase, etwas Honig und einfache rote Frucht. Recht einfache, süßliche rote Frucht, passende Säure, medizinal-pflanzliche Töne, knapper Abgang. 76

Schlehe

Recht klare, typische, leicht hefige Schlehennase. Klar und geradlinig im Mund, zartsaftig, integrierte Süße und feine Säure, zart kräuterige Töne, ausgewogen, etwas Nachhaltigkeit, feinherbe Beitöne, ordentlicher bis guter Abgang. Sehr geglückt. 83

Heidelbeere

Leicht krautige und rübenartige, etwas pflanzliche Nase nach schwarzen Beeren, mit Luft wird der Heidelbeerton deutlicher. Süßlich-säuerlich im Mund, typischer als in der Nase, zart vegetabile Töne, nicht allzu nachhaltig, aber sauber und gut zu trinken, ordentlicher Abgang. 80

Brombeere

Zurückhaltende, etwas unterholzige und brotig-hefige Nase mit verhaltenen Brombeer- und Himbeertönen. Saubere, süßlich-saftige Frucht, recht typisch, mit etwas Biss und Nachhaltigkeit, moderate Tannine, ordentlicher Abgang. 81

Schwarze Johannisbeere

Lebendiger, frischer Duft nach roten und schwarzen Johannisbeeren mit zarten Grapefruittönen. Sehr klare, geradlinige, feinsaftige und süße Frucht mit leichtem Säurebiss, etwas Nachhaltigkeit, durchgezeichnet und animierend, relativ saftiger Abgang. 83

OBSTWEINKELLEREI BESTWINUS, Bestensee (www.bestwinus.de)

Bei bestvinus werden Fruchtweine produziert, die sich schon durch ihr Äußeres deutlich von Omas Alltagswein abheben sollen. Doch auch ihr Preis und ihr hoher Alkoholgehalt machen klar, dass es sich hier nicht um süffige Alltagstropfen handelt. Ob Alkoholgrade bis 15% wirklich nötig sind, ist natürlich eine andere Frage, zumal die Weine ja immernoch süß ausgebaut werden, doch in Bestform verfügen die Fruchtweine von Bestvinus schon über eine gewisse Komplexität und Nachhaltigkeit. Leider kam bei der Probe nicht nur Freude auf: Die verwendeten Korken sind so schlecht, dass wir von der auf den Rückenetiketten empfohlenen liegenden Lagerung nur abraten können.

Wüstenwind – Dattel 2007, 13,5%, 16,50€

Süßlich-hefiger, leicht brotiger Duft mit merklichen Dattelnoten mit einem Hauch Lack. Viel Dattel im Mund, zartsüß und herb zugleich, am Gaumen etwas medizinal und alkoholisch, leicht rau, ordentlicher Abgang. 78

Herbstfeuer – Hagebuttenwein – Auslese 2006, 14%, 18€

Etwas offener, leicht an Gummi und Karamell erinnernder Duft mit Hagebuttentönen. Ziemlich süß im Mund, mit feiner Säure und zartherben Tönen, etwas Honig, oxidative Anklänge, rotbeerige Töne, gewisse Nachhaltigkeit, ordentlicher bis guter Abgang. 82

Blaue Nachtmusik – Pflaumenwein Blend 2007, 14,5%, 16,50€

Süßlich-hefige Nase mit Kandis- und Karamellaromen, etwas Honig und merklichen Zwetschgenaromen. Feinherbe Zwetschgenaromatik mit holziger Würze und branntweinartigen Tönen am Gaumen, nur wenig Süße, recht gute Nachhaltigkeit am Gaumen, etwas Schmelz, etwas Tannin, ordentlicher bis guter Abgang. 84

Morgenröte – Kirschweinsherry 2007, 15%, 16,50€

Duft nach getrockneten Möhren und Kirschen mit süßlich-karamelligen Gewürznoten, etwas Gummi, kandierten Kräutern und ein wenig Kaffee. Sehr kräftig im Mund, saure eingemachte und getrocknete Kirschen, Kandis, Malz und Karamell, gewisser Schmelz, merkliche Süße und auch etwas Säurebiss, Zimttöne am Gaumen, guter Abgang. 84

 

MANUFAKTUR JÖRG GEIGER, Schlat bei Göppingen (http://www.manufaktur-joerg-geiger.de/)

Jörg Geiger produziert Obstwein, Cider, Perl- und Schaumweine aus Äpfeln und Birnen, teils alkoholfreie Cocktails, Destillate und einen überraschend Guten Apfel-Eiswein. Neben Letzterem wurden uns nur die Schaumweine vorgestellt, die uns durchweg gefielen - allen voran die knochentrockenen Versionen. Dank ihres niedrigen Alkoholgehalts kann man sich hiervon auch schon mal zum sonntäglichen Frühstück eine Flasche gönnen...

Schaumwein aus Schillers Apfel, Extra Brut, Traditionelle Flaschengärung, 8%, 12,90€

Sehr klarer Duft nach reifen Äpfeln mit pflanzlichen, karamelligen und floralen Spuren. Auch im Mund klar, schlanke, völlig trockene Frucht, wieder pflanzliche Töne, recht präsente Säure, mittelfeine Perlage, nicht tief, aber sehr sorgfältig gemacht, ordentlicher Abgang. Die beste Trinktemperatur beträgt laut Etikett 4^C. Wir widersprechen hier vehement. Erst bei Temperaturen ab 10 Grad hat der Wein eine Chance, seine vor allem am Gaumen eher zurückhaltenden, aber doch klaren und typischen Aromen auszuspielen. Zu kalt serviert wirkt der Wein eher schmal und sauer. 83

Champagnerbratbirne, Selection Bernd Kreis, Extra Brut, Traditionelle Flaschengärung, 8,5%, 20€

Sehr klarer Duft nach geriebenen Birnen und Äpfeln mit floralen Nuancen und karamelligen Spuren. Sehr klar auch im Mund, feinsaftig und typisch, dabei vollkommen trocken, zart pflanzliche Anklänge am Gaumen, feine Säure und harmonisches, ebenfalls recht feines Mousseux, gewisse Nachhaltigkeit am Gaumen, animierend, guter Abgang. Höchst erfreulich. 85

Bratbirne Brut, Traditionelle Flaschengärung, 8,5%, 16,90€

Duft nach mürben, teils geriebenen Birnen und etwas Apfel mit zarten Karamelltönen. Klare, schlanke, feinsaftige Frucht im Mund, mittelfeines, harmonisches Mousseux, zart pflanzliche Nuancen im Hintergrund, nicht allzu tief, aber rund, blitzsauber und sehr schön zu trinken, ordentlicher Abgang mit hefigen Spuren. 83

Bratbirne trocken, Traditionelle Flaschengärung, 8%, 15,90€

Etwas karamelliger und zart floraler Duft nach teils angeschlagenen Birnen mit zarten Honigtönen. Schlanke, süßliche Frucht, klar und geradlinig, feine Säure, sehr verhaltenes Mousseux, ein Hauch Gerbstoff am Gaumen, nicht allzu tief, ordentlicher Abgang mit Birnen- und Apfeltönen sowie leicht pflanzlichen Noten. 82

Eisapfel, Selection Winter 2008, teilvergorener Apfelwein, 4%, 23,90€

Duft nach kandierten, getrockneten und gebackenen Äpfeln mit zarten Zwetschgentönen und kandiert-kräuterigen Ansätzen. Sehr klar im Mund, geradlinig, mit harmonischer Süße und rassiger Säure, kandierte Zitrusfrüchte und Äpfel am Gaumen, nicht allzu tief, aber lebhaft und zupackend, animierend, guter, säuerlich-saftiger Abgang. Dürfte einige Zeit halten. 86

 

MET-KULTUR, Wipperfürth (www.met-kultur.de)

Met-Kultur ist ein Mittelalter-Shop im Internet, der neben einer großen Auswahl an Honigweinen, Honigbier, Honigdestillaten und Honigessig auch Kleidung, Accessoires und Ausrüstung für Mittelalter-Fans anbietet. Die Qualitäten der Weine sind recht unterschiedlich und nicht unbedingt der Preishierarchie folgend, aber der Met aus Tannen-Waldhonig sowie der Moniack Mead sind schon ziemlich spannende Exemplare, die wir auch anspruchsvollen Weintrinkern ans Herz legen können.

Fruchtig und lieblich, 10%, 5,95€

Süße Karamelltöne mit leicht erdigen und malzigen Tönen, etwas Nougat und ein Hauch Kräuter. Sehr süß im Mund, Honig, Nougat und Karamell, verhaltene Säure, Blockmalz am Gaumen, nicht allzu tief, aber sauber, ordentlicher bis guter Abgang. 82

Göttertrank, 11%, 6,90€

Nicht völlig klarer, wachsiger und deutlich an Räucherstäbchen erinnernder Duft mit pflanzlichen Tönen und etwas Karamell. Eher schlank im Mund, süß, pflanzlich-würzig, aber auch etwas käsig, sehr feine Säure, passabler Abgang. 78

Lavendelhonig mit feiner Süße, 11,5%, 14,90€

Unklare Nase mit käsigen, brotigen und aldehydischen Noten, auch etwas Lavendel, Karamell und süßliche Würznoten. Weich und süß im Mund, etwas parfümiert, auch Bohnerwachstöne und helles Karamell, brotige Anklänge, nicht ganz klar, passabler Abgang. 72

Olmohonig, 14%, 9,90€

Recht intensiver Honigduft mit kräuteriger Würze sowie Noten von feuchtem Laub im Hintergrund. Süß, leicht cremig und würzig im Mund, vor allem Heilkräuter, Schmelz am Gaumen, spürbarer Alkohol, gewisse Nachhaltigkeit, schokoladige Nuancen, ordentlicher bis guter, minziger Abgang mit Laubanklängen. 82

Tannen-Waldhonig, 11%, 11,90€

Bitterlich-holzwürziger Honigduft mit Aromen von dunklem Karamell, einer Spur Kaffe und etwas Rauch. Sehr klar im Mund, feinsaftig und recht lebendig, eher dunkle Honig- und Karamellnoten, dezente, dabei anhaltende Würze, sehr feine Säure, zart an alten Sherry erinnernde oxidative Noten im Hintergrund, harmonisch, guter Abgang. 85

Moniack Mead. Highland Wineries, Moniack Castle, Inverness (Schottland), 24,90€

Unterholzwürziger, leicht rauchiger Duft nach Morcheln, Kräutern und getrockneten Zitrusfrüchten mit oxidativen Nuancen. Im Mund wieder leicht oxidativ, ziemlich weinige Art, mit Holzfass- und Unterholznoten, zarter Whisky-Würze und feiner Säure, rauchige und kräuterige Noten, viel Malz, gute Nachhaltigkeit am Gaumen, kräftiger Körper, gewisse Tiefe, sehr guter Abgang. Erstaunlich. 87

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