wein.plus
ACHTUNG
Sie nutzen einen veralteten Browser und einige Bereiche arbeiten nicht wie erwartet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser.

Anmelden Mitglied werden

Sommerliche Temperaturen im Mittseptember, eine von traubenbeladenen Hängen umgebene Kleinstadt in der Herbstsonne, die Terrassen der Strassencafes vollbesetzt; eine Szene bei der sich der Weinliebhaber im Geiste wohl gleich in den Trentino oder die Wachau oder den Elass wiederversetzt fühlt. An Remich in Luxemburg hätte da wohl kaum einer gedacht.  Ja, es gibt sie wohl und ihre teilweise recht steilen, meist süd-südöstlich orientierten Lagen ziehen sich am westlichen Ufer der Mosel entlang über eine Strecke von 42 km, von Wasserbillig im Norden bis zum Dreiländereck bei Schengen im Süden. Heute sind es so an die 1350 ha Weinbergsfläche, von denen etwa 830ha auf die Mitglieder der Genossenschaft „Les Domaines de Vinsmoselle” und ihre sechs Grosskellereien entfallen. Den Rest teilen sich circa 50 unabhängige Familienbetriebe und sechs Handelshäuser (producteurs-négociants), die neben eigenem Lesegut auch Trauben von Vertragswinzern verarbeiten.

Die Schaumweine

Mit einem Anteil von 20% der Gesamtproduktion darf Schaumwein bei der Mehrheit der Luxemburger Winzer in ihrem Angebot nicht fehlen und besonders die grossen wie Vinsmoselle, Gales und Bernard-Massard verdanken eine beträchtliche Menge ihres Umsatzes dem Geschäft mit den prickelnden Perlen. Hier spielt im Gegensatz zu den stillen Weinen sogar der Export eine Rolle, und Bernard-Massard z.B. vermarktet einen nicht gerade unbedeutenden Teil seiner jährlichen Sektproduktion von etwa 3.500.000 Flaschen, zugegeben nicht alle Luxemburger Ursprungs,  über firmeneigene Niederlassungen in Belgien, Deutschland und Frankreich. Die besten aus dem Grossherzogtum stammenden dürfen sich mit der 1991 eingeführten Bezeichnung „Crémant de Luxembourg” schmücken, müssen dafür aber strikte Qualitätsvorgaben erfüllen. Dazu gehören selbstverständlich Handlese, Ertragsbegrenzung, Flaschengärung und ein Mindesthefelager von 9 Monaten, darüberhinaus müssen sie auch noch eine sensorische Prüfung bestehen. Dass sich trotz des ausgezeichneten Preis-Leistungsverhältnisses mit dieser Sparte gutes Geld verdienen lässt, kann man an der 2003 von Caves Gales in Betrieb genommenen „Raumstation” in Ellange sehen, Schaumweinhochleistungstechnologie pur, die mit der derzeitigen Produktion von jährlich 1 Million Flaschen noch lange nicht ausgelastet ist. Rivaner und Elbling sind die Hauptsorten für den Luxemburger Sekt, aber auch Pinot Blanc und Riesling werden verarbeitet, besonders für die gehobenen Qualitäten.

Die Rebsorten

Insgesamt ist Rivaner die meistverbreitete Sorte und hat hier auch beim stillen Wein schon lange den Ruf abgeschüttelt, der ihm anderswo unter dem alter ego von Müller-Thurgau weiterhin anhhaftet. Das hat wohl auch damit zu tun, dass er fast nur in Hanglagen wächst, denn Weinbau auf dem flachen Lande gibt es in Luxemburg so gut wie nicht. Dazu kommt noch, dass er hier meist relativ trocken ausgebaut wird und sich damit gut als Essensbegleiter eignet. Mengenmässig spielt auch der Pinot Blanc eine Rolle, während für gehobene Ansprüche die besten Lagen oft mit  Riesling und Pinot Gris bepflanzt sind. Als „Exoten” kommen dann noch Elbling, Chardonnay, Gewürztraminer und Pinot Noir bedürfen überdies eines besonders feinen Händchens, um sie im überregionalen Wettstreit nicht als Schlusslicht erscheinen zu lassen.  Nicht genug Aufhebens gemacht haben die einheimischen Erzeuger bisher von der Auxerrois, die sich hier oft auf erstaunlichem Niveau präsentiert und durchaus das Zeug dazu hat der Luxemburger Weinindustrie als Aushängeschild zum internationalen Durchbruch zu verhelfen.

Die Regeln

Ob wahrer Weinliebhaber oder Weinsnob, wer gern mehr in Erfahrung bringen möchte über die Hierarchie der Erzeuger oder der Lagen hat’s nicht so einfach in Luxemburg wie andernorts. Weinbewerter wie Gault-Millau, Eichelmann oder Wein-Plus gibt es nicht. Die vom nationalen Institut Viti-Vinicole jährlich neu vorgenommene Klassifikation richtet sich nicht nach Terroir, sondern dem organoleptischen Urteil  einer Prüfungskommission. Diese besteht aus sieben Mitgliedern, die nicht nur von der Erzeugerseite kommen, sondern auch vom Verbraucherschutz, dem Gaststättengewerbe und den staatlichen Behörden. Somit bemühmt man sich, die größtmögliche Objektivität bei der Bewertung zu garantieren. Je nach erreichter Punktezahl dürfen sich die für die „Marque Nationale” angestellte Weine mit dem Appellation Controlée Siegel oder bei steigender Einstufung mit den zusätzlichen Prädikaten „Vin classé” oder gar „Premier cru” schmücken. Die allerbesten lassen sich die Verkoster nocheinmal auf der Zunge zergehen und können bei entsprechender Wertschätzung die höchste Auszeichnung „Grand Premier Cru” vergeben. Was nicht die Mindestpunktzahl erreicht, fällt in die Kategorie „vin de table”, die aber auch für Weine von Winzern gilt, die sich gar nicht erst um eine offizielle Klassifikation bewerben.

Das höchste Prädikat: Grand Premier Cru

Elbling, Cuvées und Crémants können sich nicht höher qualifizieren als „Marque Nationale - Appellation Controlée”, während für Rivaner die Obergrenze bei  „Vin classé” liegt. Auch den Süssweinen wird vom einheimischen Weingesetz Rechnung getragen, wobei die Bezeichnung „Vendange Tardive” die ganze Spannweite zwischen lieblich ausgebauter Spätlese und Trockenbeerenauslese umfasst. Für Weine aus der Lese am Stock gefrorener Trauben gibt es das Prädikat „Vin de Glace”, das mehr von der Methode als den Anforderungen her dem deutschen Eiswein entspricht. Hinzu kommt noch als Luxemburger Besonderheit die Kategorie des „Vin de Paille”, wozu man voll- oder überreife Trauben vor der Vergärung  quasi zu Rosinen schrumpfen lässt. Einer, der sich von dem unverhältnismässigen Aufwand dieser Methode nicht abschrecken lässt, ist Charles Decker aus Remerchen, der solche Raritäten wie Strohwein von Pinot Blanc, Gewürztraminer und Auxerrois im Angebot stehen hat.

Ambitionen und Terroir

Einige Produzenten fühlen, dass ihren Ambitionen mit der Marque National Klassifikation allein nicht genug gedient ist, und so haben sich in Luxemburg sieben renommierte Weingüter zusammengeschlossen um einen Teil ihrer Ernte unter dem Banner  „Domaine et Tradition” zu vermarkten. Mit Aly Duhr, Clos Mon Vieux Moulin, Sunnen-Hoffmann und Mathis Bastian sind vier echte Familienbetriebe vertreten, aber dass fein nicht immer klein sein muss, bezeugt die Zugehörigkeit von Domaine Gales und dem Unternehmen Bernard-Massard, wobei letzteres allerdings nur mit seinen Schmuckstücken Clos des Rochers und Chateau de Schengen der Domaine Thill repräsentiert ist. Ausschließlich sortenreine Weine aus den Trauben Riesling, Gewürztraminer, Pinot Gris, Pinot Blanc und Auxerrois können sich für das Etikett der „Domaine et Tradition” qualifizieren und müssen sich in Anlehnung an das Elsässer Grand Cru Modell strikten Ertragsbegrenzungen und einer kritischen Blindprobe aller Mitglieder unterziehen. Für dieses extra an Qualität und Typizität ist der kennende Kunde dann auch bereit ein bisschen mehr zu bezahlen. Ansonsten produzieren die „glorreichen Sieben” die Mehrheit ihrer Weine unter eigener Flagge und können genau wie alle anderen Winzer auch Lagenbezeichnungen verwenden, wenn sie die Herkunft von einem bestimmten Weinberg anzeigen wollen. So wie in den meisten anderen Regionen Europas gibt es auch in Luxemburg Weinberge, denen eine besondere Bonität zugesprochen wird. Insgesamt gilt bezüglivch der Böden, dass sich im nördlichen Teil der Weinstrasse überwiegend Muschelkalk vorfindet, wogegen im südlichen Bereich der Keupermergel dominiert. Dementsprechend fallen die Weine aus dem Kanton Grevenmacher oft etwas vollmundiger und weicher aus, während sich die Weine aus dem Kanton Remich durch Rasse und Eleganz auszeichnen können.

Die Küche

Wie schon erwähnt wird die grosse Mehrheit der einheimischen Weine trocken ausgebaut, so dass man sie auch gut zum Essen trinken kann. Ich glaube nicht, dass man den Stolz der Landesbewohner zu sehr verletzt wenn man sagt dass es eine Luxemburger Küche als solche nicht gibt, aber man versteht es vorzüglich die kulinarischen Einflüsse der grösseren Nachbarländer zu integrieren. Davon zeugen mehrere Michelin-besternte Restaurants, nicht nur in der Hauptstadt sondern auch auf dem Lande. Nur eine kurze Fahrt ist es von den Rebhängen der Mosel zu dem kleinen Ort Frisange, wo die formidable Léa Linster in dem nach ihr benannten Restaurant Küchenregie führt. Die gebürtige Luxemburgerin gewann 1989 als erste und bisher einzige Frau den „Bocuse d’Or”, eine der höchsten Auszeichnungen in der Welt der Kochkunst. In ihrer „Cuisinière” durfte sich dann auch eine kleine Gruppe von Weinjournalisten aus Grossbritannien, Belgien, Norwegen und Deutschland mit einem Menu aus 9 Gängen belehren- in ein oder anderem Fall gar bekehren - lassen, dass der einheimische Wein durchaus ein harmonisches Duett mit den auserlesensten Gerichten eingehen kann. Dabei kamen ganz fair grosse, mittlere und kleine Produzenten zum Zug, wobei alle nur ihre Spitzenerzeugnisse angestellt hatten. Auxerrois bestätigte seinen Ruf als Geheimtipp zum Kaninchenpressfleisch mit Foie Gras, Rivaner durfte sich mit einer Gemüseplatte messen, Pinot Blanc zeigte sich als kompetenter Begleiter zum Froschschenkelrisotto. Zum Hummersalat bewarben sich die Rasse eines Riesling und die Aromatik eines Pinot Gris um unsere Gunst. Kaviar auf Eiermousse war schwieriger für die konkurrierenden Chardonnay und Auxerrois, dagegen zeigten sich zwei Rieslingeditionen dem Lachs Confit mit Erbsenpurée durchaus gewachsen. Zu den Wildbratenscheibchen dann vielleicht das grösste Wagnis, aber hier schlug der Barrique Pinot Noir 2003 von Aly Duhr ein wahres Pfauenrad! Nicht so geglückt war hingegen das Experiment mit dem Soufflé aus Luxemburger Ziegenkäse und den dazu servierten Pinot Gris und Auxerrois Vendange Tardive, aber das war bei dem abschliessenden Feuerwerk von Vanille und Ananas Eiscreme, Gewürztraminer Strohwein und Riesling Eiswein schnell vergessen.

Die Lage

Nach einem dreitägigen Marathon mit zahlreichen Gutsbesuchen, lebhaften Diskussionen und fast 300 verkosteten Weinen kann man sich schon ein gutes Bild von der Luxemburger Weinszene machen. Was besonders ins Auge sticht ist das erstaunliche Preis-Leistungsverhältnis. Besonders bei dem Goliath der einheimischen Produzenten merkt man, dass nichts ununternommen bleibt um im europäischen Wettbewerb konkurrenzfähig zu sein. Die Domaine de Vinsmoselle mit ihren auf dem neuesten Stand der Technologie operierenden Grosskellereien macht den zuliefernden Wengertern strikte Qualitätsvorgaben und bestimmt selbst die Lesetermine um sich der bestmöglichen Güte des Traubenmaterials zu versichern. So kann sie nicht nur im Konzert der preiswerten Weine leicht mithalten sondern auch mit speziellen Selektionen glänzen, wie der Gewinn von Goldmedaillen bei Mundus Vini 2007 für zwei Pinot Gris, einen Einzellagenwein und eine „Vendange Tardive”, beweisen. Dieser Erfolg war auch einem „Domaine et Tradition” 2006 Pinot Gris vom mittelständischen Unternehmen Caves Galen vergönnt. Während die grösseren der Branche aber ihre Stärke doch mehr in Markenweinen ausspielen können, findet man bei den kleineren Familiengütern manchmal erstaunliche Spezialitäten, die sich halt nur in limitierten Ausgaben erzeugen lassen. Bei Dessertweinen tut sich der schon oben erwähnte Charles Decker hervor.

Reife luxemburger Weine

In Ahn gibt es die beiden Zweige der Familie Duhr, die in einer gemeinsamen Probe demonstrierten, dass bei entsprechendem Qualitätsstreben Langlebigkeit kein Problem für Luxemburger Weine ist. Das bewies auch das Vater-Tochter Team der Domäne Mathis Bastian in Remich, wo Handlese in mehreren Durchgängen als unabdingbare Voraussetzung für Spitzenqualität gilt. Einen Ruf als Toperzeuger hat weiterhin das Boutiqueweingut Domaine Alice Hartmann in Wormeldange, wo Riesling, Chardonnay und Pinot Noir  immer schnell ausverkauft sind. "Klein, aber fein" gilt zudem für zwei Familienbetriebe im südlichen Wintrange, wo Sunnen-Hoffmann im Hommelbierg und Schuhmacher-Knepper im Felsberg Besitz in den besten Lagen haben. Dass man bei allem Streben nach Qualität nicht aus dem Auge verlieren sollte, was sich der Kunde leisten kann, gehört zur Unternehmensphilosophie zweier so unterschiedlicher Betriebe wie dem traditionellen Familiengut A. Gloden & Fils in Wellenstein und dem relativ neuen Unterfangen von Cep d’Or  mit Weinbergen in Stadtbredimus.

Bleibt zum Abschluss, besonders für deutsche Weinliebhaber nur zu sagen: Luxemburg ist nicht nur wegen der Benzinpreise eine Reise wert!

Mehr verwandte Stories

Alle anzeigen
Mehr
Mehr
Mehr
Mehr
Mehr
Mehr
Mehr
Mehr
Mehr
Mehr

Veranstaltungen in Ihrer Nähe

PREMIUM PARTNER