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Man hat es nicht leicht als einzelner Winzer, sich in der großen, immer mehr globalisierten Weinwelt Gehör zu verschaffen. Diese Erkenntnis führte zu Beginn der 1990er Jahre in Österreich zu einem wahren Boom an Vermarktungs- und Interessensgemeinschaften. Nicht unerheblich trug dazu die massive Aktivität der damals noch recht jungen ÖWM und der Handelskammer im Ausland bei, die es zum ersten Mal einer großen Anzahl von Weinbauern ermöglichten, günstig an Messen teilzunehmen.

Aber auch in einer Gemeinschaft wachsen die Bäume nicht in den Himmel: organisatorische Probleme, Zerstrittenheit, Geldmangel oder sich ändernde Interessen Einzelner - die Gründe für einen Misserfolg sind zahlreich. So wurde es bald wieder ruhiger in der österreichischen Weinszene, nachdem man erkannt hatte, dass Wunschdenken und ein Markenname für sich noch nichts bewirken.

Ganz selten, um nicht zu sagen eine echte Rarität, waren und sind Gemeinschaften, die mehrere Weinbaugebiete umfassen. Natürlich, die größten dieser Art sind bekannt, nämlich die Weinfrauen, ob in Italien, Deutschland oder Österreich. Hier eint ein anderes Gemeinschaftsgefühl als die Region. Aber sonst?

Auch in der neuigkeitsverwöhnten Weinszene Österreichs sorgte daher das Projekt Leithaberg für einiges Aufsehen. Sicher, in den letzten Jahren kam es immer häufiger vor, dass ein Winzer statt von „internationalem Maßstab” plötzlich etwas von „Terroir” und „Eigenständigkeit” erzählte, wenn er von seinem Spitzenwein sprach. Bei Rotweinen wohlgemerkt, denn bei Weißwein hatte in Österreich die Globalisierung noch nie eine Chance, schon gar nicht bei den Spitzenprodukten. Und Terroir macht nicht Halt vor Weinbaugebietsgrenzen.

Der Beginn:

"Begonnen hat es damit", erzählt Andreas Liegenfeld, Obmann der Markengemeinschaft "Leithaberg", „dass eine Gruppe Donnerskirchener Winzer befreundete Kollegen aus Purbach eingeladen hat, um darüber zu reden, wie das Leithagebirge mit seiner Besonderheit besser bekannt gemacht werden könnte." Die Ortsnachbarn waren sich da rasch einig, schließlich gab es schon lange spezielle Weine vom speziellen Berg, man war sich der Einzigartigkeit hier schon bewusst. Ebenso war klar, dass sich der Berg lange hinzog und daher noch etliche Kollegen aus anderen Orten dazukommen sollten. Außerdem waren unter denen einige, die schon große Erfahrung mit der Vermarktung und Winzergemeinschaften hatten, abgesehen von herausragendem winzerischen Können.

Schon nach ersten Gesprächen war recht klar, welche Produzenten „ihren” Berg genauso schätzten wie die Donnerskirchner und Purbacher. Schließlich wurden es 15 Betriebe, die an einem Strang ziehen wollten. Deutliche Mineralität und gewisses Spiel unterschieden die Weine vom Berg immer von jenen anderer Gebiete, wo eher Wucht und Üppigkeit im Vordergrund stehen. Das bringt zwar - entgegen aller Beteuerungen der meisten Tester - noch immer Höchstpunkte bei den Verkostungen, aber Eleganz, Tiefe und auch Herkunftscharakter kommen inzwischen beim Weinliebhaber immer besser an, während schiere Wucht und schokoladig-süßliche Holzwürze mit immer größerer Skepsis betrachtet werden.

Das starke Band des richtig verstandenen Terroirs aber schweißt die 15 Winzer der Vereinigung „Leithaberg” zusammen. Dieser Berg, der in den Augen der profanen Betrachter eher mehr ein langgezogener Hügel ist, der gemeinsame Boden und das gemeinsame Kleinklima sind die vinologische Heimat der Leithabergwinzer. Das und eine große Wertschätzung untereinander, bei der das Weinbaugebiet, Bekanntheitsgrad und Größe, Alter und Geschlecht, Religion und Besitz keine Rolle spielen, machen die Vereinigung „Leithaberg” zu einer der ganz interessanten Produzentengemeinschaften.

Herkunft und Boden:

Wo ist denn nun dieses sagenhafte Leitha „gebirge”? Das fragen sich oft auch österreichische (wenn auch nicht die burgenländischen) Weinliebhaber. Etwa 25 km südöstlich von Wien ist das Leithagebirge der letzte Ausläufer der Alpen vor der pannonischen Tiefebene. Es ist ein Rest eines abgesunkenen Gebirgteils, der die Alpen mit den Karpaten verbunden hat, der höchste Punkt liegt 484 ü.M. Über rund 35 Kilometer erstreckt sich der Leithaberg von Nord nach Südwest. Die relevanten Weingärten befinden sich ausnahmslos an den östlichen, dem Neusiedlersee zugeneigten sanften Hängen. Insgesamt stehen hier gut 2000 ha unter Ertrag, wobei aber auch hier nicht jeder Fleck gleich ein Grand Cru ist.

 

Der letzte Ausläufer der Alpen vor der pannonischen Tiefebene

Um zu wissen, was Sache ist, braucht man verlässliche Daten. Daher ließen die Leithabergler gleich zu Beginn genaue Bodenanalysen durchführen. So genanntes Urgestein mit Glimmerschiefer und Gneis, sowie andernorts eine oft mächtige Schicht Leithakalk (Muschelkalk) bilden den Hauptteil der Böden. An einigen Stellen tritt auch noch der kristalline Kern des alten Gebirges an die Oberfläche, was die Produktion von spannungsreichen und zugleich verspielten Weißweinen ermöglicht. In der Gegend um Jois findet sich auch sandiger Lehm, der für die burgenländische Leitsorte Blaufränkisch sehr gut geeignet ist. Die Böden erwärmen sich schnell und speichern tagsüber die Wärme, die sie am Abend wieder abgeben. Die Ausrichtung der Gärten nach Südosten bringt ausgezeichnete Belichtung und viel Wärme tagsüber, die Höhe und der darüber liegende Wald sind ein Garant für kühlere Nächte, speziell gegen den Herbst zu. Eine lange Reifeperiode zur vollständigen physiologischen Reife ist dadurch in den meisten Jahren gegeben.

Die Weine:

Die Produktionsrichtlinien ergeben sich da fast von selbst, und der Respekt vor dem Terroir, inzwischen fast schon ein Unwort, weil es inflationär zur Aufwertung für jeden noch so gesichtslosen und halbindustriell produzierten Tropfen herhalten muss, wenn nur dessen Herkunft einigermaßen geklärt werden kann, ist hier ausnahmsweise einmal kein reines Lippenbekenntnis.

 

Glimmerschiefer% Gneis% und Leithakalk bilden den Hauptteil der Böden

„Leithaberg muss man schmecken können”, so die offizielle Aussage. Man meint damit die spezielle Würze, Mineralität und Frucht, die in den Böden und der Exposition des Leithagebirges begründet liegen, heimische Sorten und die Authentizität durch den weitgehend traditionellen Ausbau. Zu Leithaberg-Weinen werden Weine mit hoher Klasse und Struktur und besondere Lagenweine. Frische, elegante und mineralische Weine mit einem unverwechselbaren Charakter entstehen hier. Die Würze, die Mineralität und die Frucht, geprägt durch den Schieferboden und Muschelkalk des Leithagebirges sind die markanten Eigenschaften dieser Lagenweine, auch nach dem Motto „Das Beste aus heimischen Sorten”, so lautet der zusammenfassende Satz, hinter dem die Vereinigung steht. Ein Leithabergwein kann reinsortig oder als Cuvée ausgebaut werden. In jedem Fall muss dieser Wein innere Spannung und Lebendigkeit aufweisen, muss engmaschig und vielschichtig sein und muss sich nicht unbedingt schon beim ersten Schluck eröffnen, sondern darf ruhig anfangs etwas verschlossen sein, um sich später zu entwickeln.

Die heimischen Sorten Chardonnay ( „Feinburgunder”), Weißburgunder und Neuburger spielen beim Leithaberg weiß die Hauptrolle. Daneben nimmt der Grüne Veltliner eine Sonderstellung ein, denn der Ort Donnerskirchen hat eine besondere Affinität zu dieser Sorte. Beim Leithaberg rot ist der Blaufränkisch die Leitsorte und muss bei Cuvées mit einem Mindestanteil von 50 Prozent den Wein dominieren. Des weiteren zugelassen sind Zweigelt, Blauburgunder (Pinot Noir) und St. Laurent.

Welcher von vorne herein mit den vorgegebenen Kriterien übereinstimmende Wein die Bezeichnung „Leithaberg” tragen darf, wird bei internen Blindverkostungen festgestellt. Ein auf die speziellen Bedürfnisse zugeschnittenes, eigenes Bewertungssystem mit 5 Punkten kommt dabei zur Anwendung. Bei der alles entscheidenden Finalverkostung müssen mindestens 85% der Winzer anwesend sein. Es werden nur Fassproben verkostet, sodass kleine Korrekturen betreffend Zusammensetzung der Sorten oder Auswahl der Fässer noch möglich sind. Dies mag extremen Puristen etwas vage erscheinen, ist aber mehr als sinnvoll und wird weltweit bei der Auswahl und dem Verschnitt zu Spitzenweinen so gehandhabt. Nur spricht nicht jeder so offen darüber.

Die 15 Mitglieder sind sich dessen bewusst, dass sie mit ihrer Vinifizierung der Leithabergweine neue, alte Wege beschreiten und stehen dazu. Keine süßlichen Vanillearomen, die den Wein übertünchen, auch alles zupappende, röstig-würzige Holztöne, verbunden mit marmeladiger Frucht zur Erzielung höchster Globalisierungspunkte werden rigoros abgelehnt. Ob Cuvée oder reinsortig, es geht einzig und allein um vielschichtige, regionaltypische, hintergründige, eben spannende Weine. Dass solche Weine oft gut zu lagern sind, ja manchmal unbedingt reifen müssen, ist jedem klar, der derartig produzierte Weine noch kennt. Gefüllt wird nach Beschluss der Winzer ausschließlich in die Burgunderflasche.

Die Mitglieder:
(alphabetisch)

Bayer Erbhof, Donnerskirchen
Josef und Andrea Bayer bewirtschaften auf 17 ha Rebfläche mit großer Sortenvielfalt. Tradition und moderne Hygienetechnologie werden als zentrale Punkte der Betriebsphilosophie gesehen.

Dr. Bichler, Purbach
Ein Wirtschaftsanwalt erfüllte sich seinen Traum vom eigenen Weingut und kultiviert auf den Glimmerschiefer- und Kalkböden vornehmlich burgundische Sorten, abgesehen vom Blaufränkisch. Mit dem Weingut Leberl verbindet ihn eine lange Freundschaft und gemeinsame Önologie.

Birgit Braunstein, Purbach
Die aktive Winzerin keltert hauptsächlich Rotwein von den 22 ha Weingärten. Ihre Weine zeigen von Jahr zu Jahr mehr Charakter, Spannung und Identität, was im internationalen Verkostungsfeld, z.B. in England und USA für beste Platzierungen sorgt.

Norbert Gmeiner, Purbach
20 ha bewirtschaftet der ehemalige Quereinsteiger erfolgreich. Das Hauptaugenmerk liegt auf Rotweinen und hier wiederum auf regionalen, traditionellen Sorten.

Toni Hartl, Reisenberg
Ein Großteil der Rebfläche des Weingutes befindet sich am Leithagebirge, der Rest in der Thermenregion. Nachhaltige Weingartenarbeit und Respekt vor der Natur zeichnen den Winzer aus, der Ausbau seiner Weine ist höchst individuell - und die Qualitäten sind meist erstklassig.

Andreas Liegenfeld, Donnerskirchen
Eine besondere Liebe verbindet den derzeitigen Obmann der Gemeinschaft mit dem Grünen Veltliner. Auch hier gilt: die beste Verbindung aus Tradition und Moderne ergibt optimalen Wein.

Josef Leberl, Großhöflein
Ein Qualitätsbetrieb der ersten Stunde, nicht wegzudenken beim Kampf um die Anerkennung des hochwertigen österreichischen Weines. Gerald Leberl ist schon lange in die Fußstapfen seines schon jetzt legendären Vaters getreten. Er führt den Betrieb mit viel Wissen und Herz.

Gabi & Richard Mariell, Großhöflein
Erstklassige Lagen, 7,5 ha unter Ertrag, sauberer Keller und schonende Kellertechnik. Das führt sehr oft zu besten Weinen.

Hans Nehrer, St. Georgen
Die  21 ha Weingärten des Betribes sind ausnahmslos an den Südhängen des Leithagebirges gelegen. Unterschiedlich ist die Bodenbeschaffenheit, was sich hier in deutlich unterschiedlichen Weinen sauberster Art erkennbar niederschlägt.

A & H Nittnaus, Gols
Der Sitz des Weingutes und der Hauptteil der Lagen sind in Gols, aber ein paar der schönsten Lagen im nördlichen Teil des Leithagebirges gehören dem Qualitätspionier Nittnaus ebenfalls. Naturnähe und Authentizität bei höchstem qualitativem Niveau ist die Maxime.

Martin Pasler, Jois
Die 13 ha Weingärten des eigenwilligen Winzers sind zu fast gleichen Teilen mit Rot- und Weißweinreben bepflanzt. Martin Pasler ist weitgereist, ein bisschen etwas davon findet sich in seinen Weinen wieder.

Silvia Prieler, Schützen
Engelbert Prieler hat in seinen Kindern würdige Nachfolger gefunden. Seine Weingartenarbeit ist nach wie vor das Maß der Dinge, der Keller ist das unumschränkte Reich von Silvia Prieler. Ihre Devise: "Weine machen mit viel Entwicklungspotenzial, solche, die im Gedächtnis bleiben”.

Thomas Schwarz, Purbach
Die 14 ha Weingärten werden organisch-biologisch bearbeitet. Hauptsorten sind Grüner Veltliner und Chardonnay, sowie Blaufränkisch. Das Weingut gilt als einer der Vorreiter der Region.

Leo Sommer, Donnerskirchen
Seit 1698 besteht dieses Weingut. Von den 22 ha Weingärten sind drei Viertel mit weißen Sorten bestockt, wobei der Sorte Grüner Veltliner besondere Aufmerksamkeit gilt.

Erwin Tinhof, Eisenstadt
Nach dem Landwirtschaftsstudium und einem Praktikum an einem der renommiertesten Weingüter Südfrankreichs begann Erwin Tinhof 1990 mit der Produktion von eigenem Wein. Von den 11 ha Weingärten in teils allerbesten Lagen kommen die Trauben, die nach schonender Verarbeitung und vorsichtigem Ausbau charaktervolle Weine ergeben.

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