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Zum 20-jährigen Bestehen hat Wein-Plus seine Mitglieder um ihre Meinung zur künftigen Ausrichtung der Weinbewertung befragt. Sollten die Weine künftig von Marcus Hofschuster mit besseren Noten und einer kleineren Punkteskala bewertet werden, wie es derzeit im Trend ist? Oder sollte alles beim Alten bleiben? Das Ergebnis fiel eindeutig aus.

Niemand in Europa verkostet mehr als Marcus Hofschuster. In den 20 Jahren seit der Gründung von Wein-Plus hat der Verkostungsleiter knapp 200.000 Weine aus ganz Europa (Stand: Mai 2019) bewertet. Seit dem Start von Wein-Plus probiert er Weine an fünf Tagen pro Woche, mehrere Stunden pro Tag ausschließlich mit Blindverkostung an immer demselben Arbeitsplatz und mit den gleichen Gläsern.

„Absolute Objektivität ist beim Verkosten von Wein kaum möglich. Daher ist es für mich essentiell, in einem Umfeld zu arbeiten, das eine neutrale Bewertung frei von Einflüssen und Störungen möglich macht“, erklärt Hofschuster seine Philosophie. Mit dieser kompromisslosen Haltung und seiner Unbestechlichkeit hat Marcus Hofschuster in Europa Maßstäbe gesetzt: Für ihn ist es etwa undenkbar, auf den Weingütern direkt oder gar auf Messen zu probieren, wie das bei vielen Verkostern anderer Guides und Zeitschriften üblich ist..

„Ich finde den Winzer sympathisch und die Landschaft toll, er hat mir interessante Geschichten erzählt und schaut mich nach dem Kosten erwartungsvoll an. Wie soll ich denn da einen Wein seriös bewerten?“, fragt er.

Hofschuster gilt seit Jahren als eine der wichtigsten Instanzen der europäischen Weinkritik. Denn er ist einer der wenigen unabhängigen Verkoster Europas. Finanziert werden Website, Personal, Datenbank, Redaktion, Service sowie die aufwendige Verkostungsarbeit ausschließlich durch die Beiträge der Wein-Plus-Mitglieder. Sie hatte der Geschäftsführer und Eigentümer Utz Graafmann daher online um ihre Meinung gebeten: Sollte die Qualitätspyramide der Weinbewertungen mit nur wenigen Top- Wertungen an der Spitze bestehen bleiben? Oder sollte sich das Weinnetzwerk dem aktuellen Trend der Weinmedien anschließen, möglichst viele hohe Bewertungen zu veröffentlichen? Der Hintergrund der Umfrage: Von der vor 20 Jahren noch üblichen Bandbreite von 50 bis 100 Punkten ist bei den meisten Bewertern fast nur noch das obere Viertel übrig geblieben.

„Bei vielen Weinführern gilt heute ein Wein unter 90 Punkten als Enttäuschung“, erklärt Graafmann die Frage. Wein-Plus nutzt seit 20 Jahren die gesamte Spanne: „Das führt dazu, dass die Bewertungen von Wein-Plus leider oft missverstanden und deshalb fast nie von den Weingütern publiziert werden.“ An der Umfrage vor wenigen Tagen nahmen 365 Mitglieder teil. Das Ergebnis fiel eindeutig aus: 81 Prozent der Nutzer antworteten: „Weitermachen wie bisher“. Nur 19 Prozent entschieden sich für die Umkehrung der Bewertungspyramide.

Die begründete Strenge von Marcus Hofschuster wird von den Wein-Plus-Mitgliedern hoch geschätzt: „Auch im Wein hat das ‚immer schneller, höher, weiter‘ zu einer unerwünschten Abqualifizierung von Weinen geführt, die charakteristisch sind. Der Weinmarkt hat sich zu einem Markt für Schnäppchenjäger degradiert (...)“, schreibt ein Mitglied.

Und ein anderer Nutzer betont: „Ich bin sehr für die Beibehaltung des aktuellen Bewertungssystems. Ich komme damit gut zurecht, finde bei meinen Verkostungen ähnliche Einschätzungen, auch die Spreizung der Bewertungsskala ist ausreichend und die Einteilung erlaubt die erforderliche Differenzierung. Natürlich könnte man ein anderes Bewertungssystem wählen – aber was würde dadurch besser, was wäre dadurch gewonnen? Der Wein bliebe doch der gleiche.“

Besonders deutlich wird dieser Nutzer: „Ich persönlich würde mich freuen, wenn Sie weiter wie bisher bewerten. Nämlich objektiv und überparteilich UND unkäuflich. Solange Sie mit den Abo-Beiträgen zurecht kommen, wäre dies sehr wünschenswert. Ihre Kollegen von (...) kann man schon lange nicht mehr ernst nehmen...WEITER SO!“

Aus diesem sehr eindeutigen Ergebnis leitet sich für Marcus Hofschuster und Utz Graafmann vor allem eines ab: Sich deutlich gegen die Punkte-Inflation zu positionieren.

„Wir haben alles anders gemacht, haben streng bewertet und mussten unser System gegen die etablierten Medien durchsetzen. Das hat Zeit, Geld und Nerven gekostet, aber es hat am Ende doch funktioniert. Nun werden wir unsere Nutzer und die europäischen Weinfreunde viel mehr aufklären, wie eine Verkostung professionell abläuft und warum viele Punktwertungen nicht auf seriöse Weise entstehen. Wir werden diesen Unterschied offensiv kommunizieren“, betont Marcus Hofschuster.

Hochglanzmagazine seien von Anzeigen, Einreichungsgebühren sowie „Produktionsunterstützung“ von Verbänden abhängig. „Anders geht das für sie heute nicht mehr“, sagt Hofschuster, „wir sind aber unabhängig von diesen Faktoren - und kommen daher auch zu anderen Wertungen. Wir sind es unseren Lesern schuldig, unsere Arbeit genau so fortzuführen. Anders könnte ich es auch gar nicht machen.“

Wein-Plus hat keine Investoren, Banken oder Kapitalgeber im Hintergrund, die hohe Renditen erwarten. Keine Werbenetzwerke drängen auf Klickraten oder Shopping-Umsätze, kein Verlag fordert Anzeigenschaltungen. Sogar für die Weingüter ist das Bewerten ihrer Weine kostenfrei. Denn anders als üblich verlangt Wein-Plus keine Verkostungsgebühren. Für die meisten anderen Weinmedien und -wettbewerbe gehören sie heute - mit teils hohen Beträgen - längst zum Geschäftsmodell.

Das wirft viele Fragen zur Unabhängigkeit dieser Medien auf. Denn hohe Gebühren erzeugen oft tendenziell hohe Bewertungen, nur um die Teilnahme der Güter bei der nächsten Verkostung zu sichern. Die hohen Punktzahlen erzeugen zudem größere Reichweiten in den Sozialen Netzwerken, was auch die Bekanntheit der Verkoster steigert. Das Geschäftsprinzip funktioniert – aber nicht für Wein-Plus. Marcus Hofschuster bewertet streng und verzichtet bewusst auf die kostenlose Reichweitensteigerung: Von den bewerteten 200.000 Weinen hat er in 20 Jahren die Höchstnote von 100 Punkten nur acht mal vergeben. Das sind 0,004 Prozent aller Weine. 99 Punkte erhielten in dieser Zeit 25 Weine und damit 0,012 Prozent der Testkandidaten.

Diese Noten vergibt Marcus Hofschuster nicht nach dem einmaligen, schnellen Verkosten wie bei den meisten Wettbewerben. Bis er eine Höchstnote publiziert, probiert er den Wein in den folgenden Tagen nochmals mehrfach blind in unterschiedlich zusammengestellten Flights. Bis die Note feststeht. Auch das dürfte einzigartig sein in Europa.

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