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Mit der geplanten Abschaffung des Maestro-Zahlungssystems 2023 setzen MasterCard und Visa auf Debitkarten zur Zahlung im Laden und in Online-Shops. Für Winzer und Weinhändler ist das keine gute Nachricht: In der Schweiz und in Italien sind die Transaktionskosten mit ihrer Einführung massiv gestiegen.

Mastercard wird ab Mitte 2023 keine Maestro-Karten mehr ausgeben. Diese Ankündigung hat nicht nur in Deutschland für Unruhe gesorgt. Branchenkenner befürchten vom Umstieg auf die Debit-Mastercard deutlich höhere Gebühren - und zudem eine steigende Abhängigkeit von US-Finanzdienstleistern. Was kommt da auf den Weinhandel zu?

Die Maestro-Karte mit den rot-blauen Kreisen ist eine Debitkarte des Kreditkarten-Konzerns Mastercard. Sie ergänzt die meist nur im eigenen Land einsetzbaren Bankkarten um den Einsatz im Ausland. Dazu hatten das Kreditkarten-Unternehmen Eurocard mit Sitz in Brüssel und der US-Finanzkonzern Mastercard bereits 1991 die Maestro-Debitkarte gemeinsam eingeführt. Eurocard gab damals Garantiekarten für die Bezahlung mit Eurocheques aus. Mastercard lieferte hingegen die Technologie für digitale Kartenzahlungen. Daraus entstand die viele Jahre populäre ec-Karte. Die strategische Allianz beider Anbieter machte es möglich, den Zahlungsbetrag – anders als bei einer Kreditkarte – auch bei internationalen Zahlungen direkt dem Kundenkonto zu belasten.

Doch das noch auf Papier beruhende Eurocheque-System wurde mit der Verbreitung von PC und Internet überflüssig, weshalb es Ende 2001 eingestellt wurde. In dieser Zeit versäumten die europäischen Banken, mit der Euro-Einführung am 1. Januar 2002 auch ein digitales Bezahlsystem zu etablieren. Statt dessen kaufte Mastercard die beiden europäischen Wettbewerber Eurocard und Maestro - und etablierte sie als eigenständige Marken.

Der Begriff ec-Karte ist in Deutschland zwar mit der Bedeutung „electronic cash“ weitergeführt worden, meint damit aber nur eine im Inland einsetzbare Bankkarte. Die dafür 2007 eingeführte Bezeichnung "Girocard" hat sich bis heute nicht im Alltag durchgesetzt. Damit Girocards auch im Ausland genutzt werden können, sind sie bislang meist mit der Maestro-Funktion ausgestattet – oder mit dem System des Konkurrenten Visa: “V Pay”.

Debitkarten: derzeit technologisch überlegen

Maestro und “V Pay” werden zwar von den meisten Kartenterminals (Point of sale = POS) der Läden und Geschäfte akzeptiert, oft aber nicht bei Online-Zahlungen. Auch das Bezahlen mit neuen mobilen Terminals (mPOS) oder das Hinterlegen der Kartendaten in Apple Pay oder Google Pay funktioniert nicht immer. Diese Einschränkungen sind für Mastercard der Grund, nun aus Maestro auszusteigen und auf die technologisch weiterentwickelte Debit-MasterCard zu setzen. Melissa Walker, Pressesprecherin von Visa Deutschland, erklärt hingegen auf Anfrage, “V Pay" werde „voll unterstützt, so dass Karteninhaber im Handel weiterhin damit bezahlen können“. Allerdings liege die Entscheidung, welche Karten ausgegeben werden, bei den Banken. Die würden derzeit “immer häufiger Visa Debit” offerieren. Trotz des Statements gehen viele Finanzexperten aber schon lange davon aus, dass “V Pay” ebenfalls bald von Visa beendet werden könnte.

Für Weinhändler, die während der Pandemie ihr Online-Geschäft ausgeweitet, ihren Webshop überhaupt erst gestartet haben oder auf mPOS-Terminals wechseln wollen, dürfte sich mit dem Wechsel die Zahlungsabwicklung tatsächlich vereinfachen. Doch das ist nur ein Aspekt: Kenner digitaler Zahlungssysteme gehen derzeit davon aus, dass mit den erweiterten Funktionen auch deutlich höhere Kosten auf den Handel zukommen.

Schweizer Preisüberwacher greift nach Händler-Protesten ein

Deren Befürchtungen lassen sich mit der Entwicklung in der Schweiz belegen: Dort hat die Einführung von Debit Mastercard und Visa Debit im Frühjahr 2021 den Schweizer Einzelhandel in Aufruhr versetzt: Das zum französischen Zahlungsdienstleister Worldline gehörende Anbieter Six hat die Transaktionsgebühren auf rund ein halbes Prozent vom Umsatz bei Debit Mastercard und sogar auf fast ein ganzes Prozent bei Visa Debit und "V Pay" festgesetzt. Bei höheren Beträgen macht dies ein Vielfaches der bisherigen Pauschale von 26 Rappen pro Maestro-Transaktion aus. Das kann, übers Jahr gerechnet, mit mehreren tausend Franken zusätzlich zu Buche schlagen – und das ohne erkennbaren Zusatznutzen für die Händler. Deren Proteste hat den Schweizer Preisüberwacher aktiv werden lassen, der auf Gesetzesgrundlage bei Missbrauch durch marktmächtige Unternehmen eingreift. Dessen Verantwortliche haben mit Six eine „einvernehmliche Regelung“ ausgehandelt: Seit 1. Mai 2021 sind die Gebühren pro Transaktion auf maximal 3,50 Franken bei Visa Debit und "V Pay" und höchstens zwei Franken bei Debit MasterCard gedeckelt.

Das ist trotzdem sehr viel mehr als bislang mit Maestro. Nun fragen sich Händler und Kunden, wofür der Einzelhandel derart hohe Gebühren zahlen soll, an wen das Geld fließt - und ob ein so massiver Anstieg nun auch in Deutschland droht. Doch aus der Branche sind auf die Fragen von wein.plus kaum konkrete Antworten zu bekommen. Selbst beim Rahmenvertragspartner von wein.plus, dem in Deutschland führenden Zahlungsdienstleister PayOne - der Worldline und der Sparkassengruppe gehört -, waren die Experten vom Maestro-Aus überrascht: „Da das Thema sehr neu ist, haben wir es noch nicht auf der Agenda”, sagte deren Association Manager Klaus Klein.

Mastercard bemüht sich zwar, die komplexe Funktionsweise der Kartenzahlung zu erklären, will sich aber zu Gebühren und Details noch nicht äußern, erklärte Juliane Schmitz-Engels, Head of Communications Germany and Switzerland. Visa hat im Juni 2021 versucht, die Wogen in der Schweiz mit etwas mehr Transparenz zu glätten. Beide Anbieter betonen, dass die Gebühren zwischen Händlern und Banken ausgehandelt würden - und verweisen auf die Interbanken-Entgelte, von denen Mastercard und Visa selbst nicht profitieren. Diese Gebühr ist allerdings seit 2015 durch eine EU-Verordnung auf maximal 0,2 Prozent des Umsatzes gedeckelt.

Der Handelsverband Deutschland (HDE – Dachorganisation des deutschen Einzelhandels) kritisiert allerdings in einem Positionspapier vom Januar 2021, dass dazu immer neue, zumindest merkwürdige, ja sogar erfundene Gebühren erhoben würden. Diese würden stets vom jeweiligen Karten-Emittenten festgelegt und über die Banken an die Händler durchgereicht. Der HDE fordert deshalb die Ausweitung der Interbanken-Entgelt-Regulierung auf sämtliche Bestandteile der Händlergebühr - und viel mehr Transparenz über deren Zusammensetzung.

Bis zu vier Prozent Debit-Gebühren in Italien

Eine EU-weite Regelung scheint daher dringend nötig zu werden. Denn viel weist darauf hin, dass in Ländern, in denen die Einführung von Debit Mastercard und Visa Debit schon weiter fortgeschritten ist, die Händlergebühren drastisch gestiegen sind. Mit bis zu vier Prozent wird beispielsweise in Italien bei allen Debitkarten viel kräftiger kassiert als derzeit in Deutschland.

Abhilfe soll die European Payments Initiative (EPI) schaffen. Mit dem im Sommer 2020 gestarteten Projekt wollen 31 europäische Banken das vor 20 Jahren Versäumte nachholen und ein europaweites digitales Bezahlsystem aufbauen. Mit an Bord sind mit Worldline und Nets auch zwei wichtige Zahlungsdienstleister. Laut dem Branchendienst “Der Treasurer” sollen dabei nicht nur kontaktlos einsetzbare Debit- und Kreditkarten ausgegeben, sondern auch eine Smartphone App für Echtzeit-Überweisungen auch zwischen Privatpersonen entwickelt werden. Derzeit blicken die Verantwortlichen der EPI optimistisch auf die für Ende November 2021 angesetzte Entscheidung des Vorstands über die künftige Unternehmensstruktur. Die Öffentlichkeit soll Anfang Dezember informiert werden. Händler dürfen also gespannt sein, ob die europäische Lösung für den digitalen Zahlungsverkehr wie vorgesehen bis 2024 steht, das Bezahlen für Kunden wie Händler tatsächlich vereinfacht - und vor allem wieder die Kosten senkt.

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