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Italien hatte 2021 mit extremen Wetterereignissen zu kämpfen: Spätfrost, Hagel und Temperaturen über 40 °C führten zu neun Prozent weniger Ernte als im Vorjahr. Hart getroffen hat es vor allem die Toskana mit 25 Prozent Verlust und speziell den Chianti mit bis zu 35 Prozent. Die Preise werden dort deutlich ansteigen, hat Raffaella Usai recherchiert.

Italien hat laut Angaben der Internationalen Organisation für Rebe und Wein (OIV) im Jahr 2021 mehr Wein produziert als alle anderen Länder und liegt mit geschätzten 44,5 Millionen Hektolitern ein ganzes Stück vor Spanien (35 Mio. hl) und Frankreich (34,2 Mio. hl). Jedoch floss auch in Italien weniger Wein in die Keller als 2020. Vor allem in der Toskana, der Lombardei, der Emilia Romagna und den Abruzzen beklagen die Winzer hohe Verluste. Ein leichtes Plus konnten nur Kampanien, Kalabrien und Sizilien verzeichnen siehe Tabelle.

Größtes Problem: das unberechenbare Klima

Der Grund für die Ernteausfälle war der ungünstige Wetterverlauf, angefangen mit Spätfrost im April. Dieser hatte einen schlechten Fruchtansatz zur Folge und schädigte vor allem früh austreibende Sorten und Jungpflanzen. Wie wein.plus berichtete, waren besonders die Reben im Piemont, im Veneto und in der Toskana betroffen. Im Juli wurde der Nordosten Italiens von schweren Stürmen heimgesucht, heftige Hagelschläge vernichteten einen Teil der Ernte. Und auch die hohen und lange anhaltenden August-Temperaturen bis über 40 °C führten in Verbindung mit Trockenstress zu spürbaren Mengen-Einbußen.

Riccardo Cotarella, Präsident des italienischen Önologenverbands Assoenologi, bestätigt, dass die extremen Wetterkapriolen den Winzern alles abverlangen und sie in ständiger Alarmbereitschaft halten: “Der Klimawandel wirkt sich immer stärker auf die Landwirtschaft und damit auch auf den Weinbau aus. Wir müssen die neuesten wissenschaftlichen Kenntnisse mit äußerster Sorgfalt anwenden, wenn wir eine gute bis sehr gute Qualität ernten wollen.”

“Mindestens zehn Prozent” höhere Preise

Die Toskana gehört zwar nicht mengenmäßig zu den wichtigsten Regionen Italiens, aber sie ist eines der Aushängeschilder des italienischen Weinbaus. Rund 25 Prozent weniger Menge wurden hier 2021 geerntet. Die größten Verluste gab es in der Maremma, beim Chianti und in der Appellation Vino Nobile di Montepulciano. Die Rückgänge beim Chianti Classico und Brunello di Montalcino hielten sich dagegen in Grenzen. Francesco Colpizzi, Präsident des Verbands Confagricoltura Toscana, hält eine Anhebung der Preise für unvermeidbar: „Die geringen Erntemengen und der explosionsartige Anstieg der Rohstoffpreise werden eine Erhöhung der Flaschenpreise von mindestens zehn Prozent zur Folge haben.“

Das Chianti-Konsortium drängt darauf, entgegen der Produktionsregeln, die Markteinführung des Jahrgangs 2021 um zwei Monate vorzuziehen. Dies sei ein notwendiger Schritt, um angesichts des Produktionsrückgangs eine Verknappung der zum Verkauf stehenden Produkte zu vermeiden. Das Konsortium spricht von einem Ernteverlust zwischen 30 bis 35 Prozent. Die Keller seien leer. „Die Preise sind bereits um 25 Prozent gestiegen“, erklärt der Direktor des Chianti-Konsortiums Marco Alessandro Bani, und die Nachfrage steige weiter. „Wir dürfen nicht riskieren, dass der Chianti zugunsten anderer, günstigerer Weine aus den Regalen des Großhandels verschwindet. Es würde Jahre dauern, um wieder gelistet zu werden. Wir müssten einen extremen Preisverfall in Kauf nehmen.“

Laila van Fraeijenhove ist Export-Managerin von Weingütern in der Emilia Romagna, Umbrien und der Toskana. Alle von ihr betreuten Betriebe hatten signifikante Ernteeinbußen, vor allem weiße Rebsorten sind betroffen. In der Romagna spricht man von insgesamt rund 30 Prozent weniger Ertrag als 2020, in Umbrien wurden 20 Prozent weniger geerntet und in San Gimignano in der Toskana sogar 35 Prozent.

Trotz geringerer Mengen hat van Fraeijenhove wenig Sorge, dass die Weine ihrer Klienten ausgelistet werden: „Meine Erfahrung zeigt, dass Fachhändler lieber mit konsolidierten Marken arbeiten, als neue Betriebe aufzunehmen. Wir werden im kommenden Jahr die Preise um 15 Prozent anheben müssen. Treue Kunden haben dafür Verständnis, die meisten meiner Importeure haben damit gerechnet. Für die Weingüter, die erst vor kurzem begonnen haben, im Ausland neue Märkte zu sondieren, stellen die Preiserhöhungen ein Problem dar. Neue Kunden zu finden, wird für sie 2022 schwierig werden.“

Unsicherheit und Angst vor Rohstoffmangel

Nach der Toskana hat die Lombardei die höchsten Verluste zu verkraften. Im Valtellina haben die Winzer zwischen 20 und 30 Prozent weniger Nebbiolo-Trauben geerntet. Pierpaolo di Franco vom Weingut Dirupi spricht von einem klimatisch sehr untypischen Jahrgangsverlauf mit anhaltender Dürre im Frühjahr und einem ungewöhnlich regenreichen Sommer. „Nachdem wir 2020 die Hälfte der Trauben verloren haben und die Qualität zudem nur mittelmäßig war, sind wir mit der diesjährigen Ernte sehr zufrieden. Die 2021er Weine im Keller sind vielversprechend. Vielleicht sind die Tannine weniger elegant als sonst, aber die Aromen gefallen uns sehr.”

Wie verkraften kleinere Weingüter zwei magere Jahrgänge hintereinander? Pierpaolo di Franco: „Pandemiebedingt ist die Nachfrage aus dem Ausland zurückgegangen - und das kam uns zunächst sogar entgegen. Der italienische Markt hat sich relativ schnell erholt, die Restaurants haben bestellt. Momentan bleibt fast alles in Italien. Natürlich besteht die Gefahr, dass Importeure sich nach anderen Weingütern umsehen, wenn wir die gewünschten Mengen nicht liefern können.”

Massimo Ronca vom Weingut Ronca aus Bardolino am Gardasee beklagt sogar 40 Prozent Ernteausfall. Bei ihm hat es vor allem die roten Trauben erwischt: Corvina, Rondinella und Merlot. Ronca kommt trotzdem auf die Menge, die er für seine Flaschenproduktion braucht, da er normalerweise nicht seine gesamte Ernte selbst vermarktet, sondern einen Teil an Kellereien verkauft. „Vor der Lese habe ich viele verzweifelte Anrufe von Kollegen bekommen, die auf der Suche nach Trauben waren. Die Preise für Trauben und Fasswein sind in unserer Gegend um mindestens zehn Prozent gestiegen.“

Größere Sorgen als die schlechte Ernte bereiten Massimo Ronca die gestiegenen Preise für Verpackungen, Flaschen und Etiketten und drohende Lieferengpässe. „Meine Lieferanten haben zum 1. Januar weitere Preiserhöhungen angekündigt, daher musste ich schon im November meine Bestellungen aufgeben. Trotzdem kann kein Lieferant zusagen, dass meine Ware vor der geplanten Abfüllung im Februar geliefert wird“, sagt Ronca. „Ich kenne einige Winzer, die ihre Flaschen in großen Kisten an die Restaurants liefern, weil sie keine Kartons mehr haben.“

Schlechte Nachrichten auch für Lambrusco-Fans. Zu den am stärksten betroffenen Rebsorten der Emilia gehört der Lambrusco Grasparossa, der in den Hügeln um Castelvetro angebaut wird. Aber auch von den Lambrusco-Sorten Salamino und Sorbara aus der Ebene gab es 20 bis 25 Prozent weniger. „Der Produktionseinbruch“, erklärt Marcello Bonvicini, Präsident des Bauernverbands der Region Emilia Romagna, Confagricoltura, „wird von einem Ungleichgewicht auf dem Markt begleitet sein. Wir erwarten steigende Nachfrage und steigende Preise. Im Ausland müssen wir aggressives Marketing machen, um Marktanteile zu gewinnen - vor allem in Frankreich, wo die Ernte noch schlechter ausgefallen ist als bei uns.“

Zu den wenigen Gewinnern des Jahres 2021 gehören die sizilianischen Weingüter, die fast zehn Prozent mehr ernteten. Antonio Rallo, Präsident des Consorzio di Tutela Vini Doc Sicilia, spricht von “perfekten Bedingungen für gesunde Trauben”. Die Niederschläge hätten sich auf der Insel hauptsächlich auf den Winter konzentriert, während Frühling und Sommer trocken waren. Auch freue man sich über positive Exportzahlen, vor allem für die Weißweine, die in den ersten neun Monaten des Jahres sogar einen Anstieg um 25 Prozent im Vergleich zu 2020 verzeichnen konnten.

Weinproduktion Italien 2020/2021 (in Hektolitern)

Region

2020

2021

Differenz in %

Piemont 2,703 2,433 -10%
Aostatal 19 18 -7%
Lombardei 1,541 1,233 -20%
Trentino-Südtirol  1,294 1,168 -10%
Veneto  11,717 10,838 -7%
Friaul Jul. Venetien  1,853 1,723 -7%
Ligurien 40 36 -10%
Emilia Romagna  7,890 6,707 -15%
Toskana  2,209 1,650 -25%
Umbrien 378 312 -18%
Marken  889 778 -13%
Latium  784 706 -10%
Abruzzen  3,494 2,883 -18%
Molise  235 200 -15%
Kampanien 715 751 5%
Apulien 9,000 8,550 -5%
Basilikata  73 65 -10%
Kalabrien  97 106 10%
Sizilien  3,660 3,986 9%
Sardinien 475 404 -15%
Italien 49,066 44,546 -9%

Quelle: Agea für 2020 und Schätzungen von Assoenologi, Ismea und UIV für 2021

Fotos: © Consorzio Chianti Classico

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