So gut wie jedem Weinfreund ist er schon begegnet: der leidige Korkgeist, der die Freude auf den Weingenuß so jäh beenden kann. Sein Auftreten ist um so ärgerlicher, je wertvoller der betreffende Flascheninhalt ist. Der
aus Naturkork gilt als Ausweis eines guten Weins. Dennoch ist er nicht der ideale Flaschenverschluß; regelmäßig trägt er sogar dazu bei, den
bewahren soll, zu verderben: durch den "Korkgeschmack" nämlich.
Dieser
Fehler ist nicht eindeutig zu definieren, er kann verschiedene Ursachen haben. Äußerlich sichtbare Ursachen sind Schimmelbefall oder das Eindringen der Korkmotte. Diese tritt heute nur mehr äußerst selten auf, dann vor allem in sehr feuchten, alten Kellern. Sie kann jedoch wirksam bekämpft werden.
Kork ist ein natürlicher Stoff. Das Korkgewebe besteht aus Membranen, deren Zellwände aus
Zellulose (Stützsubstanz), Korkwachs (weitgehend undurchlässig für Flüssigkeiten und Gase) sowie einer verholzten Schicht (gibt Festigkeit) besteht.
Kork (lat. cortex=Rinde) wird aus der Rinde der
Korkeiche (
Quercus suber) gewonnen, die aus klimatischen Gründen fast nur in den westlichen Mittelmeerländern gedeiht. Ihre
Anbaufläche beläuft sich auf rund 2,7 Millionen Hektar. Der Baum schützt sich mit der mehrere Zentimeter dicken, nachwachsenden Rinde vor Austrocknung,
Hitze und Schädlingen.
Mehr als 50% der Rinde wird in
Portugal gewonnen, etwa 20% in Spanien. Weitere nennenswerte Erzeugerländer sind
Algerien,
Italien und Marokko. In der Verarbeitung, d.h. in der Herstellung des Endproduktes Flaschenkork, rangiert
Portugal mit fast 80% weit an der Spitze. Die Bäume werden acht bis zehn Meter
hoch und haben eine Nutzungsdauer von etwa 200 Jahren. Zum ersten Mal kann die Rinde abgeschält werden, wenn der Baum 25 Jahre ist; diese "Jungfernrinde" darf aber noch nicht zur Herstellung von
Flaschenkorken verwendet werden. Die weiteren Ernten erfolgen in Abständen von 9 bis 12 Jahren. Nach der
Ernte wird die Rinde ein Jahr und länger
abgelagert, dann in
Wasser gekocht, gepreßt, in Platten von handlichem
Maß geschnitten und nach Qualität sortiert. Dann werden aus den Platten Streifen geschnitten, aus den man schließlich die zylindrischen
Stopfen ausstanzt. Diese Rohlinge müssen noch an den Stirnflächen geglättet und rundgeschliffen werden. Danach erfolgt das Bleichen, das Sortieren nach Güteklassen, das
Imprägnieren mit einer wachsartigen Substanz (um den
Stopfen gleitfähig zu machen) und schließlich der
Korkbrand (heute meist ein Aufdruck). Je kostbarer der
Wein, je länger er gelagert werden soll, um so besser muß der
Korken sein, der die
Flasche verschließt. Ein hochwertiger
Korken darf nur wenige
Poren haben, die senkrecht zu den Jahresringen stehen. Selbst der beste
Korken aber kann einen "Korkgeschmack" verursachen, den berüchtigten "Muffton".
Die Voraussetzung zur Entstehung der dafür verantwortlichen Stoffe ist überaus kompliziert, es sind sowohl biologische als auch chemische Vorgänge beteiligt. Von wesentlichem Einfluß auf die Bildung solcher Fremdnoten sind die Lagerbedingungen der Korkplatten in den Produktionsstätten. Denn dort überziehen sich diese mit einer von
Mikroorganismen verursachten Schimmelschicht. Das Vorhandensein dieser verschiedenen Schimmelkulturen kann dann zu Problemen beim späteren
Flaschenwein führen. Denn die chemische Verbindung "Trichloranisol", die den typischen Korkmuffton im wesentlichen verursacht, kann von eben diesen
Mikroorganismen während der Lagerphase und auch später erzeugt werden. Schon bei einem Gehalt von 50 Milliardstel Gramm
Trichloranisol (entsprechend
der Lösung eines Stücks Würfelzucker in einer Menge
Wasser, die in 3000 Tankwagen enthalen ist), kann damit gerechnet werden, daß eine
Flasche Wein ungenießbar wird. Daneben können noch andere Verbindungen, die sich
geruchlich und geschmacklich erst in wesentlich höherer Konzentration bemerkbar machen, daß
Geschmacksbild des Weines negativ beeinflussen.
Heute steht der
Korken in der Weinbranche in Konkurrenz zu anderen
Verschlüssen, die den eigentlichen Anforderungen, nämlich den
Wein vor Verdunstungsverlusten und Luftauerstoff zu schützen sowie geschmacksneutral zu sein, voll entsprechen. Gemeint sind hier der Schraub- oder Drehverschluß und der Kronenkork.
Es ist übrigens eine irrige Meinung zu glauben, der
Wein benötige den
Naturkorken, um "atmen" oder sich entwickeln zu können. Gerade das Gegenteil ist der Fall, jeglicher Zugang von
Sauerstoff zum Wein über den Verschluß ist von Nachteil. Vergleichende Lagerversuche haben dies eindeutig bestätigt. Sie haben auch zur Erkenntnis geführt, daß weinbauliche Versuche nur dann glaubwürdige Ergebnisse liefern können, wenn die besagten
Weine mit einem neutralen Verschluß, keinesfalls mit dem
Naturkorken, verschlossen waren.
Es sei hier nur daran erinnert, daß man noch vor Jahrzehnten hochwertige, mit hohem Lagerpotential ausgestattete
Weine am
Korken mit Siegellack überzog, um dem Luftsauerstoff den Zugang zu verwehren. Hier konnte der
Wein auch nicht "atmen", und wie prächtig haben sich diese
Weine entwickelt!
Naturkork oder Schraubverschluß? Eine Frage, die beim Verbraucher sofort Emotionen weckt. Er will den Schraubverschluß nicht akzeptieren, schon gar nicht beim Bocksbeutel. Für ihn gehören guter
Wein und Naturkork zusammen, auch wenn das weiß Gott mit Qualität überhaupt nicht in Verbindung zu bringende "Plopp" als Hauptargument bei "pro Naturkork" herhalten muß. Die Ratio versagt hier. Ist ja auch in Ordnung, nur...ja nur, wenn das Problem "Korkschmecker" eben nicht währe. Sehr fatal ist es für den Naturkork-Anwender, wissen zu müssen, daß es nicht genügend erstklassig
Korken gibt - die Natur läßt nicht mehr zu - und daß noch so gute (und teure)
Korken nur ein gutes Abdichten garantieren, bei den Korkmufftönen den anderen aber keineswegs nachstehen. Eine andere Alternative
zum Naturkork herkömmlicher Art, der sogenannte Preß- oder
Agglomerat-Korken, der aus Abfallprodukten hergestellt wird, ist gar keine, denn das Fehlton-Risiko ist hier ungleich höher, ist gerwissermaßen schon vorprogrammiert.
Solange
Weinflaschen mit
Naturkorken verschlossen werden, muß der Weintrinker mit dem
Korkgeschmack rechnen. Selbst wenn bei der Herstellung eine größere Sorgfalt geübt würde, völlig zu vermeiden wäre er nie.