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Obwohl ein erheblicher Teil aller Rieslinge von der Mosel stets trocken ausgebaut wird, ist das Gebiet wesentlich berühmter für seine süßen Prädikatsweine. Bis vor wenigen Jahren hätte wohl kaum jemand die Mosel auf dem Zettel gehabt, wenn es um die Ermittlung der besten trockenen Rieslinge eines Jahrgangs gehen sollte. Im Grunde war man sich einig, dass das Klima an der Mosel eher zu kühl sei, um regelmäßig reife, gesunde Trauben für erstklassige trockene Rieslinge zu liefern, die es mit jenen aus südlicheren Gefilden aufnehmen könnten. Dort, wo man sich um hochklassige trockene Weine bemühte, war dann auch oft Botrytis mit im Spiel, und die Weine, etwa von Heymann-Löwenstein oder Clemens Busch, waren zudem in vielen Jahren tendenziell eher halbtrocken als trocken. Interessanterweise kamen ausgerechnet von der Ruwer, einer der kühlsten Regionen des Gebietes, immer wieder bemerkenswerte trockene Rieslinge, aber sie fanden im Schatten der süßen Weine selten die verdiente Beachtung. Nicht anders erging es den besten Weinen von einigen wenigen Betrieben an der Mittelmosel, die sich schon seit vielen Jahren um diesen Stil verdient machen.

Mit der Einführung der Großen Gewächse kam spürbar Bewegung in die Weinszene der Mosel. Wurden die besten gesunden Trauben bislang in aller Regel für süße Spät- und Auslesen verwendet, gingen nun immer mehr Weinmacher dazu über, zumindest einen Teil dieser Partien für den Ausbau trockener Spitzengewächse zu reservieren. Nach wie vor gibt es zwar Betriebe, die auf botrytisbefallene Trauben zurückgreifen, um ihren Weinen mehr Substanz zu verleihen, und noch nicht jeder Produzent kann sich mit dem Gedanken anfreunden, einige seine besten Moste tatsächlich durchzugären. Die letzten Jahre haben jedoch gezeigt, dass die meisten der oft ein wenig dicklichen Botrytisweine mit Zuckergehalten an der Obergrenze des für den Begriff "trocken" Erlaubten oder leicht darüber nicht so gut reiften wie erhofft und – von einigen Ausnahmen, vor allem von der Terrassenmosel, abgesehen – mit der Flaschenreife eher plump wurden als fein.

 

Steillagen an der Mosel (Quelle: DWI)

Auch heute ist die Zahl der herausragenden trockenen Rieslinge von der Mosel noch klein, aber es ist schon erstaunlich, welches Niveau die besten von ihnen inzwischen erreichen. Bereits im zweiten Jahr hintereinander stammen einige der feinsten Großen Gewächse des Landes aus diesem Gebiet. Hätte man 2009 noch den Jahrgang für die außergewöhliche Qualität der Weine verantwortlich machen können, wird spätestens jetzt deutlich, dass hier derzeit eine ganz neue Generation Weine entsteht, wie wir sie an der Mosel bislang kaum kannten, die uns in Zukonft jedoch vermutlich jedes Jahr begegnen dürfte – in steigender Zahl.

Der überragende Wein stammt heute vom Weingut van Volxem. Auch bei Roman Niewodniczanski waren die Rieslinge bislang häufig etwas breiter und süßlicher angelegt. In diesem Jahr ist das völlig anders. Trotz seiner Konzentration verfügt der Scharzhofberger "Pergentsknopp" über eine außergewöhnliche Spannung und Rasse und zugleich über ein filigranes Spiel, wie man es fast nur an der Saar findet. Obwohl der Wein also eindeutig ein Kind seiner Herkunft und Lage ist, präsentiert er sich doch völlig anders, als man es im Rückblick auf die vergangenen Jahrzehnte erwarten würde. Sieht man sich die anderen Großen Gewächse von van Volxem an, die allesamt zur Spitze in Deutschland gehören, drängt sich der Schluss auf, dass das Potenzial der Saar für große trockene Rieslinge viel zu lange unerkannt geblieben ist. Doch nicht nur van Volxem ist ein Indiz für diese These, auch das Weingut von Othegraven spielt mit seinen beiden Großen Gewächsen heuer ganz vorne mit, und die beiden trockenen Spitzen von Forstmeister Geltz  Zilliken sind ebenfalls von beachtlicher Güte, wenn man bedenkt, dass Hanno Zilliken seinen exzellenten Ruf bislang ausschließlich den süßen Rieslingen verdankt.

An der Mittelmosel ist es das Weingut Dr. Loosen, das deutlich herausragt. Schon im letzten Jahr präsentierte Ernst Loosen eine außergewöhnliche Serie trockener Rieslinge, gekrönt von dem vielleicht besten Wein dieses Stils, der an der Mosel bislang überhaupt entstanden ist. Es war sein Erdener Prälat, der 2009 alles überstrahlte. Der ist zwar auch heuer exzellent, muss sich aber dennoch seinen Brüdern aus dem Ürziger Würzgarten, dem Erdener Treppchen und der Wehlener Sonnenuhr geschlagen geben. Derzeit hat der ungemein saftige und regelrecht generöse Würzgarten die Nase vorn, aber wir sind uns nicht sicher, ob er nicht noch vom Treppchen eingeholt werden kann, dessen Kühle und Spannung uns ungeheuer beeindruckten. Doch weit entfernt sind die Weine allesamt nicht voneinander, und wir würden nur ungern auf einen von ihnen verzichten müssen.

 

Brauneberger Juffer-Sonnenuhr an der Mosel (Quelle: DWI)

Sehr erfreut waren wir über das Abschneiden des Bernkasteler Doctor von Wegeler. Man hatte wohl bisher kaum je Gelegenheit, die Möglichkeiten dieser Lage in einem trockenen Wein vor Augen geführt zu bekommen. Dieses tiefe, feine, dabei geradezu in sich ruhende Exemplar macht jedoch sehr neugierig auf weitere trockene Weine dieser Klasse aus den kommenden Jahren. Ebenfalls gut vertreten ist das Weingut Reinhold Haart. Schon in der Vergangenheit fiel Theo Haart immer wieder mit seinen trockenen Rieslingen positiv auf, doch meist war es das Goldtröpfchen, das herausragte. Heuer scheint uns indessen der Wein aus dem Wintricher Ohlixberg noch etwas ausdrucksstärker zu sein. Raimund Prüm vom Weingut S.A. Prüm präsentierte in diesem Jahr zwei verschiedene Große Gewächse aus der Wehlener Sonnenuhr, die uns beide ausgezeichnet gefielen, wenn ihnen die merkliche Süße auch noch ein wenig Spannung nimmt. Etwas Flaschenreife wird nötig sein, um zu sehen, ob sie sich weiter straffen können und dann möglicherweise noch höher notieren. Zeit benötigen auch die beiden Rieslinge von Grans-Fassian. Gerhard Grans gehört ebenfalls schon länger zu den Produzenten an der Mittelmosel, die sich um trockene Rieslinge besonders verdient machen. Seine Großen Gewächse wirkten zum Zeitpunkt der Verkostung noch etwas unzusammengesetzt, wogegen auch viel Belüftung nichts ausrichten konnte. Auch hier wirkte die auffällige Süße zudem ein wenig deplatziert. Fritz Haags Brauneberger Juffer-Sonnenuhr ist zuverlässig wie eh und je. Zwar ist der Wein diesmal nicht so elegant und fein wie in den besten Jahren, aber doch fest gewirkt und von fast kernig zu nennendem Charakter.

Mosel Riesling Großes Gewächs 2010

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