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Franken, so scheint es zumindest, wird in der letzten Zeit von Weinpresse und Öffentlichkeit eher stiefmütterlich behandelt. Im Fokus der Jahrgangsberichte von Weinjournalisten, aber auch von Blogbeiträgen und Forendiskussionen stehen andere Gebiete. Das ist durchaus bemerkenswert, gehörte doch Franken in den letzten Jahren eindeutig zu den dynamischsten Weingebieten Deutschlands. Die in der Weinliteratur so oft bemühte Verbindung von Tradition und Moderne ist wohl nirgends so zutreffend wie hier. Nirgendwo in Deutschland ist der Anteil der Flaschen mit Schraubverschluss so hoch wie in Franken, selbst die Großen Gewächse sind zu einem Gutteil verschraubt. Gleichzeitig aber sind die meisten Weine in einem ziemlich traditionellen, manchmal gar völlig kompromisslos dem Boden, der Herkunft verpflichteten Stil gehalten. Nur dass der in Franken schon seit langer Zeit sprichwörtliche Begriff des “erdigen” Weins nicht mehr dafür herhalten muss, eine plumpe Rustikalität zu verbrämen, wie das noch vor 20, 30 Jahren häufig der Fall war. Die Winzergenerationen, die heute in Weinberg und Keller die Verantwortung tragen, sind bestens ausgebildet. Die meisten von ihnen verwenden ihr Können jedoch nicht darauf, schmeichlerische, glatte Fruchtbomben zu produzieren, nur weil diese bei vielen Verbrauchern, aber auch Weinjournalisten derzeit so beliebt sind. Sie bemühen sich im Gegenteil darum, den Herkunfts- und Sortencharakter ihrer Weine so präzise wie möglich herauszuarbeiten.

 

Weinberge bei Volkach (Foto: DWI)

Vielleicht ist aber gerade das der Grund dafür, dass diese Weine nicht immer die Aufmerksamkeit erhalten, die sie verdienen. Schmeichelnde oder spektakulär fruchtbetonte Weine findet man in Franken kaum. Wie die Menschen in Franken, so sind auch ihre Weine bisweilen etwas verschlossen, man braucht Zeit, sich mit ihnen und ihrer etwas kantigeren Art anzufreunden und die Feinheiten unter der robusten Oberfläche zu entdecken – nur um dann umso mehr von ihnen erwarten zu dürfen.

Die Zurückhaltung der trockenen fränkischen Weißweine, was Frucht und Süße angeht, macht sie zu den vielseitigsten und dankbarsten Essensbegleitern, die man in Deutschland finden kann. Das gilt auch für den Riesling, aber noch mehr für den Silvaner. Die Sorte leidet wie keine andere unter der aktuellen Fruchtsaft-Mode in der deutschen Weinwelt, doch ihre deutlich bodenbetonte und vegetabile Art macht sie zu einem der wertvollsten und vielseitigsten Begleiter traditioneller deutscher (sowie osteuropäischer und auch französischer) Küche.

2010 war ein Jahrgang, der die etwas rustikalere Seite des Frankenweins noch deutlich betonte. Wer sich ganz auf den Jahrgang einließ, produzierte ausgesprochen charaktervolle, betont erdige und dennoch feine Große Gewächse, die sich lange positiv entwickeln dürften.

Vor allem dem Silvaner kam das Jahr 2010 durchaus entgegen. Die Spitzenweine sind weniger wuchtig als in den vergangenen Jahren und können so ihre Feinheiten besser ausspielen. An der Spitze einer langen Reihe exzellenter Gewächse stehen zwei gänzlich unterschiedliche Weine: der extrem traditionelle, fast schlanke, dabei aber ungemein fest gewirkte und komplexe “Asphodill” von Fürst Löwenstein, sowie der deutlich modernere, kräftige und schmelzige Escherndorfer Lump von Horst Sauer. Kaum weniger bemerkenswert fielen die beiden Silvaner von Wirsching aus, der Randersackerer Sonnenstuhl von Störrlein & Krenig, der Würzburger Stein von Juliusspital und Staatlichem Hofkeller sowie der Rödelseer Küchenmeister vom Weingut Weltner, der mit etwas Reife ebenso noch zulegen könnte wie Hans Rucks Iphöfer Julius-Echter-Berg und Michael Fröhlichs Escherndorfer Lump.

 

Weinberge bei Iphofen (Foto: DWI)

Auch beim Riesling hat Fürst Löwenstein die Nase vorn, teilt sich den Spitzenplatz diesmal aber mit Hans Ruck. Da sich die Weine in ihrer kompromisslos herkunftsbetonten Art recht ähnlich sind, kann man in ihnen beispielhaft nach den Charakterunterschieden der weit auseinanderliegenden Lagen fahnden. Wer traditionellen Frankenwein liebt, kommt heuer an beiden Rieslingen nicht vorbei. Dicht dahinter folgt bemerkenswerterweise wieder ein Wein aus dem Würzburger Stein, in diesem Fall jedoch vom Bürgerspital, sowie der Volkacher Ratsherr des Weinguts zur Schwane, das sich in den letzten Jahren immer näher an die Gebietsspitze herangearbeitet hat und dieses Jahr mit den besten trockenen Rieslingen aufwartet, die wir von hier bislang probieren konnten.

Es ist kaum verwunderlich, dass sich Paul Fürst die Gelegenheit nicht entgehen ließ zu demonstrieren, wo in der deutschen Spätburgunderwelt oben ist. Nach Fertigstellung des neuen Kelterhauses konnte er alle Register ziehen und präsentiert nun ein Trio großartiger, für eine lange Reifezeit angelegter Spätburgunder. Wir sehen das Exemplar aus dem Schlossberg, einer spektakulären Lage über Klingenberg, vorne, die Paul Fürst erst seit Kurzem kultiviert. So konzentriert, tief und dicht, aber gleichzeitig auch so subtil und komplex war Spätburgunder in Deutschland noch selten – vielleicht noch nie. Sehr verschlossen wirkt derzeit der “Hunsrück” aus dem Bürgstädter Centgrafenberg, an dem Paul Fürsts Herz besonders hängt. Sein beeindruckend fester Bau und seine enorme Mineralik deuten aber schon an, dass wir es auch hier mit einem großen Spätburgunder zu tun haben, und wir sind gespannt, ob er mit den Jahren zum Schlossberg aufschließen kann. Auch der “normale” Centgrafenberg ist heuer erstklassig, wenn auch nicht ganz so fein wie die beiden anderen. Mit einigem Abstand folgt ein ebenfalls bemerkenswert guter Wein von Schmitts Kinder, deren Spätburgunder schon 2008 überaus positiv aufgefallen sind.

Die aktuell probierten Großen Gewächse aus Franken im Weinführer:

Silvaner

Riesling

Spätburgunder

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