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Einst war die südwestspanische Region Extremadura das „Armenhaus der iberischen Halbinsel” (Miguel Torres). Nach dem spanischen EU-Beitritt 1986 setzte in dieser Region mit Mitteln von privaten Investoren und von EU-Strukturfonds eine dynamische Entwicklung ein. Dennoch gehört die Extremadura noch immer zu den ärmsten Regionen in der Europäischen Union. Doch zahlreiche Aufbruchssignale lassen hoffen: Mit ihrer Lage abseits der meisten Touristenpfade ist die Extremadura ein Refugium für Individualisten, Naturliebhaber und Spanienfreunde, die sich für die reichhaltige Geschichte dieses dünnbesiedelten Landes interessieren.

Die Extremadura - bekannt für antikes und mittelalterliches Spanien, für Viehzucht, Schinkenspezialitäten und DO-Weine - bietet nicht die perfekte Infrastruktur einer touristisch voll erschlossenen Region. Massentourismus ist hier unbekannt, keine ihrer Städte und Gemeinden gehört der „Spanischen Vereinigung der Weinstädte” an, keine der elf spanischen Weinrouten führt durch den Landstrich. Die Extremadura konfrontiert den Reisenden mit Geschichte, mit Natur, Weite, Einsamkeit - und mit ungeahnten gastronomischen Genüssen.


Extremadura - im Windschatten?

Der große niederländische Erzähler und Reiseschriftsteller Cees Nooteboom schildert in seinem Reisebericht „Der Umweg nach Santiago” auch seine Aufenthalte in der Extremadura: „Die Landschaft ist streng, klassisch, karg, die Orte Flecke von Weiß, das in den Augen schmerzt. Man sieht die Menschen schon von weitem daher kommen, scharf abgegrenzt in diesem Licht, das Menschen als Figuren definiert, die Dimensionen der Landschaft geben jedem Gang etwas Feierliches.” Feierlich, zuweilen erhaben, manchmal von grandioser Monotonie: Das südwestspanische Land „jenseits des Douro” (Extremos del Duero) ist bis heute ein Land von „äußerster Härte” geblieben. Wenn der Name auf die geographische Nähe zu Portugal verweist, mag dies eine geographisch und historisch korrekte Übersetzung sein; das Land und das Klima aber, die manchmal so grandiose wie verstörende Weite und urtümliche Ruhe, die flirrende Luft und die Trockenheit der Felder im Sommer legen auch die zweite Übersetzung nahe: Ein Leben in äußerster Härte, ein Leben unter klimatischen Extremen, ein Leben aber auch - so scheint es heute - trotz seiner ruhmreichen Vergangenheit im unverdienten Windschatten der Gegenwart.

Das war nämlich nicht immer so: Dieser jahrtausendealte Kreuzungspunkt von Völkerwanderungen und militärischen Durchmärschen, diese Frontlinie von Islam und Christentum, dieser Schauplatz von Besetzung und Rückeroberung (Reconquista) sah Kelten und Karthager, Römer und Mauren kommen und gehen. Die Landschaft selbst blieb über die Jahrhunderte, wie sie immer war: mit Ausnahme des feuchteren, mit artenreichen Naturschutzgebieten gesegneten Nordens eher streng und herausfordernd. Eine Region Spaniens, in der sich für den leidenschaftlichen Reisenden Cees Nooteboom die Ortsnamen „plötzlich wieder von einem Streicheln in einen Peitschenhieb verwandeln werden, wenn ich der Gnade verlustig gehe, der Konfrontation anheimfalle, der kompromisslosen Härte der Extremadura.”



Ein Eindruck, eine geradezu existentielle Lebenserfahrung, die für Nooteboom und viele andere Reisende nur vereinzelt gemildert wird durch die vielen großen Seen, die Mitte des letzten Jahrhunderts durch Staudämme an den großen Flussläufen des im Norden gelegenen Tajo und des südlicheren Guadiana angelegt wurden. Mit deren Bau und durch kleinteiligere Flächenparzellierung und Eigentumsverteilung sollten die chronische Abwanderung gebremst, Strom erzeugt und die Gegenden bewässert werden. Doch längst nicht alle Hoffnungen haben sich mit den aufgestauten Flüssen erfüllt; als Paradiese für Pflanzen und Tiere stehen sie nun kontrastreich in der sonst oft eher kargen Natur. Die Auswanderungswellen der Extremadura, bei der manche Dörfer mehr als die Hälfte ihrer Einwohner verloren, setzten sich fort und erreichten zwischen 1960 und 1970 ihren Höhepunkt. Heute wie damals gehören die meisten landwirtschaftlichen Flächen einigen wenigen Großgrundbesitzern: Die für die Extremadura so typischen lichten Steineichenwälder - die Dehesas - befinden sich mit Parzellengrößen von 300 bis 2.000 ha zu über 90% in Privatbesitz. Auch die großen Fincas, die bei jeweils mehr als 100 ha Größe zusammengerechnet über 80% der Fläche ausmachen, gehören nur knapp 2% der Bevölkerung der Extremadura. Der Großgrundbesitz hat hier Tradition - schon nach den Siegen über die Mauren hatte die spanische Krone das zurückeroberte Land vor allem an Hochadel, Ritterorden und Kirche verteilt.


Reichhaltige Geschichte, dünne Besiedelung

Es verwundert also nicht, dass diesem Grenzland jahrhundertelang viele Menschen als Auswanderer den Rücken kehrten - darunter nicht wenige, die im 16. und 17. Jahrhundert als Konquistadoren, als Eroberer und Unterwerfer, große Teile Mittel- und Südamerikas unter ihre unrühmliche Gewalt und unter spanische Herrschaft brachten. Hernando de Soto aus Barcarrota/Badajoz, der mit Francisco Pizarro (Trujillo) Peru eroberte; Hernán Cortés aus dem östlich von Mérida gelegenen Medellín, der das Aztekenreich unterwarf - diese Extremeños sind nur einige berühmt-berüchtigte Vertreter dieser oft so aberwitzig mutigen wie skrupellosen Soldaten, Abenteurer und Entdecker. Nicht allein die Natur, auch das Erbrecht hatte an diesem Exodus seinen Anteil: Soldat wurde eben, wer als Zweit- oder Drittgeborener im Erbfall auf Land und Gut verzichten musste. Als die Reconquista, die Rückeroberung der ehedem muslimisch besetzten Gebiete, abgeschlossen war, bot sie jungen Männern keine Arbeit in Kriegsdiensten mehr. Viele von ihnen flohen aus der bald „Wiege der Eroberer” genannte Region - und viel Geld, viel Silber und Gold floss damals zurück in Kirchen, Klöster, Adelspaläste und öffentliche Bauten. Sie stehen heute in zwei der größten spanischen Provinzen - Cacéres im Norden und Badajoz im Süden - die zusammen die autonome Region Extremadura bilden.

Hauptstadt ist die zentral gelegene römische Gründung Mérida, eine Stadt, die wie keine andere in Spanien bedeutende Relikte und Zeugnisse ihrer römischen Epoche aufzuweisen hat. Viele andere geschichtsträchtige Orte wirken, als seien die Zeiten mehr oder weniger spurlos an ihnen vorübergegangen: Tiefe Einblicke in unterschiedlichste Epochen der spanischen Geschichte geben in der nördlichen Extremadura etwa die Renaissance-Stadt Cáceres, die Konquistadoren-Hochburg Trujillo, das berühmte Wallfahrtskloster Guadalupe; im Süden das andalusisch anmutende, „Klein-Sevilla” genannte Städtchen Zafra oder auch das alte Jerez de los Caballeros, das nicht nur als Stätte der letzten Mitglieder des Templerordens („Caballeros”) sehenswert ist. Doch abseits der historisch und kulturell bedeutsamen Zentren hat sich die Extremadura einen auch für spanische Verhältnisse ländlich-strengen Charakter mit vielen kleinen Dörfern und nur wenigen großen Städten bewahrt. Mit dem nahe der portugiesischen Grenze gelegenen Badajoz gibt es nur eine Stadt mit über 100.000 Einwohnern. Etwas mehr als eine Million Menschen leben auf knapp 41.000 km²; auf 8,3% der spanischen Landmasse leben somit nur 2,6% der Einwohner Spaniens. Bei einer Bevölkerungsdichte von nur 27 Einwohnern je km² ist die Extremadura die am dünnsten besiedelte Region der iberischen Halbinsel.

 

 

Kulinarische Fülle

So bieten die menschenleeren Weiten wie seit altersher Raum für eine intensive Nutzung und Beweidung durch Rinder, Merinoschafe und die iberischen schwarzen Schweine (Cerdos ibéricos). Als traditionell der Fleischversorgung dienende Nutztiere tragen sie zur unvergleichlichen kulinarischen Fülle der Region bei. Zu großer Berühmtheit hat es dabei insbesondere der aromatische Schinken Jamón iberico (Jamón Dehesa de Extremadura) gebracht: Er gilt als besonders schmackhaft, wenn er von den Hinterläufen der frei in den kultivierten Steineichenwäldern lebenden schwarzen Schweine stammt. Auch Zicklein und Lamm bilden die Grundlage für bekannte regionale Fleischspezialitäten. Als lokale Erzeugnisse tragen sie ebenso den Titel einer geschützten Ursprungsbezeichnung, der Denominación de Origen, wie auch andere lokale Produkte wie z.B. die klassischen, aus Schafsmilch gewonnenen Käsesorten Torta del casar (www.tortardelcasar.org) und Queso de la Serena. Berühmt für ihre Qualität und besondere Aromatik sind auch der geräucherte Paprika DO Pimentón de la Vera, Kirschen (DO Cereza del Jerte), Honig (DO Miel Villuercas Ibores) und Olivenöle (DO Aceite Monterrubio, DO Gata-Hurdes), die oft auch von Weinkooperativen und privaten Weingütern produziert werden und damit teilweise erheblich zum Gesamtumsatz beitragen.

 

 

Wein aus der Extremadura

Neben all diesen Spezialitäten ist es vor allem der Wein, der in den letzten Jahren auf sich aufmerksam gemacht hat. Der Extremadura ist es gelungen, wieder an ihre reichhaltigen Weinbautraditionen anzuknüpfen, die bis in die Spätantike zurückreichen: Nach vorchristlichen Anfängen durch die Phönizier, einer ersten großen Blüte unter den Römern und einem zwischenzeitlichen, maurischen Einflüssen zu verdankenden Rückgang des Weinbaus wuchs die Bedeutung von Weinkultur und Weinproduktion ab dem 17. Jahrhundert bis in das 20. Jahrhundert immer weiter an. Vor allem die Region Tierra de Barros hatte sich in Spanien zu einem Weinanbaugebiet ersten Ranges entwickelt.

Die Zeiten sind vorbei, da auch renommierte Weinführer der Extremadura noch Ende der 80er Jahre bescheinigten, dass dort zwar „viel Wein erzeugt, aber nur wenig in Flaschen abgefüllt und als Namenwein verkauft“ würden. Selbst das Oxford Weinlexikon vermerkt noch in seiner neusten Ausgabe etwas süffisant, dass es vom „Wilden Westen Spaniens“ heiße, dass hier „mehr Schafe als Menschen“ lebten und die Region in der Weinproduktion des Landes an vierter Stelle stehe, „obwohl sie für den Weinbau nicht gerade ideale Voraussetzungen bietet.“ In anderen Fachpublikationen war die Rede von „abgewirtschafteten Reben um Cacéres“ und „wenig geeigneten Sorten“ mit fatalen Ergebnissen: Lange Zeit vorherrschend seien schlicht-rustikale Erzeugnisse gewesen: „Grobe, alkoholreiche Weißweine und herbe, gerbstoffreiche Rotweine“.

Doch bereits der 1986 erfolgte EU-Beitritt wirkte sich für den Weinbau unübersehbar segensreich aus: Nach einer ersten Blütezeit durch das Engagement privater Geldgeber führten die überwiegend aus EU-Strukturfonds stammenden Investitionen der letzten zehn Jahre in Technik, Tanks (mit temperaturgesteuerter Gärung) und Kellerhygiene nicht nur zu handwerklich ansprechend-sauberen Weinen mit einem bis heute attraktiven Preis-Leistungs-Verhältnis, sondern mit teilweise hochwertigen Gewächsen auch zu einer Rückkehr der Region in die Liga der angesehenen Weingebiete. Unerlässlich für diesen Wiederaufstieg war auch der deutliche, durch besseres Alkoholmanagement erzielte Rückgang der Alkoholgehalte, die noch Anfang der 90er Jahre 14 bis 17% erreichen konnten.

Als früher Qualitätspionier der Extremadura sind die 1931 gegründeten Bodegas Lar de Barros – Inviosa (Almendralejo) zu nennen, die nicht nur die Flaschenabfüllung, sondern auch früh modernste technische Verfahren der Weinproduktion einführten und mit ihren Weinen auch außerhalb der Extremadura bekannt wurden.

 

D.O.-Sitz Fachada

Das Jahr 1999 war schließlich das wichtigste Datum der jüngeren Weinbaugeschichte der Extremadura: Damals wurde die bislang einzige Denominación de Origen der Extremadura, die nach dem Grenzfluss zu Portugal benannte DO Ribera del Guadiana, aus den sechs bislang nur Landwein („Viños de la Tierra“) produzierenden Teilgebieten gegründet. Heute umfasst sie ca. 25.000 ha, wovon aktuell ca. 23.130 ha in Produktion stehen. Zu den heutigen Unterregionen gehören die Gebiete Cañamero im Nordosten, Móntanchez im Zentrum der Extremadura, Ribera Alta in der Tiefebene der Provinz Badajoz, Ribera Baja im äußersten Westen der Region, das südlichste Gebiet Matanegra und schließlich das mit Abstand bedeutendste, über 70% der DO umfassende Teilgebiet Tierra de Barros („Lehmland“), das sich von Mérida bis in den äußersten Südosten der Extremadura zieht und über das Extremadura-typische Klima verfügt: Mit 350-400 mm jährlichem Niederschlag sowie sommerlich-heißen Ostwinden trocken und extrem heiß. Es stellte sich heraus, dass auf dem fruchtbaren, wasserspeichernden Lehmboden und unter diesen klimatischen Bedingungen die rote Traubensorte Tempranillo die besten Ergebnisse hervorbringt. Es war diese Region, die sich bereits 1979 den Rang einer „Denominación de Origen Provisional“ (DOP, für Bereiche auf dem Weg zur DO) erarbeitet und somit der DO Ribera del Guadiana den Weg bereitet hatte. Mit der kontrollierten Herkunftsbezeichnung sind die Chancen deutlich besser geworden, das große Hindernis für die Erschließung neuer Märkte zu beseitigen: den bis heute – vor allem außerhalb Spaniens - noch immer geringen Bekanntheitsgrad der Extremadura.

 

 

Bodegas der Extremadura - Vielfalt der Stile

Ein Streifzug durch einige Bodegas und Kooperativen zeigt, welche Vielfalt an Stilen, qualitativen Ansprüchen und unterschiedlichen Marktpositionierungen die Extremadura mittlerweile aufweist. So hat sich das in der Provinz Badajoz gelegene Weingut Palacio Quemado (Weinhaus Bodegas Viñas de Alange, S.A., Badajoz) mit der hier noch überschaubaren Größe von 100 ha auf die Herstellung hochwertiger Weine konzentriert. In dem 1999 gegründeten Gut wird bei Traubentransport und Safttransport die Schwerkraft ausgenutzt.

Der jährliche Ertrag aus Tempranillo, Garnacha, Syrah und Cabernet Sauvignon liegt bei ca. 200.000 Litern, die in 1.000 Barriques ausgebaut werden. Maßnahmen wie nächtliche Lese, Mengenreduktion durch Rebenrückschnitt und Traubenteilung sowie Bewässerung zur Vermeidung von Trockenstress tragen erfolgreich zur hohen Qualität der Weine von Palacio Quemado bei. Das 1989 gegründete Weingut Bodegas Romale (Almendralejo) steht ebenfalls für den Vormarsch anspruchsvoller Rotweine in Spanien: 85% der Produktion sind Rotweine, die wiederum zu 85% in 600 Barriques ausgebaut werden. Vom ohnehin geringen Flaschenanteil (es sind nur rund 15%) wird lediglich ein Zehntel exportiert. Der DO-Anteil liegt bei weniger als 10% der Gesamtfläche. Das traditionsreiche Weingut Bodega Martinez Payva gehört zu den vielen anspruchsvollen Gütern, die den Hauptteil ihrer Produktion – hier ca. 200.000 Liter auf ca. 350 ha – auf dem inländischen Markt absetzen können. Weniger als die Hälte der in einem hochmodernen Tankkeller erzeugten Weine werden exportiert. Die unterschiedliche Marktorientierung von Genossenschaften und Kooperativen in der Extremadura zeigt der beeindruckende Vergleich der Kooperative Sociedad Cooperativa Nuestra Señora de la Soledad in Aceuchal (Badajoz) und der Bodegas San Marcos (Almendralejo). In die 1976 gegründete und heute 703 Mitglieder umfassende Kooperative Soledad wurden in den letzten acht Jahren - vor allem mit Mitteln aus europäischen Strukturfonds - ca. 10 Mio. Euro investiert. Die neuen technischen Anlagen wurden 2002 fertiggestellt. Doch nur 2,6 Millionen der jährlich auf 6.000 ha erzeugten Menge von 26 Millionen Litern finden ihren Weg in die Flaschenabfüllung, das Gros der aus 80% Weißwein und 20% Rotwein bestehenden Produktion muss in einem schwierigen, von immer mehr Massen- und Qualitätsanbietern umkämpften Markt als Fasswein abgesetzt werden. Dabei ist mangelnde Qualität hier nicht das entscheidende Problem: Der Pedraza Roble, der Pedraza Crianza 2005 wie auch der Orgello de Barros 2007 (Tempranillo) sind handwerklich saubere, preislich sehr attraktive Weine. Die Produktionslinien scheinen teilweise noch beliebig; auch Ökoweine könnten erzeugt werden – „falls gewünscht“. Exportmanagerin Mariá José Jacinto brachte die schwierige Marktsituation der Kooperative auf den Punkt: „We are hugh, but still a baby“: Groß in der Region und im heimischen Absatz, aber bislang ohne jeglichen Zugang zu ausländischen Märkten.

Als herausragendes Beispiel für Qualitätsbewusstsein und unermüdliche Anstrengung präsentieren sich die Bodegas San Marcos de Almendralejo: Sie residieren wie viele andere Unternehmen auch in der „Internationalen Stadt des Weines“ und Sitz der D.O. Ribera del Gudiana, Almendralejo, inmitten der bedeutendsten DO-Teilregion Tierra de Barros. Mit einer Anbaufläche von 2.600 ha (je zur Hälfte weiß und rot) ist der Betrieb zum größten Exporteur der DO Ribera del Guadiana avanciert. Erst vor drei Jahren wurde ein neues Haus bezogen, dessen Architektur wie kaum ein anderer Produktionsbetrieb der Region Modernität und Transparenz signalisiert. Der 1980 gegründete Betrieb mit seinen 300 Mitgliedern verfügt heute über Tanks für eine Produktion von bis zu 10.000.000 Litern. 1.500 Barriques aus amerikanischer Eiche werden für die Premium-Linien vorgehalten. Zwei Millionen Liter werden in Flaschen abgefüllt, weitere 2 Millionen in „bag-in-boxes“. In diesem Jahr wird erstmals ein Ökowein aus 100% Tempranillo abgefüllt, 58.000 Liter sind davon für den Export vorgesehen. Die junge, sehr aufgeschlossene Führungsmannschaft hat auch erfolgreich „Petbottles“ eingeführt – und arbeitet als einziger Betrieb in der Extremadura mit Stelvin-(Schraub)Verschlüssen. Jährlich werden auch 2,5 Mio kg Oliven geerntet.

Das junge und flexible Team will sich nicht unter allen Umständen einem beliebigen Handelspartner anschließen: Die von Export-Manager Julio García-Hierro klar formulierte Devise lautet: „Wait and find the right distributor“! Dies sollte durch die Ergebnisse des letzten Jahrgangs auch bald möglich sein: Der kaltfermentierte Rosé Campobravo 2007 der Bodegas San Marcos wies von allen aus dem Extremadura-Jahrgang 2007 verkosteten Roséweinen die frischeste Fruchtigkeit und zugleich eine nachhaltige Aromatik auf: Das ausdrücklich als Gegenmodell zum „Lambrusco“ konzipierte Rosé-Vorbild der Extremadura dürfte sich als erfolgreicher „Marktöffner“ erweisen. Nicht weniger überzeugend erschienen mit seiner konzentrierten Frucht der Castillo de Belmiro 2004, (Crianza, Tempranillo, 12 Monate im Fass) und der Castello de Belmiro 2002 (Reserva, 14 Monate im Fass), Ergebnisse langjähriger vergleichender Sichtung der Böden mit modernen Analyseverfahren, bodenspezifischer Rebsortenauswahl und gezielter Bewässerung.

 

links: Garnacha - rechts: Pardina

Vergleichsweise milde Winter, heiße Sommer: Das zumeist auf den niedrigeren Plateaulagen der Extremadura herrschende, kontinental-mediterrane Klima sorgt zwar tendenziell für höhere Alkohol- und eher niedrigere Säurewerte. Dennoch zeigt hier vor allem die vorherrschende rote Edel-Rebsorte Tempranillo, dass sie – dank moderner Technik - auch außerhalb ihrer klassischen Gebiete wie Rioja und Ribera Del Duero ihr Potential entfalten kann. Mit kräftiger Farbe, reichhaltigem Körper, ausgewogener Säure und einer an vollreife Kirschen und Beeren, Schokolade oder auch Pflaumen erinnernden Aromatik überzeugen die oft früh trinkreifen, in Bestform durchaus auch eleganten Weine. Klassische Sorten wie Cabernet Sauvignon, Syrah, Merlot und Garnacha bereichern die Weinproduktion in deutlich kleinerem, aber wahrnehmbarem Umfang. Unter den weißen Rebsorten sind es vor allem die autochthonen Varietäten Pardina und Blanca Cayetana, die feinfruchtige, manchmal sogar charaktervolle Weine ergeben können, deren Lebendigkeit und frische immer wieder überrascht.

 

links: Cayetana - rechts: Tempranillo

 

 

Der Jahrgang 2007

Der Jahrgang 2007 hat für diese Profile eindrucksvolle Beispiele geliefert. Der nicht zu heiße Sommer und die lange Reifephase der Trauben boten optimale Voraussetzungen für Weine von hoher Qualität mit ausgeprägter Aromatik. Gelegentlich wurde deutlich, dass um Cabernet-Sauvignon und/oder Merlot ergänzte Tempranillo-Vuvées, fülliger, kräftiger, „moderner“ wirken, als die bisweilen recht traditionellen, durchaus an alte Riojas erinnernden, reinen Tempranillo. Dies gilt beispielsweise für die „Semi-Crianza“ Viña Maimona aus 2005 (70% Tempranillo, 30% Cabernet Sauvignon) von der Kooperative Virgen de la Estella oder den nachhaltig-kräftige, intensive Pfeffer-, Waldfrucht- und Pilznoten verströmenden 2006er Palacio Quemado von Viñas de Alange (Tempranillo, Merlot und Cabernet Sauvignon). Bereits im Basis-Bereich (ab Hof unter 1,25 Euro) warten vor allem die weißen die Jungweine (Jovenes) mit teilweise erstaunlichen Qualitäten auf. So etwa der Chardonnay Valdequemao 2007 von den Bodegas San Isidro, der dank seiner feinen Säure und Fruchtnoten nach Apfel, Bananen und Zitrusvarianten überaus erfrischend wirkt. Mit ausgeprägter Säure, mittlerem Körper und belebenden Zitronentönen gefällt der Viña Maimona (zu 100% aus der Weißweinrebe Eva) ebenso wie der Señorio de Pedraza (100% autochthone Weißweinrebe Pardina) der Kooperative Soledad mit einer von frischen Lemon-Tönen dominierten Aromatik. In der nächsthöheren Kategorie (1,25-2,50 Euro ab Hof) fielen der geschmacklich lang anhaltende Bláson del Turra der Bodegas Santa Marta (Pardina) mit seinen von feiner Säure begleiteten, kräftigen Aromen nach reifen Birnen und Bananen sowie der mit 11,5% vergleichsweise alkoholleichte, aber mit Aromen reifer Mango und kräftigem Extrakt aufwartende Payva (100% Cayetana) der Bodegas Martinez Payva auf.

Auch der Emperador der Bodegas Viticulturores de Barros zeigt, wie feinfruchtig und elegant die weiße Cayetana ausfallen kann. Im weißen Premiumbereich (2,50-5,00 Euro) verdeutlicht der Chardonnay Suerte del Rey (Bodegas Peña del Valle), dass die klimatischen Gegensätze zur Ausprägung sehr attraktiver Fruchtaromen (Apfel, Pfirsich) führen können. Als spannendes gelungenes „Experiment“ erwies sich bei den Rotweinen ein Cabernet Sauvignon Valdequemao 2007 (San Isidro Soc. Cooperativa), der mit erstaunlicher Frucht und sortentypischer Aromatik imponierte. Im roten Reserva-Premium-Bereich (5-10 Euro) ragt Palacio Quemado 2003 (Viña de Alange, 13,50% Alc., Tempranillo) mit einer außergewöhnlich aromatischen, von Kirscharomen dominierten Frucht, mit Harmonie und Nachhaltigkeit heraus – das Gut und seine Weine gehören sicherlich zu Flagschiffen der Extremadura.

Für den Jahrgang 2008 zeigte sich der Kontrollrat der DO angesichts der Reifenentwicklung und der ersten Ernten dieses Jahres optimistisch. Geschäftsführer Francisco López: „Die klimatische Entwicklung ist idealtypisch verlaufen, mit einem guten, sehr regenreichen Frühjahr, gefolgt von einem Sommer mit vergleichsweise milden Temperaturen, was einen langsamen und vollständigen Reifeprozess aller Rebsorten und insbesondere der roten Varietäten ermöglicht hat. Die Ernte hat Ende August mit den frühen Sorten begonnen und ging bis in den September hinein. Die Trauben wurden in einem guten gesundheitlichen Zustand geerntet und lassen – bedingt durch den kühlen Sommer – gut strukturierte Weißweine mit einer ausgeprägten Säure sowie Rotweine mit einer intensiven Farbe und feinen Tanninen erwarten.“

 

 

Ausblick: Behutsame Entwicklung

Die Extremadura steht heute nicht alleine wegen ihrer Weine zunehmend im internationalen Blickpunkt. Cáceres bewirbt sich mit Málaga und einigen anderen spanischen Städten um den Titel der Kulturhauptstadt Europas für das Jahr 2016: Schon jetzt trägt die Bewerbung um „Cacéres 2016“ zur verstärkten Besinnung der Extremadura auf ihre Geschichte, ihr unverwechselbares Profil und ihre offenkundigen Möglichkeiten bei.

Mit großem Selbstbewusstsein wird nun die auch im spanischen Vergleich außerordentliche Sonneneinstrahlung als regionaler Vorteil erkannt: Der erste spanische Solarpark „SPEX“ – eines der größten solaren Freifeld-Kraftwerke der Welt - wurde Anfang Oktober dieses Jahres von einem deutschen Solargenergiekonzern mit einigen Konsortialpartnern in der Nähe von Mérida fertiggestellt. Seit Anfang Oktober kann mit seiner Energieerzeugung von 30 Megawatt der Strombedarf von 16.000 Haushalten gedeckt werden. Die Planungen zusätzlicher Autobahnen und eines neuen internationalen Flughafens in Cáceres für die bislang unzulänglich erschlossene Region sind ebenso Ausdruck einer das ganze Land erfassenden Dynamik wie die Entscheidung der Landesregierung, in den nächsten Jahren weitere erhebliche Mittel zur Erzeugung erneuerbarer Energien zu investieren.

Es spricht einiges dafür, dass sich das „extrem harte Land“ zukünftig noch erfolgreicher in seinen „Extremen“ einrichten wird. Die Besucher und zukünftigen Liebhaber der Extremadura dürfen dennoch darauf hoffen, dass die älteste Kulturlandschaft Spaniens bei aller Modernisierung ein eigenständiges, von verträglichem Tourismus, Zeugnissen reichhaltiger Geschichte und von weiten, unberührten Landschaften geprägtes Land bleiben wird: „Streng, klassisch, karg“ (Cees Nooteboom).

Daten und Fakten zur Extremadura
(Quelle: Consejo Regulador de la Denominación
de Origin Ribera del Guadiana, 2008)

 

Einwohner: 1,1 Millionen (2,6% der spanischen Gesamtbevölkerung)
Bevölkerungsdichte: 25 Einwohner/km² (Spanien: 78 Einw./km², Deutschland: 230 Einw./km²)
Fläche der Gesamtregion: 41.634 km² (8,3% der Gesamtfläche Spaniens)
Weinbaufläche der Extremadura: 87.450 ha
D.O. – Gebietsfläche: 16.664 km²
Weinbaufläche der D.O. Ribera del Guadiana: 27.290 ha (in Produktion)

Die sechs Unterregionen der D.O. in Größe und prozentualem Anteil an der Produktionsfläche:

1. Tierra de Barros: 19.219ha 70,42%
2. Ribera de Baja: 4.909ha 17,99%
3. Mantanegra: 1.965ha 7,2%
4. Ribera Alta: 714 ha 2,62%
5. Montanchez: 305 ha 1,12%
6. Cañamero: 178 ha 0,65%

Hauptrebsorten der Extremadura mit prozentualem Anteil (Stand: 2008)

Rote Rebsorten:

Tempranillo 16.382 ha 60,02%
Cabernet Sauvignon 1.379 ha 5,05%
Garnacha 323 ha 1,18% 

Weiße Rebsorten:

Pardina 2.826 ha 10,35%
Blanca Cayetana 2.186 ha 8%
Macabeo 1.586 ha 5,8%

Zugelassene Höchsterträge in allen Regionen:
Weißwein 10.000 kg/ha, Rotwein 8.000 kg/ha.
Mostausbeute: Max. 70 Liter/100 kg Trauben
Vorgeschriebenes Fassungsvermögen der Eichenholzfässer: Max. 330 Liter

 

Wichtige Adressen
Literatur über Land, Weine und Küche Spaniens bzw. der Extremadura
  • John Radford und Mario Sandoval: „Spaniens Küche – Spaniens Weine – von Andalusien bis Valencia“. Neustadt an der Weinstraße: Umschau Verlag, 2007. ISBN 978-3-86528-643-7. 192 Seiten. 24,90 Euro. Weinvielfalt und kulinarischer Reichtum aller siebzehn autonomen Regionen Spaniens – darunter auch der Extremdura - werden in diesem stimmungsvoll illustrierten Band sehr anregend dargestellt.
  • Der Bildband „Extremadura – Europas älteste Kulturlandschaft“ von Joachim Griesinger (Fotos) und Manuela Seifert (Text) beschreibt mit professionellen Aufnahmen und kenntnisreichen Erläuterungen die verschiedenen Lebensräume der Extremadura, die in Europa die höchste Artenvielfalt an Pflanzen und Tieren aufweist. Steinfurt: Tecklenborg, 2007. ISBN 978-3-939172-20-8. 120 Seiten. 34,80 Euro.
  • José Peñín: „Guía Peñín. Spaniens Weinführer Nr. 1.“ HEEL Verlag: Königswinter, 2007. ISBN 978-3-89880-620-6. 1.134 Seiten, 29,90 Euro. Die Auflage 2008 des – trotz Zurückhaltung in der Präsentation der Regionen und der Bodegas – nach wie vor umfangreichsten und informativsten spanischen Weinführers ist für „Ende 2008 oder Frühjahr 2009“ angekündigt.
  • Jan Read: „Spaniens Weine 2005/2006. Über 1500 Weine aus allen Regionen“ (München: Hallwag, 2005). Diese Übersicht ist leider nur noch antiquarisch erhältlich. Für die Folgejahre ist keine aktualisierte Neuauflage erschienen; „in absehbarer Zeit“ (Hallwag Verlag) ist keine Wiederaufnahme in das Programm geplant.
  • „Die Weine Spaniens“ von Miguel A. Torres (dem großen Erneuerer der spanischen Weinszene), Mauricio Wiesenthal und Peter Hilgard ist zwar längst vergriffen und evtl. noch im Antiquariat erhältlich; in seiner Faktenfülle und historischen Darstellungen aber noch heute lesenswert (Beschreibung der Extremadura als „Armenhaus der iberischen Halbinsel“). Mainz: Woschek, 1990.
  • Reiseführer: Unter den aktuell erhältlichen Reiseführern ragen zwei mit ihren Informationen zur Extremadura heraus: „Spanien“ aus der bewährten Reise „VIS-À-VIS“ (bilderreich, gleichwohl sehr informativ) von Dorling Kindersley bietet mit immerhin 13 Seiten einen umfangreichen Überblick über das Land und seine Sehenswürdigkeiten; Tipps zu Übernachtungen und Gastronomie finden sich im Anhang. München: Dorling Kindersley, 2007/2008 (aktualisierte Neuauflage). ISBN 978-3-8310-1046-2. 720 Seiten, 26,90 Euro. „Spanien. Der Süden.“ Dem preisgünstigen Band aus der Reihe „Nelles Guide“ gelingt es auf 14 Seiten, mit Karten, historischen Erläuterungen und kenntnisreichen Beschreibungen der wichtigsten Städte einen informativen, teilweise unkonventionellen Eindruck von dieser Region „jenseits aller ausgetretenen Touristenpfade“ zu geben. ISBN 978-3-88618-787-4. 264 Seiten. 8,90 Euro. München: Nelles Verlag, 2006.
  • Informativer Forschungsbericht zur Geschichte und Bedeutung der Eichenwälder (Dehesas) in der Extremadura: Tobias Plieninger und Claudia Wildbrand: „Die Dehesas in Spanien“. - In: Konold, W.; Böcker, R.; Hampicke, U.; (1999): Handbuch Naturschutz und Landschaftspflege, 6. Erg.Lfg. 12/01, ecomed, Landsberg: 14 S. Als Download erhältlich.

 

Alle Fotos: © DO Ribera del Guadiana

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