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Lange wurden Rosé-Weine von Weinkennern nicht ernst genommen. Sie galten als zweitklassig, als Weine mit unangenehmer Restsüße für wenig anspruchsvolle Gaumen. Doch ihr Image hat sich gewandelt: Der weltweite Konsum von Rosé-Weinen steigt rasant - ebenso wie deren Qualität und Preise.

„Drink Pink“ lautet das Motto des Deutschen Weininstituts (DWI) für 2022. Ob an der ProWein oder auf kommenden Veranstaltungen, der Fokus liegt in diesem Jahr auf Rosé-Weinen. Damit zollt das DWI einem weltweiten Trend Tribut, der nicht abzuebben scheint. Erst kürzlich meldete das DWI, der Verkauf deutscher Rosé-Weine im Ausland habe sich sehr positiv entwickelt. Dabei stelle man einen eindeutigen Trend zu höherwertigeren Rosé-Weinen fest, die nicht in erster Linie als schnelle Durstlöscher, sondern als eigenständige Weine verstanden werden. Aber nicht nur deutsche Rosés boomen: Prosecco Rosé, Chiaretto di Bardolino, die Weine der Côtes de Provence – sie alle verzeichnen wachsende Nachfrage, vor allem bei der jüngeren weiblichen Generation. Rosé-Wein wird begehrt.

Rosé – nichts für Weinkenner?

Eingefleischte Rotwein-Liebhaber werfen Rosé-Weinen vor, es fehle ihnen an allem, was aus den Traubenschalen herausgeholt werden könne: Farbe, Aromen, Struktur, Charakter. Zudem sei Rosé ein technischer Wein – das Terroir präge ihn viel weniger als seine Herstellungsmethode. Er sei ein Produkt ohne echte Identität, austauschbar, seine Herkunft zweitrangig.

Doch die Verkaufszahlen sprechen eine eindeutige Sprache: Laut DWI liegt der Rosé-Anteil am Gesamtumsatz mittlerweile bei 13 Prozent in Deutschland, Tendenz steigend. Denn leicht, zart, fruchtig, unkompliziert – so soll Wein für viele heute schmecken. Kaum ein Weinhändler, bei dem aktuell keine Rosé-Aktion läuft. Als Sommerwein, als Terrassenwein, als Aperitif, als Ausdruck von Lebensfreude und Leichtigkeit – die Liste der positiven Attribute, mit denen Rosés beworben werden, ist lang. Und tatsächlich steigt der Absatz von Rosé-Weinen exponentiell mit den Temperaturen. Je näher der Urlaub rückt, desto mehr Rosés werden getrunken. So als sei ein Glas Rosé ein kurzer gedanklicher Ausflug in wärmere Gefilde, in die Provence oder an den Gardasee.

 

Tradition vs. Mode

Die berühmtesten Anbaugebiete für Rosé-Weine liegen zweifellos in Südfrankreich. Vor allem die 20.000 Hektar umfassende Appellation Côtes de Provence gibt als größter Rosé-Produzent weltweit klar den Ton an. Die hier erzeugten Weine stellen für viele den idealen Rosé-Typ dar, an dem sich alle anderen Rosé-Weine messen müssen. Über 90 Prozent der Appellation ist der Produktion von Rosés gewidmet.

Zu den teuersten Rosés der Welt zählen der Clos du Temple des Winzers Gérard Bertrand aus Narbonne im Languedoc für etwa 200 Euro, der Étoile der Domaines Ott für etwa 130 Euro oder der rund 100 Euro teure Garrus von Château d’Esclans, ebenfalls aus der Provence. Ebenso gehypt werden die Weine von Miraval, dessen Spitzen-Rosé Muse de Miraval inzwischen bereits über 250 Euro pro Flasche kostet.

Aber auch die Appellation Tavel an der südlichen Rhone ist bekannt für ihre hochwertigen Rosés. Vor wenigen Wochen erst wurde bekannt, dass die renommierte französische Domaine E. Guigal (Côte-Rôtie) das Château d'Aqueria in der Region Tavel mit 68 Hektar Weinbergen übernommen hat. Laut Generaldirektor Philippe Guigal sei die AOC Tavel die Exzellenz des Rosés. Er plane, die gesamte Appellation Tavel neu zu positionieren und sie anders zu kommunizieren, um ihr den Stellenwert zu geben, die sie verdiene.

Um den Stellenwert von Rosé-Weinen international aufzuwerten, wurde im März 2021 dafür in Tavel die “Association Internationale des Rosés de Terroirs” (AIRT) gegründet. Ziel der Vereinigung ist es, Händlern und Weinliebhabern den Zugang zu hochwertigen Rosé-Weinen zu erleichtern sowie Verkostungen im In- und Ausland zu organisieren.

 

Früher rot, jetzt rosa

Um zu den französischen Kollegen aufzuschließen, zogen auch viele italienische Winzer nach und setzen nun immer öfter auf Rosé. Nur wenige Appellationen haben in Italien eine solche Tradition - eine von ihnen ist das am Gardasee gelegene Anbaugebiet Bardolino. Hier wurde immer schon neben Rotwein auch Rosé erzeugt, doch seit der vom Konsortium initiierten “Rosé Revolution” im Jahr 2014 gewinnt der Chiaretto di Bardolino stetig an Gewicht. Inzwischen macht er 42 Prozent der Gesamtproduktion aus. Angelo Peretti, der Direktor des Schutzkonsortiums für Chiaretto und Bardolino, prognostiziert einen Anstieg der Chiaretto-Produktion auf 60 Prozent, was rund 15 Millionen Flaschen entspricht. Der Erfolg gibt den Winzern recht, allein in den ersten beiden Monaten des Jahres 2022 sind die Verkäufe um 26,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen.

Bemerkenswert ist auch die Entwicklung des 2020 eingeführten Prosecco Rosé. Von den 627,5 Millionen erzeugten Flaschen Prosecco DOC, waren 2021 bereits 71,5 Millionen Flaschen mit Prosecco Rosé gefüllt worden. Die Nachfrage nach dieser neuen Prosecco-Version übersteigt bei weitem das Angebot.

Egal, ob Piemont, Toskana oder Sizilien, auch die Winzer in den klassischen Anbaugebieten für charaktervolle Rotweine, haben mittlerweile Rosés aus Nebbiolo, Sangiovese und Nerello Mascalese im Angebot, weil sie am Puls der Zeit bleiben wollen.

 

Mehr Charakter, mehr Typizität

Es tut sich also eine Menge in Sachen Rosé-Qualität. Das Bewusstsein der Spitzenwinzer ändert sich, der Anspruch steigt. Die Winzer kümmern sich heute mit viel mehr Sorgfalt um die Weinbereitung, spielen mit Barrique-Ausbau und mit Maischestandzeiten, um auch etwas mehr Farbe und Struktur zu extrahieren. Denn die Nachfrage nach hochwertigen Rosé-Weinen, die auch gute Essensbegleiter sein können, steigt weiter.

Eine überzeugte Rosé-Wein-Winzerin ist die Österreicherin Pia Strehn aus dem Burgenland. Laut Strehn sei es mindestens genauso schwierig, einen hervorragenden Rosé, wie einen guten Rot- oder Weißwein zu machen. Ein guter Rosé müsse eigenständig und ausdrucksstark sein. Dafür müsse man als Winzer die besten Terroirs sowie die geeigneten Rebsorten ausfindig machen.

Immer mehr Winzer setzen weltweit auf Rosé: Das wird in den kommenden Jahren vieles verändern. Denn die Zahl der charaktervollen Weine unterschiedlichster Appellationen wächst stetig. Der Rosé, einst nur als anspruchsloser Wein günstig angeboten, hat eine neue Zukunft.

Fotos: Consorzio di tutela di Chiaretto e Bardolino; 123rf.com

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