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Die Weine der Loire sind in Deutschland nach wie vor eher etwas für Spezialisten. Dabei garantieren die Sauvignon Blancs, Chenins und Cabernet Francs für viele interessante Entdeckungen. Das bewies ein Besuch am letzten ungezähmten Wasserlauf Europas.

Wir sind in der Touraine, dem „Garten Frankreichs“ und dem Herzstück der von der UNESCO geschützten Kulturlandschaft der Loire. Hier legte schon im 4. Jahrhundert St. Martin von Tours den Grundstein für die Entwicklung des Weinbaus. Hier finden sich einige der berühmtesten Chateaus der Loire. Und hier – in der gesamten Region rund um Tours, den Appellationen Touraine und Vouvray – ist auch die Hochburg von Cabernet Franc und Chenin Blanc. Beide Rebsorten dominieren in der Anbaustatistik, bekommen aber seit einiger Zeit von Sauvignon Blanc und Gamay spürbar Konkurrenz.

Auch am Königsschloss von Amboise wächst Wein

Keine Frage: Die Weine sind individuell und klar jenseits des Mainstreams. Das erklärt zum Teil, warum Loire-Weine in Deutschland nur eine bescheidene Rolle spielen. Rund 3,8 Millionen Hektoliter pro Jahr werden durchschnittlich in dem mit 70.000 Hektar viertgrößten Anbaugebiet Frankreichs produziert, davon gehen 544.000hl in den Export. Hauptabnehmer sind Großbritannien und Frankreich, während Deutschland mit einer Exportquote von acht Prozent weit hinterher hinkt. Bei uns „ist die Loire ein unerforschtes Gebiet mitten in der europäischen Weinlandschaft“, meinte kürzlich dazu ein bekannter Sommelier.

Malerisch: Blick vom Schloss in Chinon

Dabei hat gerade die Touraine einen Schatz zu bieten, der sowohl im trockenen, als auch im rest- und edelsüßen Bereich exzellente Qualitäten hervorbringen kann: die Chenin Blanc. Eine Verkostung auf Chateau Gaudrelle in Rochecorbon (AOC Vouvray) belegt, welch eigenständige und vielschichtige Weine sich aus dieser Rebsorte erzeugen lassen. Der rassige Schaumwein Chateau Gaudrelle Brut Millésime 2008 besticht durch eine ausgeprägte Aromatik nach grünen Früchten und Nüssen. Sehr gelungen auch der Stillwein Sec tendre mit viel Mineralität, schöner Frucht und Frische. Erstmals stellte Inhaber Alexandre Monmousseau den Chateau Gaudrelle Reserve Personelle Liquoreux vor: einen sehr dichten, intensiven und lang anhaltenden Süßwein mit dem Charakter einer Beerenauslese, der ab Gut für 19 Euro je 0,375-l-Flasche verkauft wird – ein absolut fairer Preis.
Monmousseau produziert jährlich 140000 Flaschen, davon rund die Hälfte Schaumwein als Vouvray brut. Der Tuffsteinkeller, der in den Berg hinein gebaut ist, ist absolut sehenswert.

Alexandre Monmousseau% Inhaber von Château Gaudrelle in Rochecorbon

Zu den großen Crémant-Produzenten zählt Chateau Moncontour. Allein in Vouvray besitzt das Gut 120 Hektar; hinzu kommt ein eigener Betrieb in Chinon. Auf die Vouvray-Schaumweine – brut, sec, demi-sec – entfallen 80 Prozent der Gesamterzeugung, was rund einer Million Flaschen entspricht. Für die Zweit- und Drittmarken hofft man auf zunehmende Nachfrage von deutschen Supermärkten. Sehr gut sind die Crémants unter der Dachmarke Chateau de Moncontour: der charmante Brut mit feiner Perlage und vor allem die Cuvée Prédilection, die für ein äußerst cremiges Mundgefühl sorgt.

Die Weine der Loire passen bestens zu den regionalen Spezialitäten

Neben dem Chenin Blanc findet an den Ufern der Loire auch der Sauvignon Blanc hervorragende Wachstumsbedingungen. Sehr unterschiedliche Bodenformationen von Kreidetuffstein über Lehm, Kreidefelsen und Kies bis zu Feuerstein verleihen den Weinen ein sehr spezifisches Geschmacksbild, das vom kontinentalen Klima bei nördlicher Lage mit geprägt wird. Sauvignons finden sich außer in der Touraine vor allem in den Appellationen Sancerre und Pouilly Fumé. In der Touraine haben sich Winzer zur „Groupe blanc“ zusammengeschlossen: einer 2008 gegründeten Initiative, die mit Hilfe eines lebhaften Erfahrungsaustausches das Profil des Sauvignon Blancs schärfen will. Unter der Ägide des neuseeländischen Masters of Wine Sam Harrop stellen die Erzeuger ausbalancierte Weine her, die das spezifische Terroir der Loire widerspiegeln sollen. In Chaumont-sur-Loire verkosten wir zwei Dutzend Referenzweine aus diesem Projekt. Die meisten sind leicht, weisen die typischen etwas „grünen“ Sauvignon-Fruchtnoten sowie eine gut eingebundene Säure auf. Hinzu kommen einige saftig-runde Vertreter mit mineralischen Anklängen. Besonders gut gefielen die Sauvignons von Domaine Gibault, Domaine Malet, Domaine du Haut Perron, Chateau de Quincay und Chateau de Fontenay, jeweils aus dem Jahrgang 2009.

Das gehört zusammen: Schlösser und die Loire

Unterstützung erhalten seit geraumer Zeit auch die Rotweine der Loire, die nach wie vor im Schatten der weißen Rebsorten stehen. Seit 2005 erstellt eine Arbeitsgruppe unter Leitung von Sam Harrop jährlich einen Vinifikations-Leitfaden. Er bietet eine allgemeine Orientierung für den Ausbau der Weine, allerdings ohne verbindlichen Anspruch. Die Winzer sollen lediglich Hilfestellungen erhalten, um Weine zu erzeugen, die den Anforderungen der Exportmärkte in stärkerem Maße als bisher entsprechen. Der Leitfaden beschreibt Profile für Loire-Rotweine aus der vorherrschenden Rebsorte Cabernet Franc, seit kurzem auch aus Cot/Malbec. Angestrebt werden runde, fruchtbetonte Weine, die sich durch ausgewogene Struktur und reife Aromatik auszeichnen. Pflanzlich-grüne Aromen und zu starke Extraktion sollen unbedingt vermieden werden. Unterschieden werden die Weinprofile „Basis“ und „Premium“. „Basis“ steht für fruchtbetonte Weine im Preiseinstiegsbereich, die primär über den Lebensmittelhandel verkauft werden sollen und sich an Verbraucher wenden, die einen unkomplizierten und fruchtigen Stil bevorzugen. „Premium“ richtet sich an Konsumenten, die einen strukturierten, körperreicheren und komplexeren Cabernet Franc oder Malbec suchen; Absatzwege sind Gastronomie und Fachhandel.

Denis Courault präsentiert Cremants und Weine von Château de Moncontour in Vouvray

Eine Verkostung im malerischen Chateau de Marcay bewies die Leistungsfähigkeit der Loire-Winzer im Rotweinsegment. Viele der angestellten 35 reinsortig ausgebauten Weine aus verschiedenen AOCs präsentierten sich mit charmanter Frucht, guter Struktur und schön eingebundener Säure. Besonders empfehlenswert waren die Roten aus der AOC Chinon wie der Chateau de la Grille 2005, der Chinon 2008 von der Domaine René Couly, der Les Blancs Manteaux 2008 von der Domaine de la Noblaie oder die Cuvée du Domaine 2009 von der Domaine Charles Pain. Aber auch andere AOCs stellten einige sehr schöne Weine. Der L´Expression 2009 von Taluau Foltzenlogel (AOC St. Nicolas-de-Bourgueil), der Lers Varennes 2009 von NAU Frères (AOC Bourgueil) und die Cuvée Yves Lambert 2009 von der Domaine de St. Just (AOC Saumur Champigny) sind nur einige wenige Beispiele. Insgesamt war das Niveau weitaus höher als erwartet.

Verkostung der Sauvignon blancs de Loire aus dem Sam-Harrop-Projekt

Ob all diese Weine in Deutschland schon erhältlich sind, steht zu bezweifeln. Aber sie wären ein Grund mehr, die Loire einmal zu besuchen. Der rund 1000 Kilometer lange Fluss, an dem sich ein Weinanbaugebiet an das nächste reiht, steht für ein Lebensgefühl vom einfachen, aber genießerischen Leben. Es kann das Hausboot sein oder das Fahrrad, wenn es gilt, den Traum von einer Reise im gemächlichen Tempo entlang des ruhigen Flusses zu verwirklichen. Die Loire hat von unberührter Natur über die berühmten Schlösser, die hervorragende Küche bis eben hin zum facettenreichen Wein alles zu bieten, was wir in Deutschland so gerne als „savoir vivre" bezeichnen. Sie ist in jedem Fall eine Entdeckung wert.

Die Loire in Zahlen

Die Produktion

- Größter Weißweinproduzent Frankreichs
- Größte AOC-Region für Schaumweine
- Weinerzeugung 4 Millionen hl
- Anbaufläche 70000 ha
- 68 Appellationen
- Gesamtabsatz 400 Millionen Flaschen

Die Unternehmen

- 7000 Weinbaubetriebe
- 100 Weinhandelsunternehmen
- 24 Genossenschaftskellereien
- 33000 Arbeitsplätze

Der Vertrieb

- 1,2 Milliarden Euro Umsatz
- incl. 220 Millionen Euro Umsatz im Export
- 70 Millionen exportierte Flaschen

Die größten Rebflächen

- Muscadet Sèvre et Maine 9000 ha
- Touraine 5500 ha
- Muscadet 3.600 ha
- Rose d'Anjou 2.400 ha
- Anjou 2300 ha
- Chinon 2300 ha

Die wichtigsten Rebsorten

Weiß:
- Melon de bBourgogne 38%
- Chenin Blanc 25%
- Sauvignon Blanc 22%

Rot:
- Cabernet Franc 50%
- Gamay 20%

ALLE FOTOS COPYRIGHT WOLFGANG SCHÖN

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